Die unerschütterliche Liebe zum Leben

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Vor 40 Jahren starb der Philosoph und Psychoanalytiker Erich Fromm…

Millionen Menschen ist Erich Fromm weltweit durch seine Bücher Die Kunst des Liebens und Haben oder Sein bekannt geworden. Die Gesamtauflage seiner ca. 40 Bücher wird auf über 50 Millionen Exemplare geschätzt. Der 1900 in Frankfurt am Main geborene Sozialpsychologe und Humanist verstarb am 18. März 1980.

In einer Rabbiner-Familie aufgewachsen, studierte Fromm zunächst in Heidelberg Soziologie und machte in Berlin eine Ausbildung zum Psychoanalytiker. Als Wissenschaftler bekannt wurde Fromm durch seine Psychoanalyse der Gesellschaft und gesellschaftlicher Vorgänge. In den dreißiger Jahren entwickelte er als Mitglied der sogenannten Frankfurter Schule das Konzept des „autoritären Charakters“. 1934 emigrierte er in die USA und wurde dort nach Freud und Jung zum wichtigsten Vertreter der Psychoanalyse in der amerikanischen Öffentlichkeit.

Zwischen 1950 und 1974 lebte Fromm in Mexiko; die Vereinigten Staaten blieben aber der Schwerpunkt seines Wirkens als Psychotherapeut, humanistischer Gesellschaftskritiker und Psychoanalytiker der Politik. Seinen Lebensabend verbrachte Fromm im schweizerischen Locarno, wo er am 18. März 1980 starb.

Bereits in den vierziger Jahren beschrieb Fromm mit dem Marketing-Charakter die großen psychischen Veränderungen, die mit einem am Marketing ausgerichteten Wirtschaftssystem einhergehen. Alles orientiert sich zunehmend am Verkauf und an der Verkäuflichkeit. Diese Orientierung am Marketing bestimmt auch das soziale und kulturelle Leben und macht selbst vor der der eigenen Persönlichkeit nicht Halt: Jeder versucht, sich und seine Persönlichkeit möglichst gut zu verkaufen.

In den sechziger Jahren machte Fromm die Entdeckung, dass immer mehr Menschen sich statt vom Leben und Lebendigen vom Toten, Maschinellen, Leblosen und Dinghaften angezogen fühlen. Diese, von den meisten Menschen nicht bewusst wahrgenommene „nekrophile“ (das Tote liebende) Grundstrebung ist neben der atomaren Bedrohung und der Gefahr der Umweltzerstörung die wichtigste – von innen kommende – Bedrohung des gegenwärtigen Menschen. Ihr kann nur damit begegnet werden, dass die Liebe zum Leben und zum Lebendigen wieder zum Leitwert des Handelns in allen Lebensbereichen wird. Für die meisten Menschen gilt zum Glück noch immer: „Was anzieht, ist immer das Lebendige.“

Sein erstes Buch, Die Furcht vor der Freiheit, machte Fromm 1941 schlagartig bekannt. Fünfzehn Jahre später folgte Die Kunst des Liebens, das mittlerweile in etwa 40 Sprachen übersetzt ist. Sein Alterswerk Haben oder Sein wurde vor allem in Deutschland und in Italien zum Kultbuch. Es zeigt Alternativen zum Konsumismus und zur heute allgegenwärtigen Orientierung am Marketing auf. Zugleich dokumentiert es auf eindrückliche Weise nicht nur Fromms Gesellschaftskritik, sondern auch seinen unerschütterlichen Glauben an den Menschen und seine Humanität und an die Kraft der Liebe.

Zum 100. Geburtstag haben die Deutsche Verlags-Anstalt und der Deutsche Taschenbuch Verlag eine um die nachgelassenen Schriften erweiterte Erich Fromm Gesamtausgabe in zwölf Bänden herausgebracht. Bei der Deutschen Verlags-Anstalt erschien unter dem Titel Erich Fromm – Liebe zum Leben eine eindrucksvolle grossformatige Bild-Biografie, und der Deutsche Taschenbuch Verlag veröffentlichte unter dem Titel Erich Fromm heute vierzehn Beiträge ausgewiesener Fromm-Kenner, die alle nach der Aktualität des Denkens von Fromm für die Gegenwart fragen.

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ERICH FROMM PSYCHOSOZIAL
Die von Rainer Funk herausgegebene Reihe »Erich Fromm psychosozial« möchte mit Beiträgen von Erich Fromm bekannt machen, die nicht so sehr im Fokus der Aufmerksamkeit stehen wie Fromms Bestseller Die Kunst des Liebens oder Haben oder Sein. Sie macht Schriften von Fromm in gedruckter Form zugänglich, die das breite Spektrum seines sozialpsychologischen Denkens dokumentieren und die Aktualität seiner humanistischen Ideen verdeutlichen.

Bild oben: Müller-May / Rainer Funk / CC BY-SA 3.0 (DE)