In den letzten Wochen gab es am Samstag Abend in Tel Aviv zwei verschiedene Kundgebungen. Eine am Platz der Entführten und Vermissten und eine in der Kaplan Straße, wo im letzten Jahr die Demonstrationen gegen die sog. Justizreform stattfanden. Gestern schlossen sich beide Kundgebungen zusammen, um gemeinsam für ein Abkommen, das die Geiseln nach Hause bringt, und für die Absetzung von Premier Netanjahu zu kämpfen.
In der Kaplan Straße gehörte die Bühne gestern ausschließlich den Familien der Entführten. Einav Zangauker, die Mutter von Matan, bezeichnete Netanjahus Umgang mit den Geiseln als kriminell. „Premierminister Netanjahu, nachdem Du unsere Familien am 7. Oktober im Stich gelassen hast und nach 176 Tagen, in denen Du keine Einigung erzielt hast, und weil Du andauernd damit beschäftigt bist, eine Einigung zu verhindern, haben wir erkannt, dass Du das Hindernis für den Deal bist. Du bist das Hindernis.“ Und sie kündigte an, dass die Familien von nun an alles daran setzen werden, damit Netanjahu zurücktritt. Die Kundgebung zog dann in die Begin Straße vor das Armee-Hauptquartier, wo bereits Tausende Demonstranten versammelt waren.
Auch am Platz der Entführten und Vermissten riefen die Familien dazu auf, sich diesem Protest anzuschließen. Shira Elbag, die Mutter der entführten Liri Elbag, schloß ihre Rede mit dem Aufruf: „Kommt mit uns auf die Straßen und holt unsere Kinder nach Hause!“ Shir Siegel, deren Eltern entführt wurden (ihre Mutter Aviva wurde Ende November frei gelassen, ihr Vater Keith ist weiter in Gaza), kündigte an: „Wir werden hier nicht mehr stehen und nicht mehr bitten. Wir machen das Licht am Platz aus und stehen hier nicht mehr. Wir sind an unser Limit gekommen. (…) Von heute an werdet Ihr uns im ganzen Land sehen, und wir werden das Land in Aufruhr bringen.“
Zehntausende folgten dem Aufruf gestern, ein erster Vorgeschmack auf die kommende Woche. Heute ist für den frühen Abend eine große Demonstration vor der Knesset angesetzt.