… Die Kabbala liefert den Fragen des menschlichen Alltags eine kosmische Dimension…
Krankheit ist eine Widerspiegelung des Liebeskummers der G-ttlichen Gegenwart, die sich nach dem Unendlichen Licht sehnt. Die Herausforderungen des Lebens sind die Funken, die im Akt der ursprünglichen Schöpfung verlorengingen und jetzt auf uns zukommen, um „repariert“ und auf eine höhere Ebene gebracht zu werden. Unser Leben ist eine Mission, in der wir zu jenen G-ttlichen Funken geführt werden, die einzig und allein zu unserer Seele gehören, und für die unsere Seele sogar mehrere Male auf die Erde hinuntersteigt, bis sie all diese Funken wieder eingesammelt hat.
Die kosmische Dimension unseres Daseins zu verstehen heißt, dass nichts in unserem Leben mehr als trivial betrachtet werden kann. Alles ist von Bedeutung, alles bewegt sich aus demselben Grund und zu demselben Ziel. Wenn wir diese Prinzipien verstehen, fällt es uns leichter, es mit diesen Herausforderungen aufzunehmen und somit die Reise der Seele erfolgreich abzuschließen.
Wie unterscheidet sich die Kabbala von anderen spirituellen Lehren?
Es gibt viele weise, spirituelle Lehren von verschiedenen Menschen auf dem Globus. Aber erst beim Praktizieren dieser Lehren finden die Menschen eine Welt, die jenseits dieser materiellen Welt liegt, – und es wird zu einem erleuchtenden Erlebnis Ihrer inneren Gelassenheit.
Für den Kabbalisten ist das ultimative Paradies im Hier und Jetzt, denn das Unendliche Licht ist hier! Die Kabbala beschäftigt sich nicht mit Gelassenheit, noch strebt sie nach irgendeiner transzendentalen Erleuchtung. Sie liefert diese vielleicht, doch nur als Mittel zum Zweck und nicht als Ziel. Denn das Ziel der Kabbala ist inspirierte Handlung. Was auch immer der Kabbalist lernt und für Rauscherlebnisse und mystische Vereinigungen, zu denen er aufzusteigen vermag, dabei hat, – das Endresultat wird immer in einem Akt der Schönheit in dieser Welt zum Ausdruck kommen. Es ist die Vereinigung zwischen den spirituellen Welten und der physischen Welt!
Umgekehrt bedeutet das: Viele Lehrer werden Ihnen sagen, Sie sollen gute Taten und freundliche Gesten vollbringen, weil es einen Schritt zum höheren Bewusstsein darstellt. Der Kabbalist wird Ihnen sagen, dass bereits der Augenblick, in dem Sie diese gute Tat vollbringen, das Erlebnis dieses erweiterten Bewusstseins beinhaltet. Die Tat selbst ist das Ziel, zu dem Sie dieses erweiterte Bewusstsein führt.
Für den Kabbalisten befindet sich das ultimative Paradies im Hier und Jetzt, weil das Unendliche Licht hier ist. Das Unendliche Licht sehnt sich aber danach, in dieser physischen Welt entdeckt zu werden, und nicht in den ohnehin schon spirituellen Ebenen. Deshalb ist es unsere Aufgabe, die Schale zu entfernen und das Licht, dass sich in jedem kleinsten Partikel dieser Welt befindet, zu enthüllen. Unsere Mission besteht nicht nur darin, uns selbst auf eine höhere Ebene zu erheben, sondern alle Lebewesen und sogar reglose Stoffe.
Wann hat die Kabbala begonnen?
Die Geschichten unserer Vorväter werden mit mystischen Visionen und G-ttlichen Offenbarungen, sowie Kommunikationen mit nicht-physischen Wesen illustriert. Doch die Tora, einschließlich der Kabbala, wird nicht durch diese Visionen definiert. Das zentrale Ereignis der jüdischen Geschichtsschreibung ist die Massenoffenbarung am Sinai Berg, als die dort versammelten Menschen die Stimmen hörten und Lichter sahen (Paraschat Jitro).
Die Offenbarung am Sinai Berg war das allererste Erlebnis einer inneren WahrheitNehmen wir an, Sie würden nicht mehr lange nach jenem Ereignis leben und deshalb einen Augenzeugen dieses Ereignisses bitten, Ihnen das Geschehene zu erzählen.
Was würde er Ihnen antworten?
„Es wurde uns gesagt, keine anderen Götter zu haben, unsere Eltern zu ehren, nicht zu morden.“
Das glaube ich nicht.
Wahrscheinlich würde er aber sagen: „Wir sahen, wie sich die Geheimnisse des Kosmos vor uns öffneten und wie alles in dieser Welt, jede einzelne Sekunde, aktiv belebt und aufrechterhalten wird. Wir sahen, dass wirklich nichts außer dem Schöpfer wirklich existiert, und alles andere nur ein Ausdruck Seines Willens ist.“
Die Gesetze – keine anderen Götter zu haben, die Eltern zu ehren, nicht zu stehlen oder zu morden – sind nur der Inhalt dieses Erlebnisses. Das Mittel zu diesem Zweck oder das spirituelle Erlebnis war der Kern dieser Botschaft. Es war das mystische Erlebnis der Geburt unseres Volkes, das Erlebnis einer Welt, in der „G-tt aus allen Richtungen zu ihnen sprach“. In jenem Augenblick erkannten sie die Wirklichkeit: Es waren die Worte einer einzigen, unerkannten Quelle allen Seins. Und sie verbanden sich mit dieser Quelle.
Während etwa Tausend Jahren nach der Offenbarung am Sinai Berg definierte sich das jüdische Erlebnis durch Prophezeiung. Die Leute lernten Weisheit von den Sehern und Propheten: Männer und Frauen, die sich von Trunkenheit und Eitelkeit dieser Welt distanzierten, um eine klare Vision der inneren, spirituellen Bereiche dieser Welt zu bekommen. Doch keine dieser Visionen hätte je eine neue Offenbarung beinhaltet, die von der Tora etwas abziehen oder ihr hinzufügen würde. All ihre Bemühungen bestanden darin, das Erlebnis am Sinai Berg zu bestätigen, zu klären und zu unterstützen.
Das Zeitalter der Prophezeiungen endete zu Beginn des zweiten Tempels, doch die G-ttliche Offenbarung und die Mystische Vision vom Sinai Berg ist nie erloschen und die Meister der Lehre des Geheimen waren keine Randfiguren der jüdischen Tradition. Die meisten der bekannten Meister der Seele der Tora waren auch anerkannte Experten im praktischen Bereich der Tora. Rabbi Akiwa ist der Vater der mündlichen Tradition (Mischna und Talmud, der die Mischna erklärt), in der die praktischen jüdischen Gesetze (Halacha) enthalten sind. Doch im Talmud sowie im Sefer HaBahir finden wir auch zahlreiche Erzählungen über Rabbi Akiwas mystische Erlebnisse. Sein Schüler Rabbi Schimon Bar Jochai ist der Verfasser des klassischen Werkes der Kabbala, nämlich des Sohars. Zusätzlich finden wir seine halachischen Folgerungen in jedem Traktat des Talmuds.
Philosophische Ermittlung wurde nie als unsere eingeborene Theologie betrachtet. Doch die Kabbala profitierte von dieser Synthese.In bestimmten Fällen verdrängen die philosophischen Ermittlungen die erhaltene Tradition, um das jüdische Denken zu dominieren. Doch werden diese nie als unsere eigene Theologie angesehen, sondern als eine Transplantation fremder Herkunft. Philosophie arbeitet sich aufwärts und versucht, eine einzige Vision aus verschiedenen Teilen herzustellen. Die Kabbala tut das Gegenteil und beginnt mit einer eindringlichen, holostischen Vision, die sie anderen zu übermitteln versucht. Nach der Verbannung aus Spanien wurden Elemente aus Rationalismus und Fachwortschatz der Philosophen ins holoistische Wissen der Kabbala integriert. Das Resultat war ein Aufblühen und eine Popularität des kabbalistischen Denkens von bisher nie gekanntem Ausmaß.
In jenem kritischen Zeitalter, als die Halacha kodifiziert und festgesetzt wurde, – von der Verbannung aus Spanien bis Mitte des Siebzehntes Jahrhunderts – waren fast alle großen Tora-Gelehrten auch in der Kabbala bewandert: Rabbi Josef Karo, der Autor des Standardwerkes des jüdischen Gesetzes, bekannt als der Schulchan Aruch, sowie Rabbi Mosche Kordovero und Rabbi Mosche Isserles, der die spezifischen halachischen Entscheidungen der aschkenasischen Rabbiner zum Schulchan Aruch hinzufügte. Die meisten Standardkommentatoren dieses Werkes integrierten Ideen aus der Kabbala in ihre halachischen Überlegungen. Selbst der herkömmliche G-ttesdienst in der Synagoge ist oft mit Elementen aus der Kabbala gekleidet.
Für Juden moslemischer Länder ist der Sohar ein heiliges Psalmen-Buch. Die Chassidische Bewegung ist direkt aus den Lehren der Kabbala erwachsen. Die anfänglichen Gegner der Chassidischen Bewegung, wie z.B. der Gaon Rabbi Elija von Vilna, waren sehr belesen in der Kabbala. Viele der Standardkommentare der fünf Bücher Moses sind mit Ideen aus der Kabbala versehen.
Daher ist der Versuch, das jüdische Leben zu verstehen, ohne sich vorher mit der Kabbala befasst zu haben, vergleichbar mit der Verhaltensanalyse eines Menschen, dessen Gedanken unerkannt bleiben. Die Juden aus früheren Generationen, die keine Kabbala-Lehre kannten, fühlten die innere Seele der Tora intuitiv, als sie den technischen Teil der Tora studierten, oder die Standardgebete der Männer der Großen Versammlung sprachen, oder die Gebote der Tora ausführten. All diese Aktivitäten brachten ihre Seelen zum Strahlen. Doch über die Jahrhunderte, in denen die Welt ein steriler, materialistischer und verwirrender Ort wurde, hat sich auch die Seele sehr erschöpft, so dass ein beträchtlicher Teil ihres Empfindungsvermögen verloren ging. Heute ist der sicherste Weg einer denkenden Person, die Seele des jüdischen Lebens zu fühlen und ihre inneren Geheimnisse zu kennen. Judentum ohne Kabbala ist wie ein Körper ohne Seele.
Das Studieren der Kabbala ist heute noch wichtiger denn je, da es einen wesentlichen Schritt in der endgültigen Entwicklung der Menschheit darstellt.
Können wir mit der Kabbala kreativ umgehen?
In einer erhaltenen Weisheit scheint kein Platz für originelle Einfälle oder Kreativität zu sein. Der Sohar besagt, dass der seine eigenen Ideen Zeichnende und sie als „Tora“ Benennende, Götzendienst praktiziert.
Der Kabbalist ist kreativ! Er mag sogar Erleuchtungen haben, doch alles, was er lehrt, ist nichts als ein Kommentar zur übertragenen Tradition.Dieser Vergleich ist verständlich: Wie ein Idol eine falsche Darstellung von G-tt ist, sind auch diese Ideen eine falsche Darstellung von G-ttes Weisheit, denn „Er und Seine Weisheit sind Eins.“
Doch wie alle anderen Bereiche der Tora, ist auch die Kabbala reich ausgestattet mit kreativem Denken und Originalität. Und so erklärte Rabbi Moshe Kordovero, ein führender Meister der Kabbala des sechzehnten Jahrhunderts in Zefat, um die Parameter für die Originalität der Kabbala zu bestimmen:
Das Buch der Entstehung, das unserem Vorvater Abraham zugesprochen wird, sagt: „Verstehe mit Weisheit, sei weise, wenn du verstehst.“
„Mit Weisheit verstehen“ heißt alles, was unser Lehrer uns in der Weisheit der Modalitäten gelehrt hat, auch gründlich zu überprüfen. Schließlich übertragen wir in diesen Angelegenheiten nichts weiter als einen groben Umriss. Aus diesem Umriss muss jeder Mensch selbst eine Idee aus der anderen Idee heraus verstehen.
Wir können das in den Worten unserer Weisen sehen, wenn sie sagen: „Diese Sache wird nur jenem Weisen übertragen, der mit seinem eigenen Verstand zu verstehen vermag.“ Daraus verstehen wir, dass ein Mensch seinen eigenen Verstand benutzen muss, um eine Sache mit der anderen zu vergleichen, um dadurch eine Idee der anderen entnehmen zu können. Auf diese Weise bleibt der Geist stets aktiv!
Doch später heißt es: „Sei weise, wenn du verstehst.“ Das bedeutet, dass die Begründung einer Sache, die wir mit unserem Intellekt analysieren, um sie zu verstehen, – dass wir diese Ideen im Rahmen unserer Tradition, die uns die Rabbiner übermittelten, auch konzipieren. Die ursprüngliche Idee muss sich in die Lehren der Tradition integrieren lassen.
Die Kabbalisten mögen ihre Visionen haben, doch basieren sie ihre Lehren nicht auf jene Offenbarungen. Sie betrachten ihre Erkenntnisse lediglich als eine Illustration der heiligen Texte, die bereits zum Standardprogramm des Tora-Lernens gehören. Auf diese Weise bleibt die Kabbala ein Baum des Lebens, mit tiefgreifenden Wurzeln, die sie fest an ihrem Platz halten, während sie zu jeder Jahreszeit neue Früchte trägt.
Was sind die Grundideen der Kabbala?
Obwohl alles eigentlich einer einzigen, vereinten Vision entspringt, sind die Themen, mit denen sich die Kabbala befasst, sehr ausgedehnt und vielseitig. Hier sind einige Hauptthemen:
Unendliches Licht:
Eine Metapher, G-tt zu umschreiben. G-tt ist nicht erkenntlich und hat keine Form, doch alle Formen existieren in ihm. Die Idee des unbegrenzten Lichts hilft, diese Idee zu vermitteln. Doch das Wesen G-ttes ist sogar jenseits des Unendlichen. Und G-tt kann in der Dunkelheit ebenso gut gefunden werden, wie im Licht.
Licht und Gefäße:
Ähnlich zur modernen Idee von Energie und Materie, wird der Schöpfungsakt durch eine Dynamik des unendlichen Lichts, das in definierte Zustände, „Gefäße“ genannt, gepresst, die dann das Licht weiter projizieren, um unzählige Geschöpfe zu erschaffen.
Zehn Sefirot:
Die Kluft zwischen dem Unendlichen Licht und einer sterblichen Schöpfung sollte eigentlich unüberwindbar sein. Doch wir, die ausgesprochen vergänglichen Projektionen dieses Unendlichen Lichts, sind hier. Das ist das Rätsel der zehn Sefirot: Wie das Unendliche mit der Welt, die es durch das Medium der zehn leuchtenden Modalitäten erzeugt hat, interagiert. Die Anordnung der Sefirot verläuft vom intellektuellen Bereich, durch den Bereich der Gefühle hinunter zum „Herrschaftsbereich“ (über die physische Welt) – der Bereich, wo Ideen in die (physische) Tat umgesetzt werden. Dies ist das G-ttliche Bild, in dem der Mensch erschaffen wurde. Indem wir uns als menschliche Wesen kennenlernen, können wir das G-ttliche in uns selbst entdecken, und durch das Verstehen des G-ttlichen sind wir eher im Stande, das menschliche Wesen zu heilen und zu fördern.
Das Mysterium des hebräischen Alphabets:
Im Hebräischen gibt es keine „Sachen“, sondern nur Worte. Der hebräische Name jedes Wesens enthält seine wesentliche Lebenskraft. Die unbegrenzte Macht des Schöpfers ist in jeder Angelegenheit und in jedem Objekt der Schöpfung zu finden; nichts steht außerhalb dieses Lichts und nichts ist frei von ihm. Die zweiundzwanzig Buchstaben des hebräischen Alphabets bringen die spezifischen Artikulationen dieser kreativen Kraft zum Ausdruck. Wer ihr Rätsel versteht, hält den Schlüssel zum Verständnis der Beschaffenheit jeder Sache.
Die Vereinigung der Gegensätze:
Das Universum ist eine Dynamik der Vereinigung zwischen dem Männlichen und dem Weiblichen. Die dieses Universum belebende Seele, bekannt als die Schechina, und das unendliche Licht, sehnen sich nach ihrer Vereinigung, – wie sich die menschliche Seele danach sehnt, sich mit ihrem Ursprung in G-tt wieder zu verbinden. Das Studieren der Tora und das Ausführen der Mizwot bewirken diese Vereinigungen, die es einem neuen, transzendentalen Licht ermöglichen, in den Kosmos zu dringen.
Tikun:
Einer der größten wenn nicht der größte Kabbalist aller Zeiten, Rabbi Jizchak Luria, bekannt unter dem Namen „der Ari“ (Löwe), vermochte es, viele obskure Passagen des Sohars durch eine Doktrine des Tikuns (Reparation) zu erklären. Indem er die Paradigmen neu formulierte und umkehrte, kam er zum Schluss, dass die Welt in einem gebrochenen Zustand erschaffen und der Mensch in diese Welt gestellt wurde, um Scherben aufzulesen und wieder zu einem Ganzen zusammenzufügen. Das endgültige Resultat ist die Vereinigung der vergänglichen Existenz mit dem Unendlichen Licht, sogar jenseits der Union, die zu Beginn der Schöpfung existierte.
Wie passt die Kabbala in die moderne Welt?
In den vergangenen Jahrhunderten hat die Wissenschaft die Komplexität und Unermesslichkeit der physischen Welt auf eine Weise, die bis dahin undenkbar gewesen wäre, bloßgelegt. Wir haben eine unglaubliche Harmonie entdeckt, durch die das physische Universum als Einheit ohne Gleichen, in der jedes einzelne Partikel mit allen anderen Partikeln auf eine bestimmte Art und Weise verbunden ist, – eine Harmonie, durch die sogar Energie und Materie selbst in ihrem Wesen eine einzige Dynamik sind.
Die Kabbala ermöglicht es uns, den Riss zwischen der gefühlskalten Außenwelt, die wir beobachten und der gefühlsbetonten Innenwelt des Beobachters zu heilen.Die Technologie gab uns Mittel, dieses Wissen mit anderen zu teilen und zu überprüfen, was noch vor einer Generation unmöglich gewesen wäre. Das Planen unserer eigenen virtuellen Umgebung bereichert uns mit einer Metapher, die es uns erlaubt, sich vorzustellen, eine Welt zu erschaffen und ihren Fortbestand jeden Augenblick zu sichern.
Die Menschheit sollte eigentlich, angesichts all der Bemühungen, die der Schöpfer jeden Augenblick auf Sich nimmt, um diese Welt aufrechtzuerhalten, und angesichts der unglaublichen Verantwortung, die Er uns gegeben hat, begeistert sein, doch stattdessen bleiben wir kalt. Ironischerweise haben wir uns auf unserer Suche nach der Einheit der physischen Gesetze von dieser Einheit abgetrennt und eine regelrechte Blockade zwischen der harten, materiellen Welt, die uns umgibt, und der weichen, menschlichen Welt, die in uns brennt, gebaut. Durch das Verursachen der Scheidung zwischen diesen beiden Welten, haben wir uns selbst zu Waisen gemacht.
Die Kabbala heilt diese Wunden. Sie beschreibt die Welt, die von uns handelt, in der Sprache unseres Verstandes. Sie setzt uns in Verbindung, nicht mit einer Welt von lebloser Materie, sondern mit einem unergründlichen Geist.Die Wissenschaftler beschreiben das Universum innerhalb der Dimensionen von Zeit und Raum und benutzen Begriffe zum Zählen oder Messen. Eines der ältesten Bücher der Kabbala, das Buch der Entstehung, beschreibt noch eine weitere Dimension, – die des Lebens, des Bewusstseins und der Seele. Wir lernen, dass alles, was in Zeit und Raum existiert, zuerst tief in dieser inneren Dimension zu finden ist.
Es ist eine Dimension, mit der wir eng vertraut sind.
Ein Künstler sieht in einem Baum keine Zellstruktur von Kohlenstoffmolekülen, sondern er sieht Schönheit, Leben, Ausstrahlung. Der Musikliebhaber hört beim Geigenspieler nicht das Reiben von Tierhaaren auf einer Metallsaite, sondern er hört das Streben nach Auflösung in der Seele des Komponisten. Der Literaturkritiker liest in den Worten des Romans die Gedanken des Autors, und darin seine Einstellung, und in dieser Auffassung die Persönlichkeit des Autoren selbst.
So sieht auch der Kabbalist in allem, was sich in unserer Wirklichkeit abspielt, nicht das allen offensichtliche, konkrete Ereignis, sondern die ewig neue, G-ttliche Energie, in der die ganze Existenz aufrecht erhalten wird, wie die Quelle, die das Wasser jede Sekunde erneuert und jedes Detail dieser physischen Welt jeden Augenblick auf ihre eigene Weise erzeugt. Und in dieser Dynamik der Schöpfung sieht der Kabbalist G-tt selbst.
Mit dem Universum, das von uns handelt, haben wir eine bestimmte Verwandtschaft. Genauso wie wir in uns selbst, in immer tiefere Schichten unserer Persönlichkeit und in immer tiefere Ebenen unseres Bewusstseins dringen, wobei jedoch ein Kern unseres Seins immer unergründlich bleibt, so können wir auch tief im Universum eine Empfindungsfähigkeit entdecken, die alles, was wir uns vorstellen können, übersteigt, und ein inneres Wesen, das sich jenseits all unserer Erkenntnisse und unseres Wissens überhaupt befindet.
In der Tat sind wir die Kinder dieses unergründlichen Wesens, unser Verständnis eine blasse Widerspiegelung seines Lichts, das sich unter dem schlammigen Wasser der materiellen Welt befindet. Unsere Seele verkörpert seinen Atem in diesen physischen Grenzen.
Warum brauchen wir die Kabbala ausgerechnet jetzt?
Das öffentliche Studium der Kabbala, dient heute nicht nur zur Versorgung mit Inspiration, sondern stellt eine ausschlaggebende Phase in der Entwicklung der Welt dar.
Das Verbreiten der Lehren der Kabbala in einer Form, die der Verstand begreit, bereitet die Welt auf das Messianische Zeitalter vor.Die ultimative Phase dieser Welt ist das Messianische Zeitalter, in dem sich die ganze Welt einzig damit befassen wird, G-tt zu kennen. Das bedeutet nicht das Wissen, ob es einen G-tt gibt. Vielmehr bedeutet es die Kenntnis des Universums, wie Er es kennt und all die Weisheit, die dahinter steht, denn diese Weisheit und Er sind eins. Die Vorbereitung auf dieses Zeitalter hat bereits begonnen und wir sind mit dabei.
Das Hauptwerk der Kabbala, der Sohar, beschreibt ein Zeitalter, das die Sintflut Noachs widerspiegelt, nur dass die Welt diesmal mit Weisheit und nicht mit Wasser überflutet sein wird:
Im sechshundertsten Lebensjahr Noachs … platzten alle Quellen der großen Tiefen auf, und die Fenster der Himmel wurden geöffnet …
Genesis 7:11
Dazu sagt der Sohar:
Im sechsten Jahrhundert des sechsten Jahrtausends werden die Tore der überirdischen Weisheit geöffnet werden, so wie die Quellen der irdischen Weisheit, – was die Welt darauf vorbereitet, zum siebten Jahrtausend erhöht zu werden.
Das sechste Jahrhundert des sechsten Jahrtausends entspricht im jüdischen Kalender den Jahren 1740 bis 1840, eine Periode explosiver Fortschritte in Technologie und Wissenschaft. Zur selben Zeit wurden auch die Tore zur überirdischen Weisheit durch die Chassidischen Meister der Kabbala geöffnet.
Nun müssen wir an beiden Weisheiten teilhaben, an der weltlichen und der himmlischen, und beide zu Einem zusammenfügen und die Welt damit zu überfluten, bis das Versprechen des Propheten sich erfüllt:
Die Welt wird sich mit der Erkenntnis G-ttes erfüllen, wie das Wasser den Meeresboden bedeckt.
Isaja 11:9
Wo können wir authentische Kabbala studieren?
Wenden Sie sich an ihren ortsansässigen Chabad-Rabbiner, der eine Kabbala-Lesung oder eine Lesung über ein Thema aus einer kabbalistischen Perspektive hält. Vielleicht kann er Ihnen das Thema im Einzelunterricht erklären, oder Ihnen jemanden zuweisen.
de.chabad.org
Die Rechte am Inhalt dieser Seite liegen beim Autor, Verleger und/oder Chabad.org und werden von unserem Content-Partner, Chabad.org produziert. Wenn Ihnen dieser Artikel gefallen hat, können Sie ihn gerne weiter verbreiten, indem Sie keinen Teil des Artikels editieren, nichts hinzufügen oder Teile herauslöschen. Nennen Sie den Autor des Artikels bzw. wenn dieser nicht genannt ist, ersetzen Sie es durch de.chabad.org. Sollten Sie den Artikel in einer Zeitschrift, in einem Buch oder in einer Webseite weiterverbreiten wollen, dann schreiben Sie uns vorher eine E-Mail an permissions@chabad.org.