Herta Seidemann (24.6.1900 (Breslau) – 21.3.1984 (New York))

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Heute vor 125 Jahren wurde die in Vergessenheit geratene jüdische Psychiaterin Herta Seidemann geboren.

Von Roland Kaufhold

„Was sich vorbereitet über welche lange Zeit, wer kann es ahnen?“
Herta Seidemann

Am 30.12.1984 erinnerte sich der 80jährige Psychoanalytiker Martin Grotjahn (1904-1990) auf Anfrage einer deutschen Kollegin (R. Lockot) an die Situationen seiner Flucht aus Berlin. Über Jahrzehnte hat sich nahezu kein deutscher Kollege für den Ausschluss, die Flucht der jüdischen Psychoanalytiker aus Berlin, aus Deutschland, interessiert. Stattdessen wurden von einigen Standesvertretern selbststilisierende Mythen über die vorgebliche Verfolgung der Psychoanalyse durch den Nationalsozialismus vertreten (vgl. Teicher & Brainin 2010, Kaufhold & Hristeva 2021, Peglau 2013, Fallend/Nitzschke 2013).

„… auch fanden keine Abschiedsparties statt“

Martin Grotjahn war ein Psychiater, der sich auf die Psychoanalyse spezialisiert hatte und in den USA in Fachkreisen ein hohes Ansehen genoss. 1936 schloss er in Berlin seine psychoanalytische Ausbildung ab. Grotjahn war kein Jude, also nicht unmittelbar durch den Nationalsozialismus bedroht. Er war jedoch mit der jüdischen Ärztin Etelka Grosz verheiratet. Die beiden emigrierten 1937 mit ihrem einjährigen Sohn in die USA. Dort gelang es ihm, seine Karriere als Psychoanalytiker fortzusetzen (Grotjahn 1976; Grotjahn in Freud & Weiss 1973, Kessler & Kaufhold 2015). Deutschland, Europa jedoch, seine Flucht und der Überlebenskampf seiner jüdischen Kollegen, dies alles blieb kollektiv ausgelöscht. Nahezu niemand interessierte sich mehr als ein halbes Jahrhundert lang hierfür (vgl. Kaufhold & Hristeva 2021). Die geschichtsleugnenden Standesmythen hingegen feierten sich selbst.

Martin Grotjahn erinnerte sich 1984 in dieser Weise an die Flucht der jüdischen und die Nazis ablehnenden Berliner Psychoanalytiker:

»Alle jüdischen Kollegen, unabhängig davon, wie lange sie am Institut gearbeitet hatten, verschwanden einer nach dem anderen. Jeden Morgen, wenn wir uns umsahen, bemerkten wir, daß das Team geschrumpft war. Niemand war dazu in der Lage, einem anderen eine schützende Hand anzubieten; einige verstanden nicht, was um sie herum geschah, und sie mussten mit ihrem Leben bezahlen[i]; andere versteckten sich und benutzten die erste Gelegenheit, um zu fliehen. Das war keine Frage der Entscheidung; auch fanden keine Abschiedsparties statt. Die Leute verschwanden einfach – so als ob jemand unter ihren Füßen eine Falltür aufgezogen hätte. Auch ich erzählte niemandem von meinen Plänen zu emigrieren. Ein Freund von mir (Bernhard Kamm) und ich erfuhren lediglich durch unsere Korrespondenz mit den USA, daß wir beide nach Topeka auswandern wollten, obwohl wir in Berlin Nachbarn waren. Es war eine große Kunst zu schweigen und eine der wenigen sicheren Möglichkeiten, mit deren Hilfe wir uns schützen konnten. Alles war ein Geheimnis.“ (Lockot 1985, S. 147g.; Kaufhold & Hristeva 2021, S.

Der von Grotjahn erwähnte, aus Prag gebürtige Berliner Psychoanalytiker Bernhard Kamm (1899-1991), seit 1934 DPG-Mitglied (DPG: Deutsche Psychoanalytische Gesellschaft), war 1935 aus Solidarität mit seinen jüdischen Kollegen aus der DPG ausgetreten und im Dezember 1935 nach Topeka, USA geflohen (vgl. Kessler & Kaufhold 2015). Er sprach mit nahezu niemandem darüber, sandte aber ab und zu Stellungnahmen und wissenschaftliche Beiträge an den von Otto Fenichel organisierten losen weltweiten Zusammenschluss von „linken“, emigrierten Psychoanalytikern (Reichmayer & Mühlleitner 1998, Kaufhold & Hristeva 2021).

In Nazideutschland sahen Bernhard Kamm und Martin Grotjahn ihre Identität als Analytiker gefährdet. Sie mussten dieses Land verlassen, wurzellos.

Diese 40 Jahre später erinnerte Szene steht für Dutzende vergleichbarer jüdischer Schicksale aus dem Feld der Psychoanalyse. Herta Seidemann, die vollständig Vergessene, gehört dazu.

Die vergessene Psychiaterin und angehende Psychoanalytikerin Herta Seidemann

Eine der vollständig Vergessenen ist die deutsch-amerikanische Psychiaterin Herta Seidemann (1900-1984). Im deutschsprachigen Raum ist sie nahezu vollständig unbekannt. Die einzige knappe Nennung – neben Wenda Fockes Biografie (1976), die wiederum nirgends rezipiert worden ist – findet sich in dem Berliner Gedenkprojekt GeDenkOrt.Charité – Wissenschaft in Verantwortung, sowie auf einer amerikanisch-jüdischen Website.

Auch innerhalb der Psychoanalyse hat Herta Seidemann keinerlei Rezeption erfahren, obwohl sie in Berlin mit ihrer psychoanalytischen Ausbildung bei Sachs (1881-1947) begonnen und enge Kontakte zu Erich Fromm, zu Frieda Fromm-Reichmann, Karen Horney und C. G. Jung hatte. Dieses Beziehungsgeflecht werde ich in dieser Studie entfalten.

Ein Hinweis: In der umfangreichen Dankesliste in Fockes Seidemann-Biografie finden sich 46 Danksagungen an Personen und Institutionen insbesondere aus Deutschland und der Schweiz, aber auch aus den USA und Tel Aviv, darunter an zahlreiche Publizisten und Forscher aus dem Bereich der Psychoanalyse: Annemarie Dührssen, Ludger-M. Hermanns, Manfred Müller-Küppers, Gerhard Niessen, Paul Parin, Uwe Henrik Peters und Gerhard Scheunert. Für vertiefende Recherchen zur Autorin könnte man in deren Publikationen forschen.

Herta Seidemann: Kindheit und Jugend

Herta Seidemann wurde am 24.6.1900 als sechstes Kind des jüdischen Möbelkaufmanns Max Seidemann sowie von Luise Seidemann in Breslau geboren: „I come from an orthodox Jewish family“, notierte sie im Interview mit der Autorin Focke (S. 9).[ii] „My father was something of a Jewish scholartype. He wasn´t interested in conducting any business“ fügte sie hinzu (S. 11). Sie besuchte eine Grundschule und ein Gymnasium, damals gab es noch strikte Geschlechtertrennung. Herta Seidemann wird als ein zurückgezogenes, stilles aber „außergewöhnlich eifriges“ (S. 15) Mädchen beschrieben. 1918 machte sie in Breslau das Abitur „mit Auszeichnung“ (S. 16).

Seidemann hatte vielfältige Interessen. Die Medizin interessierte sie, aber sie vermochte sich anfangs noch nicht für ein einziges Studienfach zu entscheiden: „I was most interested in medicine – but at the same time I was interested in philosophy, history, architecture strangely enough in law and I didn´t know“ (ebd.) erinnerte sie sich im Rückblick mit ihrer Autobiografin Focke. Frauen waren seinerzeit auch in Breslau im Medizinstudium eine absolute Ausnahme. Sie suchte bei einem Medizin-Hochschullehrer Rat, der ihr von der Medizin abriet, weil dies eher kein „Frauenberuf“ sei. Das erregte ihren Widerspruch, der wohl zeitlebens in ihr lebendig blieb: „In dieser Minute habe ich mich für die Medizin entschieden“ (S. 16); sie wolle einen Beitrag zur Medizin leisten. Ihr Ehrgeiz war geweckt.

Studium in Breslau (1918-1925): Das Vorbild Robert Wollenberg

1918 begann Seidemann ihr Medizinstudium in Breslau. Einer ihrer wichtigsten Hochschullehrer – er war zugleich Direktor des psychiatrischen Instituts und genoss in der Fachwelt ein hohes Ansehen – war Robert Wollenberg (1862-1942). Er verhielt sich, so erinnerte sie sich im Alter, ihr gegenüber von Anfang an sehr fördernd und ermutigend. Sie teilte ihm ihren Wunsch mit, sich auf Psychiatrie zu spezialisieren, weil sie lernen wolle, professionell menschliches Leid zu lindern. Dieses Thema habe sie schon lange interessiert und sie hoffe, über ausreichend innere Kompetenz zu verfügen. Sie sei sich aber innerlich nicht sicher.

Wollenberg versuchte, sie glaubwürdig zu beruhigen und zu stärken: „Don´t worry. You have it. And never think of doing anything else but psychiatry. But remember, you have to examine yourself.“ (S. 21) Wollenbergs intuitive Grundhaltung erscheint als beeindruckend, und man würde sie sich heute noch an Universitäten und medizinischen Abteilungen wünschen.

Mit Wollenberg hatte sie langjährigen Austausch, was im Buch dokumentiert wird (u. a. S. 20-25). Ihre Sonderposition als Frau innerhalb der Medizin- und Psychiatriewelt wurde ihr nahezu täglich demonstriert: „Psychiatry was in its beginning, so uncertain that woman didn´t dare to go into a field where they couldn´t be sure whether they would have a future or not.“ (S. 19)

Die Arbeit am psychiatrischen Institut war praktisch orientiert, das interessierte sie besonders. 1925 schloss sie ihr Studium ab. Ihre Breslauer Dissertation trug den Titel „Zusammenstellung von Methoden, Merkfähigkeitsstörungen festzustellen, bes. Gedächtnisstörungen für jüngere Ereignisse“, und sie plante eine Habilitation. Die nationalsozialistische Ausgrenzungs- und Verfolgungspolitik sollte dies verunmöglichen.

„Wollenbergs „Geheimnis“: Ihr Weg zur Psychoanalyse

Die Biografin Focke verfasst ein eigenes Unterkapitel im Buch, welchem sie den vielleicht irritierenden Titel „Wollenbergs „Geheimnis““ (S. 24-26) gibt. Sie erinnert daran, dass es Mitte der 1920er Jahre für einen Psychiater – diese Disziplin wurde vor allem von den Theoremen und Kategorisierungen von Kraeplin dominiert – nahezu unmöglich gewesen sei, sich dezidiert offen für Freuds bahnbrechenden neuen Ideen insbesondere über das Unbewusst zu zeigen. Selbst für den Mittsechziger, fachlich hoch angesehenen Wollenberg wäre dies mehr als ein Wagnis gewesen: Es sei für einen Lehrstuhlinhaber „unmöglich gewesen, Interesse für Psychoanalyse zu haben oder zu entwickeln.“ (S. 22) Die 80-jährige Seidemann beschrieb im autobiografischen Rückblick ihr erwachendes Interesse für die Psychoanalyse:

„If he had shown any interest or knowledge in psychoanalysis, I think, he would have been austere sized and he would have been forced sooner or later to resign. It was a cardinal sin to have any interest, even knowledge.“ (S. 24) Herta Seidemanns Interesse an der Psychoanalyse, als Teil einer Psychiatrie, sei hierdurch früh geweckt worden. Dieser habe sie sich „vorerst noch in Gesprächen, in Büchern und in einer täglich observierbaren Praxis, im Umgang mit dem einzelnen Patienten“ angenähert und angeeignet. (ebd.) Nach dem Abschluss ihrer Promotion im Jahre 1925 habe Wollenberg sie rufen lassen, und ihr ein „Geheimnis“ anvertraut:

„„Listen, between you and me, there will be born a deep secret…“  Hertas Stimme klingt noch nach fast sechzig Jahren verschmitzt, wenn sie diesen Teil ihres Lebens beleuchtet. Wollenberg hatte, wie Herta, wie andere Kollegen in Breslau, stets grösseres Interesse an Psychoanalyse entwickelt und bat Herta inständig, dieses Geheimnis, (das „zweite Geheimnis“ ihres Lebens, geteilt mit einem von ihr verehrten, väterlichen Meister) für sich zu behalten. „I want to know something about psychoanalysis. I don´t know how to learn it. I can not learn it by reading it. … I cannot write to Freud. I cannot write to any of the original Freud-pupils, because I am finished, if…“ (S. 24)

Es hätte, so fügt Focke hinzu, für den renommierten Hochschullehrer Wollenberg „das Ende seiner universitären Laufbahn bedeutet, die Rückgabe des Lehrstuhls.“ (ebd.) Als Wissenschaftler, Forscher und Psychiater habe es sich seinerzeit absolut nicht geschickt, sich auf die Psychoanalyse einzulassen…

Heidelberg 1925: Psychoanalyse bei Frieda Fromm-Reichmann und Kontakt zu Erich Fromm

…Vielleicht, so teilte Wollenberg der 38 Jahre Jüngeren zögernd mit, gäbe es für ihn und auch für sie  doch noch irgend eine Möglichkeit, die Psychoanalyse zu erlernen. So wie er sie als junge Psychiaterin erlebe habe er die Hoffnung, dass sie sich einerseits die Psychiatrie als Essenz ihres Arbeitens weiterhin aneigne, dass sie jedoch zusätzlich die Psychoanalyse erlernen könne. Deshalb werde er an die jüdische Ärztin, Psychiaterin und (um 1923 bei Hanns Sachs am Berliner Psychoanalytischen Institut ausgebildete) –  Psychoanalytikerin Frieda Fromm-Reichmann (1889-1957) ein Empfehlungsschreiben für sie schicken.

Frieda Fromm-Reichmann, Tochter jüdisch-orthodoxen Eltern – Klara Simon und Adolf Reichmann – , wuchs  in Königsburg auf, studierte bei Kurt Goldstein (s.u.) Psychiatrie, arbeitete in Frankfurt, Dresden und Berlin, studierte Freuds Werke bei Karl Abraham und Max Eitingon und eröffnete in Heidelberg ein privates Sanatorium – das wegen seiner jüdisch-orthodoxen Ausrichtung häufig als „thorapeuticum“ bezeichnet wurde. Ihr wichtigster Mentor in Heidelberg war der „wilde“ Psychoanalytiker Georg Groddeck. 

Gemeinsam mit Erich Fromm interessierte sie sich linksfreudianisch, d.h. sie studierten und orientierten sich an den Werken von Wilhelm Reich, Edith Jacobson und Otto Fenichel. Sie suchten eine Brücke zwischen Freud und Marx (vgl. Jessler 2022).

1926, in ihrer Heidelberger Zeit, hatte sie den elf Jahre jüngeren Erich Fromm (1900 – 1980), der zuvor bei ihr eine Psychoanalyse gemacht hatte, geheiratet. 1929 gründeten die beiden das Frankfurter Psychoanalytische Institut. 1931 trennten sich die Fromms wieder, arbeiteten aber fachlich weiter zusammen, auch nach ihrer Emigration in die USA. 1933 emigrierte Frieda Fromm-Reichmann über Straßburg und Palästina in die USA, wo sie ihre psychoanalytische Karriere in Maryland fortzusetzen vermochte. Sie arbeitete die folgenden 20 Jahre als Leiterin einer psychoanalytischen Privatklinik (Chestnut Lodge) in Rockville, Maryland, und spezialisierte sich dort, gemeinsam mit Harry Stack Sullivan, ganz im Sinne einer Synthese von Psychiatrie und Psychoanalyse, auf die Behandlung schwerer Psychosen. Hierfür verwarf sie Freuds Forderung nach einer grundsätzlich sehr distanzierten Grundhaltung der Therapeuten mit seinem Patienten. Ihre berühmteste Patientin, die amerikanische Schriftstellerin Joanne Greenberg, publizierte unter dem Pseudonym Hannah Green 1964 das autobiografische Buch Ich hab dir nie einen Rosengarten versprochen, das in den 1970er und 80er Jahren in gewissen Kreisen einen Kultstatus genoss. Ein Jahr zuvor hatte sie den Roman The King´s Persons publiziert, der das Pogrom an der jüdischen Bevölkerung in York im Jahr 1190 behandelte. Sie war mit dem Psychotherapeuten Albert Greenberg verheiratet. Weiterhin wurde Fromm-Reichmann Lehranalytikerin am Washington-Baltimore Psychoanalytic Institute und lehrte an der Washington School of Psychiatry.

Seidemann erinnert sich im hohen Alter in dieser Weise an Wollenbergs besagtes  Empfehlungsschreiben, welches sie, die junge Psychiaterin, 1924 zur Psychoanalyse bzw. zu Frieda Fromm-Reichmann geführt hatte:

„From what I know about you“, habe Wollenberg ihr privat-vertraulich mitgeteilt, „I think you will keep both feet in psychiatry and you will be able to learn the essentials of psychoanalyse. My plan, provided you go along with it, is this: I shall write to Frieda Reichmann … I shall ask her, whether she will accept you for training in psychoanalysis (…) she should be proud that psychoanalysis becomes known to institutionalised psychiatry! – she has to give you a room and board and let you pay for the training in analysis by taking care of patients in the meno-pauze…“ (S. 25) Sie, Seidemann, solle also vom Breslauer Institut aus bei Fromm-Reichmann die Psychoanalyse lernen und als Gegenleistung an deren Klinik arbeiten.

Sie empfahl ihr noch eine weitere Ausbildungsperspektive: „I want you to spend half a day with Homburger … and I want Erich Fromm to give you some training, some knowledge in the relation as they thought the psychoanalysis saw it, between medical psychoanalysis and sociology and the related social fields and he is the man to do it. If this three conditions are going to be fullfilled, you will go to Heidelberg for one year and we discuss your future, when you come back – and the hospital´s future.“ (S. 25)

Dies war ihr Weg in die Jahre 1925 und 1926 nach Heidelberg, hin zur Psychoanalyse und zu Frieda Fromm-Reichmann, Erich Fromm und August Homburger.

Frieda Fromm-Reichmanns therapeutische Persönlichkeit, ganz gewiss ihrer aus der üblichen Norm herausfallenden Arbeit mit psychotischen Patienten geschuldet, beschreibt Fromm-Reichmann im Alter gegenüber Focke in dieser Weise:

„She was a very unusual woman. She came, as all analysts did, I can prove it, from neurology. And she had her training with Freud and then went into a private sanatorium, where she had Fromm as a patient. (…) A woman unpretentious, with agreat deal of common sense.  She once mentioned in one of these social sittings: „I must tell you something which probably will be surprising: I permit every patient in the house to call me, if they feel they have to talk to me. Not for anything irrelevant or immaterial, but if they feeln it is important, I permit them to call me.“ (S. 29) Man spürt Seidemanns Faszination gegenüber dieser Persönlichkeit, mit der sie nach ihrer Emigration in die USA nur noch sehr wenig Kontakt hatte. Ihre beruflichen Tätigkeiten und Interessen hatten sich auseinander entwickelt in diesem riesigen Kontinent.

Seidemann interessierte sich also früh für die Psychoanalyse. 1926, sie war nach Heidelberg gewechselt, begann sie bei Frieda Fromm-Reichmann ein – wie es an anderer Stelle im Buch heißt – „Studium der Psychoanalyse“ (S. 265). Anfangs hatte sie in Heidelberg mit einer Psychoanalyse bei einem Kollegen von Frieda Fromm-Reichmann begonnen, um ihre unterschiedlichen Rollen zu trennen; diese Psychoanalyse klappte jedoch nicht. So machte sie denn doch bei Frieda Fromm-Reichmann ihre Psychoanalyse.

Parallel hierzu freundete Seidemann sich mit dem Sozialphilosophen und Psychoanalytiker Erich Fromm an und begann ein Studium der Soziologie und Philosophie bei diesem. Die Freundschaft mit Erich Fromm setzte sie auch nach ihrer Emigration in die USA – im Jahr 1938 – fort.

1925, war ein schweres Jahr für Seidemann, Ihr Vater starb kurz vor Abschluss ihrer Promotion, worüber sie jedoch nirgends öffentlich sprach (S. 25). Es war ein Schicksalsschlag, den sie „nicht wirklich aufzufangen vermochte“ (S. 25). Sie geriet in eine Krise, die etwa zwei Jahre andauerte. Der Wechsel nach Heidelberg, der mit der Trennung von wohlwollenden Förderern wie Wollenberg verbunden war, bildete also, trotz aller Schwere, auch eine Chance zur seelischen Trennung, Verarbeitung und Weiterentwicklung.

Sie lebte in dieser neuen Stadt, nach dem Verlust ihres geliebten Vaters und mit dem Beginn ihrer Analyse bei Frieda Fromm-Reichmann. Die 25-jährige Psychiaterin begann, wie bereits geschildert, eine neue Tätigkeit in Fromm-Reichmanns Sanatorium. Ansonsten lebte sie in großer Einsamkeit und nur für ihre berufliche Tätigkeit; „keine persönlichen Bindungen“ (S. 27). Ihre offenkundig nahezu einzigen persönlichen und doch fachlichen Beziehungen – neben ihrer Psychoanalyse – hatte sie in Heidelberg zu Erich Fromm sowie zu August Homburger.

Der „frühe“ Kindertherapeut August Homburger

August Homburger (1873 – 1930) gehörte in den 1920er Jahren zu den bekanntesten Kinderpsychiatern; teils wurde er auch als deren „Pionier“ bezeichnet. Er war Hochschullehrer an der Heidelberger Universität, publizierte rege über Persönlichkeitsstörungen bei Kindern und war ab 1907 Leiter der Heidelberger psychiatrischen Klinik. 1917 war er Mitbegründer von deren Kinderberatungsstelle – nach Focke die erste heilpädagogische Beratungsstelle in Deutschland überhaupt.

1926 – zeitgleich begann Seidemanns Beziehung zu ihm – erschienen Homburgers  Hauptwerk Vorlesungen über die Psychopathologie der Kindheit, welches als ein kindertherapeutischer Klassiker galt. Vier Jahre später starb er. Posthum wurde er Namensgeber des von einem pharmazeutischen Unternehmen gestifteten August-Homburger Preises der Universität Würzburg.

Bei August Homburger lernte Seidemann in Heidelberg die Kinder-Psychoanalyse kennen. Homburger wird von Focke (S. 30-35) als eine lebenszugewandte, Forschung und Praxis miteinander verknüpfende Persönlichkeit portraitiert, der sich besonders für die „Fürsorge für verwahrloste und psychopathische Jugendliche“ engagiert habe (S. 32). Seine Publikationen seien von einer außergewöhnlichen Einfühlungsbereitschaft geprägt gewesen, hob ein Kollege (W. von Bayer) in den 1970er Jahren posthum wertschätzend hervor.[iii] Die 27 Jahre jüngere Seidemann sei von Homburgers kindertherapeutischen Fähigkeiten und Grundsätzen in jenen Jahren so stark geprägt und beeindruckt worden, dass sie sich zeitlebens, auch im amerikanischen Exil, weiter an ihm orientiert habe.

Homburgers „pädagogische Souveranität“ sei ihr bis ins hohe Alter so präsent geblieben, dass sie ihrer Biografin Focke hiervon noch knapp 60 Jahre später ein Beispiel schilderte:

„It has never legt me, never left me. And I have expendet it. (…) Unless you have a good laugh with them, there is no human relationship (S. 33). Sein Wirken, an dem sie als junge Psychiaterin und in Ausbildung befindliche Psychoanalytikerin teilnahm, sei ihr „unvergessllich“ geblieben (S. 35).

Nach einem Jahr, 1926, kehrte Herta Seidemann nach Breslau zurück und berichtete Wollenberger von ihren inspirierenden, sie aufwühlenden Erfahrungen: „I have to learn much more about. (…) I don´t have the qualification.“ Wollenberg war von den neuen psychoanalytischen Erfahrungen seiner jungen Kollegin sehr angetan und empfahl ihr deshalb, nach Berlin an das dortige, renommierte psychoanalytische Institut zu gehen. Hierfür stellte er ihr ein erneutes Empfehlungsschreiben aus.

Erich Fromm

Erich Fromm (1900 – 1980), in Frankfurt in einer orthodoxen jüdischen Familie geboren und aufgewachsen, hatte zuerst Philosophie in Heidelberg und dann Medizin und Psychologie in München und Berlin studiert (s. vertiefend Frindte 2020).

Ab 1923 machte er bei Hanns Sachs – bei dem auch Seidemann wenig später ihre Psychoanalyse machen sollte – seine Psychoanalyse und arbeitete am Berliner psychoanalytischen Institut. In Berlin lernte er auch Karen Horney kennen, mit der ihn „eine lange, wenn auch nicht immer leicht ertragbare Freundschaft“ verband (S. 28). So verbrachte er gemeinsam mit ihr 1938 einen Europaurlaub. Horneys Tochter Marianne machte auf Empfehlung ihrer Mutter bei Fromm ihre Lehranalyse. Diese Zusammenarbeit mit Horney setzte er auch nach seiner Emigration in die USA in New York  fort.

Ab 1933, im Kontext der „Machtergreifung“ der Nationalsozialisten und des Anpassungskurses der „arischen“ Psychoanalytiker an das Regime, verstärkte sich der Druck auf die verbliebenen jüdischen KollegInnen. Diese wurden nacheinander und systematisch aus ihren psychoanalytischen Institutionen ausgeschlossen; auch Erich Fromm musste diesen Ausschlussprozess erleben (Kaufhold & Hristeva 2021). Er floh 1933 als Jude zuerst nach Genf und emigrierte dann im Mai 1934 nach New York. (vgl. Kaufhold 2022)

Fromm arbeitete mit Horkheimer, Löwenthal, Marcuse und Adorno und deren Institut für Sozialforschung zusammen. 1938 trennten sich ihre Wege, wohl auch wegen theoretischer Differenzen.

Fallend & Nitzschke (2013) haben in ihrer Weise die standesinternen Ausgrenzungsmaßnahmen gegen die jüdischen wie auch gegen einige dezidiert antifaschistischen Berliner Psychoanalytiker (u.a. Reich, Jacobson, Fenichel, Ekstein) nachgezeichnet und hierbei auch Erich Fromms Erfahrungen mit einbezogen:

1935 „wurden die noch in der DPG verbliebenen Juden aufgefordert, sich >freiwillig< aus der DPG zu entfernen. Erich Fromm, der zu dieser Zeit schon in den USA lebte, aber noch DPG-Mitglied war, erfuhr gerüchteweise davon, daß man ihn aus der DPG ausgeschlossen habe. Er beschwerte sich beim IPV-Präsidenten, der ihm daraufhin >diplomatisch< mitteilte, der Austritt der Juden aus der DPG sei kein Ausschluß gewesen, vielmehr sei er notwendig geworden, um die DPG zu >retten<.“

1937 bot Jones Fromm, offenkundig aus taktischen Gründen, eine „freie Mitgliedschaft in der IPV“ an, „die Fromm später unter ähnlichen Umständen wieder verlor wie einige Jahre zuvor die DPG-Mitgliedschaft: Als er Anfang der 1950er Jahre seinen Namen nicht mehr auf der IPV-Mitgliederliste fand, fragte er nach, was das zu bedeuten habe… (Fallend & Nitzschke 2013). Fromm verstand und akzeptierte den Kampf einiger lieber „arischer“ Standeskollegen gegen ihn als Juden – und verzichtete auf jede Mitgliedschaft in psychoanalytischen Standesorganisationen. Sie, nicht die Nationalsozialisten, hatten ihn einfach stillschweigend ausgestoßen, „ausgelöscht“.

Ich gehe nicht davon aus, dass Herta Seidemann von diesen internen Intrigen gegen ihren Kollegen Erich Fromm und weitere jüdische Psychoanalytiker erfuhr. Sie gehörte der psychoanalytischen Szene wohl nur am Rande an und führte ihren eigenen jüdischen  Überlebenskampf.

Erich Fromm publizierte danach Studien zum autoritären Charakter, zum Faschismus und zum Antisemitismus, die heute als psychoanalytische Klassiker gelten (Fisher 2003). Es ist ein Videointerview mit Erich Fromm zum autoritären Charakter und zur Psychoanalyse des Faschismus erhalten geblieben, welches öffentlich zugänglich ist

Das Berliner Erich Fromm Study Center hat 2021 in ihrer Erich Fromm Vorlesung (Roger Fries) Fromms bahnbrechende Studien verdichtet betrachtet: „Erich Fromm, der Holocaust und die historische Verantwortung“.

Focke zeichnet Erich Fromms Weg in jenen Jahren nach, der ihn  auch nach Heidelberg führte und in den Herta Seidemann involviert war (S. 27-30). Sie hebt hervor, dass Fromm in  Heidelberg „einer der berühmtesten Hebräisch-Schüler von Gershom Scholem in Frankfurt“ war (S. 28) (zu Scholem vertiefend Kaufhold 2021: „Das Deutsche Überhaupt abgeworfen…“. Eine faszinierende Familiengeschichte der Scholems).

Als Erich Pinchas Fromm, der nur drei Monte älter als sie selbst war, am 18. März 1900 in Muralto in der Schweiz verstarb, wohin er sechs Jahre zuvor seinen Alterswohnsitz verlegt hatte – fünf Tage später wäre der international renommierte psychoanalytische Sozialphilosoph 80 geworden – war dies für die betagte, kranke Herta Seidemann auch so etwas wie der eigene Tod: „Vom Tode Erich Fromms werden Sie sicher gehört haben. Die Zeit kommt für jeden“, schrieb sie an ihre Biografin Wenda Focke. (S. 169).

Berlin: Die Charité und Karl Bonhoeffer (1868-1948)

1927 ging Seidemann nach Berlin und wurde Mitarbeiterin der berühmten Klinik Charitè. Dessen Leiter war der Psychiater Karl Bonhoeffer (1868-1948) (s.u.). Sechs Jahre sollte sie in Berlin bleiben, bis zur „Machtergreifung“ im Jahr 1933. In Berlin – sie wohnte, wie bereits in Heidelberg, gemeinsam mit vielen KollegInnen auf dem Gelände ihrer Klinik – setzte sie ihre psychiatrische Spezialisierung fort und studierte noch einmal an dieser weltweit berühmten Klinik Psychiatrie und Neurologie. Neben den morgendlichen Besprechungen mit Bonhoeffer genoss sie dort gemäß der Darstellung ihrer Biografin große Freiheiten. Bonhoeffer, zu dem sie auch nach ihrer Emigration Kontakt hielt, was sich auch in ihrem umfangreichen, im Buch publizierten Briefwechsel – 20 Briefe der Bonhoeffers werden im Buch publiziert; S. 132-162; offenkundig sind Hertas eigene Briefe nicht erhalten geblieben – aus den Jahren von 1947 bis zu Bonhoeffer Tod im Dezember  1948 widerspiegelt. Nach Bonhoeffers Tod schickte ihr dessen Frau Paula am 11.5.1949 sowie am 20.6.1949 zwei weitere im Buch publizierte Briefe (S. 160-162).

In dem besagten Briefwechsel bat sie ihren früheren psychiatrischen Ausbilder Bonhoeffer mehrfach um persönliche Fotos. In der Nachkriegszeit vermochte Bonhoeffer ihr anfangs keine aktuellen Fotos zu schicken. Später folgten diese denn doch; und die Autobiografin Focke setzt eines dieser Fotos Bonhoeffers an den Anfang des von ihr publizierten und kommentierten Briefwechsels.

In dem Briefwechsel des Jahres 1947, auf den ich nur knapp eingehen möchte – die Lektüre im Original lohnt – spricht Bonhoeffer in vorsichtiger Weise die Ermordung von Herta Seidemanns Mutter und Schwester an: „Dass Sie so Schweres mit ihren Angehörigen erfahren haben, tut mir und meiner Frau sehr herzlich leid. Es ist kaum auszudenken, was das für Exemplare von Menschen sein mögen, die sich zu solchen Vernichtungsarbeiten hergegeben haben.“ Und im nächsten Satz spricht er die Hinrichtung seiner eigenen Söhne und Schwiegersöhne Dietrich und Klaus Bonhoeffer wegen deren Widerstandstätigkeit gegen die Nationalsozialisten an:

„Was wir mit unseren Söhnen und Schwiegersöhnen erlebt haben, haben Sie gehört. Es waren schwere Jahre bis zum tragischen Ende, aber sie alle wussten, um was es geht und womit sie zu rechnen hatten und das ist tröstlich.“ (S. 133)

Am 1.9.1947 erwähnt Bonhoeffer die 2. Auflage der Gedichte seines – hingerichteten – Sohnes Dietrich, die er ihr mit dem Brief schicke. Die Verluste werden mehrfach in den Briefen erwähnt, am Rande, neben sehr viel Tröstlichem aus ihrem gegenwärtigen Leben, und er bittet Herta Seidemann nachdrücklich, ihm nicht immer neue Care Pakete zu schicken, weil dies doch entschieden zu viel Altruismus von ihr sei, welcher ihr auf Dauer nicht gut tue.

Herta Seidemann hatte den Bonhoeffers in der Nachkriegszeit von den USA aus regelmäßig Care Pakete geschickt, wofür sich Bonhoeffer mehrfach in seinen Briefen bedankt; diese seien für sie eine große Hilfe beim Weiter-Leben.

Bonhoeffer habe eine „integere Persönlichkeit“ (S. 41) gehabt, mit der sie sich zu identifizieren vermochte, so Seidemann. In dessen Berliner Klinik habe der Geist einer „freundschaftlich-kollegialen Distanz“ (ebd.) geherrscht, vorteilhaft für ein wissenschaftliches Forschen. In der institutionsnahen, nun von Bonhoeffer herausgegebenen „Monatszeitschrift für Psychiatrie und Neurologie“ publizierten die jungen Forscher, teils gemeinsam, ihre Arbeiten; auch Herta Seidemann publizierte dort Schriften. Eine von ihr (zusammen mit H. Scheller (1901-1972)) dort veröffentlichte Studie trug den Titel „Zur Frage der optisch-räumlichen Agnosie“ (1932).

Bonhoeffer habe ein einnehmendes Wesen gehabt und habe sehr leicht wirkliche Beziehungen zu Patienten aufzubauen vermocht. Sehr beliebt sollen seine gemeinsamen Rundgänge in der Klinik gewesen sein. Im Mittelpunkt seines klinischen Wirkens habe immer der Mensch gestanden: „Immer achtete er die Würde des Menschen, des Kranken ebenso wie die des Gesunden. (…) Gründliche Arbeit am Krankenbett und Gewinnung eigener klinischer Erfahrung schätzte er auch bei seinen Assistenten wohl höher ein, als jegliche Form von literarischem Betrieb.“ (S. 44). Bonhoeffer habe ihr ihre anfänglichen Ängste rasch zu nehmen vermocht: „I am very sceptical and frightened because I am a woman and I don´t know what will expect me here“, erinnerte sie sich im Rückblick (S. 46). Als eine der wenigen Ärztinnen habe sie ein „nahezu devotes Vertrauen“ (S. 47) und eine innere Verbundenheit zu Bonhoeffer entwickelt, die bis zu dessen Tod (am 10.12.1948), aber letztlich wohl innerlich bis zu ihrem eigenen Tode zwölf Jahre später andauerte.   

1927 – 1933 Berlin: Lehranalyse bei Hanns Sachs, „the right hand and the left hand and the brain and everything of Freud“

In Berlin begann Seidemann eine Lehranalyse bei Hanns Sachs (1881-1947). Sachs, selbst Jurist, gehörte in Wien zu Sigmund Freuds engstem Bekanntenkreis und war auch Mitglied von dessen berühmtem „Komitee“ (bestehend aus Abraham, Eitingon, Ferenczi, Jones, Rank und Sachs). Er war Mitherausgeber der psychoanalytischen Zeitschrift Imago. Weiterhin publizierte er mehrere psychoanalytische Bücher, so 1913 „Die Bedeutung der Psychoanalyse für die Geisteswissenschaft“ sowie 1945 „Freud: Master and Friend“ (London). Von 1920 – 1932 ging der Freud-Weggefährte nach Berlin und war dort u.a. der erste Lehranalytiker von Karen Horney und Frieda Fromm-Reichmann sowie von zahlreichen weiteren Psychoanalytikern.

Die Gefahr des Nationalsozialismus erkannte Hanns Sachs früh und mit ausgeprägter Sorge. Bereits im August 1932 emigrierte er nach Boston. Eine entscheidende Hilfe für ihn war hierbei Irmarita Putnam; diese hatte bei Freud eine Analyse gemacht. Sie ermöglichte ihm, in Boston bei der dortigen Boston Psychoanalytic Society (BSP) als Lehranalytiker zu wirken. Eine weitere Unterstützerin war Annie Winifred Ellermann „Bryher“. Trotz seiner ausgeprägten Sorgen vor einer Vereinsamung in Boston – dieses hatte er bereits im August 1932 probeweise besucht – emigrierte Sachs Anfang 1933 endgültig nach Boston. „Bryher“, so sei nachgetragen, soll insgesamt 105 Menschen vor dem Nationalsozialismus gerettet haben, darunter auch Walter Benjamin. 

Die britische Schriftstellerin und Poetin Annie Winifried Ellermann, besser bekannt unter ihrem Pseudonym „Bryher“ (1894-1983), Tochter von John Ellerman, einem der reichsten Menschen Englands, hatte gemeinsam mit ihrem (homosexuellen) Partner Robert McAlmon in den 1920er Jahren u.a. in Berlin, London und Paris gelebt, wo sie Teil der dortigen avantgardistischen literarischen Garde wurde und u.a. mit Hemmingway befreundet war. 1927 besuchte sie mit ihrem neuen (homosexuellen) Partner Kenneth Macpherson (beides waren Zweckehen) noch einmal Berlin. Berlin wurde ihre Liebe, bis 1932 suchte sie diese moderne Stadt immer wieder für mehrere Monate auf und machte auch eine Therapie bei Hanns Sachs, was sie in ihrem Buch „The Heart of Artemis“ (S. 253) (Collins 1963) beschrieben hat. Die Angaben stammen von Barbara Wünnenberg: The „Weimar Experience“ in British Interwar Writing (Dissertation Humbold Universität zu Berlin 2020.

1918 hatte sie mit der Amerikanerin Hilda Doolittle – H. D. – eine Liebesbeziehung. Sie hatte auch Freud in Wien besucht. Siehe hierzu u.a.: Analyzing Freud. The Letters of H.D., Bryher, and Their Circle, Briefwechsel, hrsg. von Susan Stanford Friedman. New York: New Directions, 2002. (Dank an Arndt Himmelreich für seine Anregungen auf FB).

Als Herta Seidemann 1927 ihre Lehranalyse bei Sachs begann – Wollenberg hatte ihr ein Empfehlungsschreiben ausgestellt („Bonhoeffer had written to him a letter on my behalf“, S. 56) – war dieser in Berlin bereits seit sieben Jahren der führende Lehranalytiker des von Karl Abraham, Max Eitingon und Ernst Simmel gegründeten Berliner Psychoanalytischen Instituts. Sachs habe ihr daraufhin mitgeteilt: „You need the best of psychoanalist that we have to offer, because if Wollenberg says: „Psychiatry sets its future into you, we at our future into you, so it has to be the best.““ (S. 46).

Im Gespräch mit ihrer Biografin Focke hob sie die fachliche Bedeutung „des Wieners“ und Freud-Vertrauten Hanns Sachs für die psychoanalytische Bewegung Berlins noch einmal hervor: Dieser sei „the right hand and the left hand and the brain and everything of Freud“ gewesen (S. 47).

Persönlich war sie offenkundig nicht ganz zufrieden mit den Ergebnissen ihrer Analyse. Sie habe, so schrieb sie C. G. Jung 1947, „unüberwindbare Zweifel an Freuds Analyse.“ (S. 49)

Sie blieb in ihrer Art distanziert-skeptisch, die Psychoanalyse war für sie selbst kein absoluter Gewinn: „… and I began some trainings in Freud´s analysis. I thought, it isn´t form e, it isn ´t the right approach, it is overevalutation, it isn´t clinical, it is a theory and one has to follow the theory. So that was out…“ (S. 49)

Während ihres Studiums wie auch während ihrer Tätigkeit in Berlin – das Gehalt war gering – hatte ihr Bruder Arthur sie finanziell stark unterstützt. Sie lebte nur für die Arbeit und überforderte sich hierbei offenkundig teilweise: „Ihre stille Art liess dabei ein aktives gesellschaftliches Leben ebenso wenig zu wie ihr Geldbeutel.“ (S. 50) Sie interessierte sich forschend für die Gedächtnisstörungen und Dyslexie als Symptombild einer Schläfenlappenstörung und wollte hierüber habilitieren. Sie begann, hierfür systematisch Material zu sammeln. Mit der „Machtergreifung“ 1933 waren für sie als Jüdin ihre Habilitationspläne nicht mehr realisierbar. Selbst Bonhoeffer vermochte sie und drei weitere jüdische Mitarbeiterinnen nicht mehr zu schützen, so die Autorin Focke. Im Sommer 1933 musste er sie entlassen, und schrieb zugleich ein Empfehlungsschreiben für sie an einen Kollegen in der Schweiz: „.. and when I had to leave Germany, I went to the Burhgölzli in Zürich, again by recommendation of Bonhoeffer.“ (S. 56)

Noch im gleichen Jahr, 1933, emigrierte Herta Seidemann in die Schweiz und fünf Jahre später in die USA. Dort traf sie ihren Psychoanalytiker Hanns Sachs wieder, der ihr bei ihrem Neuanfang in Boston half. Auch ihn hatte Bonhoeffer angeschrieben.

Aber auch in den USA verband sie ihr neurologisches und psychiatrisches Wissen immer mit spielerischen Elementen. Die Psychiatrie sei „mehr Kunst als Wissenschaft“ (S. 60), betonte sie mehrfach. Eine Grundhaltung; die der Psychoanalytischen entspricht. Ihre amerikanische Kollegin Jimmie Holland, Leiterin der psychiatrischen Abteilung des Memorial Hospitals in New York, bemerkte: „In think, Dr. Seidemann was very much wed to the psychoanalysis and to the tenets of practise that she knew very good.“ (S. 61)

Jeder hilfesuchende Mensch habe  ihr als Freund und jeder Patient als Mensch gegolten, dies sei ihre unerschütterliche Grundhaltung, so Focke. Selbst ihre zentral gelegene Wohnung in New York schloss sie tagsüber nie ab (S. 70).

C. G. Jung

Während ihrer psychiatrischen Tätigkeit an der Burghölzli-Klinik in der Schweiz hatte sie versucht, mit C. G. Jung Kontakt aufzunehmen. Ein Treffen mit ihm gelang seinerzeit jedoch nie. Im Buch wird dargestellt, Jung habe ihr geantwortet, dass er generell keine Treffen mache.

Ob Seidemann von Jungs späteren zahlreichen Äußerungen wusste, die man durchaus als antisemitisch interpretieren kann (u. a. Gess 2005), ist dem Buch nicht zu entnehmen. Hierzu nur kurz (vgl. Kaufhold & Wirth 2006): Freud hatte dem „Arier“ Jung, der 1906 Kontakt zu ihm aufgenommen hatte, ursprünglich eine hohe Funktion innerhalb seiner Psychoanalytischen Vereinigung zukommen lassen wollen, um diese vor antisemitischen Angriffen zu schützen. In Kaufhold & Wirth (2006) haben wir dieses komplizierte Wechselgeflecht dargestellt, hier nur einige Auszüge:

„Um zu verhindern, dass seine neue Wissenschaft Psychoanalyse als eine „jüdische“ Erkenntnis- und Behandlungsmethode von der größtenteils nicht-jüdischen Öffentlichkeit wahrgenommen wurde, machte Freud bei seiner „Vereinspolitik“ (Gay), beim Aufbau seiner Psychoanalytischen Vereinigung, bewusst einige Konzessionen: Er bemühte sich darum, dem Psychiater Carl Gustav Jung – der „Arier“ – (…) eine hohe Funktion innerhalb seiner Wiener Psychoanalytischen Vereinigung zukommen zu lassen. Über mehrere Jahre sah Freud in Jung sogar seinen „Kronprinzen“ (.…). In Briefen an seinen jüdischen Kollegen Karl Abraham führte Freud 1908 aus, dass es für Jung „als Christ und Pastorensohn“ innerlich sehr viel schwieriger sei, die inneren Widerstände gegen die Psychoanalyse zu überwinden, als für seine jüdischen Kollegen. Freud fügte, auf Jung bezogen, hinzu: „Um so wertvoller ist sein Anschluß. Ich hätte beinahe gesagt, daß erst sein Auftreten die Psychoanalyse der Gefahr entzogen hat, eine jüdische nationale Angelegenheit zu werden.“ Im gleichen Jahr schrieb er Abraham: „Seien Sie versichert, wenn ich Oberhuber hieße, meine Neuerungen hätten trotz alledem weit geringeren Widerstand gefunden.“ Und: „Unsere arischen Genossen sind uns doch ganz unentbehrlich, sonst verfiele die Psychoanalyse dem Antisemitismus. (…) Wir müssen als Juden, wenn wir irgendwo mittun wollen, ein Stück Masochismus entwickeln, bereit sein, uns etwas Unrecht tun zu lassen.“ (ebda.) Freuds Bruch mit Jung, wenige Jahre später, stellte ein Trauma innerhalb der Geschichte der Psychoanalyse dar. C. G. Jung, dies bleibt noch nachzutragen, war sich nicht einmal zu schade, ab dem Jahr 1933 – also zu einem Zeitpunkt, als seine ehemaligen jüdischen Freunde und Kollegen existentiell bedroht, einige von ihnen ermordet wurden – in seinen psychologischen Schriften eine dezidierte Unterscheidung zwischen dem „jüdischen und arischen Unbewußten“ einzuführen.“ (Kaufhold & Wirth 2006)

Nach ihrer Emigration in die USA im Jahr 1938 an Bord der „Queen Mary“ bemühte sich Herta Seidemann von den USA aus, auch im Kontext ihrer jährlichen Besuche der „Eranus-Tagungen“ in Ascona von 1948 – 1958 – die von Focke (S. 97-103) in ihrer Biografie ausführlicher dokumentiert werden – , weiterhin um einen Kontakt mit Jung (vgl. Fockes Unterkapitel S. 80-97). 1952 traf sie ihn erstmals. Um 1960 kam es zu einem Treffen mit Jungs Tochter Gret Baumann, die sich, wie Seidemann selbst, für Astrologie interessierte. 1961 starb Jung in der Schweiz.

Zürich 1933: Der Weg in die Emigration

1933, unmittelbar nach der „Machtergreifung“ der Nazis, emigrierte Herta Seidemann in die – scheinbar sichere, „neutrale“ – Schweiz und arbeitete drei Jahre lang als Psychiaterin an der renommierten psychiatrischen Klinik Burghölzli. Nach zwei Jahren, 1936, wurde ihre Arbeitserlaubnis als Jüdin in der Schweiz nicht mehr verlängert und sie musste nach Deutschland zurück kehren. Ob sie nach Berlin ging oder in das ihr sehr vertrautes Breslau ist nicht nachweisbar. Zwei Jahre lang dauerte ihr täglicher Überlebenskampf als Jüdin.

1938: New York

1938 gelang ihr per Schiff die Emigration nach New York, in das Land der Freiheit. In New York hatten sich zahlreiche deutschsprachige, jüdische Psychoanalytiker niedergelassen (vgl. Wirth & Haland-Wirth 2003, Kaufhold 2001). New York wurde bald zum Zentrum der Psychoanalyse. Freuds Erbe lebte, im Exil, wieder auf. Ganz war es nicht vernichtet worden (Kaufhold & Hristeva 2021).

In New York vermochte sie ihre psychiatrische, auch von der Psychoanalyse geprägte Tätigkeit fortzusetzen. Sie arbeitete am New Yorker Montefiore-Hospital als Assistentin, das von Prof. Kurt Goldstein (1878-1965) geleitet wurde. Goldstein, in einer jüdischen Familie in Kattowitz aufgewachsen, hatte in Heidelberg und Breslau Medizin studiert und in Königsberg und in Frankfurt a. M. als Psychiater gearbeitet. Er stand der Psychoanalyse offen gegenüber und arbeitete auch mit Psychotherapeuten (Foulkes, Fritz Perls, Frieda Fromm-Reichmann) sowie mit Horkheimer zusammen. 1930 ging er als Psychiater nach Berlin. Am 1.4.1933 wurde er als Jude von der SA in sog. „wilde Konzentrationslager“ verschleppt, floh nach Zürich und Amsterdam, 1935 gelang ihm die Emigration in die USA. Goldstein, der jüdische Emigrant, dürfte seiner emigrierten Kollegin Seidemann vermutlich auch seelisch nahe gestanden haben. Sie lernte an seiner Klinik u.a. auch Electroencephalographie.

Drei Jahre lang konnte sie an Seidemanns Monteflore-Hospital arbeiten. 1942 dann stand sie „arbeits- und mittellos auf der Strasse“ (S. 114). Goldstein und dessen Umfeld hatten keine Möglichkeit mehr, der aus Europa in die USA „eingewanderten“ jüdischen Kollegin zu helfen. Das Risiko einer Privatpraxis war ihr bewusst, und doch sah sie, die vermutlich noch nicht perfekt englisch sprach, keine Alternative dazu. Sie hatte Anschriften von jüdischen Emigranten u.a. aus Berlin und Heidelberg, was ihr jedoch auch nur begrenzt weiter half.

Erich Fromm versprach ihr, ihr bei ihrem beruflichen Neuanfang behilflich zu sein – offenkundig erfolgreich. Vor allem jedoch versprach er ihr, ihr ein „Entré“ (S. 114) bei Karen Horney zu verschaffen. Seidemann hatte Horney zuvor nur ein einziges Mal in Berlin persönlich getroffen. Diese lebte ja bereits seit zehn Jahren in den USA und hatte sich dort am Chicagoer Psychoanalytischen Institut etabliert. Der psychoanalytische jüdische Emigrant Franz Alexander (1891 – 1964), der zuvor der erste Student am Berliner Psychoanalytischen Institut und danach in Berlin Assistent von Hanns Sachs war , hatte sie an seinem Chicagoer Institut empfangen und aufgenommen. Horney war also 1942 bereits fachlich und theoretisch fest etabliert.

Fromms Vermittlungsbemühungen bei seiner befreundeten Kollegin waren erfolgreich. Fromm teilte ihr ausdrücklich mit, um sie zu ermutigen, dass „Karen (…) aufgeregt“ sei, „Herta in ihre Gruppe zu bekommen.“ (117) Vor dem ersten Wiedertreffen in den USA las Herta Seidemann rasch noch einmal Horneys zahlreiche Schriften; in diesen dokumentierte sich auch Horneys partielle Distanzierung von Freuds Werk. Zwischen der 57- sowie der 42-Jährigen entstand für einige Jahre eine Freundschaft, die durch zahlreiche, z.T. im Buch veröffentlichte Fotos – diese zeigen „zwei einander herzlich zulachende Frauen“ (S. 117) – veranschaulicht wird. Focke beschreibt im Folgenden die Beziehungen und theoretischen Gemeinsamkeiten und Differenzen im Werk dieser beiden psychoanalytischen Psychiaterinnen.

Auf diesem Wege gelang es der Mittvierzigerin Seidemann, sich in den USA eine Privatpraxis als Psychiaterin aufzubauen: Karen Horney „helped me so much that I shall never cease to be grateful to her, bevcause she referred many patients to me, more actually than I could handle.“ (S. 119).

Seidemann sei es nie gelungen, so beschreibt es Focke in verschiedenen Stellen ihrer Biografie knapp, in den USA wirklich innerlich Heimat zu finden. Der amerikanische Fortschrittsglaube sowie eine gewisse „oberflächliche Kultur“ sei ihr innerlich fremd geblieben. Sie fühlte sich als wohl vor allem als jüdische Intellektuelle, mit ihrer Heimat verbunden und doch von ihr für ewig ausgestoßen: „Sie besass ein Zugehörigkeitsgefühl zur jüdischen Gemeinschaft, zum jüdischen Menschen und darüber hinaus zu einigen wenigen guten Freunden. (S. 164)

Die doppelte Ausstoßung: „You didn´t count, you were absolutely no one“

Herta Seidemann hatte als Jüdin und Frau bereits in ihren Studienjahren die Erfahrung einer doppelten Ausgrenzung gemacht. Sie hatte als junge, vielseitig begabte Frau Medizin studiert, obwohl man sie „wohlwollend“ davon abzuhalten versuchte (s.o.). Medizin und Psychiatrie waren in den 1920er und 1930er Jahren eine Domäne der Männer. Ihre Habilitationspläne und damit eine Karriere als erste Hochschullehrerin in ihrem Fachgebiet wurden durch den mörderischen Antisemitismus verunmöglicht. Ihr blieb nur die Flucht als mittellose Jüdin in die USA. Ein Teil ihrer Familie wurde wenig später von den Deutschen ermordet.

Diese Thematik hat Seidemann nur ganz vereinzelt, auf Nachfrage, in für sie wohl ungewohnt direkter Weise angesprochen: „You belonged to a minority and you had to be ten times as good as the male students in order even to be looked at, because you didn´t count, you were absolutely no one, I think“ (S. 221), sagte sie in einem Videointerview.

Auch in ihrer Zeit in Zürich sei sie nahezu die einzige Frau in ihrem Fachgebiet gewesen:

„I f I  had permitted to stay in Germany after `33, I would have been the first woman in an academic career“, fügte sie hinzu (S. 222) In den USA haben sie dann später „jedes universitäre Angebot in Amerika schroff, beinahe unverständlicherweise“ abgelehnt“ (ebd.) fügt Focke hinzu. Herta Seidemanns abgrundtiefe Verletzung über ihre in Deutschland vorsätzlich verunmöglichten Karrierechancen als Frau und Jüdin seien in ihren Gesprächen nur zweimal, Ende der 1960er Jahre, „heftig zum Ausbruch“ (ebd.), gekommen. Focke führt ein Beispiel an:

„So that is my personal history. I have been a nobody and a nothing even, I say nothing because it was less than a nobody (…) I wanted so much to continue to introduce something personal to the treatment of patients, to the field of psychotherapy.“ (S. 222) Ihre Gefühle über den Verlust der Mutter und der Familie ihrer Schwester habe sie nie in Worte gefasst. Auch im amerikanischen Exil gab es keinen Raum, die Verluste auch nur zu erwähnen. In ihrer früheren Heimat hingegen war und ist sie vollständig im Gedächtnis ausgelöscht. Kein psychoanalytischer Kollege im deutschsprachigen Raum hat jemals über sie geschrieben. Selbst ihr Name ist in Fachkreisen vollständig unbekannt. Ich habe nachgefragt.

Tod in Auschwitz

1942 ereilte Herta Seidemann in den USA die fürchterliche Nachricht, dass ihre Mutter und ihre Schwester Frieda sowie deren Ehemann und die beiden Kinder im gleichen Jahr im Konzentrationslager Auschwitz ermordet worden waren. Ihre hochbetagte Mutter hatte nicht mehr die Kraft gefunden, aus Breslau zu fliehen. Hertas Schwester Frieda war 1940 mit ihrer Familie bei ihr eingezogen. In Breslau wurden sie von den Deutschen nach Auschwitz verschleppt und dort ermordet.

Das Schicksal des Restes ihrer Familie beschreibt Focke so: „Betty, die älteste, flüchtete von Berlin aus mit Mann und Sohn nach Santiago de Chile, von wo aus der Sohn recht bald nach Israel zog. Hans, der Bruder Hertas, war bereits dort, direkt von Breslau aus. Betty folgte dann nach dem Tode ihres Mannes ihrer Verwandtschaft nach Israel. Arthur war mit seiner Familie über die Tschechoslowakei nach England entkommen. Und Kurt, Hertas Lieblingsbruder, den sie gern „das beste Pferdchen im Stall“ zu nennen pflegte, hatte noch 1940 Breslau verlassen können und über Russland, die Manschurei und Japan mit Frau und zwei Jungen Amerika erreicht. Er liess sich in Seattle, Wash., nieder, zog in späteren Jahren nach New York.“ (S. 218)

1942: Ein Wiedertreffen mit Karen Horney

1942 kam es, durch eine Vermittlung von Erich Fromm, zu einem Wiedertreffen mit Karen Horney (1885 – 1952). Hieraus erwuchs eine kurzzeitige Zusammenarbeit, die jedoch durch die Unterschiedlichkeit ihrer Charaktere nicht von langer Dauer war. Dieser Bruch sei beruflich-ethisch notwendig gewesen, so Focke, der jedoch „von menschlicher Sympathie beiderseits überbrückbar blieb.“ (S. 71)

Horney, studierte Ärztin, hatte in Berlin bei Karl Abraham eine Psychoanalyse gemacht und stand Psychoanalytikern wie Wilhelm Reich und Erich Fromm nahe. 1932, da war sie 47, ging sie aus persönlichen und beruflichen Gründen – sie war keine Jüdin und insofern nicht persönlich unmittelbar bedroht – nach Chicago. In New York wurde sie Erich Fromms Lebensgefährtin (vgl. Rathfelder 1981).  

Horney, die als Publizistin sehr rege war, wurde in New York zu einer – renommierten – Vertreterin der Neopsychoanalyse. Sie galt in ihrer Spätphase als eine „Abtrünnige“ von Freud und gründete ein eigenes psychoanalytisches Institut, das ihren eigenen Namen trug. Sie verstarb 1952 in New York. Wenda Focke widmet ihr ein eigenes Buchkapitel – „Karen Horney (1885-1952) – Gemeinsamkeiten und Differenzen“ (S. 114-124) – in dem sie deren Persönlichkeiten und Wirken vergleichend betrachtet.

Herta Seidemann nahm nach ihrer lebensrettenden Emigration bzw. nach dem Ende der Nazizeit wieder vorsichtigen Kontakt zu Europa auf. 1948 besuchte sie erstmals wieder die Schweiz (s.u.).

Ab 1948 lang reiste sie regelmäßig zu den jährlichen „Eranos-Tagungen“ nach Ascona, Schweiz. Zwischen 1950 und 1960 reiste sie regelmäßig nach Griechenland, Italien und in die Türkei; gelegentlich kam es zu Kurzbesuchen nach Deutschland. Im Sommer 1979, fünf Jahre vor ihrem Tode, unternahm sie ihren letzten Europabesuch in den Südschwarzwald.

Die Biografin Focke, die mit Seidemann in deren letzten Jahren eng verbunden war, hebt deren distanzierte Verbundenheit mit ihrem ehemaligen Heimatland hervor:

Amerika sei ihr zeitlebens „wesensfremd“ (S. 129) geblieben: „Je älter sie wurde, desto mehr zog es sie nach Europa, ohne dass sie je erwogen hätte, definitiv wieder dorthin zurückzukehren.“ (ebd.)

1979: „… einige unterirdische antisemitische Strömungen“

Offenkundig unmittelbar nach ihrem endgültigen Abschied von Deutschland, nach ihrer Rückkehr in die USA, 1979, erinnerte sich die jüdische Vertriebene in einem Brief an Focke an einige für sie besonders schmerzhafte Begegnungen in Deutschland. Sie verwendete hierfür nur einige wenige, scheinbar beiläufige Worte, die ihren jüdischen Schmerz doch um so deutlicher erahnen lassen:

„“Nach H. kann ich nicht mehr gehen (…), einige unterirdische antisemitische Strömungen unter einigen Gästegruppen haben mich sehr getroffen.“ (S. 218, Hervorheb. d. Verf.) Mit „H.“ ist unzweifelhaft Heidelberg gemeint, das Heidelberg ihrer Jahre 1925/1926. Selbst den Namen ihrer ehemals geliebten ersten psychiatrischen Berufs- und Lehrjahre mag bzw. vermag sie nicht mehr auszusprechen. Die Vertreibung, die Ausstoßung hat nie aufgehört, auch kein halbes Jahrhundert nach dem Ende der Nazizeit (vgl. Kaufhold & Hristeva 2021, Hristeva und Kaufhold 2022). Die letzte Wiederbegegnung mit der Vertreibung war eine erneute beiläufige-verschwiegene Ausstoßung.

Der ältere psychiatrische Kollege und Freund Karl Bonhoeffer (1868 – 1948)

Ihre Verbundenheit an die deutsche Sprache zeigte sich auch in ihren umfangreichen Briefwechseln mit ihren früheren Kollegen Scheller und Bonhoeffer, aber auch in ihren Paketsendungen – Care Pakete – nach Europa.

Der im Buch vollständig dokumentierte Briefwechsel mit ihrem 32 Jahre älteren Berliner Kollegen Karl Bonhoeffer (1868 – 1948) – dessen Söhne waren die  im April 1945 hingerichteten Widerständler Dietrich und Klaus Bonhoeffer  – veranschaulicht ihre weiterhin bestehende seelische Verbundenheit mit ehemaligen Berliner Kollegen aus ihrem Berufsfeld. Im Buch ist auch Bonhoeffers 1947 verfasstes Studie „Führerpersönlichkeit und Massenwahn“ (S. 255-263) publiziert, in der er, wie viele andere Autoren (Ernst Simmel, Ernst Federn, Bruno Bettelheim, Erich Fromm, Theodor W. Adorno, Fritz Redlich, Helm Stierlin, Alice Miller, Béla Grunberg, Erik Erikson, Horst-Eberhart Richter, Hans Keilson und Klaus Theweleit), der Frage nachgeht, inwieweit die Wahnideen und Affekte des „Führers“ Hitler vom „deutschen Volk“ identifizierend aufgenommen und in seinem Sinne ausgelebt wurden. Als Psychiater betont er, dass er Hitler nie persönlich begegnet sei. Insofern untersage sich eigentlich eine dezidiert psychiatrische Beurteilung, gerade auch angesichts der „Fülle von Gerüchtebildungen um die Person Hitlers“ (S. 257). Bei Hitler habe sich jedoch eindeutig eine „ungewöhnliche Befähigung“ gezeigt, „sich den primitiven Masseninstinkten anzupassen und diese mit rhetorischem Geschick und mit moralischer Phraseologie sich dienstbar zu machen.“ (S. 259) Dessen „skrupellose Propaganda“, dessen „demagogische geschickte (…) aufreizende Hetze“ und dessen „überheblichen, der Masse und den Jugendlichen schmeichelnden Tiraden von der Herrenrasse der Deutschen“ habe hierbei eine zentrale Rolle gespielt. Dass Herta Seidemann diese Studien ihrer Kollegen aufbewahrt und Focke übergeben hat spricht für ihre innere Anteilnahme an einem Verständnis eines psychoanalytischen Verständnisses des Nationalsozialismus bzw. des deutschen Massenwahns auch im amerikanischen Exil (vgl. Federn 2014, Fisher 2003).

Das Alter brachte schwere Verluste mit sich. 1971 starb Herta Seidemanns Bruder Hans in Israel, 1973 ihr Bruder Arthur in England. Ein Foto seines jüdischen Grabes in London findet sich im Buch (S. 168).

1974 traten bei ihr erste Symptome eines Lungenkrebssymptoms auf, an dem sie 1980 verstarb. Auch in den verbliebenen sechs Jahren, die, wie Focke beschreibt, durch teils starke, wohl altersbedingte Depressionen geprägt waren, gab sie den Kampf für das Leben und das Weiter-Leben wohl nie auf: „“Ich kämpfe jeden Tag um das Leben“, sagte sie vier Monate vor dem Ende, „Unkraut vergeht nicht“, fügte sie lächelnd hinzu.“ (S. 195)

Die in ihrer europäischen Standesszene vollständig vergessene Herta Heidemann verstarb am 21.3.1984 83-jährig in New York.

Zugrundeliegendes Werk:

Wenda Focke (1986): Begegnung. Herta Seidemann: Psychiatrin – Neurologin 1900 – 1984, ein biographischer Essay. Konstanz: Hartung Gorre Verlag. ISBN 3-89191-073-8 Das Buch ist soeben in einer Neuauflage erschienen, 40 Jahre nach dem Tode Herta Seidemanns.

Die Herta Seidemann Collection

Das in New York ansässige Leo Back Institute hat 2013 ein Archiv mit Materialien zum Leben und Wirken von Herta Seidemann – die „Herta Seidemann Collection“ – erstellt:

„This collection contains documents, postcards, and photographs relating to Herta Seidemann. The bulk of the collection consists of material documenting both her university studies and her professional career, including curriculum vitae, diplomas, certifications and certificates of exams, medical internships and degrees, and reference letters from her German employers (some with English translations)

Literatur

Fisher, D. J. (2003): Psychoanalytische Kulturkritik und die Seele des Menschen. Essays über Bruno Bettelheim unter Mitarbeit von R. Kaufhold & M. Löffelholz. Gießen: Psychosozial-Verlag http://www.psychosozial-verlag.de/psychosozial/details.php?p_id=281 , www.suesske.de/buch_fisher.htm.

Freud, S. & E. Weiss (1973): Briefe zur psychoanalytischen Praxis. Mit den Erinnerungen eines Pioniers der Psychoanalyse. Übersetzung und Vorwort von Martin Grotjahn und Etelka Grotjahn.

Frindte, W. (2020): Erich Fromm – ein Humanist bei der Arbeit. Zum 120.ten Geburtstag, haGalil, 2020: https://www.hagalil.com/2020/03/fromm/

Fromm, E. (1941): Escape from Freedom. Deutsche Ausgabe: Erich Fromm (1971): Die Furcht vor der Freiheit, Frankfurt a. M.: Europäische Verlagsanstalt.

Funk, R. (1978) Mut zum Menschen. Erich Fromms Denken und Werk, seine humanistische Religion und Ethik. Stuttgart: DVA.

Gess, H. (2005): Das „kollektive Unbewusste“ und der Antisemitismus. Über den Antisemitismus und die „Rassenpsychologie“ in der analytischen Psychologie von C.G. Jung. Internet: https://www.kritiknetz.de/images/stories/texte/das_kollektive_unbewusste_und_der_Antisemitismus.pdf

Green, H. (1978): Ich hab dir nie einen Rosengarten versprochen. Hamburg: Rowohlt.

Grotjahn, M. (1974): Vom Sinn des Lachens: Psychoanalytische Betrachtungen über den Witz, das Komische und den Humor. München: Kindler.

Hristeva, G. & R. Kaufhold: „Ich bin sicher, Großvater hätte das gebilligt.“ Freuds Enkel Anton Walter (3.4.1921- 8.2.2004) als „Nazijäger“, Psychoanalyse im Widerspruch Nr. 69, Heft 1/2023, S. 75-93. Gießen: Psychosozial-Verlag.

Jessler, Y. (2022): Frieda Fromm-Reichmann. Internet:  https://www.facebook.com/yu.tante/posts/pfbid0mLtUez6TKZDxmFjNVBp9AYPZJ5ZsvLfky4nq4Z3eBNBf54VUg73cAVtFVkTQtWal

Kaufhold, R. (2001): Bettelheim, Ekstein, Federn. Impulse für die psychoanalytisch-pädagogische Bewegung. Mit einem Vorwort von Ernst Federn. Gießen: Psychosozial-Verlag.

Kaufhold, R. (2003): „Wo wäre die Psychoanalyse in Wien heute“? Spurensuche zur Geschichte der in die USA emigrierten Wiener Psychoanalytischen Pädagogen, Luzifer-Amor (Heft 31, 16. Jg., S. 37-69); Neuauflage: haGalil, .9.2020: https://www.hagalil.com/2020/09/psychoanalyse-2/

Kaufhold, R. (2008): „Das Leben geht weiter“. Hans Keilson, ein jüdischer Psychoanalytiker, Schriftsteller, Pädagoge und Musiker. Zeitschrift für psychoanalytische Theorie und Praxis (ZFPT), H. 1 / 2 – 2008, Jg. 23, S. 142-167. https://www.hagalil.com/2021/05/keilson-3/ 

Kaufhold, R. (2009): Von Wien nach New York: Zum Tode der Psychoanalytikerin Else Pappenheim (22.5.1911-11.1.2009). In: psychosozial 32. Jg., H. 1/2009 (Nr. 115), S. 85f.

Kaufhold, R(2012): Der Psychoanalytiker Sammy Speier (2.5.1944 – 19.6.2003): Ein Leben mit dem Verlust. Oder: „Kehrt erst einmal vor der eigenen Tür!“. In: Kaufhold, R. & B. Nitzschke (Hg., 2012): Jüdische Identitäten nach dem Holocaust in Deutschland. Psychoanalyse – Texte zur Sozialforschung H. 1/2012, S. 96-112.

Kaufhold, R. (Hg., 2014): Ernst Federn: Versuche zur Psychologie des nationalsozialistischen Terrors. Gießen: Psychosozial Verlag.

Kaufhold, R. (2020): Rudolf Eksteins „Sexualpolitik des Faschismus“ (Mai 1937). Ein frühes Dokument des politischen Widerstandes eines angehenden Psychoanalytikers, haGalil, 6/2020: https://www.hagalil.com/2020/06/sexualpolitik-des-faschismus/

Kaufhold, R. (2022): „Staatsfeindliche Tätigkeit durch Erziehung von Kindern in jüdisch-marxistischem Sinne…“ Eine Wiederentdeckung vergessener Berliner Psychoanalytikerinnen, haGalil, 30.8.2022: https://www.hagalil.com/2022/08/psychoanalytikerinnen-in-berlin/

Kaufhold, R & G. Hristeva (Hg.) (2014): „Gewalttätigkeiten verstehen“. Zum 100. Geburtstag des Psychoanalytikers und psychoanalytischen Sozialarbeiters Ernst Federn. Psychoanalyse – Texte zur Sozialforschung H. 2/2014. http://roland-kaufhold.blogorio.com/content/gewalttaetigkeit-verstehen-zum-100-geburtstag-des-psychoanalytikers-und-psychoanalytischen

Kaufhold, R. & G. Hristeva (2021): „Das Leben ist aus. Abrechnung halten!“ Eine Erinnerung an vertriebene jüdische Psychoanalytiker unter besonderer Berücksichtigung von Wilhelm Reichs epochemachenden Faschismus-Analysen.

Kaufhold, R. & B. Nitzschke (Hg., 2012): Jüdische Identitäten nach dem Holocaust in Deutschland. Themenschwerpunktheft Psychoanalyse – Texte zur Sozialforschung. Gießen: Psychosozial Verlag.

Kessler, J. & R. Kaufhold (Hg.) (2015): Edith Jacobson: Gefängnisaufzeichnungen. Gießen: Psychosozial-Verlag. http://roland-kaufhold.blogorio.com/content/edith-jacobson-gefaengnisaufzeichnungen

Kessler, J. (2015): Das schwarze Heft. Wie ich ein Vierteljahrhundert auf Edith Jacobsons Gefängnisnotizen saß. In: Kessler J. & R. Kaufhold (Hrsg.): Edith Jacobson: Gefängnisaufzeichnungen. Gießen: Psychosozial-Verlag, S. 11-44.

Peglau, A. (2013): Unpolitische Wissenschaft? Wilhelm Reich und die Psychoanalyse im Nationalsozialismus. Gießen: Psychosozial-Verlag.

Rank, O. & H. Sachs (1913): Die Bedeutung der Psychoanalyse für die Geisteswissenschaften; Neuauflage 2012: Sarastro Verlag.

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[i] Vgl. Kaufhold & Hristeva 2021.

[ii] Alle nicht weiter ausgezeichneten Seitenangaben beziehen sich auf die Biografie von Wenda Focke (1986).

[iii] Walter von Bayer (1974): August Homburger – Arzttum und soziale Verantwortung. In: Heidelberger Jahrbücher 1974, Sonderdruck XVIII. Siehe: https://vonbaeyer.net/sites/vonbaeyer.net/files/walter.pdf

1 Kommentar

  1. Danke Ihnen für diesen ungemein bereichernden Bericht. Ich werde ihn alsbald im Freundeskreis weiterreichen. – Zum eigenen Erstaunen bzw. Bedauern vermag ich aus dem umfangreichen pers. Archiv nichts beisteuern, was von Belang wäre, – wie in Ihrem Artikel über die „vollständig Vergessene“ angemerkt. – Freundliche Grüsse / B. L.