Den ganzen Tag ließ er auf sich warten. Kurz nach 20 Uhr teilte Ministerpräsident Netanyahu, nach einem größenwahnsinnigen Vergleich mit König Salomon, dann endlich mit, dass die Gesetzgebung der „Justizreform“ bis Juli unterbrochen wird, um Gespräche und Verhandlungen zu ermöglichen.
Justizreform
Eine historische Nacht – ein historischer Morgen
Noch nie hat es in Israel eine solche breite Protestfront gegeben, wie derzeit gegen die sog. Justizreform. Mit der Entlassung von Verteidigungsminister Yoav Galant, der am Samstagabend dazu aufgerufen hatte, die Gesetzgebung anzuhalten und Verhandlungen aufzunehmen, hat Ministerpräsident Netanyahu das Fass zum Überlaufen gebracht. Israels Gewerkschaft Histadrut hat soeben einen allgemeinen Generalstreik ausgerufen.

Für den Erhalt der demokratischen Grundwerte
Blau-weiße Meere aus israelischen Nationalfahnen bestimmen das Bild der Massenproteste, bei denen Menschen in allen Teilen Israels, seit Wochen, zu zehntausenden – manchmal sogar zu hunderttausenden, gegen die geplante Justizreform der, seit Jahreswende amtierenden, Rechts-Regierung des Landes demonstrieren.

Die Fassade bröckelt
In Israel protestieren in der 12. Woche in Folge Hunderttausende gegen die „Justizreform“, die Netanyahus Regierung im Renngalopp noch vor Pessach verabschieden will. Doch jetzt bekommt die bisher geschlossene Front der Regierung erste Risse. Verteidigungsminister Yoav Galant sagte gestern in einer Ansprache, dass die Gesetzgebung sofort gestoppt und später auf der Basis einer breiten Verständigung weitergeführt werden müsse.

Kein Kompromiss in Sicht
Gestern Abend stellte Israels Präsident seinen Kompromissvorschlag für die Reform des Justizwesens vor, verbunden mit sehr eindringlichen Worten, dass das Land kurz vor einem „Bruderkrieg“ stehe. Während die Oppositionsführer den Vorschlag begrüßten und als gute Grundlage für weitere Gespräche bezeichneten, wies Ministerpräsident Benjamin Netanyahu den Vorschlag noch vor seiner nächtlichen Abreise nach Berlin zurück. Heute demonstrieren erneut Zehntausende Menschen bei einem landesweiten Protesttag.
