Der Rechtspopulist Thilo Sarrazin hat erneut für Wirbel gesorgt. Anlass war die Veröffentlichung eines Buches, in dem er vor einer feindlichen Übernahme Deutschlands durch die von ihm zum Hauptfeind ernannten Moslems warnt. Dafür wurde Sarrazin von allen maßgeblichen demokratischen Kräften verurteilt, darunter auch vom Zentralrat der Juden in Deutschland. Damit ist die Affäre aber nicht ausgestanden…
Von Stephan J. Kramer
Nicht zuletzt gilt es, vor dem in Sarrazins Äußerungen immer unverhüllter zutage tretenden Rassismus zu warnen. Die Thesen des sich ins Schafspelz des Respektabilität hüllenden Extremisten drohen die politische Debatte über Immigration und Integration zu belasten und viele Gemüter zu vergiften.
Nach Sarrazins Meinung stellen die aus der islamischen Welt stammenden Migranten in Deutschland eine Belastung des „europäischen Gen-Pools“ dar. Das sieht er als eine Bedrohung an, sind doch Immigrantengruppen wie Türken und Araber in seinen Augen eine Gefahr für die europäische Zivilisation. Juden wiederum, erklärte der Provokateur, hätten „ein bestimmtes Gen“. Könnte es in vorliegenden Fall als ein Kompliment gemeint sein? Schließlich hat Sarrazin vor einigen Monaten die erfolgreiche Integration zugewanderter Juden in die deutsche Gesellschaft gewürdigt.
Genau an dieser Stelle müssen wir als Bürger der deutschen Demokratie und als Juden die Notbremse ziehen und solchem „Gedankengut“ eine Abfuhr erteilen. Wer nämlich über ganze Völker nach ihrem (vermeintlichen) Erbgut urteilt, erliegt einem Rassenwahn, der gegen die Menschenwürde verstößt und vom Judentum zurückgewiesen wird. Dass solches Denken auch in wissenschaftlicher Hinsicht Unsinn ist, muss kaum erwähnt werden. Wenn beispielsweise die Araber vom Schicksal mit einem so niedrigen Entwicklungsstand geschlagen wären, wie Sarrazin erkannt zu haben glaubt, hätten sie vor eintausend Jahren keine blühende Zivilisation mit hoch entwickelter Wissenschaft und Philosophie entwickelt, von deren Früchten die angeblich überlegene Zivilisation Europas bis heute zehrt.
Auch Sarrazins vermeintlich positive Meinung über die Juden vermag nicht zu überzeugen. Gewiss, Genetik ist ein interessantes und legitimes Gebiet der Wissenschaft. Das gilt auch für die Erforschung des genetischen Ursprungs der Juden. So etwa haben genetische Untersuchungen nicht erst jetzt gezeigt, dass Juden als Bevölkerungsgruppe einen gemeinsamen geographischen Nenner haben und bereits vor mehreren Tausend Jahren im Nahen Osten lebten. Auch ist es trotz jüngst sensationell aufgemachter Berichterstattung keine wirkliche Neuigkeit mehr, dass die meisten Juden in der Welt einander genetisch näher stehen als den Völkern, in deren Mitte sie leben. Das bestätigt wichtige historische Tatsachen – etwa den engen Zusammenhalt der jüdischen Gemeinschaft in der Diaspora –, macht aber eben nicht das Wesen des Judentums aus.
Im Gegenteil: Bereits in einer frühen Phase der Geschichte haben die Juden die genetische Definition des Volkes Israel abgelegt. Das Judentum definiert sich nicht über seine „Blutsbande“, sondern über seine Zivilisation, seinen Glauben und seine Kultur. Das jüdische Volk steht von jeher jedem offen, der sich ernsthaft seinen Werten, seiner Religion und seiner Schicksalsgemeinschaft anschließen will. Im Laufe der Geschichte haben sich sowohl Einzelne als ganze Volksgruppen dem Judentum angeschlossen. Hautfarbe, Rasse oder die Zugehörigkeit zu irgendeinem „genetischen Pool“ haben dabei keine Rolle gespielt. Nach jüdischer Tradition haben die Seelen der Konvertiten aller künftigen Zeiten zusammen mit den Seelen aller anderen Juden bei der Verleihung der Tora am Berg Sinai gestanden.
Wohlgemerkt ist es legitim, nach einer Erklärung für die Tatsache zu suchen, dass Juden in vielen Ländern zu den erfolgreicheren Bevölkerungsgruppen gehören. In diesem Zusammenhang kann man nicht nur auf die jüdische Lerntradition, sondern auch auf die offene Debatte als Grundform religiösen Denkens hinweisen. In reger, oft kontroverser Diskussion, ist denn auch der Talmud entstanden, der jüdisches Denken nachhaltig geprägt hat. Wer all das plump auf Erbgut reduziert, entblößt seine eigene Voreingenommenheit und sollte es statt mit Vorurteilen mit Lernen und Denken versuchen.
Der Autor ist Generalsekretär des Zentralrats der Juden in Deutschland
ersch. in „Zukunft“, am 17. September 2010 – 9. Tischri 5771
Ulli, ja Hitler und die Nazi sprachen von den Juden als das „auserwählte Volk“ und damit begründeten Sie ihren Völkermord.
Heute kommt mit einer derartigen theologischen Verdrehung sogar der reformierte Pfarrer und Superintendent der evangelischen Kirche h.B. in Österreich Mag. Thomas Hennefeld. Und er erhielt die passende Antwort vom Journalisten und evangelischen Theologen Ulrich Sahm.
http://test.hagalil.com/2010/10/08/hennefeld/
Hans-Ulrich Wehler, nimmt in der heutigen FAZ zu einigen Thesen von Sarrazin Stellung.
http://www.faz.net/s/Rub546D91F15D9A404286667CCD54ACA9BA/Doc~EF6E54E0275CD4FA5860F181736BCBFB7~ATpl~Ecommon~Scontent.html
Differenziertes Denken tut Not und nichts ist so kontraproduktiv, wie das Schließen der Augen vor wirklichen Problemen. Das ist mit ein Grund dafür, wenn in Österreich bei den letzten Parlamentswahlen fast 30% der Wähler rechtsextreme Parteien gewählt haben.
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… oder „ueberlegen“.
„Das jüdische Volk steht von jeher jedem offen, der sich ernsthaft seinen Werten, seiner Religion und seiner Schicksalsgemeinschaft anschließen will.“
Hmmm…glaub ich nicht so ganz.
„Jude ist wessen Mutter Jüdin ist“…klingelts da irgendwo?
http://test.hagalil.com/2004/01/kreisler.htm
„Die jüdische Religion sagt: Jude ist, wer eine jüdische Mutter hat oder wer zum jüdischen Glauben übergetreten ist. Der Vater ist ausdrücklich unerheblich, geschweige die Großmutter. Aus jüdischer Sicht blieben daher Karl Kraus, Schönberg und Mahler Juden, weil sie eine jüdische Großmutter hatten.“
…
daher sind die Israelis keine Juden, sondern ein Volk, von dem man abstammen kann. Aber von einer Religion kann man nicht abstammen, auch wenn es die deutschen Medien gern so hätten.“
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Tja Herr Kramer, wie hätten sie’s denn gerne?
Nun Sarrazin hat in seinem Buch betont das es eben nicht an den Genen liegt.Bestes Beispiel Inder und Pakistanis.Dieselbe Ethnie-Inder sind aber viel erflogreicher.Wie kommts?
1/3 aller Neugeborenen Pakistanis in Großbritannien haben Genetische Schädigungen durch Verwandtenheirat.
Herr Kramer hat das Buch mit Sicherheit nicht gelesen!
Hier etwas interessantes von Ex-Bundeskanzler Helmut Schmidt :
Erst der Journalist Alan Posener hat vor einigen Tagen auf die Forschungsergebnisse des Genetik-Experten, Zeit-Mitherausgebers, und ehemaligen Bundeskanzlers Helmut Schmidt verwiesen, die der Sozialdemokrat in dem Buch „Unser Jahrhundert“ veröffentlicht hat. Im Gespräch mit dem jüdisch-amerikanischen Historiker Fritz Stern, der als Kind aus Deutschland fliehen musste, bekennt Schmidt, ihm sei „der ganze Prozess“, der zum Erfolg des Nationalsozialismus in Deutschland führte, noch immer „ein völliges Rätsel“.
Bis heute misstraue er den Deutschen, weil er davon ausgehe, dass „es irgendwelche Gene geben muss, die hier eine Rolle spielen“. Fritz Stern weist das empört als „biologistische, fast rassistische “ Erklärung zurück, aber Schmidt insistiert: „Nennen Sie es eine ererbte Eigenschaft … Wenn Sie die mit dem Wort Gen verbundenen Konnotationen vermeiden wollen, nennen Sie es eine Prädisposition.“
Nun sollten sie mal über die neue „Porsche“ Werbung nachdenken, in der Sätze zu finden sind wie : Genetische Disposition, Diplom Ingenieur, der Sohn wie der superintelligente Pappi, der natürlich bei Porsche arbeitet, ganz toll, nein keine notorischen Totschläger, die die Lüge schon im Hirn implantiert haben…
Es soll sogar Leute geben, die halten sich für „auserwählt“.
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