Im September werden sich die höchsten Richter Israels mit den bereits von der Knesset beschlossenen Maßnahmen zum Umbau des Justizwesens sowie einigen weiteren Gesetzen beschäftigen müssen. Sollte die Politik im Falle von Urteilen, die der amtierenden Regierungskoalition nicht gefallen, dem Obersten Gerichtshof die Gefolgschaft verweigern, droht eine schwere Verfassungskrise.
Netanyahu
Salamitaktik
Mehrere Monate ruhte das Vorhaben der Regierungskoalition, den Obersten Gerichtshof zu entmachten. Nun gibt es einen erneuten Anlauf. Am Montag soll in erster Lesung in der Knesset über die Abschaffung der Angemessenheitsklausel abgestimmt werden. Das treibt die Israelis verstärkt auf die Straße.

Drama in der Knesset
Es ist stiller geworden in den letzten Wochen in Sachen „Justizreform“. Doch die Pläne der Regierung, die weitreichende Eingriffe in die Kompetenzen des Obersten Gerichtshofs bedeuten, sind keineswegs vom Tisch. Sie ruhen nur, solange es unter der Fittiche von Präsident Herzog Verhandlungen mit der Opposition gibt, die einen Kompromiss erzielen sollen.

Ausverkauf
Israels neuer Staatshaushalt ist in trockenen Tüchern. Doch der Preis dafür ist gewaltig, weil Netanyahus ultraorthodoxe Koalitionspartner ihm Zugeständnisse abringen konnten, die den israelischen Steuerzahlern teuer zu stehen kommen. Der Unmut über die Zuwendungen an die Haredim wächst.

Krieg aus – Streik an
Kaum ist die sechs Tage währende Militäroperation abgeschlossen und ein Waffenstillstand mit dem Islamischen Jihad in Gaza erreicht, droht die nächste Krise. Diesmal wieder im innenpolitischen Bereich. Für Unmut sorgt der Plan der Regierung, die Grundsteuer neu zu verteilen. Die großen Städte haben ab Morgen einen unbefristeten Streik ausgerufen.

Salomonische Entscheidung?
Den ganzen Tag ließ er auf sich warten. Kurz nach 20 Uhr teilte Ministerpräsident Netanyahu, nach einem größenwahnsinnigen Vergleich mit König Salomon, dann endlich mit, dass die Gesetzgebung der „Justizreform“ bis Juli unterbrochen wird, um Gespräche und Verhandlungen zu ermöglichen.

Eine historische Nacht – ein historischer Morgen
Noch nie hat es in Israel eine solche breite Protestfront gegeben, wie derzeit gegen die sog. Justizreform. Mit der Entlassung von Verteidigungsminister Yoav Galant, der am Samstagabend dazu aufgerufen hatte, die Gesetzgebung anzuhalten und Verhandlungen aufzunehmen, hat Ministerpräsident Netanyahu das Fass zum Überlaufen gebracht. Israels Gewerkschaft Histadrut hat soeben einen allgemeinen Generalstreik ausgerufen.

Für den Erhalt der demokratischen Grundwerte
Blau-weiße Meere aus israelischen Nationalfahnen bestimmen das Bild der Massenproteste, bei denen Menschen in allen Teilen Israels, seit Wochen, zu zehntausenden – manchmal sogar zu hunderttausenden, gegen die geplante Justizreform der, seit Jahreswende amtierenden, Rechts-Regierung des Landes demonstrieren.

Die Fassade bröckelt
In Israel protestieren in der 12. Woche in Folge Hunderttausende gegen die „Justizreform“, die Netanyahus Regierung im Renngalopp noch vor Pessach verabschieden will. Doch jetzt bekommt die bisher geschlossene Front der Regierung erste Risse. Verteidigungsminister Yoav Galant sagte gestern in einer Ansprache, dass die Gesetzgebung sofort gestoppt und später auf der Basis einer breiten Verständigung weitergeführt werden müsse.

Wie Netanyahu sein eigenes Lebenswerk in Gefahr bringt
Die Normalisierung der Kontakte mit arabischen und islamischen Staaten stand immer ganz oben auf der Agenda von Benjamin Netanyahu. Mit den Abraham Abkommen schien er diesem Traum sehr nahe gekommen zu sein. Doch die Politik seiner Koalition bedroht auch dieses Projekt.
