Erich Fromm – ein Humanist bei der Arbeit

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Zum 120. Geburtstag [1]

Von Wolfgang Frindte (Jena)

„Es gibt keinen Zweifel daran: Die eine Welt ist im Entstehen. Wahrscheinlich ist dies das revolutionärste Ereignis in der Geschichte der Menschheit. Die eine Welt kündigt sich, wie bereits beobachtet werden kann, darin an, dass die industrielle Produktion schließlich allen Völkern der Welt gemeinsam sein wird, und – durch unsere neuen Kommunikationsmethoden noch verstärkt – eine größere Nähe zwischen allen Menschen schaffen wird. Allerdings ist es fraglich, ob das Kommen der einen Welt den Lebenswert steigern wird oder ob alles in einem großen Schlachtfeld enden wird“ (Fromm, 1999, GA, XI, S. 553; Original: 1962a; Hervorh. Im Original).

Dieses Zitat stammt aus einem Vortrag, den Erich Fromm am 4. April 1962 in Kalifornien gehalten hat. Der Vortrag trägt den Titel „A new Humanism as a Condition for the One World”. Und ist es nicht erstaunlich? Fromm macht, Jahrzehnte bevor vom „Megatrend Globalisierung“ oder von der „erschöpften Globalisierung“ die Rede ist, auf die lichten und auf die schattigen Seiten der globalen Vernetzung aufmerksam. Sollten wir, so Fromm 1962, nicht lernen, dass der eine Mensch in der einen Welt lebt, so bestehe die Gefahr, dass durch nationalistische Tendenzen Situationen entstehen könnten, in denen „der Mensch sich selbst zerstört“ (Fromm, 1999, GA, XI, S. 554). Um diesen Gefahren zu entgehen, sei ein neuer Humanismus vonnöten. Der theoretische und praktische Kampf, ja, so muss man das sagen, um einen neuen Humanismus auf allen Ebenen menschlichen Zusammenlebens ist das Credo von Erich Fromm (vgl. auch Lèvy, 2002).

Wer war, wer ist dieser Mann, der am 23. März 2020 120 Jahre alt geworden wäre?

Wenn nicht anders vermerkt, stütze ich mich bei den Bezügen auf Fromms Schriften auf die hervorragende und empfehlenswerte Erich-Fromm-Gesamtausgabe (zitiert als: GA und Angabe des jeweiligen Bandes) in 12 Bänden, die von Rainer Funk herausgegeben wird. Auch die Einleitung von Rainer Funk in die Gesamtausgabe (Band I) war mir eine große Hilfe, um meinen Beitrag zu strukturieren. Die zwölfbändige Gesamtausgabe erschien 1999, der eine, ebenfalls von Rainer Funk besorgte, zehnbändige Gesamtausgabe aus den Jahren 1980 und 1981 vorausging. Rainer Funk war zwischen 1974 und 1980 Assistent von Erich Fromm, über den er 1977 auch promovierte (Funk, 1978). Er verwaltet den Nachlass von Fromm, gründete die Internationale Erich-Fromm-Gesellschaft mit (https://www.fromm-gesellschaft.eu/index.php/de/), leitet das Erich-Fromm-Institut in Tübingen (siehe: https://fromm-online.org/) und zusammen mit Thomas Kühn das Erich Fromm Study Center an der International Psychoanalytic University  in Berlin (https://efsc.ipu-berlin.de/) und war als niedergelassener Psychoanalytiker tätig. Ein stichwortartiger Lebenslauf von Erich Fromm findet sich auch auf hagalil.com.

„Wie ist so etwas möglich“ – 1900 bis 1926

Am 23. März 1900 wurde Erich Seligmann Pinchas Fromm in Frankfurt am Main geboren. Seine Eltern, Naphtali Fromm, ein Weinhändler, und Rosa Fromm, waren orthodoxe Juden und Nachkommen bekannter und einflussreicher Rabbiner. In einer späteren autobiografischen Skizze schreibt Fromm über sein religiöses Interesse als Kind und Jugendlicher, die Schriften des Alten Testaments hätten ihn mehr als andere bewegt und gefesselt, schränkt aber auch ein, dass sich dieses Interesse vor allem auf die Schriften der Propheten Jesaja, Amos und Hosea richtete und hier vor allem auf die Utopie des Friedensreiches (Fromm, 1999, GA, IX, S. 40; Original: 1962b). „Da werden sie ihre Schwerter zu Pflugscharen und ihre Spieße zu Sicheln machen. Denn es wird kein Volk wider das andere das Schwert erheben, und sie werden hinfort nicht mehr lernen, Krieg zu führen“ (Jesaja, 2, 4–5).

1918, kurz vor Ende des 1. Weltkrieges legt Erich Fromm sein Abitur am Wöhler-Gymnasium im Frankfurter Westend ab, an dem übrigens 1923 auch Elias Canetti sein Abitur machte. Der Krieg, in dem auch Verwandte von Fromm als Soldaten fielen, war, wie für viele, ein einschneidendes Erlebnis. Je länger der Krieg dauerte, umso dringender fragte sich Fromm: „Wie ist es möglich, dass Millionen von Menschen weiterhin in den Schützengräben bleiben, um unschuldige Menschen anderer Völker zu töten und sich selbst töten zu lassen…“ (GA, XI, S. 42).

Den ursprünglichen Wunsch, Rabbiner zu werden, verwarf Fromm nach seinem Abitur und studierte zunächst zwei Semester Rechtswissenschaft in Frankfurt am Main. Später wechselte er nach Heidelberg, um Psychologie, Philosophie und Soziologie, unter anderem bei Max Weber und dessen Bruder Alfred, zu studieren. 1919 gründete Fromm gemeinsam mit dem liberalen Rabbiner Georg Salzberger (1882-1975) in Frankfurt eine jüdische Volkshochschule. Unter der Leitung von Franz Rosenzweig wurde diese Einrichtung ab 1920 zum berühmten „Freien Jüdischen Lehrhaus“, an dem junge Jüdinnen und Juden mit den jüdischen Traditionen vertraut gemacht wurden, um so eine Erneuerung des jüdischen Lebens in Deutschland zu erreichen (Akrap, 2011, S. 49). Gershom Scholem (1897-1982) lehrte zweitweise am Lehrhaus, auch Martin Buber (1878-1965), Leo Löwenthal (1900-1993), Siegfried Kracauer (1889-1966) und eben auch Erich Fromm, der sich überdies in dieser Zeit aktiv in der zionistischen Studentenorganisation K.J.V (Kartell Jüdischer Verbindungen) engagierte. Rainer Funk erzählt, dass Gershom Scholem einen Vers zitierte, den er von Ernst Simon (1899-1988) erfahren habe und als „Gebet des kleinen K.J.V.er“ im Lehrhaus bekannt sei: „Mach mich wie den Erich Fromm, dass ich in den Himmel komm“ (Funk, 1999, GA, I, S. XIII).

Der Name „Lehrhaus“ verweist als Bet ha-Midrasch auf eine jüdische Lern- und Lehrtradition, die mehr als 2000 Jahre alt ist. So wurde auch das Freie Jüdische Lehrhaus in Frankfurt am Main sehr bald zum Vorbild für ähnliche Einrichtungen in Berlin, Breslau, Köln, Dresden, Karlsruhe, Mannheim, Stuttgart, Wiesbaden. 1938 wurde das Frankfurter Lehrhaus von den Nazis geschlossen. Heute gibt es in Deutschland Jüdische Lehrhäuser wieder u.a. in Bamberg, Göttingen, in Hamburg oder in Wiesbaden.

Als aktives Mitglied in der zionistischen Studentenorganisation publizierte Fromm ab 1918 einige Artikel in der Zeitschrift „Der Jüdische Student. Zeitschrift des Kartells Jüdischer Verbindungen“ (z.B. Fromm, 1918), später in der „Jüdischen Rundschau“ und in der Zeitschrift „Der jüdische Wille“. Allerdings distanziert er sich bald von den zionistischen Ideen, „…denn der zionistische Gedanke widersprach zutiefst dem universalistischen Messianismus und Humanismus, für den Fromm zeitlebens eintrat“ (Funk, 1999, GA, I, S. XIII).

1922 promovierte Erich Fromm bei Alfred Weber. Die Dissertation trägt den Titel „Das Jüdische Gesetz: Zur Soziologie des Diaspora-Judentums“. Fromm untersucht in dieser Arbeit den Zusammenhalt in drei jüdischen Bewegungen oder Gemeinschaften, die Karäer oder Karaim (eine jüdische Gemeinschaft innerhalb der Turkvölker), die Chassidim und das deutsche Reformjudentum.

Während der Arbeit an seiner Dissertation entdeckte Fromm auch die Psychoanalyse von Sigmund Freud, so u.a. dessen Arbeiten „Jenseits des Lustprinzips“ (1920), „Massenpsychologie und Ich-Analyse“ (1921) oder „Das Tabu der Virginität“ (1918). Verstärkt und gefördert wurde Fromms Interesse an der Psychoanalyse, durch seine Bekanntschaft mit der Psychoanalytikerin Frieda Reichmann (1889-1957). Gemeinsam eröffneten sie 1924 ein Sanatorium in Heidelberg. Fromm ließ sich von ihr analysieren, beide verliebten sich und heirateten 1926.

Ab 1925 ließ sich Fromm selbst als Psychoanalytiker ausbilden. Er unterzog sich einer Lehranalyse bei Wilhelm Wittenberg in München und setzte diese ab 1928 bei Hanns Sachs (1881-1947) am Berliner Psychoanalytischen Institut fort.

Das Berliner Psychoanalytische Institut wurde 1920 von Max Jefimowitsch Eitingon (1881-1943), Karl Abraham (1877-1925) und Ernst Simmel (1882-1947) gegründet. Innerhalb weniger Jahre entwickelte es sich zu einem internationalen Zentrum der Psychoanalyse (Richebächer, 2000). Später bekannte und einflussreiche Psychoanalytiker/innen arbeiteten in den 1920er und frühen 1930er Jahren am Institut, so z.B. Alice und Michael Balint (die Erfinder der „Balintgruppen“), Sándor Radó (ein prominenter Vertreter der Ich-Psychologie), Franz Alexander (Mitbegründer der Psychosomatischen Medizin) oder Melanie Klein (Pionierin der Kinderpsychoanalyse) und Karen Horney. Auch Siegfried Bernfeld, Otto Fenichel und Wilhelm Reich, auf die noch einzugehen sein wird, gehörten zu den engagierten jungen Analytikern des Instituts. Nach der Machtergreifung der Nazis emigrierten die meisten jüdischen Institutsangehörigen in die USA. Die nicht-jüdischen Mitarbeiter passten sich an und wurden 1936 in das nationalsozialistische „Deutsche Institut für psychologische Forschung und Psychotherapie“ integriert, das von Matthias Heinrich Göring, einem Vetter von Hermann Göring, geleitet wurde.

Ab 1930 praktizierte Fromm selbst als Psychoanalytiker. Mit seiner Ehefrau Frieda Fromm-Reichmann gründete er 1929 das Frankfurter Psychoanalytische Institut (das heutige Sigmund-Freud-Institut). Karl Landauer und der Schweizer Heinrich Meng (1887-1972; Mitbegründer der Psychohygiene-Bewegung) wurden zu Leitern des Instituts berufen, das noch im Gründungsjahr als Gastinstitut im Frankfurter Institut für Sozialforschung Unterkunft fand (Funk, 1999, GA, I, S. XVII).  Das Institut für Sozialforschung wurde 1929 kommissarisch von Friedrich Pollock geleitet, 1931 übernahm Max Horkheimer die Leitung.

Die Ehe zwischen Erich Fromm und Frieda Fromm-Reichmann zerbrach 1931 und wurde 1942 in den USA geschieden. Beide blieben aber freundschaftlich verbunden. Frieda Fromm-Reichmann emigrierte zunächst (1933) nach Palästina, ging dann aber 1935 in die USA, wo sie (u.a. mit Erich Fromm) 1943 das William Alanson White Institute of Psychiatry, Psychoanalysis and Psychology in New York gründete. Sie gilt heute als Pionierin der analytisch orientierten Psychotherapie von Psychosen. Sie starb 1957.

1926 wandte sich Fromm von der religiösen Praxis seiner Vaterreligion ab. Einen wichtigen Anstoß dürfte der Kontakt mit dem Buddhismus gewesen sein, der – wie Rainer Funk (1999, GA, I, S. XIV) unter Berufung auf Edward S. Tauber (1971) vermutet – für Fromm eine Lehre ohne Offenbarung, Mystik und göttliche Autorität sei (vgl. auch Lévy, S. 14). Der Buddhismus und dessen Meditationspraxis beschäftigten Fromm ein Leben lang, ebenso wie das Judentum und seine eigene Jüdischkeit. Dafür spricht z.B. seine 1927 in der Zeitschrift „Imago“ veröffentlichte Schrift „Der Sabbath“ (GA, VI, S. 1ff.) ebenso wie das 1966 publizierte Buch „You Shall Be as Gods – A Radical Interpretation of the Old Testament and its Tradition“ (in der deutschen Übersetzung „Ihr werdet sein wie Gott – Eine radikale Interpretation des Alten Testaments und seiner Tradition“, Fromm, 1999, GA, VI, S. 82ff.). In diesem Buch entwickelt Fromm auf der Grundlage des Tanach, der Hebräischen Bibel, einen radikalen Humanismus und zeigt, dass die Menschen in der Lage sind, ihre menschlichen Kräfte selbst zu entwickeln, um zu einer inneren Harmonie zu gelangen und eine friedliche Welt zu gestalten.

„Es sind also in erster Linie die wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und politischen Verhältnisse, unter denen eine Gruppe lebt“ – 1927 bis 1939

Von 1928 bis 1930 setzte Erich Fromm seine psychoanalytische Ausbildung in Berlin fort und wurde nach mehreren (nicht immer erfolgreichen) Anläufen außerordentliches Mitglied der Deutsche Psychoanalytische Gesellschaft (Schröter, 2015). Auch den Marxismus entdeckte er in dieser Zeit.

Während der Aufenthalte in Berlin hatte Fromm enge Beziehungen zum Kreis linker, marxistisch orientierter Psychoanalytiker um Otto Fenichel (1897-1946), Wilhelm Reich (1897-1957) oder Siegfried Bernfeld (1992-1953), die ihn wohl auch inspiriert haben, über das Verhältnis von Psychoanalyse und Marxismus nachzudenken. Wilhelm Reich hatte 1929 ein Buch mit dem Titel „Dialektischer Materialismus und Psychoanalyse“ veröffentlicht, das von Otto Fenichel in der von Sigmund Freud herausgegebenen Zeitschrift „Imago“ wohlwollend rezensiert wurde (Fenichel, 1931). Siegfried Bernfeld (geboren als Selig Bernfeld), der im österreichisch-galizischem Lemberg (heute: Lwiw in der Ukraine) zur Welt kam, in Wien aufwuchs und zwischen 1925 und 1932 in Berlin tätig war, machte aus seiner Intention, die Freud’sche Psychoanalyse und den Marxismus zu verknüpfen, ebenfalls keinen Hehl. Wegen seiner marxistischen Überzeugung und wohl auch aufgrund seiner jüdischen Herkunft wurde ihm 1929 eine Professur an der Technischen Hochschule Braunschweig verweigert (hagalil.com, 2012).

Fromm hatte schon während seines Studiums in Heidelberg die Marxschen Werken kennen gelernt. Aus seinen Publikationen zwischen 1928 und 1933 (vor allem aus der programmatischen Arbeit „Über Methode und Aufgabe einer Analytischen Sozialpsychologie“ aus dem Jahre 1932, siehe z.B. GA, I, S. 37ff.) lässt sich entnehmen, dass er sich mit Marxens „Der achtzehnten Brumaire des Louis Bonaparte“, mit der „Deutschen Ideologie“ und der „Heiligen Familie“ von Marx und Engels und mit dem „Kapital“ beschäftigt hat. Auch Werke von Eduard Bernstein, Karl Kautsky oder dem russischen Philosophen Nikolai Iwanowitsch Bucharin standen auf Fromms Lektüreliste.

So wundert es nicht, dass sich Erich Fromm 1929/1930 endgültig vom Jüdischen Lehrhaus in Frankfurt am Main verabschiedete, um ins „Café Marx“ (dem Institut für Sozialforschung, vgl. Löwenthal, 1980, S. 70) zu wechseln. Die enge Verbindung zwischen dem Frankfurter Psychoanalytischen Institut, in dem Fromm, wie gesagt, als Mitbegründer tätig war, und dem Institut für Sozialforschung (IfS) erleichterte den Übergang. Erich Fromm wurde dort 1930 als ordentliches Mitglied aufgenommen und auf Lebenszeit als Leiter der sozialpsychologischen Abteilung eingestellt.

1932 publizierte er in der ersten Ausgabe der „Zeitschrift für Sozialforschung“, dem wissenschaftlichen Publikationsorgan des Instituts für Sozialforschung, die programmatische Schrift „Über die Methode und Aufgabe einer Analytischen Sozialpsychologie: Bemerkungen über Psychoanalyse und historischen Materialismus“ (Fromm, 1999, GA, I, S. 37ff.). Wie diese Analytische Sozialpsychologie aussehen soll, beschreibt Fromm folgendermaßen:

„Die sozialpsychologischen Erscheinungen sind aufzufassen als Prozesse der aktiven und passiven Anpassung des Triebapparates an die sozial-ökonomische Situation. Der Triebapparat selbst ist – in gewissen Grundlagen – biologisch gegeben, aber weitgehend modifizierbar; den ökonomischen Bedingungen kommt die Rolle als primär formende Faktoren zu. Die Familie ist das wesentlichste Medium, durch das die ökonomische Situation ihren formenden Einfluss auf die Psyche des einzelnen ausübt. Die Sozialpsychologie hat die gemeinsamen – sozial relevanten – seelischen Haltungen und Ideologien – und insbesondere deren unbewusste Wurzeln – aus der Einwirkung der ökonomischen Bedingungen auf die libidinösen Strebungen zu erklären“ (GA, I, S. 46; Original: 1932).

Noch vor dieser „Inauguraladresse“ und seiner Anstellung am IfS startet Erich Fromm 1929 gemeinsam mit Hilde Weiss, Anna Hartoch, Herta Herzog und Ernst Schachtel eine große sozialpsychologische Feldstudie. Paul L. Lazarsfeld fungierte als wissenschaftlicher Berater für die statistische Auswertung.

Paul F. Lazarsfeld (1901-1976) wurde in Wien geboren, promovierte 1924 über ein mathematisch-physikalisches Thema, war zwischen 1929 und 1933 Mitarbeiter am Wiener Psychologischen Institut (u.a. bei Charlotte und Karl Bühler) und emigrierte 1933 in die USA. Mit Marie Jahoda und Hans Zeisel veröffentlichte er 1933 die berühmte und beispielgebende Studie „Die Arbeitslosen von Marienthal. Ein soziographischer Versuch über die Wirkungen langandauernder Arbeitslosigkeit“ (Jahoda, Lazarsfeld & Ziesel, 1933). In den USA arbeitete Lazarsfeld vor allem auf kommunikationswissenschaftlichem Gebiet. 1940 realisierte er mit Bernard R. Berelson und Hazel Gaudet die große Studie „The People’s Choice“ (Lazarsfeld, Berelson, & Gaudet, 1944; deutsch: 1969) und entwickelte das berühmte Modell des „Zwei-Stufen-Flusses der Kommunikation“ (Two-Step-Flow-Model), das ganz wesentlich zu einem Paradigmenwechsel in der kommunikationswissenschaftlichen Forschung beitrug.

Mit der Studie aus dem Jahre 1929 wollten Fromm und seine Kolleg/innen Einstellungen und politische Verhaltensweisen von Angestellten und Arbeitern untersuchen. Dafür wurde ein umfangreicher Fragebogen entwickelt, der aus 271 weitgehend offenen Fragen bestand. Mit Hilfe von freien und christlichen Gewerkschaften wurden insgesamt 3000 Fragebögen verteilt. 1150 Fragebögen kamen ausgefüllt zu den Forscher/innen zurück. Bis 1936 wurden knapp 600 unter der Federführung von Erich Fromm ausgewertet (Fromm, Horkheimer & Marcuse, 1936).

Hintergrund dieser Studie ist die Ende der 1920er und Anfang der 1930er Jahre zunehmende Massenarbeitslosigkeit in Deutschland und die damit verbundene massenhafte Verelendung breiter Schichten der Bevölkerung. So lag die Arbeitslosigkeit in Deutschland im Jahre 1928 unter 1,5 Millionen, stieg aber bis 1933 auf fast 5,5 Millionen an. Aus marxistischer Sicht, die damals von vielen Sozialwissenschaftlern geteilt wurde, hätte das eigentlich zu einer gesellschaftlichen Revolution führen müssen; die trat aber nicht ein.

Die Krisen der kapitalistischen Produktionsweise hatten sich zwar zugespitzt, führten aber nicht zwangsläufig zu einem sozialistischen Klassen- und Revolutionsbewusstsein in der deutschen Arbeiterschaft. Das Proletariat polarisierte sich, ein großer Teil schien sich entgegen seinen ökonomischen Interessen zunehmend der faschistischen Ideologie zuzuwenden, und die Arbeiterparteien SPD und KPD waren nicht in der Lage diese Entwicklung aufzuhalten. Die politischen Wahlergebnisse verdeutlichten die zunehmende politische Polarisierung; vor allem wanderten breite Massen der Arbeiterschaft nach „rechts“ ab und wählten die NSDAP, die 1933 schließlich an die Macht kam. 1928 wählten 0,8% aller Wählerinnen und Wähler die NSDAP, im Juli 1932 waren es schon 37,3% und im März 1933 schließlich 52,4%.

Vor diesem Hintergrund stellten sich Erich Fromm und seine Kolleg/innen die Frage, warum sich die politischen (Partei-)Orientierungen der Arbeiter und Angestellten nicht mit den tatsächlichen Einstellungen (oder besser: den unbewussten Motiven) decken. Sofern es möglich ist, so die Annahme, die tiefverwurzelten (unbewussten) politischen Einstellungen aufzudecken, könnte man u.U. auch vorhersagen, ob die Arbeiter und Angestellten gegen eine Machtübernahme durch die Nazis kämpfen oder sie unterstützen werden.

Die Auswertung und Veröffentlichung der Studie aus dem Jahre 1929 verzögerte sich indes um mehrere Jahre. Das dürfte mehrere Gründe haben: Im Jahre 1931 erkrankte Fromm an Lungentuberkulose und hielt sich bis 1934 mit Unterbrechungen in Davos in der Schweiz auf. Nachdem die Nationalsozialisten Anfang 1933 die Macht in Deutschland übernommen hatten, war auch das Schicksal des IfS besiegelt. Das war abzusehen. Deshalb begannen bereits frühzeitig die Vorbereitungen für eine Emigration des Instituts. Unmittelbar nach der Ernennung Hitlers zum Reichskanzler im Januar 1933 siedelte Max Horkheimer nach Genf um. Am 13. März 1933 wurde das Institut von der Kriminalpolizei geschlossen und danach dem NS-Studentenbund zur Verfügung gestellt. Ende Juli wurde Horkheimer über die Entscheidung der Gestapo informiert, dass das Institut wegen staatsfeindlicher Bestrebungen beschlagnahmt worden sei.

Bereits im Februar 1933 hatte Max Horkheimer alles darangesetzt, um das bewegliche Eigentum des Instituts (Bücher, Dokumente, Materialien) außer Landes zu schaffen, zunächst nach Genf, später nach Paris und dann in die USA. 1934, Fromm war inzwischen in die USA emigriert, entschied Horkheimer, das Institut an die New Yorker Columbia University zu verlegen. Er selbst und einige der Mitarbeiter – Löwenthal, Marcuse, Pollock, Grossmann, Wittfogel und schließlich Neumann und Kirchheimer – kamen nach (vgl. auch Mitteilungen aus dem Institut für Sozialforschung, 1999). Möglicherweise gingen durch den erzwungenen, schnellen Weggang aus Deutschland auch große Teile der beantworteten Fragebögen aus o.g. Studie verloren.

Am 7. April 1933 wurde im Nazi-Deutschland das „Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ verabschiedet, in dessen Folge „nicht-arische“ und politisch unerwünschte Beamte in den Ruhestand versetzt wurden. Das betraf auch alle jüdischen Professoren. Ein Drittel aller ordentlichen Professoren, die sich mit psychologischen Themen in Lehre und Forschung befassten und zahlreiche Lehrkräfte in höheren Rängen verloren durch die Judenverfolgung ihre Anstellungen (vgl. ausführlich Ash, 1985, S. 72f.).

Erich Fromm folgte zunächst einer Einladung von Franz Alexander, für ein paar Monate als Gastdozent am Institut für Psychoanalyse in Chicago zu arbeiten. Franz Gabriel Alexander war in den 1920er Jahren Assistent von Hanns Sachs am Berliner Psychoanalytischen Institut und wurde nach seiner Emigration Professor für Psychoanalyse an der Universität Chicago. Nachdem das Institut für Sozialforschung (IfS), nicht zuletzt durch Fromms Kontakte, eine neue Heimat an der Columbia Universität gefunden hatte, ging Fromm ebenfalls nach New York und setzte seine Arbeit am IfS fort. Gleichzeitig übernahm er an der Columbia Universität eine Gastprofessur und baute sich eine Praxis als Psychoanalytiker auf.

1936 erschien dann im Pariser Verlag Librairie Félix Alcan ein Forschungsbericht zu „Studien über Autorität und Familie“ als fünfter Band der Schriften des Instituts für Sozialforschung (Fromm, Horkheimer, Marcuse u.a., 1936).

In einer „Ersten Abteilung“ dieser Publikation entwickelt Horkheimer die philosophisch-historischen Grundlagen des Verhältnisses von Autorität in der modernen Gesellschaft. Ebenfalls in der „Ersten Abteilung“ versucht Fromm (GA, I, S. 141ff.) eine Integration von Marxismus und psychoanalytischer Theorie, in dem er darauf verweist, dass die ökonomische und soziale Struktur der kapitalistischen Gesellschaft einen Menschentypus forme, der durch eine spezifische autoritäre Charakterstruktur, nämlich durch eine lustvolle Unterwerfung unter Autoritäten, gekennzeichnet sei (vgl. auch Oesterreich, 1996). Ein „Ideengeschichtlicher Teil“, geschrieben von Herbert Marcuse, schließt die „Erste Abteilung“. In einer „Zweiten Abteilung“ des Forschungsberichts werden qualitative und quantitative Studien und Ergebnisse über das Verhältnis zur Autorität in deutschen Familien aus der Arbeiterschaft und der Mittelklasse vorgestellt. Es handelt sich dabei um eine 1932 mit deutschen Spezialärzten durchgeführte Erhebung über Sexualmoral, um eine in der Schweiz, Belgien, Frankreich, Holland und Österreich erfolgte „Sachverständigenerhebung“ über Autorität und Familie, eine Fragebogenuntersuchung mit Schweizer Jugendlichen ebenfalls über Autorität und Familie und um einen kurzen, von Erich Fromm verfassten, Bericht über die Studie aus dem Jahre 1929. Fromm stellt den Fragebogen und ein paar knappe Befunde vor, um die – aus seiner Sicht – ermittelten grundlegenden Charaktertypen zu illustrieren: den autoritären, den revolutionären und den ambivalenten Charakter.

In der Literatur wurde und wird heftig gestritten ob des forschungstechnischen Niveaus der Studie (z.B. Bierhoff, 1993; Dubiel, 1978; Wiggershaus, 2010). Eine ausführlichere Darstellung der Arbeiter- und Angestellten-Erhebung von Fromm und Kolleg/innen wurde aus dem Nachlass von Fromm erst durch Wolfgang Bonß (Fromm & Bonß, 1980) bearbeitet und herausgegeben und findet sich in der Erich-Fromm-Gesamtausgabe (GA, III, S. 1ff.). Macht man sich nun die Mühe einer gründlichen Lektüre dieses umfangreichen Berichts, kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass Erich Fromm und seine Kolleg/innen eine für die damalige Zeit (1929-1930) einmalige Verknüpfung von statistisch-deskriptiven und qualitativ-interpretativen Auswertungsmethoden genutzt (und dies auch dokumentiert) haben, um die Erhebungsdaten aufzubereiten. Über die Qualität der Befunde lässt sich indes streiten.

Nach seiner Emigration musste Fromm auch zahlreiche persönliche und gesundheitliche Rückschläge verkraften. Ende 1933 starb in Deutschland sein Vater Naphatli, auch die Lungentuberkulose brach 1938 während eines Aufenthalts in Europa wieder aus und zwang ihn zu einem erneuten Sanatoriumsaufenthalt im Schweizerischen Davos.

Und dann kam noch der Streit mit Mitarbeitern des IfS dazu. Wohl nicht zuletzt inspiriert von den Neo-Freudianern (wie Karen Horney, die ihm auch die Gastdozentur in Chicago besorgte, und Harry Stack Sullivan) hatte Fromm bereits in früheren Arbeiten die Libido- und Instinkttheorie im Sinne Freuds kritisiert. So z.B. in der schon erwähnten Arbeit „Über Methode und Aufgabe einer Analytischen Sozialpsychologie“ (GA, I, S. 37ff.) aus dem Jahre 1932, in einem 1935 in der Zeitschrift für Sozialforschung erschienen Beitrag zur gesellschaftlichen Bedingtheit der psychoanalytischen Therapie (GA, I, S. 115ff.) oder in der 1936 mit Horkheimer und Marcuse erfolgten Publikation zu den „Studien über Autorität und Familie“ (GA, I, S. 139ff.).

Übrigens: Mit Karen Horney, die 1932 Deutschland verließ, verband Erich Fromm mehr als nur eine lange kollegiale Beziehung. Ihre Liaison währte bis 1943 und endete schließlich in einem heftigen Streit, schreibt Rainer Funk (2007).

Den endgültigen Abschied von Freuds Libidotheorie vollzog Fromm spätestens 1937. Rainer Funk machte mich auf einen Aufsatz aufmerksam, den Fromm zwischen Herbst 1936 und Frühjahr 1938 verfasste, aber nie veröffentlichte. Mit einem ausführlichen Kommentar von Rainer Funk findet sich dieser Aufsatz mit dem Obertitel „Die Determiniertheit der psychischen Struktur durch die Gesellschaft“ heute im Nachlassband XI der Erich-Fromm-Gesamtausgabe.

Als Nichtanalytiker schreibe ich – wenn ich mich an dieser Stelle über die Unterschiede zwischen Fromm und Freud auslasse – natürlich wie der Blinde von der Farbe. So viel scheint mir aber nachvollziehbar: Nach Freud bildet sich der menschliche Charakter über die verschiedenen Phasen der Libidoentwicklung (oral, anal, phallisch…) aus. Für Fromm hingegen sind es die verschiedenen Arten und Weisen, in und mit denen der Mensch in Beziehung zur Welt und zu anderen Menschen tritt und in denen sich der Charakter entwickelt. Insofern ist die individuelle Charakterentwicklung ein lebenslanger Prozess und endet nicht mit dem Abschluss der Kindheit, so wie es Freud nahelegt (z.B. Freud, 1981; Original: 1905). Zwar sei die Familie das wichtigste Medium der Charakterentwicklung (da ist sich Fromm mit Freud einig), nicht minder wichtig sind aber die gesellschaftlichen und klassenmäßigen Hintergründe der Familie, die sich in typischen Charakterzügen von Gruppen, Gemeinschaften und Klassen ausdrücken. Der Mensch sei primär ein soziales Wesen, dessen psychische Prozesse nicht aus einer biologisch angelegten Triebstruktur, sondern aus ihrer sozialen Bezogenheit zu erklären sind. Fromm greift dabei auch auf Überlegungen seines Kollegen Harry Stack Sullivan (1892-1949) zurück (vgl. auch Funk, 2011). Die meisten psychischen Erscheinungen (Gefühle, Strebungen, Fantasien, Leidenschaften usw.) des Menschen seien aus seiner sozialen Bezogenheit zu erklären und nicht aus einer Triebnatur, die einer mechanischen Logik von Spannung und Entspannung, Lust und Unlust folge.

Der besagte Aufsatz, in dem Fromm seine Kritik an Freud formuliert und eine Modifikation vorschlägt, die „in mancher Hinsicht der Theorie des Historischen Materialismus näher zu stehen (scheint) als die Freud’sche Libidotheorie“ (Fromm, GA, XI, S. 173), sollte in der Zeitschrift für Sozialforschung, dem Publikationsorgan des IfS, erscheinen. „Doch anders, als dies Fromm erwartete, fiel sein sozial-psychoanalytischer Ansatz bei einer Besprechung am 7. September 1937 bei Horkheimer und anderen Institutsmitgliedern in Ungnade“ (Funk, GA, XI, S. 641). Horkheimer (und wohl auch andere Institutsmitglieder) lehnten die Veröffentlichung des Aufsatzes ab. Auch die geplante vollständige Publikation der Arbeiter- und Angestellten-Erhebung von Fromm und Kolleg/innen aus dem Jahre 1929, über die – wie erwähnt – Fromm in den „Studien über Autorität und Familie“ nur knapp berichtet, wurde nicht umgesetzt.

In seinem ersten, großen Buch „Die Furcht vor der Freiheit“ (im Original mit dem treffenderen Titel „Escape from Freedom“) aus dem Jahre 1941 führt Fromm dann den Begriff „Gesellschafts-Charakter“ als „Schlüsselbegriff für das Verständnis des Gesellschaftsprozesses überhaupt“ ein: „Der Gesellschafts-Charakter […] umfasst den wesentlichen Kern der Charakterstruktur der meisten Mitglieder einer Gruppe, wie er sich als Ergebnis der grundlegenden Erfahrungen und der Lebensweise dieser Gruppe entwickelt“ (GA, I, S. 379; Hervorh. im Original).

Fromm geht von zwei Dimensionen oder Funktionen des Charakters aus: Zum einen führen die individuellen Lebensumstände zur Internalisierung von Erfahrungen, die typisch und einmalig nur für den jeweiligen Menschen sind und seinen individuellen Charakter ausmachen. Als soziales Wesen ist der einzelne Mensch aber immer auch Mitglied in sozialen Gruppen und Gemeinschaften. Ihnen fühlt er sich zugehörig und identifiziert sich mit ihnen und ihren Werten, Normen und Erwartungen. Dadurch verinnerlicht der Einzelne (die Einzelne) zum anderen die sozialen Erwartungen und sozioökonomischen Erfordernisse der Gruppen, Gemeinschaften, Gesellschaften, mit denen er bzw. sie sich identifiziert. Das Ergebnis dieser Internalisierung des Sozialen nennt Fromm Gesellschaft-Charakter, so dass – schreibt Rainer Funk in einer persönlichen Mitteilung – „der Einzelne das zu denken, fühlen und handeln wünscht, was er zum Erhalt einer bestimmten Gesellschaft erstreben soll“.

In der sozialwissenschaftlichen Literatur findet man eine Reihe von Begriffen, die dem Gesellschafts-Charakter nicht unähnlich sind. Norbert Elias (1939) und Pierre Bourdieu (1997) haben den Begriff des Habitus bzw. des sozialen Habitus in die Sozialwissenschaften eingeführt. Zygmunt Bauman (1992, S. 100) spricht gelegentlich von „Sinngemeinschaft“, Ludwik Fleck von „Denkkollektiven“ (1993, S. 54; Original: 1935). Auch der von Daniel Bar-Tal konzeptualisierte Begriff der Group Beliefs ist in diesem Zusammenhang erwähnenswert (Bar-Tal, 2012).

Der Gesellschafts-Charakter liefert – aus meiner Sicht – für Fromm so etwas wie das Mittelglied, das Vermittelnde zwischen dem individuellen Charakter und den gesellschaftlichen Verhältnissen. Das ist ein durch und durch dialektischer und moderner Ansatz: Auch in den gegenwärtigen Zeiten nachmoderner, autonom agierender gesellschaftlicher Subsysteme gibt es keine Unmittelbarkeit von Individuum und gesellschaftlichen Strukturen. Nationale und globale Herrschafts-, Macht- und Autoritätsverhältnisse beeinflussen das Fühlen, Denken und Handeln Einzelner nur vermittelt. Das gilt auch für den möglichen Einfluss auf individuelle, unbewusste Motive oder Triebe. Die Annahme einer deterministischen Wirkung von gesellschaftlichen Verhältnissen auf individuelle Beschaffenheiten – oder umgekehrt – würde (man verzeihe mir diese Reminiszenz) zu „irrigen Resultaten … [führen], weil sie notwendige Mittelglieder überspringt“ (Marx, MEW, Band 26.2., S. 161f.).

Kurz und gut: Mit dieser Dialektik hat Erich Fromm die Grenzen der Freud’schen Psychoanalyse weit überschritten und deren Anhänger haben es ihm übelgenommen. Mit der klassischen psychoanalytischen Technik schien Erich Fromm ebenfalls sehr unzufrieden gewesen sein. Fromm sah, aus meiner dilettantischen Perspektive, das psychoanalytische Gespräch zwischen Analytiker/in und Patient/in nicht als Beziehung zwischen einem patriarchalischen, autoritären „Übervater“ und einem „kranken Kind“, sondern als Begegnung zweier gleichberechtigter Menschen, in der der Analytiker oder die Analytikerin ein hohes Maß an Empathie aufbringen muss (vgl. auch Bacciagaluppi, 1990). Auch das dürfte die Anhänger Freuds nicht gefreut haben und es scheint im Institut für Sozialforschung zu offener Kritik an Fromm gekommen zu sein. Rainer Funk zitiert einen Brief von Fromm an Martin Jay aus dem Jahre 1971, in dem Fromm deutlich zu machen versucht, dass Horkheimer mit der Frommschen Reinterpretation der Psychoanalyse nicht einverstanden gewesen sei und dass dies auch mit dem Einfluss von Adorno auf Horkheimer zusammenhänge (Funk, 1999, GA, I, S. XXI). Dabei darf natürlich nicht vergessen werden, dass weder Horkheimer noch Adorno ausgebildete Psychoanalytiker waren und die Psychoanalyse nur aus Lektüre kannten.

Wie auch immer: 1939 trennte sich Erich Fromm vom New Yorker Institut für Sozialforschung. Adorno, der vermittelt durch Horkheimer ab 1938 in einem medienwissenschaftlichen Projekt (das „Princeton Radio Research Project“) unter der Leitung von Paul F. Lazarsfeld arbeitete, damit aber nicht zurechtkam, erhielt daraufhin eine volle Stelle im New Yorker Institut für Sozialforschung.

Fromm verlor seinen lebenslangen Vertrag als Mitarbeiter des Instituts. In den späteren Publikationen tauchte sein Name nicht und wenn, dann höchstens als Randnotiz auf, so als hätte es seine Arbeit und seinen Einfluss auf die Forschungen des Instituts nie gegeben.

Lieben ist eine Kunst, genauso wie Leben eine Kunst ist – 1940 bis 1959

Am 25. Mai 1940 wird Erich Fromm US-amerikanischer Staatsbürger und beginnt seine Lehrtätigkeit an der bekannten „New School for Social Research“ in New York. Für viele Emigrant/innen aus Europa wird diese Universität in Manhattan nach 1934 zu einem wichtigen Zufluchts- und Arbeitsort, so z.B. für Wilhelm Reich, für den Musikwissenschaftler und Komponisten Hanns Eisler, für den Mitbegründer der Gestalttheorie Max Wertheimer, für die österreichische Sozialpsychologin Marie Jahoda, für den Philosophen Hans Jonas oder für die Philosophin Hannah Arendt.

Mit Unterbrechungen lehrte Fromm bis 1959 an der New School for Social Research. Thematisch befasste er sich dabei u.a. mit der Interpretation von Träumen, dem Verhältnis von Gesellschaft, Ideologie, Religion und Psychoanalyse, mit der Funktion von Autorität in Familie und Gesellschaft, der geistigen Gesundheit in der modernen Welt, mit Liebe und Hass und mit der Bedeutung des Alten Testaments in heutigen Zeiten (ausführlich: Funk, 1991).

1941 erschien, wie erwähnt, Fromms großes Buch „Die Furcht vor der Freiheit“. Detlef Oesterreich (1996, S. 38) sieht in Fromms Ansatz eine Weiterführung der Marxschen Entfremdungstheorie, nach der der Kapitalismus die traditionelle und damit sichere Identitätsfindung der Menschen im Feudalismus zerstöre und ihnen eine Freiheit gegeben habe, die sie nicht bewältigen konnten. Deshalb hoffe der Einzelne durch Unterwerfung unter einen Führer und durch Aufgabe von Individualinteressen zugunsten von Gruppeninteressen die verloren gegangene Sicherheit wiederzugewinnen. Dass sich Fromm mit diesem Ansatz auch von der Freud’schen Sexualtheorie verabschiedete, hatte ich schon erwähnt.

Erich Fromm heiratete 1944 Henny Gurland, die – wie Rainer Funk schreibt – „mit Walter Benjamin vor den Nazis aus Frankreich geflohen war und an der spanischen Grenze miterlebte, wie sich Benjamin das Leben nahm“ (Funk, 2007, S. 16). 1947 erkrankte Henny an Arthritis. Auf ärztlichem Rat verlegten Erich Fromm und seine Frau 1950 ihren Lebensmittelpunkt nach Mexiko, um im wärmeren Klima die Schmerzen besser lindern zu können.

Die Mitglieder des New Yorker Instituts für Sozialforschung begannen nach 1945 mit den Planungen eines Projekts zum Antisemitismus. Auslöser und Ausgangspunkt dazu waren natürlich die Erfahrungen der „Frankfurter“ Emigranten mit dem Nationalsozialismus in Deutschland. Entscheidende konzeptionelle Überlegungen wurden von Horkheimer und Adorno in enger Zusammenarbeit mit den Psychologen R. Nevitt Sanford und Else Frenkel-Brunswik von der Psychologischen Abteilung der Universität Berkeley in Kalifornien zwischen Frühjahr 1943 und Sommer 1944 entwickelt. Entscheidende finanzielle Unterstützung für das Forschungsprojekt kam vom American Jewish Committee. Erste Ergebnisse der gemeinsamen Arbeit des später als Berkeley Gruppe bekannt gewordenen Teams wurden auf einem Symposium im Juni 1944 in San Francisco vorgestellt und 1946 als Buch veröffentlicht (Simmel, 1946, deutsch: 1993). Im ersten Beitrag des Buches stellt Max Horkheimer dezidiert die „Erforschung des Antisemitismus“ als Ziel des Forschungsprojektes heraus (Horkheimer, 1993, S. 24). Dieser Fokus wurde relativ schnell auf die Frage erweitert (oder eingeengt?), was Menschen dazu treibt, sich unmenschlichen Zielen unterzuordnen. Mitte der 1940er Jahre begannen dann die eigentlichen Studien zum „faschistischen Charakter“, die unter dem Titel „The Authoritarian Personality“ (TAP) im Jahre 1950 publiziert wurden. Dabei konnte sich die Berkeley-Gruppe auf eine Reihe von Arbeiten stützen, die sich in den 1940er Jahren ausdrücklich mit der Frage befassten, welche psychischen Charakteristika sich bei Antisemiten und Nationalsozialisten (bzw. ihren Anhängern) finden lassen (Chisholm, 1946; Erikson, 1942; Fenichel, 1940; Levinson & Sanford, 1944;  Morse & Allport, 1949). Die TAP stellt also eher einen Wendepunkt denn einen Ausgangspunkt für die Erforschung des Autoritarismus und verwandter Konstrukte dar.

Der von Theodor W. Adorno, Else Frenkel-Brunswick, Daniel J. Levinson, R. Nevitt Sanford (1950) herausgegebenen Band „The Authoritarian Personality“ ist Teil des fünfbändigen Gesamtwerkes mit dem Titel „Studies in Prejudice“. In der deutschen Öffentlichkeit wird das vollständige Forschungsprojekt meist auf das Konzept der „Autoritären Persönlichkeit“ reduziert und dieses wiederum fast unzertrennlich mit dem Namen von Adorno verknüpft. Die deutsche Veröffentlichung von Teilen der „Authoritarian Personality“ 1968 im Verlag de Munter Amsterdam und später 1973 bei Suhrkamp erweckte schließlich den Eindruck, es handele sich bei Adorno um den Autor der Studien und Frenkel-Brunswik, Levinson und Sanford seien lediglich Koautoren gewesen. Stone, Lederer und Christie (1993, S. 13) betrachten es demzufolge auch als eine „Ironie des Schicksals“, dass nur aufgrund Adornos offizieller Namensänderung im Jahre 1943 die „Authoritarian Personality“ nicht unter „Frenkel-Brunswik et al.“ zitiert wird. Seit 1943 – nach seiner Einbürgerung als Bürger der USA – nannte sich Theodor Wiesengrund-Adorno bekanntlich nur noch „Theodor W. Adorno“.

Die Vorarbeiten Fromms zum „Autoritären Charakter“ und seine Rolle bei der theoretischen Konzeptualisierung werden in „The Authoritarian Personality“ nicht oder nur ansatzweise gewürdigt. Weder die Arbeiter- und Angestellten-Erhebung von Fromm und Kolleg/innen aus dem Jahre 1929 oder die 1936 mit Horkheimer und Marcuse erfolgte Publikation zu den „Studien über Autorität und Familie“ noch das grundlegende Werk „Escape from Freedom“ von 1941 werden in der „Authoritarian Personality“ erwähnt (Fahrenberg & Steiner, 2004, S. 128).[2]

Das trifft für die gegenwärtige (psychologische) Autoritarismusforschung nun ganz gar nicht zu. Die Arbeiten von Robert Altemeyer zum „Right-Wing Authoritarianism“ (1981, 1988, 2004), die als Zäsur und Beginn einer neuen Autoritarismusforschung gelten können, sind nicht ohne Fromms Forschungen zum Gesellschafts-Charakter und zum Autoritarismus denkbar (Brunner, 1994). Das gilt auch für die theoretischen Entwürfe zum „Autoritarismus als Gruppenphänomen“ (Duckitt, 1989; Stellmacher & Petzel, 2005), für das Konzept der „autoritären Reaktion“ von Detlef Oesterreich (1996), für Untersuchungen zum Autoritarismus in Zeiten von Donald Trump und des Neoliberalismus (z.B. Fuchs, 2018; Heitmeyer, 2018; Kellner, 2016) oder für die aktuellen Studien von Oliver Decker und Kolleg/innen zu rechtsextremen Dynamiken in Deutschland (z.B. Decker & Brähler, 2018) und ebenso für meine eigenen Forschungen (z.B. Frindte, 2013; Frindte, Wammetsberger & Wettig, 2005).

In gewisser Weise stehen auch die 1961 und 1962 durchgeführten bekannten Gehorsamkeitsexperimente von Stanley Milgram (1974) und das berühmte Gefängnisexperiment aus dem Jahre 1971 von Philip Zimbardo (1975) in der Tradition der von Fromm initiierten Autoritarismusforschung. Milgram und Zimbardo haben sich, wie Fromm auch, in ihren Forschungen zum autoritären Verhalten vor allem auf den Nationalsozialismus in Deutschland bezogen und gefragt, warum so viele Menschen bereit waren, sich an der Massenvernichtung der Juden zu beteiligen (Milgram, 1974, S. 22; Zimbardo, 2008, S. xi). Das Verhältnis von individueller Freiheit, gehorsamer Unterordnung unter autoritäre Strukturen und gewalttätigem Verhalten spielt bei Fromm ebenso eine zentrale Rolle wie bei Milgram und Zimbardo; alle drei kommen aber zu unterschiedlichen Schlussfolgerungen. Milgram macht vor allem den Gehorsam gegenüber Autoritäten für die Bereitschaft verantwortlich, sich gegenüber anderen grausam zu verhalten. Für Zimbardo sind die jeweiligen Situationen (im konkreten Fall des Gefängnisexperiments eben die Gefängnissituation) die ausschlaggebenden Bedingungen, unter denen willkürlich ausgewählte Personen zu Gewalttätern werden können. Beide, Milgram und Zimbardo, halten es für möglich, dass sich ganz gewöhnliche Menschen unter bestimmten Bedingungen grausam verhalten können. Erich Fromm bezweifelte das und hat sich auch kritisch mit den Experimenten von Milgram und Zimbardo auseinandergesetzt (in dem umfangreichen Werk „The Anatomy of Human Destructivenes“ aus dem Jahre 1973; GA, VII, S. 42ff.). Der ausschließliche Verweis auf soziale oder situative Umstände als Ursachen für Gehorsamkeit und Gewaltbereitschaft greift – nach Fromm – zu kurz. Für ihn finden sich die Ursachen unmenschlicher Taten in der Dialektik von sozialen Verhältnissen und individuellen Besonderheiten – vermittelt über den jeweiligen Gesellschafts-Charakter.

1951 übernahm Erich Fromm an der Medizinischen Fakultät der Nationalen Autonomen Universität von Mexiko eine außerordentliche Professur für Psychoanalyse und gründete dort (1963) auch das Mexikanische Institut für Psychoanalyse. Ein ausführlicher Bericht über Fromms immensen Arbeitsaufwand in Mexiko und über seine engen und empathischen Umgang mit Kolleg/innen und Schüler/innen findet sich in einem Beitrag von Jorge Silva García (1992), der zur ersten Generation von Psychoanalytikern gehört, die Fromm in Mexiko ausbildete.

Im Juni 1952 starb Henny Gurland-Fromm, Erich Fromms zweite Ehefrau. Wie Rainer Funk schreibt, war dieser Verlust nicht nur sehr schmerzhaft für Fromm, sondern zwang ihn auch, „seine eigene Begrenztheit, ja sein eigenes Scheitern zu akzeptieren“ (Funk, 2007, S. 16).

Aber Fromm verliebte sich wieder und heiratete im Dezember 1953 die US-Amerikanerin Annis Freeman. Sie zog zu ihm nach Mexiko, beide bauten ein Haus in Cuernavaca und lebten dort bis 1973.

Es ist zu vermuten, dass Fromms neue Liebe auch eine große und produktive gewesen sein muss, die ihn wohl auch veranlasste, über die Kunst des Liebens und Geliebtwerdens nachzudenken. 1956 erschien sein Buch „Die Kunst des Liebens“ (Originaltitel: „The Art of Loving“) quasi als Ergebnis dieses Nachdenkens und vor allem auch als Ausdruck des Glücks, das Fromm in der Beziehung mit Annis Freeman erleben durfte. Das Buch wurde, wie Rainer Funk in einer Fußnote zum Abdruck in der Erich-Fromm-Gesamtausgabe bemerkt, allein im deutschsprachigen Raum zwischen 1978 und 1980 rund eine Million Mal verkauft und liegt in mehr als 25 Sprachen vor (Funk, 1999, GA, IX, S. 537). Das Problem mit der Liebe in unseren modernen Zeiten sei, so Fromm (GA, Band IX, S. 440), dass viele Menschen meinen, es sei ganz einfach zu lieben, man müsse nur den richtigen Partner, die richtige Partnerin finden, von dem oder der man auch geliebt werde. Aber lieben ist eine Kunst, die man zunächst selbst lernen muss.

Fromm greift in seinem Buch auch auf wichtige Gedanken aus früheren Schriften, z.B. aus „Escape from Freedom“ (GA, I, S. 217ff.) oder „The Sane Society“ (1955, deutsch: „Wege aus einer kranken Gesellschaft“; GA, IV, S. 1ff.) zurück. Das Buch „The Sane Society“ ist eine Analyse der (kapitalistischen) Verhältnisse und der von ihrem Wesen entfremdeten Menschen. Um der Entfremdung der Menschen in der kapitalistischen Gesellschaft auf die Spur zu kommen (und Fromm bezieht sich explizit auf die Marxschen Frühschriften[3]) spielt auch der Begriff des Gesellschafts-Charakters eine zentrale Rolle. Dieser lasse sich nur verstehen, wenn auch die Struktur des Kapitalismus und dessen Einfluss auf charakterologische Veränderungen analysiert werden. Diese Verhältnisse sind krank und machen krank. Einen Ausweg aus den krankmachenden Verhältnissen sieht Fromm in der Gestaltung eines kommunitären Sozialismus, einer Organisation der Gesellschaft, in der jeder arbeitende Mensch ein aktiver und verantwortlicher Partner ist, in der die Arbeit als attraktiv und sinnvoll erlebt wird und in der nicht das Kapital die Arbeiter in seinen Dienst stellt, sondern die Arbeiter das Kapital (GA, IV, S. 199). Politische und kulturelle Neugestaltungen der gesellschaftlichen Verhältnisse seien allerdings ebenfalls notwendig. Zu diesen Neugestaltungen gehören auch die Bedingungen, unter denen jede/r so leben sollte, „wie es ihm Liebe und Gerechtigkeit gebieten“ (GA, IX, S. 246).

Und die Liebe, ob es sich nun um die Nächstenliebe, die mütterliche Liebe, die erotische Liebe oder die Liebe zu Gott handelt, so liest man dann in der „Kunst des Liebens“ ist „eine Aktivität und kein passiver Affekt. Sie ist etwas, das man in sich selbst entwickelt, nicht etwas, dem man verfällt. Ganz allgemein kann man den aktiven Charakter der Liebe so beschreiben, dass man sagt, sie ist in erster Linie ein Geben und nicht ein Empfangen […] Der wichtigste Bereich des Gebens liegt jedoch nicht im Materiellen, sondern im zwischenmenschlichen Bereich. Was gibt ein Mensch dem anderen? Er gibt etwas von sich selbst, vom Kostbarsten, was er besitzt, er gibt etwas von seinem Leben. Das bedeutet nicht unbedingt, dass er sein Leben für den anderen opfert – sondern dass er ihm etwas von dem gibt, was in ihm lebendig ist; er gibt ihm etwas von seiner Freude, von seinem Interesse, von seinem Verständnis, von seinem Wissen, von seinem Humor, von seiner Traurigkeit – von allem, was in ihm lebendig ist“ (GA, XI, S. 453; Hervorh. im Original).

Es muss eine glückliche Beziehung, eine beglückende Liebe gewesen sein, jene, zwischen Erich Fromm und seiner Frau Annis.

„Da muss man ein politischer Mensch sein“ – 1960 bis 1980

1952 testeten die USA die erste Wasserstoffbombe, 1955 reagierte die Sowjetunion und 1957 erfolgte der erste Test einer britischen Wasserstoffbombe. Die Großmächte USA und Sowjetunion waren zu Feinden geworden und das Wettrüsten nahm seinen schrecklichen Verlauf.

Anfang 1959 übernahmen die Revolutionäre unter Führung von Fidel Castro in Kuba die Macht und der Kalte Krieg zwischen dem Ost- und dem Westblock verschärft sich. Im November 1960 wurde John F. Kennedy zum Präsident der USA gewählt. Im April 1961 versuchten Exilkubaner mit Unterstützung der CIA vergeblich Kuba anzugreifen, bekannt als Invasion in der Schweinebucht. Mit dem Bau der Berliner Mauer im August 1961 wurde die Teilung der beiden deutschen Staaten buchstäblich zementiert. Im Oktober 1962 kam es zur sogenannten Kubakrise. Die amerikanische Administration hatte damals beschlossen, mit Hilfe von Exil-Kubanern die kubanische Regierung von Fidel Castro zu stürzen. Zugleich wurden US-amerikanische Mittelstreckenraketen auf einem NATO-Stützpunkt in der Türkei platziert. Die Sowjetunion begann daraufhin, atomare Mittelstreckenraketen auf Kuba zu stationieren. Das Unternehmen hätte fast zu einem atomaren Krieg zwischen den USA und der UdSSR geführt. Dreizehn Tage stand die Welt vor dem Dritten Weltkrieg. Im November 1963 wurde John F. Kennedy ermordet und Lyndon B. Johnson sein Nachfolger, der im August 1964 durch Kongressbeschluss die Vollmacht zur US-amerikanischen Beteiligung am Vietnamkrieg bekam. 1965 fielen auf Befehl von Lyndon B. Johnson erstmals Bomben auf die nordvietnamesische Volksrepublik.

Aber auch die internationale Friedensbewegung formierte sich in dieser Zeit. Im April 1958 startete in Großbritannien der erste Ostermarsch (Aldermaston March), bei dem auch das heutige Logo der Friedensbewegung das erste Mal gezeigt wurde. Ab 1961 bereitete sich die Ostermarschbewegung auch in der ganzen Bundesrepublik aus.

Erich Fromm lebte in dieser Zeit in Mexiko und beobachtete den Kalten Krieg und seine sozialen und individuellen Folgen sowie die engagierten Gegenbewegungen sehr aufmerksam. Er schreibt zwar 1962, dass seine Erforschung des gesellschaftlichen Verhaltens vergleichsweise wenig von der Praxis geprägt sei (GA, IX, S. 43; Original: 1962), dennoch sind seine Publikationen in dieser Zeit (aber auch die früheren und die späteren) unverkennbar von den jeweiligen gesellschaftlichen Situationen beeinflusst. So tritt er 1960 in einem Zeitschriftenbeitrag für die American Academy of Arts and Sciences für eine einseitige Abrüstung ein (GA, V, S. 213ff.), analysiert 1962 am Beispiel einer Erklärung von 81 Kommunistischen Parteien das Verhältnis von Kommunismus und friedlicher Koexistenz (GA, Band V, S, 199ff.) oder wendet sich mit seinem Mitarbeiter Michael Maccoby 1962 gegen die illusionäre Vorstellung einer atomaren Abschreckung (GA, V, S. 225ff.).

Neben seiner politisch-publizistischen Tätigkeit engagierte sich Fromm auch praktisch-politisch. Ende der 1950er Jahre bis in die frühen 1960er Jahre war Fromm Mitglied in der Amerikanischen Sozialistischen Partei (ASP), einer über lange Zeit linksorientierten Partei, deren Mitglieder sich aber in den späten 1960er Jahren nach längeren Flügelkämpfen entweder der Partei der US-Demokraten zuwandten oder sich in erfolglosen Kleinparteien engagierten. Auch Erich Fromm trat, nachdem sich die ASP zu wenig für Fromms humanistischen Sozialismus interessierte, wieder aus der Partei aus (Funk, GA I, S. XXIX). In der Friedens- und Abrüstungsbewegung engagierte er sich indes mit großer Kraft weiterhin. So hatte er gemeinsam mit anderen Intellektuellen bereits 1957 ein „Nationales Komitee für eine vernünftige Atompolitik“ (SANE) gegründet.

Im Sommer 1962 reiste Fromm als Beobachter zur Moskauer Konferenz für Abrüstung und Frieden, an der knapp 2500 Personen aus 121 Ländern teilnahmen, darunter Jean-Paul Sartre und andere international bekannte Schriftsteller/innen und Wissenschaftler/innen. In einer Rede, die wohl Erich Fromm und Homer A. Jack gemeinsam erarbeitet haben, setzten sie sich für den Frieden in der Welt und für das wechselseitige Vertrauen zwischen den Friedensbewegungen und Organisationen der verschiedenen Länder ein (Jack, 1987). Einen großen Teil seiner Rede nutzte Fromm, „um vor aller Welt auf das Schicksal von Heinz Brandt aufmerksam zu machen“ (Funk, 1999, GA I, S. XXX). Heinz Brandt (1909-1986) war kommunistischer Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus und später in der DDR Funktionär der SED. 1958 floh Brandt in die Bundesrepublik, wurde aber von der Staatssicherheit in die DDR entführt und dort wegen schwerer Spionage ins Gefängnis gesperrt. Erst durch eine weltweite Kampagne, an der sich neben Fromm auch Bertrand Russel beteiligte, kam Brandt 1964 frei und kehrte in die Bundesrepublik zurück.

Eine ganz wichtige Rolle in den 1960er und 1970er Jahren spielte für Erich Fromm die Auseinandersetzung mit den Arbeiten von Karl Marx und Friedrich Engels.  Er veröffentlichte 1961 als erster in den USA eine englische Übersetzung der Marxschen „Ökonomisch-philosophischen Manuskripte“ und versah sie mit einem ausführlichen Vorwort über das „Menschenbild bei Marx“ („Marx’s Concept of Man“, GA V, S. 335ff.; Original: 1961), diskutierte „Probleme der Marx-Interpretation“ (GA V, S. 413ff.; Original: 1965) und würdigte „Marx‘ Beitrag zum Wissen vom Menschen“ (GA V, S. 421ff.; Original: 1968).

An den „Ökonomisch-philosophischen Manuskripten“ schärfte Erich Fromm auch seinen Entfremdungsbegriff, der bereits in „The Sane Society“ eine zentrale Rolle spielt und in der Schrift „Das Menschenbild bei Marx“ noch einmal ausführlich dargestellt wird. In Anlehnung an Marx versteht Fromm unter Entfremdung, „dass der Mensch sich selbst in seiner Aneignung der Welt nicht als Urheber erfährt, sondern die Welt (die Natur, die anderen, und er selbst) ihm fremd bleiben“ (GA, V, S. 368). Fromm sieht wie Marx die Ursache für die Entfremdung des modernen Menschen in der Entfremdung der Arbeit. Zwar existiere die „Entfremdung der Arbeit“ in der ganzen Geschichte hindurch, erreiche aber ihren Höhepunkt in der kapitalistischen Gesellschaft (ebd., S. 371). Im Kapitalismus haben die Arbeiter/innen keinen Bezug mehr zu dem, was sie produzieren, keinen Bezug mehr zur Arbeit (als Tätigkeit zur Befriedigung ihrer Bedürfnisse), keinen Bezug zu sich selbst (als schöpferische Menschen) und keinen Bezug mehr zu anderen Arbeiter/innen (als gesellschaftlich tätige Menschen). Gegen diese Form der Entfremdung richten sich Fromms humanistischer Protest und seine Entwürfe für einen „Sozialistischen Humanismus“.

Im Band IX der Erich-Fromm-Gesamtausgabe findet sich Fromms Einleitung zu dem 1965 erstmals erschienen Sammelband „Socialist Humanism“. Der Band enthält u.a. Beiträge von Ernst Bloch, Iring Fetscher, Herbert Marcuse, Bertrand Russel, Adam Schaff und anderen Humanisten aus Ost und West (Funk, 1999, GA IX, S. 523).

Humanismus ist, so Fromm (GA IX, S. 14), „[…] der Glaube an die Einheit der menschlichen Rasse und an die Fähigkeit des Menschen, sich aus eigener Anstrengung zu vervollkommnen“. Unter diesem Blickwinkel hat das humanistische Denken eine lange Geschichte, die sich bis zu den hebräischen Propheten sowie den griechischen Philosophen zurückverfolgen lässt.

Francesco Petrarca (1304-1374), Rudolf Agricola (1444-1485), Erasmus von Rotterdam (1466-1536) und später Baruch de Spinoza (1632-1677), Gotthold Ephraim Lessing (1729-1781), Johann Gottfried Herder (1744-1803), Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832) oder Karl Marx (1818-1883) und manch andere haben neue humanistische Erzählungen in stürmischen Zeiten vorgelegt.

Erich Fromm hat sich an diesen humanistischen Traditionen orientiert und seine eigene humanistische Botschaft ausführlich formuliert. Sie findet sich in der Arbeit „Die Seele des Menschen. Ihre Fähigkeit zum Guten und Bösen“ (GA, II, S. 159ff.; Original: 1964), im Vortrag „Zum Problem einer umfassenden philosophischen Anthropologie“ (GA, IX, S. 19ff.; Original: 1966), im Buch „Anatomie der menschlichen Destruktivität“ (GA, VII; Original: 1973) oder im Buch „Die Revolution der Hoffnung. Für eine Humanisierung der Technik“ (GA IV, S. 255ff.) und natürlich auch in seinem letzten großen Werk „To Have or To Be?“ (1976; deutsch: „Haben und Sein. Die seelischen Grundlagen einer neuen Gesellschaft“, GA, II, S. 269ff.).

Nicht das Haben, die Gier nach materiellen oder immateriellen Sachen, sei das Erstrebenswerte, sondern die aktive und bewusste Lebensführung, eben das Sein, sollte den neuen Menschen auszeichnen. Darum geht es in „Haben und Sein“. Fromm kritisiert die kapitalistischen Heilsversprechen (Unterwerfung der Natur, materieller Überfluss, größtmögliches Glück und uneingeschränkte persönliche Freiheit), die sich nicht erfüllt haben, und fragt nach möglichen Alternativen.  Wichtige Anregungen findet Fromm im Alten und Neuen Testament, in den Schriften des Theologen und Philosophen des Spätmittelalters Meister Eckhart (1260-1328) und natürlich bei Karl Marx.

Es lohnt sich, einige seiner Vorschläge genauer anzusehen:

  • Die Produktion müsse, so Fromm, auf einen „gesunden und vernünftigen Konsum“ ausgerichtet werden (GA II, S. 395).
  • Das Streben der Konzerne und Aktionäre nach Profit und Wachstum müsse drastisch eingeschränkt werden (ebd., S. 397).
  • Eine industrielle und politische Mitbestimmung aller Gesellschaftsmitglieder sei notwendig (ebd., S. 399).
  • Eine solche Mitbestimmung erfordere die maximale Dezentralisierung von Wirtschaft und Politik (ebd., S. 401).
  • Methoden der Gehirnwäsche in der kommerziellen und politischen Werbung müssen verboten werden (ebd., S. 403).
  • „Die Kluft zwischen den reichen und armen Nationen muss geschlossen werden“ (ebd., S. 404).
  • Ein jährliches Mindesteinkommen müsse garantiert werden (ebd., S. 405).
  • „Die Frauen sind von der patriarchalischen Herrschaft zu befreien“ (ebd., S. 406).
  • „Ein wirksames System zur Verbreitung von objektiven Informationen ist zu etablieren“ (ebd., S. 408).
  • „Die wissenschaftliche Grundlagenforschung ist von der Frage der industriellen und militärischen Anwendung zu trennen (ebd., S. 409).
  • „Eine unabdingbare Voraussetzung einer neuen Gesellschaft ist die atomare Abrüstung“ (ebd., S. 410).

 

Die Schere zwischen Arm und Reich, Gewalt und Extremismus, Klimawandel, Neoliberalismus und autoritäre Strukturen in vielen Ländern der Welt, Fake News und Verschwörungstheorien, Angriffe auf Politiker/innen und Journalist/innen, unbezahlbare Wohnungen und Pflegnotstände nicht nur in Deutschland – all das sind Zeichen, die auf unberechenbare politische Verhältnisse und auf haltlose Zeiten in Europa und der Welt verweisen (vgl. auch Frindte & Frindte, 2020). Siebzig Jahre, nachdem die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte verabschiedet wurde, missachten Populisten und Rechtsextreme in den USA, in Europa, Asien oder Afrika die Werte der Toleranz, des Respekts und der Solidarität mit Minderheiten. Die alten und neuen Formen des Rassismus, der Frauenfeindlichkeit und des Antisemitismus bedrohen ebenfalls die humanistischen Grundlagen unseres Lebens.

Die wirtschaftlichen, ökologischen, gesellschaftlichen und politischen Gefahren sowie die Angriffe auf das Wohl und Leben Andersdenkender erfordern einen humanistischen Aufbruch, eine „Renaissance des Humanismus“, wie Erich Fromm es formulierte. Seine Vorschläge für eine humane Gestaltung von Welt sind deshalb aktueller denn je.

1965 wird Erich Fromm in Mexiko-City emeritiert. Ab 1967 verbringen er und seine Frau Annis die Sommermonate in Europa. Im Herbst 1973 kehren sie nicht mehr nach Mexiko zurück und lassen sich in Locarno nieder.  Nach mehreren Herzinfarkten stirbt Erich Fromm dort am 18. März 1980.

Aber der Psychoanalytiker, Sozialpsychologe und große Humanist ist nicht vergessen. Seine Arbeiten werden weltweit rezipiert. Auf der Suchmaschine Google Scholar finden sich im Zeitraum 1918 bis 1980 mehr als 7.700 Einträge mit dem Stichwort „Erich Fromm“ (ohne die Zitate mitzuzählen); für den Zeitraum 1981 bis 2020 sind es beachtliche 28.600 (aufgesucht am 12.02.2020). Die von Rainer Funk initiierte Internationale Erich-Fromm-Gesellschaft vergibt jedes Jahr den Erich-Fromm-Preis. In diesem Jahr erhält ihn der britische Journalist und Humanist Paul Mason u.a. für sein Buch „Klare, lichte Zukunft: Eine radikale Verteidigung des Humanismus“ (Mason, 2019).

 

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ERICH FROMM PSYCHOSOZIAL
Die von Rainer Funk herausgegebene Reihe »Erich Fromm psychosozial« möchte mit Beiträgen von Erich Fromm bekannt machen, die nicht so sehr im Fokus der Aufmerksamkeit stehen wie Fromms Bestseller Die Kunst des Liebens oder Haben oder Sein. Sie macht Schriften von Fromm in gedruckter Form zugänglich, die das breite Spektrum seines sozialpsychologischen Denkens dokumentieren und die Aktualität seiner humanistischen Ideen verdeutlichen.

[1] Ich bedanke mich herzlich bei Rainer Funk und Daniel Geschke für wichtige Hinweise und Korrekturen.

[2] Übrigens: Die von Erich Fromm 1970 gemeinsam mit Michael Maccoby publizierte Studie „Social Character in a Mexican Village. A Sociopsychoanalytic Study“ (GA, III, S. 231ff.) ist hinsichtlich der theoretischen Konzeption und des methodischen Vorgehens, einmalig in der sozialwissenschaftlichen Forschung (vgl. auch Maccoby, 1992).

[3] Fromm zeigt aber auch, dass der Bedeutungsgehalt von „Entfremdung“ viel älter als das Wort sei und auf das verweise, „was die Propheten des Alten Testaments unter Götzendienst (idolatry) verstanden“ (GA, IV, S. 88; Hervorh. im Original).

Bild oben: Müller-May / Rainer Funk / CC BY-SA 3.0 (DE)