Die vergessenen jüdischen Flüchtlinge der muslimischen Staaten
Von Martin Klein
„Die Muselmanen, die etwa ein Viertel der ganzen Bevölkerung bilden und aus Türken, Arabern und Mauren bestehen, sind selbstverständlich in jeder Hinsicht die Herren […] Nichts gleicht aber dem Elend und den Leiden der Juden in Jerusalem, die den schmutzigsten Flecken der Stadt bewohnen, genannt Harêt-el-Yahud, im Viertel des Schmutzes zwischen Zion und Moria, wo ihre Synagogen liegen. Sie sind unausgesetzt Gegenstand muselmanischer Unterdrückung und Unduldsamkeit“(1).
Der israelisch-palästinensische Konflikt, den der palästinensisch- amerikanische Historiker Rashid Khalidi fälschlicherweise als 100-jährigen Krieg gegen Palästina bezeichnet (2), ist auch nach 100 Jahren nicht beendet und eine Lösung des Konflikts nicht absehbar. Als ein wichtiges Hindernis, vielleicht das wichtigste, gilt vielen das Problem der palästinensischen Flüchtlinge. Nach arabischen Angaben handelt es sich hierbei um etwa 800.000 bis 1 Million, nach israelischer Schätzung um 650.000 Menschen (3), denen Israel eine Rückkehr verweigere.
Erstaunlicherweise erfährt man in den Medien so gut wie nichts darüber, dass seit etwa 70 Jahren fast 1 Million Juden aus den arabischen Ländern und dem Iran vertrieben wurden oder fliehen mussten. Diese ethnische Säuberung wird auch von palästinensischer Seite geleugnet. So behauptete Hanan Ashrawi 2012 in einem Interview mit der Jerusalem Post, die Juden der arabischen Länder seien freiwillig nach Israel gegangen, ihre Bezeichnung als Flüchtlinge sei nichts anderes als Betrug und Wahnvorstellung (deception and delusion) der zionistischen Propaganda (4). Frau Ashrawi ist nicht irgendwer, sondern leitete immerhin 1991 bis 1993 als offizielle Sprecherin die palästinensische Delegation im offenbar unendlichen sogenannten Nahost-Friedensprozess.
Ein Beitrag des Deutschlandfunks vom 15. Juni 2018 zur Geschichte des Judentums in Marokko scheint ebenfalls die Vorstellung eines freiwilligen Auswanderns zu bestätigen. 270.000 Juden hätten in Marokko gelebt und die muslimische Bevölkerung habe mit ihnen zusammengelebt, getanzt und gefeiert. Aber nach der Staatsgründung Israels 1948 seien, wie die Direktorin des Musée Judaisme Maroccain in Casablanca versicherte, Zionisten aus Israel gekommen und hätten angeordnet, dass die Juden mit nach Israel kommen müssten, was sie auch getan hätten(5).
Wer sich in der deutsch- oder englischsprachigen Wikipedia einen Überblick zur Frage jüdischer Flüchtlinge aus muslimischen Ländern verschaffen will, fand (am 20. Juli 2021) unter dem Suchbegriff „Flüchtling“ bzw. „refugee“ durchaus Material zu palästinensischen, aber nicht zu jüdischen Geflüchteten (aus muslimischen Ländern).
Die Nahost-Wissenschaftlerin Angelika Timm befand, dass die Vereinten Nationen in ihrer Resolution 194 vom 11. Dezember 1948 völkerrechtlich bindend das Recht der palästinensischen Flüchtlinge auf Rückkehr oder Entschädigung festgeschrieben hätten. Jüdische Flüchtlinge sind ihr keiner Erwähnung würdig (6). In der entsprechenden Resolution ist allerdings die Rede von Flüchtlingen, nicht etwa ausschließlich von palästinensischen Flüchtlingen (7).
Albert Hourani, “later to become perhaps the greatest historian of the modern Middle East“, wie ihm der schon genannte Khalidi bescheinigte (8), schrieb in seinem über 600 Seiten umfassenden Standardwerk über die Geschichte der arabischen Völker an genau einer Stelle, dass viele Juden aus den Ländern des Nahen Ostens und dem Maghreb in den neuen Staat Israel „gezogen“ seien. Aufgrund dieser Emigration nach Israel hätten sich die jüdischen Gemeinden der arabischen Länder „verkleinert“. Es wird noch zu besprechen sein, unter welchen Umständen diese Verkleinerung stattfand und welche Ausmaße sie angenommen hat. Festzuhalten sei jedoch vorab, dass der Verfasser das Problem extrem verkleinert hat (9).
Omri Boehm, deutsch-israelischer, an der “New Yorker New School for Social Research” tätiger Philosoph, hat 2020 ein Buch veröffentlicht, welches sich kritisch mit der aktuellen israelischen Politik beschäftigt und in dem er als Lösung aller Probleme eine Ein-Staaten-Lösung empfiehlt. Er erwähnt in seinem Buch 60- mal die von den Palästinensern sogenannte Nakba (Katastrophe) – also die ab dem Unabhängigkeitskrieg 1948 einsetzende Flucht und Vertreibung der Palästinenser aus Israel. Für jüdische Geflüchtete aus muslimischen Ländern hat er keine einzige Zeile übrig (10).
Relativ aktuell ist das 2018 erschienene etwa 600 Seiten füllende Buch des britischen Journalisten Ian Black. Dem hinteren Bucheinband ist zu entnehmen, dass das Werk des Verfassers die seltene Auszeichnung erreicht habe, von israelischen und palästinensischen Historikern für seine Genauigkeit und Unparteilichkeit anerkannt zu werden. Tatsächlich bespricht der Verfasser wie üblich ausführlich das palästinensische Flüchtlingsproblem, aber jüdische Geflüchtete erwähnt er nur zweimal eher beiläufig: Die jüdische Bevölkerung in Israel sei bis 1951 auf 1,5 Millionen angewachsen, die überwiegende Zahl sei aus arabischen Ländern wie dem Irak und Jemen zugewandert, denn dort habe die Feindseligkeit gegenüber Juden nach dem palästinensischen Desaster 1948 zugenommen (11). An anderer Stelle schreibt er, dass nach israelischen Aussagen das Land etwa 450.000 von 1 Million jüdischer Flüchtlinge aus arabischen Ländern aufgenommen habe (12), ohne dass dieses Thema eine genauere Besprechung erfährt. Das Werk hat somit wie viele wegen ihrer angeblichen Objektivität hochgelobte Veröffentlichungen zum israelisch-palästinensischen Konflikt in dieser Frage eine deutliche palästinensische Schlagseite.
Der schon erwähnte Rashid Khalidi ist Historiker an der Columbia University in New York. Er beschreibt ausgiebig das Problem der palästinensischen Geflüchteten, aber auch von ihm erfährt man so gut wie nichts über jüdische Flüchtlinge. Dazu lag seiner Ansicht nach wohl auch gar kein Grund vor, denn außer seiner positiven Sichtweise über die schützende Hand der Osmanen (13) hatte er doch in einem 2008 erschienenen Artikel den Juden ein praktisch sorgenfreies und sicheres Leben in den arabischen Ländern mit einer zwar unvollkommenen, aber doch im christlichen Westen nicht existierenden Toleranz attestiert. Es sei der Zionismus gewesen, der diese Juden entwurzelt habe (14).
Das Hohelied der muslimischen Toleranz gegenüber Juden wird häufig gesungen, aber Khalidi vergaß zu erwähnen, dass sie in allen muslimischen Ländern seit dem siebten Jahrhundert Bürger zweiter Klasse waren, die man sehr häufig straflos nicht nur demütigen, sondern auch ermorden durfte. So wurden, um nur einige Beispiele zu nennen, im Mai 1941 in Bagdad über 180 Juden während eines Pogroms ermordet. Nach der UNO- Abstimmung zugunsten der Gründung eines jüdischen Staates in Palästina, also Ende November 1947, wurden im jemenitischen Aden 82 Juden getötet. In Ägypten massakrierten Muslime 150 Juden, und im Irak wurde Zionismus zu einem todeswürdigen Verbrechen erklärt (15).
Die Problematik der jüdischen Flüchtlinge aus muslimischen Ländern trug 2017 Hillel Neuer – Geschäftsführer der Nichtregierungsorganisation UN- Watch – während einer Tagung des Menschenrechtsrats der Vereinten Nationen am 7. März 2017 vor. Das sehenswerte Video seines Auftritts zeigt zunächst das Auftreten von UN-Botschaftern aus Qatar, Sudan, Syrien, Bahrain und Saudi-Arabien, also Ländern, von denen nicht gerade bekannt wäre, dass sie sich in vorbildlicher Weise die Beachtung der Menschenrechte auf ihre Fahnen geschrieben hätten.
Zu sehen ist, wie sie Israel der Anwendung von Gewalt, Apartheid und ethnischer Säuberungen in Bezug auf die Palästinenser bezichtigten. Neuer nannte die Anschuldigungen „orwellian“ und entlarvte deren Absurdität durch den Hinweis, dass 1,5 Millionen in Israel lebende Palästinenser – trotz aller Beschwernisse – das aktive und passive Wahlrecht hätten und als Ärzte und Anwälte – auch am Obersten Gerichtshof – tätig sein könnten.
Die arabische Welt beherbergte noch 1945 in ihrer Mitte eine jüdische Minderheit von fast 900.000 Personen. Davon ist ein Rest von 4500 (!) übriggeblieben. Mehr als 99,5 % der jüdischen Bevölkerung der arabischen Staaten sind somit ins Exil gezwungen worden (17).
Im Juli 2018, also ein Jahr später, gab Neuer vor der UN- Versammlung des Flüchtlingsrates selbst die Antwort. Nach seiner Feststellung, dass seine Fragen mit „tödlichem Schweigen“ beantwortet worden waren, wandte er sich an alle arabischen Staaten: „Eure Juden mussten flüchten aufgrund von Verfolgung und tödlicher Pogrome wie dem Farhud in Bagdad 1941. Glücklicherweise boten Israel, die USA, Kanada, Frankreich und andere ihnen die Staatsbürgerschaft und gleiche Rechte an. Mit dem Leid und den Verlusten dieser jüdischen Flüchtlinge aus arabischen Ländern haben sich die Vereinten Nationen nie beschäftigt“ (18).
Frühzeit des Islam
Die Unterdrückung von Juden in muslimischen Ländern, die sich auch in schrecklichen Pogromen manifestierte, begann nicht erst 1948 und auch nicht mit dem Zionismus, wie uns palästinensische Aktivisten gelegentlich belehren wollen. Die so oft gerühmte Toleranz gegenüber Juden in islamischen Staaten wurde schon von Bernard Lewis als Mythos bezeichnet. Natürlich gab es für Juden unter muslimischer Herrschaft auch Blütezeiten, in denen sie maßgeblich zum Fortschritt in Medizin, Wirtschaft, Kultur und Philosophie ihres gastgebenden Landes beitrugen. Manche schufen kulturelle Höchstleistungen, andere nahmen im Verwaltungsapparat wichtige Positionen ein, Konvertiten konnten sogar Minister werden. Bekannt ist die hochgeschätzte Tätigkeit jüdischer Handwerker und Ärzte. So schildert Hourani als Beispiel für die guten Beziehungen zwischen Muslimen und Juden in Ägypten, dass der wohl größte Denker des mittelalterlichen Judentums, Mosche ben Maimon (Maimonides), Leibarzt des Sultan Saladin war. Aber als nichtmuslimische Schutzbefohlene (Djimmis) waren die Juden ihren Herrschern bedingungslos ausgeliefert und – wenn sie deren Schutz verloren – auch dem Pöbel.
Die Verachtung, Demütigung und Feindschaft der Muslime gegen sie begann schon im siebten Jahrhundert unserer Zeitrechnung mit dem Propheten Mohammed, dem Koran und der Unterwerfung und Vertreibung, auch Massenhinrichtung von Juden (20).
Islamische Schriftsteller räumen oft ein, dass ihre heilige Schrift positive, aber auch „kritische“ Aussagen zum Judentum enthalte. Dies sei aber mit der Positionierung der muslimischen Gemeinschaft in der Frühzeit des Islam und der Notwendigkeit der Abgrenzung gegenüber anderen Religionen notwendig verbunden gewesen. So kann tatsächlich nicht bestritten werden, dass es auch im Koran „judenfreundliche“ Stellen gibt (z.B. die Sure 5, Vers 69, ich zitiere den Koran nach der Ausgabe von Adel Theodor Khoury. Der Koran Arabisch-Deutsch, Gütersloh 2004).
Hourani schreibt, dass die Situation der Juden mit dem Missionsanspruch Mohammeds „schwieriger“ geworden sei. Die Juden hätten ihn nicht als Sendboten anerkannt, woraufhin er sie beschuldigt habe, die ihnen zuteil gewordene Offenbarung verfälscht zu haben. Schließlich seien einige jüdische Stämme vertrieben und andere getötet worden (21). Das klingt eher verniedlichend. Mohammed war ein militärischer Aggressor! Es gibt mehr als 200 Stellen im Koran, die den Krieg und die Gewalt gegen Ungläubige befürworten und verherrlichen. Sein Heer hat zum Beispiel den jüdischen Stamm der Banû Quraiza belagert, bis der Gegner kapitulierte, um anschließend 600-900 Männer auf dem Marktplatz von Medina enthaupten zu lassen (22). Frauen und Kinder wurden in die Sklaverei verkauft.
Das heilige Buch des Islam ist – und daran führt kein Weg vorbei – alles in allem judenfeindlich – den Juden noch feindlicher entgegentretend als den Christen (5,82). Um sich davon zu überzeugen, genügt ein kurzes Studium etwa der zweiten, dritten und fünften Sure, die in der späteren Zeit, also etwa ab 622 entstanden, als Mohammed offensichtlich aufgrund seines Machtzuwachses auf früher geübte Rücksicht verzichtete.
Zu lesen ist, dass über sie [die Kinder Israels] Erniedrigungen und Elend gelegt würden; sie hätten sich den Zorn Gottes zugezogen, da sie seine Zeichen verleugneten, die Propheten töteten, ungehorsam seien und immer wieder Übertretungen begingen (2,61). Sie würden in verabscheute Affen verwandelt (2,65), bzw. in Affen und Schweine, da sie den Sabbat übertreten hätten (5,60). Sie seien wegen ihres Unglaubens verflucht (2,89; 5,78; 5,60; 5,64 und 7,166) und hätten ihre Seele an Satan verkauft (2,102). Sie hätten die Tötung Jesus, des Gesandten Gottes, vollziehen wollen (4,157), [vergeblich, da ihnen nur eine ihm ähnliche Gestalt erschienen sei]. Sie nähmen Zinsen und verzehrten das Vermögen der Menschen durch Betrug (4,161). Gläubige dürften weder mit Juden noch Christen Freundschaft schließen, da diese die schlimmsten Feinde der Gläubigen seien (5,51). Wenn solche unter Muslimen lebten, müssten sie als Erniedrigte Tribut zahlen (9,29). Mit dieser Sure wird im Übrigen das Dhimmidasein, also die demütigende Behandlung von Nichtmuslimen unter muslimischer Herrschaft begründet.
Nach der islamischen Eroberung Jerusalems durch die arabischen Heere im siebten Jahrhundert waren die Juden den Muslimen schutzlos ausgeliefert.
Dhimmis („Schutzbefohlene“) standen zwar als „Völker des Buches“ unter einem gewissen Schutz, waren aber de facto Menschen zweiter Klasse. Die Toleranz des Islam war bestenfalls eine herablassende Duldung und beruhte auf einem Vertrag, den die Juden nicht ablehnen konnten; der Preis war die völlige Unterwerfung.
Juden durften zum Beispiel keine Waffen tragen und keine neuen Kultstätten errichten, sondern lediglich vorhandene restaurieren, wobei diese nicht höher als Moscheen sein durften. Sie mussten besondere Abzeichen an ihren Kleidern tragen wie den gelben Fleck, der in Bagdad im 9. Jahrhundert eingeführt wurde und im späten Mittelalter dann auch in westlichen Ländern Verbreitung fand (23). Der zehnte Kalif aus der Dynastie der Abbasiden Al-Mutawakkil (822-861) befahl, dass sämtliche Dhimmis durch absonderlich viele äußere Merkmale wie zum Beispiel honigfarbige Flicken an der Kleidung und ebensolche Kapuzen von den Muslimen genau zu unterscheiden sein müssten (24).
Dass die Tributzahlungen nicht nur die wirtschaftliche Ausbeutung der Unterworfenen bezweckten, sondern auch ihre Demütigung, bezeugt ein Standardkommentar zum Koran aus dem 11. Jahrhundert: „Die „gizya“(Tributzahlung) [ist] von ihnen einzufordern, indem man sie demütigt und erniedrigt. Der Dhimmi […] soll persönlich erscheinen zu Fuß, nicht zu Pferd. Beim Bezahlen soll er stehen, während der Steuereinnehmer sitzt. Der Steuereinnehmer soll ihn am Genick packen, ihn schütteln und dabei sagen: „Entrichte die gyzia“ und wenn er sie herzählt, soll er auf den Nacken geschlagen werden.“ Die Tradition scheint sich gehalten zu haben, denn Lewis zitiert auch ein Beispiel aus dem 19. Jahrhundert: Danach habe der Dhimmi mit gebeugtem Rücken und gesenktem Kopf zu erscheinen, der Steuereinnehmer müsse ihn verächtlich und sogar gewalttätig behandeln, ihn am Bart packen, mit Backenstreichen traktieren und dergleichen (25).
Es blieb nicht bei Demütigungen. Am 30. Dezember 1066 griff ein muslimischer Pöbel den königlichen Palast in Granada an und kreuzigte den jüdischen Großwesir Joseph ha-Nagid auf der Hauptstraße. Anschließend ging der Amoklauf weiter und die Menge massakrierte die jüdische Bevölkerung (26).
Osmanisches Reich
Es gibt viele aufschlussreiche Beobachtungen von Reisenden über das Schicksal der Juden in den osmanisch beherrschten arabischen Gebieten und in Persien im 19. und 20. Jahrhundert.
So zitiert Lewis den schottischen Schriftsteller Charles Macfarlane, der 1827- 1828 sechzehn Monate lang das osmanische Herrschaftsgebiet bereiste. Laut dessen Beschreibung seien Juden die letzten und am tiefsten Entwürdigten unter den türkischen Rajahs (nichtmuslimische Untertanen) gewesen, befrachtet mit der einhelligen grenzenlosen Verachtung ihrer Herren: „Im gesamten osmanischen Herrschaftsgebiet ist ihr Kleinmut so ungeheuerlich, dass sie schon vor der erhobenen Hand eines Kindes die Flucht ergreifen“ (27).
Die englische Schriftstellerin Julia Pardoe beschrieb 1836 die Lage der Juden unter osmanischer Herrschaft folgendermaßen: „Ich habe nie gesehen, wie der Fluch gegen die Kinder Israels stärker zum Ausdruck gebracht wurde als im Osten […] Es ist unmöglich, den verächtlichen Hass, den die Osmanen den Juden zeigen, exakt zu beschreiben und der primitivste türkische Gassenjunge darf, sollte ihm ein Angehöriger des gefallenen Stammes über den Weg laufen, diesen ungehindert demütigen; der Unterdrückte kann es nicht wagen, sich an einem solch schwachen Feind zu rächen[…].
Ich erinnere mich, bei dem großen Fest in Kahaichana (Stadtteil Istanbuls) einen circa zehnjährigen Jungen gesehen zu haben, der sich einer Gruppe von Jüdinnen näherte und absichtlich auf eine konzentrierte, die sich erkennbar in anderen Umständen, also besonders schützenswert, befand. Er schlug sie so heftig nieder, dass sie das Bewusstsein verlor und hinfiel. Als ich der Unglücklichen zur Hilfe eilen wollte, wurde ich von einem mir bekannten Türken eines höheren Standes zurückgehalten, den ich bisher für vorurteilsfrei gehalten hatte, der mir aber riet, mich nicht zu erregen und kein Aufsehen zu verursachen, denn die Frau sei ja nur eine Jüdin. Und von den zahlreichen Türkinnen, die gaffend herumstanden, erhob nicht eine einzige ihre Hand, um dem unglücklichen Opfer überflüssiger Brutalität beizustehen.“
Ein weiteres Beispiel der Autorin zeigt, dass derlei feige Grausamkeiten keineswegs als Ausnahmen zu begreifen waren: „Kurz vor unserer Abreise aus Konstantinopel stiegen mein Vater und ich auf dem Weg nach Pera den Hügel von Topphannè hinauf, gefolgt von einem jüdischen Jungen von sechzehn oder siebzehn Jahren, schwer mit Vorhängen aus Leinentuch beladen, die er verkaufen wollte. Etwa auf halbem Weg kamen wir an einem Haus vorbei, vor dessen Haustür sich eine Gruppe türkischer Jungen vergnügte; aber kaum sahen sie den Juden, der ruhig seinen Weg in der Mitte der Straße verfolgte, als sie […] … sich auf den armen Kerl stürzten, ihn schlugen und sich abmühten, ihm seine Ware zu entreißen. Der Junge war fürchterlich erschrocken. Die Straße war wie gewöhnlich so schmutzig, dass alles, was zu Boden fiel, ruiniert wurde; große Tränen rollten aus seinen Augen, als er sich gegen den Schmerz und die Schläge wehrte, die von allen Seiten auf ihn herunterprasselten und die Anstrengungen, die unternommen wurden, um seine Ware zu zerstören. Aber der Wettbewerb wurde bald von meinem Vater beendet, dessen Stock den unglücklichen Juden in sehr kurzer Zeit von seinen Peinigern befreite; dies brachte ihm eine Salve von Schmähungen ein, von denen die anrüchigste war: „Sieh mal den Giaour (Ungläubigen), der für den Juden kämpft“ (28).
Es wurde schon erwähnt, dass Juden keine Waffen tragen durften; ein Grund, sie der Verachtung preiszugeben und der Feigheit zu bezichtigen. Es kursierten Spottgeschichten, wonach angeblich türkische Juden während der Balkankriege, beflügelt von patriotischer Leidenschaft, ein Freiwilligenbataillon zur Verteidigung des Vaterlandes aufgestellt hatten. Als sie ausgebildet und ausgerüstet waren, bereit zum Aufbruch an die kämpfende Front, hätten sie die Regierung ersucht, ihnen einen Gendarmen als Eskorte mitzugeben, weil es unterwegs Banditen gebe (29).
Es muss für die ehemaligen Unterdrücker ein unüberwindbares Trauma gewesen sein, im Unabhängigkeitskrieg 1948 wehrhafte Juden zu erleben.
Iran
Der Iran ist ein muslimisches Land mit einer langen Tradition unbarmherziger Verfolgung und Diskriminierung von Juden. Nach der Schlacht bei Nehawend im Nordwesten des heutigen Iran im Jahr 642 war Persien eine arabische Provinz. Nichtmuslime wurden zu Dhimmis degradiert. Jederzeit konnten reiche jüdische Händler Opfer von Erpressungs- und Konfiszierungsmanövern sowie der Folter werden. Unter dem Abbasiden – Kalifen Nasir al-Din Allah (1185-1225) in Buchara und Samarkand (heute Usbekistan) waren sie zuständig für niedrigste Arbeiten wie die Reinigung öffentlicher Latrinen und die Kanalisation und Abfallentsorgung. Der Safawide Abbas II (1642-1666) dekretierte die Zwangskonversion der Ungläubigen und vertrieb widerspenstige „Unreine“ aus dem Land (Nach schiitischem Verständnis sind Mitglieder religiöser Minderheiten unrein). Juden waren gezwungen, ihre Religion im geheimen zu praktizieren.
1834-48 ging ein Sturm von blutigen und verheerenden Pogromen auf das persische Judentum nieder, Zwangsbekehrungen dauerten an. 1839 griff im nordostiranischen Maschhad eine fanatisierte Horde das Judenviertel an, setzte die Synagoge in Brand und zwang 2400 Juden zur Konversion. In Hamadan wurde 1875 ein Jude unter dem Vorwurf der Blasphemie gelyncht. Ende des 18. Jahrhundert führte eine Ritualmordbezichtigung gegen die jüdische Gemeinde von Täbris zu einem unerhört grausamen Pogrom, dem mehrere 100 Menschen zum Opfer fielen. (30).
Wie der Alltag der Juden im frühen 19. Jahrhundert aussah, beschrieb eindrucksvoll der Historiker Israel Joseph Benjamin, der ab 1845 den Orient bereist hatte, im 35. Kapitel seines 1859 auch auf Deutsch erschienenen Buches (leicht gekürzt, die ursprüngliche Schreibweise wurde belassen, also Waare statt Ware, Eigenthum statt Eigentum) wie folgt:
- In ganz Persien müssen die Juden in einem von den übrigen Bewohnern abgesonderten Stadtviertel wohnen, denn sie werden als unreine Geschöpfe betrachtet […]
- Sie haben kein Recht dazu, Handel mit Stoffen zu treiben.
- Sie dürfen auch in den Straßen ihres eigenen Viertels keinen offenen Laden halten. Sie können dort nur Gewürze und Apothekerwaaren. verkaufen, oder das Juweliergeschäft betreiben, worin sie denn auch eine bedeutende Meisterschaft erreicht haben.
- Unter dem Vorwande ihrer Unreinheit werden sie mit der größten Strenge behandelt und wenn sie eine von Muselmanen bewohnte Straße betreten, so werden sie von Pöbel und Knaben mit Steinen und Schmutz beworfen.
- Aus demselben Grunde ist es ihnen sogar verboten, während des Regenwetters auszugehen, weil man annimmt, dass der Regen Unreinigkeit von ihnen abspüle, durch welche die Füße der Muselmanen beschmutzt würden.
- Wird ein Jude als solcher auf der Straße erkannt, so wird er auf empörende Weise misshandelt, die Vorübergehenden speien ihm ins Gesicht und man schlägt unbarmherzig auf ihn los, sodass er oftmals zu Boden fällt und nach Hause getragen werden muß.
- Wenn ein Perser einen Juden tödtet und die Familie des Getödteten kann zwei Muselmanen als Zeugen der Tat stellen, so wird der Mörder mit einer Geldstrafe von 12 Tumanen (600 Piaster ) bestraft ; können aber zwei solche Zeugen nicht aufgebracht werden, so bleibt das Verbrechen ungeahndet, auch wenn es öffentlich begangen und bekannt ist.
- Das nach hebräischer Sitte geschächtete, aber als teres [treif] erklärte Fleisch darf an keinen Muselmanen verkauft werden […]
- Tritt ein Jude in einen Laden, um irgendetwas zu kaufen, so ist es ihm verboten, die Waare zur Durchsicht zu prüfen, vielmehr muss er in ehrfurchtsvoller Entfernung stehend nach dem Preise fragen. Berührt seine Hand unvorsichtiger Weise dennoch die Waare, so muß er dieselbe um jeden vom Verkäufer beliebig geforderten Preis behalten.
- Zuweilen dringen die Perser in die Wohnungen der Juden ein und nehmen alles was ihnen gefällt. Bei dem geringsten Widerstande, den der Eigentümer zur Verteidigung seiner Ware erhebt, schwebt er in Gefahr, mit seinem Leben dafür zu büßen.
- Bei dem geringsten Wortwechsel, den ein Jude mit einem Perser führt, wird jener sofort vor den Achunt [religiöse Autorität] geschleppt, und wenn der Kläger zwei Zeugen beibringt, zu einer starken Geldstrafe verurtheilt. Ist er zu arm, um diese Strafe zu zahlen, so muß er körperlich dafür büßen. Man entblößt ihm den Oberkörper, bindet ihn an einen Pfahl und zählt ihm 40 Stockschläge auf; entfährt dem Dulder bei dieser Procedur nur der kleinste Schmerzenslaut, so werden die empfangenen Streiche nicht gerechnet und man beginnt von neuem.
- Ebenso werden Judenkinder, wenn sie mit denen der Muselmanen in Zank gerathen, sofort vor den Achunt geführt und mit Hieben bestraft.
- Ein Jude, der in Persien reist, wird in jedem Funduk (Herberge) oder jeder Karawanserei, wo er einkehrt, gebrandschatzt; weigert er sich, einer solchen vom ersten besten an ihn gerichteten Forderung Genüge zu leisten, so fällt man über ihn her misshandelt ihn so lange, bis er willfährig ist.
- Wenn ein Jude […] während der drei Tage des Katel (Trauerfest um den Tod des persischen Religionsstifter Ali) sich auf der Straße blicken lässt, so wird er unfehlbar ermordet.
- Täglich und stündlich ersehnt man gegen die Juden neue Verdächtigungen, um Mittel zu erneuerten Erpressungen zu bekommen, denn materielles Interesse ist stets die Haupttriebfeder des Fanatismus (31).
1890 forderten in Hamadan die Mullahs, dass die Juden ihre Häuser nicht verlassen dürften, wenn es regnete oder schneite, da die schlichte Berührung mit den feuchten Kleidern der Juden die Muslime verunreinigte. Frauen und Männer mussten rote Stoffstücke tragen, wenn sie das Haus verließen, keinesfalls durften sie auf der Straße einen Muslim überholen, ihn mit lauter Stimme ansprechen oder Schulden von ihm einfordern, letzteres höchstens zitternd und in respektvollem Ton. Sie hatten den Kopf zu beugen und zu schweigen, wenn ein Muslim sie beleidigt hatte, jüdischen Ärzten wurde verboten, ein Pferd zu reiten, und vieles mehr. 1897 wurden die Teheraner Juden gezwungen, den gelben Fleck zu tragen.
Nachdem schon 1892 und 1897 in Shiraz, im Süden Irans, Synagogen zerstört und Juden ermordet worden waren, drangen am 30. Oktober 1910 Fremde in das Haus führender Rabbiner ein. Ein Marktverkäufer hatte die Juden beschuldigt, seine Tochter ermordet und ihr Blut zu rituellen Zwecken missbraucht zu haben (32).
Daraufhin tobte sich am nächsten Tag ein fanatischer Pöbel im Judenviertel aus. Nicht eines der 260 von Juden bewohnten Häuser wurde verschont. Männer- auch Soldaten, Frauen und Kinder plünderten und zerstörten, was nicht brauchbar war. Türen und Fenster wurden aus den Häusern gerissen. Juden wurden getötet oder schwer misshandelt, Frauen der Schmuck von den Ohren gerissen oder vom Hals geschnitten. Die Bilanz ergab zwölf Tote und mehr als 50 Verletzte, während die 5000 oder 6000 Juden des Viertels nur noch ihre Kleider besaßen. Die lokalen Autoritäten hatten die Soldaten und die Bevölkerung zum Angriff auf das jüdische Viertel ermutigt (33).
Mit der Thronbesteigung durch Reza Khan Pahlawi 1925 bessert sich die Lage. Aber die jüdische Minderheit, die 1979 zwischen 80.000 und 100.000 Mitglieder zählte, bekam 1979 die Feindschaft des Ajatollah Khomeini zu spüren, denn Israel war nun der kleine Satan. 13 Juden, darunter ein Gemeindevorsteher, wurden unter dem Vorwand angeblicher zionistischer Aktivitäten erschossen, andere verprügelt oder routinemäßig gefoltert. Zu hunderten wurden Juden in Haft genommen, manche aufs Geratewohl am Freitagabend beim Verlassen der Synagoge. Die Denunziation einer angeblich weltweiten jüdischen Verschwörung nutzte auch die klassischen Themen der Nazipropaganda, denn 1994 und 1999 wurden die „Protokolle der Weisen von Zion“ veröffentlicht und 2005 sogar in Englisch auf der Frankfurter Buchmesse ausgestellt (34).
Ägypten
Juden lebten seit biblischen Zeiten in Ägypten.
Die zynische Fälschung aus dem zaristischen Russland „Protokolle der Weisen von Zion“ erschien 1927 erstmals in arabischer Übersetzung in Kairo (35). Hassan al-Banna, der 1928 die Muslimbrüderschaft begründete hatte, hatte schon 1927 Verbindungen zu Amin al-Husseini geknüpft und dessen antisemitische Kampagnen in Ägypten vorbehaltlos unterstützt. 1936 riefen die Muslimbrüder zum Boykott der Geschäfte ägyptischer Juden auf. Finanziert wurden ihre Aktivitäten durch die Nationalsozialisten (36). im Juni 1939 wurden Bomben in einer Synagoge in Kairo und jüdischen Häusern platziert. Im November 1945, also nach dem Ende des Dritten Reiches, drangen aufgehetzte Demonstranten in das jüdische Viertel ein, verwüsteten Häuser und Geschäfte, schändeten die Synagogen und attackierten Nichtmuslime, wobei sechs starben und hunderte verletzt wurden. Später zementierte Sayyid Qutb, Ideologe der Muslimbrüder, in seinen Werken die nationalsozialistische Vorstellung, dass alles Jüdische von Übel sei (37).
Um die Teilung Palästinas zu verhindern, stießen die muslimischen Staaten vor den entscheidenden Sitzungen der Vereinten Nationen wiederholt unverhüllte Drohungen aus. So stellte der Leiter der ägyptischen Delegation Muhammad Heykal Pascha während einer Sitzung des Ad hoc – Komitees für Palästina am 24 November 1947 den Delegierten folgende Frage: Würden die Mitglieder [der Vereinten Nationen] in humanitärer Weise handeln, wenn sie 1 Million Juden (also die in den muslimischen Staaten lebenden Juden) ernster und sicherer Gefahr aussetzten, nur um 100.000 Juden in Europa zu retten oder den zionistischen Traum zu erfüllen? Außerdem drohte er, dass wenn Blut in Palästina flösse, jüdisches Blut überall in der arabischen Welt vergossen würde. (38). Zwischen Juni und September 1948 erschütterten Bombenattentate in Kairo das jüdische Viertel, ca. 250 Juden wurden getötet (39).
Nach der Machtergreifung Gamal Abdel Nassers 1954, eines Verehrers von Adolf Hitler, der auch die erwähnten „Protokolle“ als Leitfaden zur Beurteilung von jüdischen konspirativen Machenschaften empfohlen, in einem Interview am 1. Mai 1964 den Holocaust als reines Fantasiegespinst abqualifiziert und in einer neonazistischen deutschen Wochenzeitung sein Bedauern über die Niederlage des Hitler – Regimes geäußert hatte (40), begann eine systematische Verfolgungskampagne gegen die 80.000 in Ägypten lebenden Juden. Nach der Suezkrise 1956 verloren sie ihre bürgerlichen Freiheiten, es kam zu willkürlichen Massenverhaftungen ohne Anklage, Konfiskation von Bankguthaben und Verfügung von Berufsverboten. Manche wurden unter dem Vorwurf des Zionismus verfolgt, insbesondere wenn sie Verwandte in Israel hatten.
Moïse Rahmani beschreibt in dem Kapitel „Les Juifs de Nasser“ seines Buches über den vergessenen Auszug der Juden (41) eindrucksvoll, was einem ägyptischen Juden mit Namen Berto Farhi aus Kairo kurz nach dem Sechstagekrieg im Juni 1967 nach seiner Verhaftung im Gefängnis von Abou Zaabal bei Kairo, welches man besser Konzentrationslager nennen sollte, angetan wurde. Er und andere wurden systematisch erniedrigt, gefoltert, ihrer Staatsbürgerschaft beraubt und – wenn sie Glück hatten – aus dem Land gejagt. Es ist ein Grauen auf 35 Seiten. An etwa 350 wehrlosen Gefangenen, die das Verbrechen begangen hatten, Juden zu sein, wurde an möglichen Misshandlungen so gut wie nichts ausgelassen: Stockschläge, das Ausschlagen von Zähnen, Würgen, Auspeitschen und gezielte Vergewaltigungen als Strafe für den Wunsch, einen Anwalt zu sprechen sowie weitere extreme sexuelle Erniedrigungen. Ein 69-jähriger Mann wurde einen Tag ohne Flüssigkeit und Nahrung in einem Verschlag mit einem Ausmaß von 50 cm Seitenfläche und 50 cm Höhe eingesperrt, weil er den Fehler gemacht hatte, nach dem Grund seiner Verhaftung zu fragen. Gefangene wurden gezwungen, sich gegenseitig zu schlagen und sich als Huren oder Homosexuelle zu bezeichnen. Einem behinderten Gefangenen wurde sein Holzbein weggenommen; andere wurden bespuckt, an Gitter gebunden und bis zur Bewusstlosigkeit geschlagen. Einige starben unter der Folter oder begingen Suizid.
Marokko
Die Existenz einer jüdischen Gemeinde ist durch Inschriften auf Grabsteinen ab dem zweiten vorchristlichen Jahrhundert belegt. Antijüdische Pogrome sind seit 1000 Jahren belegt: 1033 wurden in Fès 5000-6000 Juden ermordet.
Die Sichtweise einer marokkanischen Museumsdirektorin über den Weggang der Juden wurde eingangs schon geschildert. Noch bemerkenswerter als ihre skurril anmutenden Äußerungen ist die Tatsache, dass der Deutschlandfunk eine solche Berichterstattung unkommentiert ließ.
Die hochgradig ritualisierte Degradierung marokkanischer Juden schloss Ghettoisierung in den meisten Städten ein, den Zwang, schwarze Kaftane zu tragen, barfuß durch die Straßen der Städte und vor Moscheen zu laufen sowie schwere Zwangsarbeit auch an Feiertagen und am Sabbat zu leisten, von Kindern mit Steinen beworfen zu werden und alle möglichen anderen Erniedrigungen dulden zu müssen (42).
1790 veranlasste der Sultan Moulay al Yazid die Inhaftierung von Juden und erlaubte die Plünderung ihrer Häuser. Sie wurden ihrer Kleider beraubt, nackt in Gefängnisse gesperrt und an den Füßen aufgehängt. Schwarze Sklaven erhielten die Freigabe zur Plünderung der Juden, die auch Vergewaltigungen einschloss. Einige verloren ihr Leben, die Familien waren ruiniert (43). Weinstock berichtet, dass jüdische Persönlichkeiten, die im Dienst des verstorbenen Sultans gestanden hatten, an den Füßen aufgehängt wurden und nach 15 Tagen starben. Erwähnenswert ist, dass manche Muslime Juden versteckten und so retteten. Al-Yazid hatte lange Listen von jüdischen und muslimischen Honoratioren aufstellen lassen, um diese zu vernichten; starb aber, bevor der Befehl ausgeführt werden konnte
(44). Der Engländer Beauclerk berichtete 1828, dass der Alltag der Juden von ständigen Demütigungen seitens der Muslime geprägt war:
„[…] wenn man bedenkt, welcher Entwürdigung [die Juden] selbst von den Kindern eines wahren Gläubigen ausgesetzt sind. Ich habe einen kleinen Burschen von sechs Jahren gesehen, der einer Schar von dicken Kleinkindern, nur drei oder vier Jahre alt, eintrichterte, Steine auf einen Juden zu werfen, und ein kleiner Bengel watschelte mit der größten Gelassenheit auf den Mann zu, um buchstäblich auf seinen jüdischen Kaftan zu spucken. All dem muss sich der Jude fügen; einen Mohammedaner zu schlagen bedeutete, dass sein Leben keinen Pfifferling mehr wert wäre (45).
Um 1830 berichteten englische Reisende: „Bei mehr als einer Gelegenheit habe ich einen maurischen Jungen von zehn Jahren gesehen, wie er […].[einem Juden] einen Fußtritt versetzte oder ihn ohrfeigte, ohne dass der andere es gewagt hätte, die Hand zu erheben […] Wenn er das wagte, würde man ihm die Hand abhacken, weil er sie gegen einen Gläubigen erhoben hätte; der arme Mann musste sich damit begnügen zu schreien, während er zugleich seinen Verfolger mit […] Herr anredete und ihn anflehte, ihn weitergehen zu lassen. Was die unglücklichen jüdischen kleinen Jungen betrifft, so bekommen sie überall, wo kleine Mauren möglicherweise spielen könnten, Angst und beginnen zu zittern. Da sie genau wie Hunde als gute Beute betrachtet werden, bekommen sie ständig Steine und Schläge ab“ […] 25 Jahre später berichtet ein französischer Pfarrer: „Wenn ein Muslim sie schlägt, ist es ihnen bei Todesstrafe verboten, sich anders als durch Flucht oder Geschicklichkeit zu verteidigen. Ich habe arabische Kinder von sieben oder acht Jahren gesehen, die kräftige junge Leute mit Steinen beworfen, sie mit Stöcken geschlagen, geohrfeigt, gebissen, mit ihren Fingernägeln zerkratzt haben. Diese Männer waren Juden; sie wandten sich und bemühten sich zu entkommen. Ihr Gesicht drückte Angst und Schrecken aus; aber alle ihre Bewegungen verrieten eine einzige Sorge, nämlich keinen der Angreifer zu schlagen oder zu verwunden“ […] Die Gebräuche [setzen] die Strafe eines Muslims, der einen Juden getötet hat, auf 30 francs fest […] Selbst die Juden, die man duldet, sind der schlechtesten Behandlung ausgesetzt. In ihre Mellah (jüdisches Quartier) eingepfercht, können sie nicht ausgehen, ohne von Steinwürfen bestürmt zu werden. Auf dem ganzen Gelände ging niemand an mir vorbei ohne mich mit einem „Gott lasse den Vater, der dich gezeugt hat, Jude, im ewigen Feuer brennen“, zu begrüßen“ (46).
In Fès begann 1912 ein Aufstand gegen die französische Besatzung und endete in einem Judenpogrom: Tausende plünderten das jüdische Viertel, Kinder wurden lebend von Dachterrassen geworfen, Frauen entführt und vergewaltigt. Hierbei starben mindestens 60 Menschen. Auch hier retteten Muslime einige Familien, indem sie sie ihre Häuser aufnahmen (47).
Nach Beginn des Unabhängigkeitskrieges 1948 attackierten am 7. und 8. Juni Fanatiker die Juden in Oujda und Jerada. Die Bilanz der folgenden Pogrome ergab 42 ermordete und etwa 150 verletzte Juden (48). Weitere Massaker folgten. Das Morden ging weiter 1954 in Casablanca, Rabat und Sidi Kassem, begleitet von Plünderungen und Brandstiftungen in jüdischen Schulen.
Im Jahr 1948 belief sich die jüdische Bevölkerung Marokkos noch auf 265.000 Personen, 2014 waren es noch 2000 (49).
Libyen
Eine jüdische Gemeinschaft in Libyen existierte seit dem dritten vorchristlichen Jahrhundert. Zur Zeit der italienischen Besetzung 1911 lebten etwa 20000 Juden in Libyen, die meisten in Tripolis. Plünderungen, Synagogenbrände und Morde sind ab 1864 verzeichnet und antisemitische Ausschreitungen setzten sich 1867, 1879, 1880, 1897,1901,1909 und 1911 fort. Ein Erlass vom 20. November 1939 schrieb den Sonntag als einzigen Ladenschlusstag vor, was zur Inhaftierung von 59 jüdischen Händlern führte, die die Sabbatruhe eingehalten hatten; zwei von ihnen wurden deshalb öffentlich ausgepeitscht. Juden schloss man aus Gemeinderäten aus, ihre Kinder warf man aus den öffentlichen Schulen, Ausweispapiere versah man mit dem Vermerk „von jüdischer Rasse“.
Ab dem 4. November 1945 ereignete sich in Tripolis ein Judenpogrom mit Plünderungen und Verwüstungen jüdischen Eigentums und über 140 jüdischen Opfern. Es war offensichtlich geplant, denn die Wohnungen der Juden waren vorher mit Kreide markiert worden. Tausende hatten sich bereitwillig den Rädelsführern angeschlossen, die völlig ungehindert ganze Familien folterten und massakrierten, Menschen bei lebendigem Leib verbrannten, Frauen vergewaltigten, Häuser verwüsteten und die Synagogen plünderten, ohne dass die britische Besatzungsmacht intervenierte, denn man verbot der ihr unterstellten jüdischen Brigade, ihre Baracken zu verlassen. Dies alles geschah nota bene einige Monate, nachdem die unfassbaren Gräueltaten der Nazis überall bekannt waren.
Der Oberkadi und der Mufti von Tripolis beklagten das Massaker als ein „unangenehmes Ereignis“ (50).
Stillman beschreibt neben Vergewaltigungen 130 jüdische Todesopfer einschließlich 36 Kindern. Hunderte waren verletzt und 1000 Häuser zerstört worden; 4000 Menschen blieben obdachlos zurück. Der Schaden zerstörter Geschäfte allein in Tripolis wurde auf über 1 Million englische Pfund geschätzt.
Ein zu dieser Zeit dort stationierter US Air Force Sergeant berichtete später: „Die Ausgangssperre stoppte die Gewalt (erst nach drei Tagen des Aufruhrs hatten die Briten eine Ausgangssperre verfügt und Truppen gegen die Mörder eingesetzt).. Sie hätte schon am letzten Sonntag verhängt werden können. Tatsächlich hätten die Kämpfe in 5 Minuten beendet werden können. Ein bloßer Schuss – nur um den Arabern zu zeigen, dass die Briten entschlossen waren, die Juden zu schützen – hätte das Blutvergießen abwenden können […] Ich wiederhole: die Briten hätten leicht den Aufruhr in glatt 5 Minuten beenden können.“ (51).
Am Ende des Sechstagekrieges im Juni 1967 veranlasste eine neue Welle von Pogromen mit Toten, Verletzten, brennenden Geschäften und der Internierung hunderter Juden in Häftlingslagern die Flucht von etwa 7000 Juden. Als Muammar al-Gaddafi am 16. Oktober 1969 die Monarchie stürzte, ließ er 400-500 noch verbliebene Juden in einem Konzentrationslager internieren. Sie wurden zwar 1970 freigelassen, aber zuvor ihrer sämtlichen Güter beraubt. Heute ist Libyen, wie Weinstock schreibt „judenrein“ (52), der Verfasser gebraucht im französischen Originaltext das deutsche Wort.
Syrien
1516 kam Syrien unter osmanische Herrschaft.
Die Damaskus – Affäre von 1840 brachte zum ersten Mal mit durchschlagendem Erfolg die Ritualmordlegende christlichen Ursprungs nach Arabien. Syrische Christen mit ihrer tiefen Antipathie gegen Juden beschuldigten diese, einen italienischen Kapuzinermönchen und seinen Diener am 5. Februar 1940 ermordet und ihr Blut für das Passah-Fest missbraucht zu haben. Ein verhafteter Jude „gestand“ unter der Folter und nannte weitere sieben, die man ebenfalls der Folter unterzog, welche zwei Delinquenten nicht überlebten. Einer „bekehrte“ sich zum Islam, die anderen „bekannten“. 63 Juden wurden vom Pascha als Geiseln genommen. Die Angelegenheit wurde zu einer „cause célèbre“ in Europa. Einer britisch – französischen Delegation, die von Sir Moses Montefiore und Adolphe Crémieux geleitet wurde, gelang es, die Beschuldigten zu retten, ohne dass diese offiziell freigesprochen wurden. Künftige Ereignisse bewiesen, dass sich die Ritualmordlüge in Gedächtnis und Empfinden der Bevölkerung eingebrannt hatte (53). Noch 1983 (!)konnte der ehemalige, 2017 verstorbene Verteidigungsminister Syriens Mustafa Tlass sein antisemitisches Machwerk „The Matzah of Zion“, das die Damaszener Blutverleumdung wiederholt, ohne weiteres als Bestseller publizieren (54). Nach dem Sieg über Hitler (der wie Tlass ebenfalls große Stücke auf die „Protokolle“ hielt und der Meinung war, dass die Tatsache, dass Juden ihnen widersprächen, der beste Beweis für ihre Richtigkeit sei) brachen antijüdische Unruhen 1950 in Damaskus aus. Die große Synagoge von Aleppo wurde am 18. November geschändet; 15000 Juden flüchteten außer Landes, viele nach Israel. 1948 wurde den Juden verboten, ihren Besitz zu verkaufen, Bankkonten eingefroren, Juden ohne Anklage in Geiselhaft genommen, wenn z.B. Angehörige von ihnen geflüchtet waren. Der Versuch, das Land zu verlassen, wurde mit Zwangsarbeit oder Todesstrafe geahndet.
Ein Bombenattentat am 5. August 1949 auf eine Synagoge in Damaskus forderte zwölf Todesopfer (55).
Im März 1974 wurden vier junge Mädchen oder Frauen, Eva Saad, 18 Jahre, die Schwestern Zeebah, Toni, 22 Jahre, Lola, 23 Jahre und Farah, 24 Jahre, vergewaltigt und ermordet; nach ihren Mördern wurde nicht gefahndet. Im Dezember 1983 wurde die 26 Jahre alte und im fünften Monat schwangere Liliane Abadi zusammen mit ihren Kindern Toni, 7 Jahre, und Solica, 3 Jahre, gefoltert und ermordet.
Bis 1995 wurden die Verhaftungen und Folterungen von Frauen und Männern und Kindern quasi alltäglich. In syrischen Schulbüchern wurde Mathematik zum Beispiel mit der Frage veranschaulicht: Wenn es zehn Juden gibt und ich töte sieben von ihnen, wie viele bleiben übrig? (56). Man hatte es offenkundig nicht für nötig befunden, seine Absichten notdürftig zu verschleiern, indem man die Juden als Zionisten bezeichnete.
Irak
Im dritten vorchristlichen Jahrhundert entstand der Babylonische Talmud. Lewis beschreibt, dass der britische Vizekonsul in Mossul im Januar 1909 das Verhalten von Muslimen gegenüber Christen und Juden als das eines Herrn zu seinen Sklaven bezeichnete. Jede auch nur ansatzweise erhobene Forderung nach Gleichberechtigung werde im Keim erstickt. Man beobachte häufig auf der Straße, dass jeder Christ selbst einem muslimischen Kind unterwürfig Platz mache. Kinder schleuderten völlig unbekümmert Steine auf ältere Juden, die diesen nur auswichen, aber keinen Protest wagten. Andere Reisende berichteten, dass sie kein elendes, hilfloseres und Mitleid erregenderes Geschöpf auf Gottes Erde als die Juden in diesen Ländern gesehen hätten (57).
Der moderne Irak wurde nach Ende des 1. Weltkrieges 1920 aus den drei Provinzen Bagdad, Mossul und Basra errichtet. Auch hier trafen nach der Machtergreifung Hitlers dessen antisemitische Botschaften auf große Sympathie. Schon vor dem Zweiten Weltkrieg erblickten nationalistische Regierungsbeamte in den Juden ihren inneren Feind und Hitler sowie Mussolini wurden für ihre Ansicht, diese ausrotten zu wollen, gelobt. 1940 kam der Mufti Muhammed Amin al-Husseini nach Bagdad und verschärfte die Agitation gegen Juden, die daraufhin von paramilitärischen Banden bedroht und gepeinigt wurden. Es kam zu willkürlichen Verhaftungen und sogar Exekutionen an Ort und Stelle. Am 29. Mai 1941 erreichten die britischen Truppen die Außengrenze von Bagdad, so dass der Mufti und seine Mitstreiter flohen, der Mufti schlussendlich nach Berlin, wo er bis 1945 blieb. Am 1. Juni, während der Rückkehr des Regenten aus dem Exil wurden die Juden von Soldaten angegriffen. 179 jüdische Männer, Frauen und Kinder wurden im sogenannten Farhud in Bagdad ermordet, es blieben 242 Waisenkinder zurück, 568 Geschäfte waren verwüstet, 911 Wohnhäuser für 12.000 Menschen geplündert. Grausige Details schildert Weinstock. Die britischen Truppen, die das ganze leicht hätten verhindern können, blieben wiederum untätig. Ein schiitischer Führer konnte einige Juden retten […] Danach wollten viele nach Indien auswandern, aber die meisten Visaanträge wurden von den britischen Besatzern abgelehnt. Es kam zu einer „illegalen“ Emigration nach Palästina von über 1000 Menschen (58).
Nach dem Sechstagekrieg 1967 wurden viele Juden verhaftet, Bankkonten eingefroren und Juden unter Hausarrest gestellt. Sie verloren ihre Anstellungen. 1968 ließen die Behörden 14 Männer, darunter elf Juden öffentlich unter dem Vorwurf der Spionage hängen (59). Bei der Hinrichtung zogen 500.000 Männer, Frauen und Kinder tanzend um die Galgen und sangen „Tod Israel“ und „Tod den Verrätern.“ Radio Bagdad erklärte als Antwort auf die Empörung der Weltöffentlichkeit: „Wir haben Spione gehängt, aber die Juden haben Christus gekreuzigt“ (60).
Von ursprünglich ca. 135.000 Juden im Jahr 1948 blieben 2014 weniger als 10 übrig.
Tunesien
Der 888 verstorbene Ahmed ibn Talib zwang Juden und Christen, ein weißes Stoffstück auf den Schultern zu tragen, auf dem Affen und Schweine dargestellt waren. Die berühmte Kairoer Geniza (1890 entdeckte umfangreiche jüdische Dokumentensammlung aus dem Mittelalter) belegt auch vertrauensvolle Beziehungen zwischen der jüdischen und der muslimischen Gemeinde; Juden konnten zum Beispiel gegen Urteile muslimischer Gerichte Berufung einlegen.
Im zwölften Jahrhundert nahmen die Almohaden Tunesien ein und stellten Juden wie Christen vor die Wahl, entweder den Islam anzunehmen oder getötet zu werden (61).
1824 genügte der Vorwurf, ein Jude habe eine Muslimin umworben, um ihn aufgrund des Vorwurfs einer sexuellen Beziehung zu einer Frau islamischer Konfession zu enthaupten; ein anzüglicher Scherz eines Juden gegenüber einer nichtjüdischen Frau wurde mit dem Tode bestraft (62).
Im November 1942 bis Mai 1943, unter der deutschen Besatzung wurden jüdische Häuser von Muslimen geplündert und jüdische Frauen vergewaltigt. Die Deutschen setzten dem ein Ende. Aber die Plünderungen durch die Araber wurden stärker in dem Augenblick, als die Besatzer sich aus der Stadt zurückgezogen hatten (63).
1857 genügte es für den Juden Batou Sfez aus Tunis, zum Tode verurteilt zu werden, weil er angeblich die islamische Religion verflucht hatte. Das Urteil wurde durch Enthauptung vollstreckt (oder er war, wie Rahmani schreibt, lebendig verbrannt worden (64)), anschließend spielten verhetzte Araber mit seinem Kopf Fußball, bevor Juden diesen durch hohes Lösegeld „freikaufen“ konnten.
Am 5. Juni 1967 kam es zu antijüdischen Ausschreitungen mit Plünderung von Geschäften und einem Brandanschlag auf die große Synagoge.
Algerien
Jüdische Siedlungen gab es schon in den ersten Jahrhunderten unserer Zeitrechnung. 1805 kam es zu einem Massaker an Juden in Algier. Unter Salah Bey wurden sie ghettoisiert.
Nach der französischen Besetzung 1830 erhielten sie durch das Dekret Crémieux die französische Staatsbürgerschaft und diese Maßnahme rief den Hass der einheimischen Muslimen hervor. Es kam zu Pogromen in Tlemcen 1881, Algier 1882, 1897 und 1898, Oran und Sétif 1883 und Mostagnem 1897 (65). Das brutalste ereignete sich am 5. August 1934 in Constantine. Ein lächerlicher Streit zwischen einem Juden und einigen Muslimen am Eingang einer Moschee machte die Juden zu einer Zielscheibe einer Bande von Rädelsführern, denen es gelang, Einheimische aufzuwiegeln. 24 Stunden lang plünderte die Masse ungestraft jüdische Häuser, verwüstete Geschäfte, zerstörte Waren, drang in Wohnungen ein, zerbrach Möbel und Tresore, schlug Frauen, Männer und Kinder und ermordete sie in grauenhafter Weise. Es gab insgesamt 25 Tote, Dutzende Verletzte und hohe materielle Schäden; die Armee hatte nichts gegen die Mörder unternommen. Alles deutete darauf hin, dass auch dieses Massaker sich gezielt gegen Juden richtete, denn christliche Händler wurden nicht belästigt: Bei einem Geschäft, welches „irrtümlich“ aufgebrochen worden war, entschuldigte man sich. Die Zeitung Oumma bezeichnet die Aufrührer im Dezember 1934 als ruhmreiche Kämpfer des Islam. Aufrührer provozieren am 1. Februar in Sétif 1935 den Ansatz eines Pogroms und ließen Hitler hochleben (66).
Das Vichy- Regime widerrief 1940 das Dekret Crémieux, wodurch 180.000 Juden ihre Staatsbürgerschaft verloren. 1955 wurde eine ganze Familie massakriert. Übergriffe und Attentate flammten erneut auf und wurden fortgesetzt (67). Im Juni 1967, als der Sechstageskrieg ausbrach, startete die Presse eine heftige Kampagne gegen Israel und die Juden. Die Mauern der jüdischen Religionsgebäude wurden mit beleidigenden Inschriften bedeckt und sämtliche Synagogen bis auf eine in Moscheen umgewandelt (68).
Jemen und Aden
Juden lebten im Jemen seit dem dritten Jahrhundert unserer Zeitrechnung. Schiitischer Fanatismus führte 1165 zu Zwangsbekehrungen. Zu blutigen Verfolgungen wegen des Verdachts der Komplizenschaft mit den Osmanen kam es 1586, 1627, 1670 und 1671. Ein Erlass verfügte die Zerstörung sämtlicher Synagogen. Der alte und möglicherweise nicht authentische „Pakt von Omar“, der die Unterwerfung nicht muslimischer Menschen unter die muslimische Herrschaft in der Frühzeit des Islam geregelt hatte, wurde 1905 reetabliert.
1846 wurde der schon aus dem 13. Jahrhundert bekannte Latrinenerlass erneuert: Er galt bis 1950 und verpflichtete die Juden, Latrinen und Abwasserkanäle zu entleeren. Sie durften keinen Dolch tragen, eine absolute Demütigung in einem Land, in dem dies für jeden muslimischen Mann selbstverständlich war (69). Der jüdische Dhimmi musste allen Muslimen seine Ehrerbietung bezeugen und durfte zum Beispiel auch nur an deren linker Seite gehen. Kraft eines Erlasses von 1921 wurden minderjährige Waisen ihren Familien entzogen und von Amts wegen zwangsweise zum Islam bekehrt (70). Stillman schildert, was das in der Praxis bedeuten konnte: So befahl man einem noch nicht Volljährigen, dessen Vater gestorben war, seinen Glauben aufzugeben, was dieser verweigerte. Dann wurde er geschlagen und ausgiebig gefoltert. Man legte ihn in Ketten, warf ihn auf den Boden und befahl ihm, gekochtes Aas zu essen, was er verweigerte. Daraufhin öffnete man gewaltsam seinen Mund mit einer Zange, brach seinen Kiefer und schlug ihm die Zähne aus. Er wurde auf den Marktplatz geschleppt, wo jeder Vorbeigehende in sein Gesicht spucken und Steine nach ihm werfen konnte.
Natürlich widersprach dies streng genommen dem Koran, aber es war üblich, dies mit einer Überlieferung (Fitra), die auf Mohammed zurückgeht, zu begründen. Diese besagte, dass jeder Mensch bei seiner Geburt und gemäß seiner Natur ein dem einzigen Gott ergebener Mensch, also ein Muslim, sei, aber fehlgeleitete Eltern durch ungünstige Beeinflussung ihrer Kinder deren Hinwendung zum Juden- oder Christentum verschuldeten (71).
Aufgrund dieser Verfolgungen verließen 60.000 Menschen schon zwischen 1919 und 1948, also vor dem Unabhängigkeitskrieg, das Land. Zwischen 1949 und August 1950 gelang 40.000 Juden die Flucht. In der Folge des Sechs-Tage-Krieges lebten noch schätzungsweise 1000 Juden im Jemen (72).
In Aden, heute zu Jemen gehörig, wurde am 2. Dezember 1947, also drei Tage nach Verabschiedung des Teilungsplans für Palästina durch die Generalversammlung der Vereinten Nationen das jüdische Viertel von einer rasenden Menge muslimischer Fanatiker überrannt, die es blutig verwüsteten. Bei dem Pogrom verloren 84 Juden ihr Leben, Dutzende wurden verwundet, jüdische Häuser und Synagogen zerstört (73).
Palästina
Mit Ausnahme der Zeit der christlichen Kreuzzüge im 11.-13. Jahrhundert, die ebenfalls Abertausende Juden das Leben kosteten, beherrschten Muslime zwischen 638 und 1917 das „Heilige Land“. Juden wurden diskriminierenden Gesetzen unterworfen, sie durften zum Beispiel unter Androhung der Todesstrafe nicht das Grab der Patriarchen bei Hebron besuchen, eine Beschränkung, die von 1266 bis 1967 galt! Ein christlicher Besucher des 14. Jahrhunderts bezeugte, dass Juden und Christen schlimmer als Hunde behandelt würden (74). 1831 befand der britische Konsul Condor, dass die den Juden zugefügten Erpressungen und Unterdrückungen derart zahlreich seien, dass sie sprichwörtlich sogar für die Luft, die sie atmeten, bezahlen müssten.
Ein anderer britischer Konsul notierte 1839, dass der arme Jude selbst im 19. Jahrhundert nicht ohne Grund tagtäglich in Angst und Schrecken lebe und stets fürchte, ihm werde nach dem Leben getrachtet.
Betreten wie auch Verlassen von Jerusalem war mit einer Abgabe an die Araber verpflichtend vorgeschrieben. Bezahlen mussten Juden auch, wenn sie an der Klagemauer beten wollten und absurderweise dafür, dass die Araber das Grab Rachels nicht schändeten.
Ein bezeichnendes Echo der Verachtung und des Hasses dieser Zeit findet sich im Refrain einer zu Ostern gesungen Hymne: Oh ihr Juden, oh ihr Juden– Euer Fest ist das des Affen (75).
1799 und 1834 ereigneten sich pogromartige Unruhen in Jerusalem, 1834 auch in Tiberias, 1799 und 1834 in Safed. Am 15. Juni 1834 attackierten Tausende, organisierte Banden, die wehrlosen Juden, raubten sie aus und ließen sie nackt, verbrannten Thorarollen, folterten Frauen und Kinder in Synagogen, vergewaltigten Frauen auf Thorarollen in Gegenwart ihrer Kinder und ihrer Ehemänner und ermordeten viele. (76). Das Pogrom dauerte 33 Tage, es kostete eine unbekannte Zahl von Menschen das Leben (77). Es war ebenfalls nicht spontan entstanden; ein religiöser Fanatiker, Mohammed Damour, hatte zu Beginn des Jahres 1834 auf dem Marktplatz prophezeit, dass am 15. Juni die wahren Gläubigen sich in ihrem Zorn gegen die Juden erheben und ihnen Gold, Silber und Juwelen abnehmen würden. Tatsächlich erschien derselbe am genannten Tag auf dem Marktplatz und es gelang ihm, die Menge aufzuhetzen (78).
Der als Philanthrop verehrte Moses Montefiore (1784-1885) erkannte während seiner Reisen in Palästina den abscheulichen Zustand von Enge und Schmutz seiner Glaubensbrüder; die 8000 Juden Jerusalems waren Mitte des 19. Jahrhunderts in einem aus schmutzigen und dunklen Gassen bestehenden Viertel zusammengepfercht und der Besuch des jüdischen Viertels von Jerusalem gehörte zum Pflichtprogramm katholischer Pilger, damit diese sahen, welcher Fluch auf dem Volk der „Gottesmörder“ lastete (79).
Anfang des 20. Jahrhunderts wurden Juden in arabischen Versen als die schwächsten und minderwertigsten aller Völker verhöhnt (80).
Nach einer Zeit der Ruhe kam es ab 1908 erneut zu Problemen: Osmanisches Bodenrecht hatte die Fellachen auf den Status von Pachtbauern reduziert und reiche arabische Grundbesitzer verkauften zu Höchstpreisen Land an Juden. Die jüdischen Landwirte vertrauten den Schutz jüdischen Wachleuten (Hashomer) an.
Aber es hatte sich etwas Entscheidendes geändert: Die arabischen Angreifer sahen sich plötzlich nicht mehr wehrlosen Dhimmis, sondern mit Gewehren bewaffneten Reitern gegenüber, was ein Trauma für sie gewesen sein und ihre Wut auf die Juden gesteigert haben muss (81).
Während blutiger Unruhen in Jerusalem und Jaffa 1920 und 1921 schrieen verhetzte Fanatiker: „Die Juden sind unsere Hunde!“, „Wir werden das Blut der Juden trinken!“, „Schlachtet die Juden ab!“ und „Muslime, verteidigt euch, die Juden töten eure Frauen!“ Die palästinensischen Anführer hatten das Pogrom kaltblütig inszeniert, in dem sie über die Presse zu Massakern aufriefen (82).
Als nach der Eroberung Palästinas durch die Briten die Zahl der jüdischen Einwohner zunahm, wuchsen mit dem Erstarken der arabischen Nationalbewegung auch die Spannungen.
Segev beschrieb ausführlich das Massaker von Hebron 1929: Aufgrund von Gerüchten über jüdische Untaten wurde am 23. August 1929 ein aus Polen stammender 24 Jahre alter Student von Arabern niedergestochen. Am 24. August 1929 brachen Araber in jüdische Häuser ein. Der britische Polizeiinspektor Raymond Cafferata verschaffte sich Zutritt zu einem dieser Gebäude und schilderte später: „Ein Araber war dabei, einem Kind mit dem Schwert den Kopf abzuschlagen. Einmal hatte er bereits zugeschlagen und wollte gerade ein zweites Mal ausholen, als er mich sah und stattdessen auf mich einhieb, aber sein Ziel verfehlte […] Ich schoss ihn in den Unterleib. Hinter ihm sah ich eine blutverschmierte jüdische Frau mit einem Mann, den ich als Polizisten wiedererkannte, Issa Sherrif aus Jaffa […] Er stand mit einem Dolch in der Hand über die Frau gebeugt. Ich […] erschoss ihn.“
In einem Brief an den Hochkommissar beschrieben Juden weitere Gräueltaten: Ein 68 – und ein 70-jähriger Rabbiner sowie fünf weitere Männer waren kastriert, ein Bäcker verbrannt worden. Der Mob tötete einen invaliden Apotheker, der Juden wie Arabern mehr als 40 Jahre lang treue Dienste geleistet hatte, seine Tochter wurde vergewaltigt und ebenfalls getötet. Zwei andere waren mit einem Strick erwürgt worden, ein 70-jähriger war an einer Tür gefesselt zu Tode gequält worden. Einem zweijährigen Kind hatte man den Kopf abgerissen. Der Brief nannte noch weitere Fälle von Vergewaltigung und Folter. Es gab Fotos von abgeschnittenen Fingern, die vielleicht wegen der Ringe und Armbänder abgetrennt worden waren (83). Fast noch unerträglicher schilderte Albert Londres, der 1929 Palästina und die jüdischen Gemeinden besucht hatte, das Blutbad von Hebron (84).
Insgesamt waren 67 Juden getötet worden, darunter 12 Frauen und 3 Kinder unter fünf Jahren. Zur Wahrheit gehört allerdings auch, dass laut Aussagen der jüdischen Gemeinde und Aufzeichnungen zionistischer Archive zwei Drittel der Juden Hebrons durch arabische Familien gerettet wurden, wobei etliche Araber bei der Verteidigung ihrer jüdischen Mitbürger verletzt wurden (85).
Der Mufti von Jerusalem suchte sich in denkwürdiger Weise zu entlasten: Er berief sich vor der das Gemetzel untersuchenden britischen Kommission einfach auf die „Protokolle der Weisen von Zion“ als eines Autorität verleihenden Dokuments. Schon 1921 hatte eine Delegation der arabischen Exekutive Palästinas Churchill im Völkerbund wie selbstverständlich ein Memorandum überreicht, welches die Thesen der „Protokolle“ nachbetete.
Den orthodoxen und häufig antizionistischen Juden in Hebron hatte ihre Ablehnung eines ihrer Ansicht nach dem Willen des Messias vorgreifenden Strebens nach der Gründung eines Judenstaates nichts genützt.
Die organisierten Massaker fanden auch in Jerusalem und Safed statt.
Auf das Friedensangebot Ben Gurions nach der Proklamation des Staates Israel am 15. Mai 1948 antworteten die arabischen Staaten Ägypten, Syrien, Irak Jordanien und der Libanon bekanntlich mit Krieg, den sie aber verloren.
Aber die Altstadt von Jerusalem fiel an Jordaniens Armee, die sofort die Juden vertrieb und die Synagogen sowie den alten Friedhof des Ölbergs zerstörte. Die Grabsteine wurden für Latrinen „verwertet“ und Juden hatten keinen Zutritt mehr zu ihren heiligsten Orten bis zum Sechstagekrieg im Juli 1967. In Gush Etzion hatte die arabische Legion unter dem englischen Kommandanten Glubb gefangene Juden nach deren Niederlage vertreiben wollen, aber Palästinenser kamen ihnen zuvor und brachten die Wehrlosen mit Maschinengewehren um. Rahmani fragt zu Recht: „Was wäre geschehen, wenn die Araber den Krieg gewonnen hätten“ (86)?
Die Tatsache, dass der jüdische Staat das Problem der jüdischen Flüchtlinge durch Integration dieser Menschen gelöst hat, hätte den arabischen Staaten ein Beispiel sein können. Diese jedoch verweigerten (mit Ausnahme Jordaniens) die Integration der palästinensisch-arabischen Flüchtlinge – und ließen ihre muslimischen Glaubensbrüder in Flüchtlingslagern an der Grenze zu Israel vegetieren, um nach dem verlorenen Krieg von 1948 weiter Druck auf den gerade gegründeten Judenstaat ausüben zu können.
Die Ankündigung, den jüdischen Staat völlig zu vernichten und die Juden ins Meer zu werfen, konnte nicht verwirklicht werden. Das „schwächste und minderwertigste“ aller Völker hatte den Krieg gegen fünf arabische Expeditionsarmeen gewonnen.
Diskussion
Alleine aus den arabischen Ländern sind in den letzten 60 Jahren mehr als 99 % ihrer jüdischen Bevölkerung geflohen. Etwa 560.000 von ihnen gingen nach Israel und 200.000 in den Westen. Die vorhergehenden Ausführungen widerlegen die Behauptung, dass Juden nur deshalb ihre Länder verlassen hätten, um sich ihren zionistischen Traum zu erfüllen und deshalb nicht als Flüchtlinge gelten könnten, es sei denn, man vertritt die seltsame These, dass demütigende Schikanen, Verachtung und Pogrome und Mord kein Grund zur Flucht sind. Allein zwischen 1785 und 1945 gab es mindestens 30 Pogrome in muslimischen Staaten, wobei kein Anspruch auf Vollständigkeit erhoben werden kann (87). Dazwischen herrschte allerdings auch keine brüderliche Seligkeit; Juden in muslimischen Ländern waren zweitklassige, und somit minderwertige Untertanen, denen jederzeit ihre wahre Situation vor Augen geführt werden konnte und bei Bedarf auch wurde. Nach heutigen Maßstäben würde man die Behandlung der Juden in den genannten Ländern ohne weiteres als rassistisch bezeichnen.
Ab 1947 haben sich die arabischen Staaten in koordinierter Weise an ihren jüdischen Bürgern für den Teilungsbeschluss der UNO und die Niederlage im Krieg gegen Israel gerächt, also an Unschuldigen, die man aufgrund ihrer staatlichen Zugehörigkeit schwerlich als Zionisten bezeichnen konnte (88).
Die arabische Liga verfasste 1947 Gesetzesentwürfe, die an die nationalsozialistischen Nürnberger Gesetze erinnerten. Die Vorschläge umfassten den Entzug der Staatsbürgerschaft, die Beschlagnahmung der jüdischen Konten und die Internierung aktiver „Zionisten“ (als solcher galt man schon, wenn man Verwandte in Israel hatte). Juden, welche sich als Antizionisten bezeichneten, sollten zwangsweise in die arabischen Armeen eingegliedert werden (89). Der französische Botschafter im Irak informierte am 28. Oktober 1949 seine Regierung über Massenverhaftungen, die nach Gestapo Manier durchgeführt würden, also Eindringen in die Häuser um 2:00 Uhr morgens, Öffnung der Schlösser unter Gebrauch von Maschinengewehren, Drohungen die ganze Familie zu verhaften, falls der nicht anwesende Verdächtige erscheint, Entführung der Kinder. Die Anwendung von Folter und Missbrauch der Frauen durch Polizeioffiziere wurde berichtet, konnte aber nicht zweifelsfrei belegt werden (90).
Die massenhafte Vertreibung der Juden aus arabischen Ländern war ein flagranter Bruch internationalen Rechts und ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit (91).
Die arabischen Staaten haben nicht nur Pogrome gegen ihre jüdischen Bürger zu verantworten, sondern auch wahre Raubzüge an ihnen verbrochen: Juden, die in Lebensgefahr flohen, vertrieben wurden oder ihrer Staatsbürgerschaft verlustig gingen, mussten nahezu ihren gesamten Besitz zurücklassen, insbesondere im Irak, in Ägypten und in Libyen. Allein die Anfang der 1950er-Jahre im Irak von Juden konfiszierten Summen werden auf 200 Millionen US-Dollar geschätzt. 2007 taxierte die „World Organisation of Jews from Arab Countries“, dass Werte von bis zu 300 Milliarden US-Dollar nach heutiger Bewertung zurückgelassen wurden, sowie auch über 100.000 Quadratkilometer Landbesitz, insbesondere in Ägypten, Marokko und dem Irak.
Dies bedeutet selbstverständlich, dass in Verhandlungen über Entschädigungen von geflüchteten im Nahostkonflikt die Ansprüche jüdischer Flüchtlinge nie mehr unberücksichtigt bleiben dürfen. Zum Vergleich: Die Fläche des Staates Israel beträgt 22380 km². Selbst wenn die oben genannten Berechnungen deutlich übertrieben und es nur 50.000 km² wären, bliebe eine Fläche von mehr als der doppelten Israels. Insgesamt haben Juden weit höhere Werte in arabischen Ländern zurückgelassen als arabisch-palästinensische im heutigen Israel. Entsprechend hat das israelische Parlament schon 2010 beschlossen, dass keine israelische Regierung ein Friedensabkommen unterzeichnen darf, welches nicht auch die Frage der Entschädigung der jüdischen Flüchtlinge aus den arabischen Ländern und aus dem Iran regelt. 2014 wurde in Israel der 30. November offiziell zum Gedenktag an Flucht und Vertreibung der Juden aus den arabischen Ländern und dem Iran erklärt (92).
Es wurde schon darauf hingewiesen, dass der palästinensische Historiker und Aktivist R. Khalidi – wie viele – in seinem Buch über den 100-jährigen Krieg um Palästina jüdische Flüchtlinge mit keinem Wort erwähnt.
Aber Diskussionen über etwaige Ansprüche jüdischer Vertriebener gegenüber arabischen Ländern sind ihm trotzdem nicht erspart geblieben und er hat äußerst ungehalten darauf reagiert. Denn diese Forderungen seien „heimtückisch“, weil deren Befürworter sich nicht etwa für eine Rückgabe dieser legitimen Vermögenswerte einsetzten, sondern in Wirklichkeit versuchten, die Schuld Israels gegenüber den palästinensischen Flüchtlingen zu eliminieren (93).
Es bleibt aber sein Geheimnis, warum dies als ungerechtfertigt oder gar „heimtückisch“ (insidious) bezeichnet werden sollte. Denn er kann solche Motive nur vermuten, die aber, selbst wenn sie gerechtfertigt wären, nichts über den Wahrheitsgehalt der zugrundeliegenden behaupteten Tatsache aussagten. Gemäß der Genfer Flüchtlingskonvention gilt eine Person als Flüchtling, die sich außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzt, aber wegen ihrer Rasse, Religion, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Überzeugung eine wohlbegründete Furcht vor Verfolgung hat, von seinem Ursprungsland nicht beschützt wird und wegen Verfolgungsgefahr nicht zurückkehren kann.
Entscheidend ist also nur, ob die seit dem Unabhängigkeitskrieg 1948-49 knapp 1 Million aus muslimischen Ländern vertriebenen Juden in der überwiegenden Mehrzahl Flüchtlinge waren oder nicht? Diese Frage ist eindeutig mit Ja zu beantworten. Wenn dies aber so ist, dann ist auch die Forderung ohne weiteres gerechtfertigt, den entstandenen Schaden zu ermitteln und etwaige Ansprüche daraus geltend zu machen – wie im umgekehrten Fall der palästinensischen Ansprüche gegenüber Israel. Es bedarf keines weiteren Argumentes, um festzustellen, dass in diesem ungelösten Konflikt die Ansprüche beider Seiten auf den Verhandlungstisch gehören.
Israel musste jüdische Flüchtlinge unter schwierigsten Bedingungen und ohne Zuwendungen in Milliardenhöhe seitens der Vereinten Nationen bzw. der internationalen Gemeinschaft aufnehmen und integrieren, was alles in allem sehr gut gelungen ist, während die arabischen Staaten – mit der Ausnahme Jordaniens – nach dem verlorenen Krieg diese Integrationsleistung ablehnten, um wie gesagt stattdessen die palästinensischen Flüchtlinge in Lager entlang der israelischen Grenze zu pferchen, damit Druck auf Israel auszuüben und ihrem langfristigen Ziel näher zu kommen. Dieses Ziel war erklärtermaßen, den Judenstaat zu zerstören.
Es kommt folgendes hinzu: Das von den Palästinensern geforderte Rückkehrrecht spricht dafür, dass die palästinensischen Geflüchteten offenbar wenig Angst davor haben, in Israel oder dem Westjordanland zu leben. Dann kann aber die Behandlung der Palästinenser offensichtlich nicht so schlecht gewesen sein wie die der Juden in arabischen Ländern war! Ganz offensichtlich würde heute niemand ernsthaft Juden zumuten, in ihre muslimischen Herkunftsländer zurückzukehren, wenn er nicht böse Absichten damit verfolgte.
Khalidi aber bezeichnet den Vergleich zwischen jüdischen Flüchtlingen mit palästinensischen als ungültig. In zionistischer Sichtweise hätten die jüdischen Flüchtlinge vor allem nach Israel gehen wollen. Die Palästinenser hätten bleiben wollen und seien nicht zurück in ihre Heimat gegangen. Die Irrelevanz dieser Äußerungen wurde oben dargelegt. Zwar ist richtig, dass der israelische Staat die Einwanderung von Juden forcierte und von den Arabern nach 1948 keine Kompensation verlangte. Aber wofür soll dieses Versäumnis Israels ein Argument sein? Angenommen, jemand führte im Land A ein glückliches Leben, und lehnte das Angebot der Rückkehr in sein Herkunftsland B ab. Wäre seine Forderung nach Entschädigung gegenüber seinem Gastland A, inzwischen eine Diktatur, ungerechtfertigt, wenn dessen Machthaber sie oder ihn zwei Jahre später illegalerweise misshandelte, enteignete und schließlich des Landes verwiesen? Kein vernünftiger Mensch würde einen Geflüchteten als freiwilligen Auswanderer bezeichnen, der aufgrund von Demütigungen, Misshandlungen, Pogromen und Folter es vorzog, das Land zu verlassen.
Von einem Erlöschen entsprechender Forderungen an die arabischen Regierungen, die ihre jüdischen Bewohner nach dem verlorenen Krieg 1948 de facto als Geiseln behandelten, kann also keine Rede sein.
Die freiwillige Auswanderung von Juden, denen es in arabischen Ländern relativ gut ging, mag vorgekommen sein. Aber es dürfte sich um eine kleine Minderheit gehandelt haben, denn die ständige Angst vor den genannten Bedrohungen dürfte ein stärkeres Motiv für die weit größere Anzahl der Auswanderungswilligen gewesen sein. Es widerspricht jeder Lebenserfahrung, hier das Gegenteil zu behaupten.
An gleicher Stelle bezeichnet Khalidi das Ganze als eine Lockvogeltaktik, die weder den Palästinensern noch den orientalischen Juden (damit meint er die Juden aus arabischen Ländern) oder einem gerechten Frieden diene: Wenn man beide Gruppen beschädigt zurückzulasse, bleibe jedwede Einigung instabil. Es gebe zwar gerechte Ansprüche der Juden, die von den arabischen Staaten behandelt werden müssten. Aber so es sei eine Lockvogeltaktik, die die orientalischen Juden den Preis für Israels Konfiszierung einer sehr großen Menge palästinensischen Eigentums zahlen lasse.
Es ist schwer, diese Gedanken als Argumente zu bezeichnen, da sie mehr vernebeln als erklären. In welcher Weise würden beide Seiten beschädigt? Noch einmal: Ist es berechtigt, wenn palästinensische Flüchtlinge Ansprüche formulieren? Wenn ja, sollte dies etwa umgekehrt nicht gelten? Das würde bedeuten, dass die einen gute und richtige Forderungen stellen und die anderen – die Juden-, dies nicht tun dürften, da sie so angeblich die Gegenseite in die Falle lockten. Khalidi leistet hier einer Einteilung von Geflüchteten in zwei Klassen Vorschub und das ist komplett unsinnig. Dass eventuell die „orientalischen Juden“ dadurch einen Preis zahlen müssten, ist kaum anders als unverhüllte Drohung zu verstehen.
Anzumerken ist auch, dass ein durch Kriege und Vertreibungen hervorgerufener Bevölkerungsaustausch im 20. Jahrhundert leider keine Ausnahme war. Etwa 1,6 Millionen anatolische Griechen und 400.000 Muslime in Griechenland waren nach dem Ersten Weltkrieg einem solchen mit Vertreibungen verbundenen Austausch ausgesetzt, fast ebenso viele Ukrainer und Polen nach dem Zweiten. Etwa 20 Millionen Menschen wurden im Zuge der Aufteilung Indiens deportiert. Dabei starben etwa eine halbe, nach manchen Schätzungen bis zu 1 Million Muslime, Hindus und Sikhs. Und wir sollten auch nicht vergessen, dass 12 Millionen Deutsche nach dem Zweiten Weltkrieg vertrieben wurden, dabei mindestens eine halbe Million starben und geschätzt 2 Millionen Frauen vergewaltigt wurden, ohne dass diese Menschen oder ihre Nachkommen in Flüchtlingslagern an der deutschen Ostgrenze zu Polen oder Tschechien kampierten, in den genannten Ländern Terroranschläge verübten und auf einem Rückkehrrecht bestanden.
Theodor Herzl war nicht allein der Erfinder des Judenstaates. Er hat aber während der Dreyfus – Affäre in Frankreich endgültig erkannt, dass das Fass übergelaufen war: Der Zionismus war ein Produkt der jahrtausendelangen Verfolgung der Juden durch die christliche und muslimische Welt- und das schon vor dem unvorstellbar schrecklichen Höhepunkt durch das nationalsozialistische Deutschland kombiniert mit dem Nichtstun der Welt. Mit der nationalsozialistischen Machtergreifung setzte sofort eine brutale Verfolgung der Juden ein, die zudem von der Staatengemeinschaft im Stich gelassen wurde.
Auf der Konferenz von 32 Staaten in Évian vom 6. bis 15. Juli 1938, Teilnehmer unter anderem die USA, Frankreich und Großbritannien, wurde praktisch beschlossen, die jüdischen Flüchtlinge aus Deutschland und Österreich im Stich zu lassen, indem man nichts tat.
Am 9. November 1938 veranstalteten die Nationalsozialisten das schlimmste Pogrom auf deutschem Boden seit dem Mittelalter, von manchen in zynischer Weise als „Kristallnacht“ bezeichnet, bei dem mehrere hundert Juden ermordet und 30.000 zwecks Misshandlung in Konzentrationslager eingewiesen wurden, was viele nicht überlebten. Allerspätestens jetzt konnte man in der ganzen Welt zur Kenntnis nehmen, in welcher Gefahr sich Juden im deutschen Machtbereich befanden.
Doch mehr als 900 von ihnen auf der St. Louis, einem Flüchtlingsschiff aus Hamburg, wurden im Juni 1939 weder von den USA, noch von Kanada an Land gelassen. Nach Angaben des heutigen kanadischen Regierungschefs waren damals nur 160.000 der elf Millionen Einwohner Kanadas Juden. Und dennoch waren das für viele Kanadier noch zu viele – darunter auch für Frederick Charles Blair, der damals für die Einwanderungspolitik der Regierung zuständig war. 254 der Abgewiesenen wurden später in Auschwitz, Treblinka oder Belzec von den Nazis ermordet. Kanada, extrem dünn besiedelt, hat noch weniger Flüchtlinge aufgenommen als die anderen westlichen Länder (94).
Dass in der Shoah fast 6 Millionen Juden ermordet wurden, weiß hierzulande jedes Kind. Sie sind nicht „umgekommen“, wie manchmal zu lesen oder zu hören ist. Sie sind erschlagen, erschossen, vergast, lebendig verbrannt und zu Tode gefoltert worden. Man hat sie verhungern und verdursten lassen. Schuldig waren die Deutschen und ihre Verbündeten. Mitschuldig waren alle, die nichts taten, um Juden zu retten, oder die sogar den Nazis das Geschäft erleichterten, wie die Briten, die just 1939, als sich alle Tore für die Juden in Deutschland schlossen, mittels ihres Weißbuches eine Einreisesperre für Juden in Palästina verhängten und auch nach dem Krieg Judenpogrome in arabischen Staaten nicht unterbanden, als sie dieses hätten tun können. Denn mitschuldig ist jemand, der eine verbrecherische Tat zulässt, obwohl er wirksame Hilfe leisten könnte, ohne dabei einer relevanten Gefahr ausgesetzt zu sein.
Mit großen Sympathien haben die arabischen Länder die Politik Adolf Hitlers und der Nationalsozialisten begleitet. Mohammed Amin al-Husseini, der 1921 von den Briten eingesetzte Mufti von Jerusalem, war ein treuer Parteigänger des “Führers”, dessen Gefolgsmann er seit 1933 war. Sein Aufruf, die muslimischen heiligen Stätten zu verteidigen, führte zum Massaker von Hebron (95).
Auch das Folgende tat er kund (am 7. Juli 1942): „Ihr müsst die Juden töten, ehe sie das Feuer auf euch eröffnen. Tötet die Juden, die euer Vermögen an sich gerissen haben und einen Anschlag auf eure Sicherheit planen. Araber Syriens, des Irak und Palästinas, worauf wartet Ihr? Die Juden haben vor, eure Frauen zu schänden, eure Kinder umzubringen und euch zu vernichten. Nach der muslimischen Religion ist die Verteidigung eures Lebens eine Pflicht, die nur durch die Vernichtung der Juden erfüllt werden kann. Das ist eure beste Chance, diese dreckige Rasse loszuwerden, die euch eurer Rechte beraubt und euren Ländern Unheil und Zerstörung gebracht hat. Tötet die Juden, steckt ihren Besitz in Brand, zerstört ihre Geschäfte, vernichtet diese niederträchtigen Helfer des britischen Imperialismus. Eure einzige Hoffnung auf Rettung ist die Vernichtung der Juden, ehe sie Euch vernichten“(96).
Es blieb nicht bei Hetzreden: Er unterstützte die Vernichtung der Juden aktiv, indem er Fluchtwege blockierte und so Tausende von jüdischen Kindern, die sogar Adolf Eichmann aus politischen Gründen entkommen lassen wollte, durch seine Intervention bei Himmler der Vernichtung zuführte. Wie er selbst zugab, hätten die arabischen Aufstände 1936-1939 ohne die Unterstützung des nationalsozialistischen Deutschland nicht durchgeführt werden können; er war in das Projekt der Endlösung eingeweiht und es wird angenommen, dass er in Auschwitz und Majdanek die Praxis der Judenvernichtung persönlich in Augenschein genommen hat. 2019 lobte ein Mitarbeiter von Mahmoud Abbas, dem Vorsitzenden der palästinensischen Autonomiebehörde diesen Faschisten als Vorbild (97).
Die oben geschilderten Ereignisse der muslimischen Feindschaft gegenüber Juden sind ja nur ein kleiner Teil. Zur Erinnerung: Tausende Juden wurden umgebracht während der Kreuzzüge, über 4000 in Deutschland während des sogenannten Rintfleisch Pogroms 1298, Tausende während der Basler, Züricher und Straßburger Judenpogrome 1349 und möglicherweise hunderttausende durch den äußerst brutalen und grausamen Kosakenkrieg des Bohdan Chmelnyzkyj in Polen und der Ukraine 1648. Und es ging weiter: Nicht ohne Grund kamen die meisten Einwanderer im 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts aus osteuropäischen Staaten, wo die Verfolgung mittels brutaler Pogrome am grausamsten war. In Kielce, Polen gab es noch nach dem Zweiten Weltkrieg 1946 ein Judenpogrom mit über 40 Ermordeten. Zur prinzipiellen Feindseligkeit christlicher und muslimischer Gesellschaften kam die Wehrlosigkeit der Juden, die weder über einen Staat noch über eine Armee verfügten. Das änderte sich mit Gründung der Hashomer und vor allem der Haganah, die später in die israelische Armee eingegliedert wurde und sich 1948 sofort im Unabhängigkeitskrieg, im Kampf um die eigene Existenz bewähren musste.
Zusammenfassung
Lange vor der Entstehung des Islam lebten orientalische Juden (Mizrachim) in den arabischen Ländern und in Nordafrika. Ab dem 7. Jahrhundert wurden sie von Muslimen beherrscht. Neben Zeiten fruchtbarer Koexistenz wurden sie als Unreine (nach schiitischer Lehre) oder schutzbefohlene Menschen zweiter Klasse (Dhimmis) gedemütigt, verfolgt, vergewaltigt, gefoltert und in blutigen Pogromen ermordet.
Arabische Führer wie Amin al – Husseini paktierten vor, während und nach dem Zweiten Weltkrieg mit den Nationalsozialisten, um diese im Ausrottungsfeldzug gegen die Juden zu unterstützen.
1948 lebten in den arabischen Ländern und im Iran noch ca. eine Million Juden.
Am 16. Mai 1948 warnte die New York Times, dass die Arabische Liga diskriminatorische Maßnahmen gegen ihre jüdischen Bürger wie Einfrieren von Bankkonten, Aberkennung der Staatsbürgerschaft und Internierung in ihren Ländern vorbereitete – wohlgemerkt zu einem Zeitpunkt, zu dem noch kein Araber aus Palästina geflüchtet war (98).
2014 lebten in den arabischen Ländern noch etwa 4000, im Iran 25.000 Juden.
Ein Konflikt, den die arabischen Staaten durch Auslöschung des Judenstaates kriegerisch lösen wollten, wurde von der jüdischen Armee gewonnen.
Wer aber einen Krieg verliert, wird sich mit der Forderung nach Kapitulation des Siegers und Erfüllung aller eigenen Forderungen schwerlich durchsetzen.
Zwischen Israel und den arabischen Staaten hat als Folge kriegerischer Handlungen de facto ein Bevölkerungsaustausch stattgefunden.
Nach dem Unabhängigkeitskrieg 1948 wurden die in muslimischen Ländern lebenden Juden de facto als Geiseln genommen, ihrer Staatsbürgerschaft, ihrer bürgerlichen Rechte und ihres Besitzes beraubt, willkürlich verhaftet und interniert. Bei Pogromen wurden Frauen vergewaltigt, Männer, Frauen und Kinder gefoltert und ermordet.
Israel hat zwar palästinensisches Land besetzt, aber die jüdischen Flüchtlinge haben nicht in der Luft, sondern ebenfalls auf Land gelebt, von welchem sie fliehen mussten, Schätzungen hierzu belaufen sich hier auf bis zu 100.000 km², also mehr als die vierfache Fläche des heutigen Israel.
Alle Verhandlungen zwischen Israel und den Palästinensern müssen die Forderungen beider Seiten berücksichtigen.
Durch die Bildung eines eigenen Staates haben die Juden die einzig mögliche und sinnvolle Antwort auf 2000 Jahre währenden christlichen und muslimischen Antisemitismus gegeben.
Hinweis:
Am 30. November begehen wir den Tag des Gedenkens an Vertreibung der 850.000 Juden aus den arabischen Ländern und dem Iran. Im Jahr 2014 wurde dieser Gedenktag zum ersten Mal begangen.
In diesem Jahr laden die israelische Botschaft Berlin und das israelische Generalkonsulat in München zu einem virtuellen Screening des Films „The Silent Exodus“ von Pierre Rehov ein.
Der Dokumentarfilm zeigt die Geschichte, die Kultur und den erzwungenen Auszug nahöstlicher und nordafrikanischer jüdischer Gemeinden in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Juden aus Ägypten, dem Jemen, Libyen, dem Irak und Marokko legen auf berührende Art und Weise Zeugnis ab. Der Film verknüpft persönliche Geschichten mit dramatischem dokumentarischem Filmmaterial über die Rettungsaktionen von Juden aus den arabischen Ländern. Analysen zeitgenössischer Historiker liefern den Hintergrund für den dokumentierten Rückgang der jüdischen Population in den arabischen Ländern des Nahen Ostens und Nordafrikas von einer Million im Jahre 1945 auf einige wenige Tausende heute.
Bild oben: Eine jüdische Familie im Jemen auf dem Weg zu einem Auffanglager in Aden, Foto: Zoltan Kluger
Anmerkungen:
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