Das britische Unterhaus hat am Donnerstag gegen eine Beteiligung Großbritanniens an einer Syrien-Intervention gestimmt. Damit hat Premier David Cameron eine beispiellose historische Niederlage erlitten, bemerken Kommentatoren. Sie deuten es als Sieg für die UN, dass die USA und ihre Partner wegen fehlender Beweise für einen Giftgasanschlag mit einem Militäreinsatz zögern…
The Guardian – Großbritannien
Historische Demütigung für Cameron
Nach drei Tagen hitziger Debatten hat das britische Unterhaus gegen den von der Regierung geplanten Militärschlag in Syrien gestimmt. Eine Sternstunde des britischen Parlamentarismus, freut sich die linksliberale Tageszeitung The Guardian: „Die Regierung wurde mit einer bemerkenswerten Mehrheit von 285 zu 272 Stimmen daran gehindert, einen voreiligen und törichten Angriff gegen Syrien zu starten. Das so oft verachtete Parlament hat, als es darauf ankam, seine Arbeit getan. Der große Verlierer nach diesen außergewöhnlichen 72 Stunden war David Cameron. … Mit seiner Rede vor den Abgeordneten hatte er zu Beginn der Debatte noch geglänzt. Aber es nutzte nichts, und die Demütigung ist von historischem Ausmaß. Dass ein Premier in einer derartigen Schlüsselfrage der Außenpolitik die Kontrolle verliert, stellt ein beinahe beispielloses Scheitern dar.“ (30.08.2013)
Die Presse – Österreich
Kleiner Sieg für UN
Die Briten haben ihre Lektion aus dem Irak-Krieg gelernt, meint die liberal-konservative Tageszeitung Die Presse und wertet es als Erfolg für die UN, dass die USA und ihre Partner vorerst noch nicht in Syrien angreifen: „Wohl oder übel beugte sich Premier Cameron dem Druck der Parlamentarier, mit dem Militärschlag noch zuzuwarten und dafür den Sanktus der Abgeordnetenkammer einzuholen. Zugleich arbeiteten die Geheimdienste unter Hochdruck daran, die ’smoking gun‘ zu präsentieren, die vor dem Irak-Krieg nur Nebelschwaden produzierte – den schlüssigen Beweis für den Giftgasangriff der Assad-Armee. Hochrangige US-Politiker vom Schlage eines John Kerry oder Joe Biden ließen daran zwar keinen Zweifel, doch es soll kein Funke Skepsis übrig bleiben. Darum gestanden die Alliierten den UN-Inspektoren notgedrungen mehr Zeit für ihre heikle Mission in Damaskus zu. Für UN-Generalsekretär Ban Ki-moon und sein oft zerzaustes Weltparlament ist dies ein kleiner Sieg.“ (30.08.2013)
Radikal – Türkei
Assads Schuld an Giftgasanschlag erst beweisen
Gegen die Vermutung, dass das Assad-Regime einen Giftgasanschlag verübt hat, sprechen nach Ansicht der liberalen Tageszeitung Radikal mehrere Gründe: „Obama hat die rote Linie für Syrien immer genau an einem Giftgasanschlag festgemacht. Wenn Assad also C-Waffen gegen das Volk einsetzt, würde ein Eingreifen aus dem Ausland wahrscheinlicher und es würde für Iran und Russland sehr viel schwieriger, Assad zu verteidigen. Darüber hinaus sind die Oppositionellen in vielen Gebieten Syriens zurückgedrängt und ein Großteil des Landes befindet sich unter Assads Kontrolle. … All die, die trotzdem sagen, Assad hätte C-Waffen verwendet, sollen bitte mit der Welt ihre Informationen teilen, die sie haben. Denn nur so können wir glauben, dass die Luftschläge aus humanitären Gründen verübt werden und nicht, um zwischen Assad und den Oppositionellen ein Machtgleichgewicht zu wahren oder um den Iran in die Schranken zu weisen.“ (30.08.2013)
Tvxs – Griechenland
Beide Konfliktparteien in Syrien entwaffnen
Wenn die internationale Gemeinschaft tatsächlich in Syrien eingreifen will, muss das Ziel der Intervention sein, beide Seiten zu entwaffnen, fordert die Journalistin Eleanna Ioannidou auf dem Webportal Tvxs: „Und dies kann nicht erreicht werden, indem man im Bürgerkrieg die eine Seite gegenüber der anderen Seite stärkt. Die Waffen, die sich in den Händen der beiden Gegner befinden, stammen nicht aus Syrien. Sie kommen auch aus europäischen Ländern. In diesen Tagen hat ein Konvoi mit Waffen die Türkei durchquert. Es sind Waffen, die von den Golfstaaten bezahlt werden. Es ist noch nicht zu spät dafür, dass die internationale Gemeinschaft die Tore schließt, die eine Waffenversorgung ermöglichen. … Vielleicht höre ich mich wie eine hoffnungslose Romantikerin an, wenn ich mich nach einer dynamischen europäischen Bewegung wie in Zeiten des Kalten Kriegs sehne, die darauf abzielt, beide Seiten zu entwaffnen. Diese Bewegung scheint mit der Berliner Mauer eingestürzt zu sein.“ (29.08.2013)