An einem stillen Schabbatabend hatte ich die Ehre, die Familie von Ariel Sosnov zu besuchen – einem 20-jährigen israelischen Soldaten, der am 6. November 2024 (5. Cheschwan 5785) bei einem Raketenangriff der Hisbollah auf die Grenzgemeinde Avivim im Norden Israels fiel. Es war ein Angriff mit über 50 Raketen – eine davon traf tödlich.
Von Mikheil Khachidze
Ariels Eltern, Geschwister und enge Freunde empfingen uns in ihrem Zuhause mit Herzlichkeit. Die Stimmung war getragen, aber würdevoll. Es war ein zutiefst emotionaler Besuch, geprägt von Geschichten über Mut, Liebe, Opferbereitschaft und unerschütterlichen Patriotismus.
Doch Ariel war weit mehr als ein Soldat. Er war ein Sohn Jerusalems, ein junger Mann voller Licht, Mut und Hingabe.
Ein Leben voller Sinn
Geboren am 10. Januar 2004 (15. Tevet 5764) in Jerusalem, wuchs Ariel in einer tief religiösen, warmherzigen Familie auf, in der Werte wie Menschlichkeit, Verantwortung und Einsatz für das Gute täglich gelebt wurden. Seine Eltern beschrieben ihn mir als lebensfrohen Jungen mit offenem Herzen, einem ausgeprägten Gerechtigkeitssinn und dem Wunsch, Spuren zu hinterlassen – nicht für sich, sondern für andere.
Die Bindung zu seiner Familie war innig und tief. „Er hat uns Kraft gegeben, nicht umgekehrt“, sagte sein Vater mit tränenerstickter Stimme, als wir am Schabbatabend zusammensaßen. Und obwohl der Schmerz greifbar war, spürte man auch Stolz, Glaube und Widerstandskraft.
Ariel war nicht nur in der Schule und im Elternhaus ein Vorbild, sondern auch in der Gesellschaft. Er engagierte sich bei der inklusiven Jugendorganisation Krembo Wings, wo er Kinder und Jugendliche mit Behinderung in soziale Aktivitäten einband – mit Geduld, Humor und Liebe. Für viele war er ein Freund fürs Leben.
Auch in der Bnei Akiva-Bewegung und im Jugendrat Jerusalems übernahm Ariel Verantwortung, leitete Projekte und setzte sich für andere ein. Seine Freunde nannten ihn „einen Anführer ohne Lautstärke – aber mit Herz“.

Sein Weg zur Armee war für ihn keine Frage. Er trat dem 605. Pionierbataillon der Barak-Panzerbrigade bei – einem anspruchsvollen Kampfverband. Dort wurde er rasch für seine Kameradschaft, seine Ernsthaftigkeit und seine Bereitschaft geschätzt, Verantwortung zu übernehmen.
„Er war immer der Erste, der fragte: Was braucht ihr?“, erinnert einer seiner Vorgesetzten. Für seine Freunde war er „eine Seele mit Uniform“ – mitfühlend, stark, immer da.
Ein Schabbat, der nicht vergeht
Jeden Schabbatabend – auch nach seinem Tod – kommen Ariels Freunde ins Elternhaus. Sie sitzen gemeinsam mit der Familie, erzählen Geschichten, weinen, schweigen, erinnern. Es ist ein Ritual der Verbundenheit – ein stilles Leuchten gegen das Dunkel der Trauer.
Ariel stammte aus einer religiösen jüdischen Familie. Aus Respekt vor ihren Überzeugungen verzichtete ich darauf, Fotos mit ihnen zu machen. Die wenigen Bilder, die ich aufnahm, zeigen den Eingang und den Hof des Wohngebäudes – stille Orte, die nun von tiefer Abwesenheit erfüllt sind.
Als ich mit der Familie sprach, wurde das Gespräch plötzlich von einem Raketenalarm unterbrochen. Die Huthis hatten wieder geschossen. Die Sirene war eine brutale Erinnerung: Israels Realität kennt keine Pause, nicht einmal im Schmerz.
Was bleibt
Bei der Beerdigung auf dem Nationalfriedhof am Herzl-Berg in Jerusalem kamen Hunderte zusammen: Soldaten, Jugendliche, Nachbarn, Freunde, Lehrer. Bürgermeister Moshe Lion hielt eine bewegende Ansprache: „Jerusalem hat einen seiner besten Söhne verloren. Aber sein Licht bleibt.“
Die Familie Sosnov arbeitet heute an mehreren Initiativen im Namen Ariels: Stipendien, Jugendförderung, soziale Projekte. Was ihm wichtig war, soll weiterleben – als lebendige Erinnerung, nicht als leeres Symbol.
Israel lebt weiter – auch durch junge Menschen wie Ariel, die nicht nur Grenzen verteidigen, sondern das, was uns menschlich macht: Gemeinschaft, Glaube, Hoffnung.
Sein Andenken sei ein Segen. Ehre den Helden!
Mikheil Khachidze ist ein georgischer Journalist, der seit vielen Jahren über Israel, jüdisches Leben und die Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten berichtet. Er schreibt für georgische und internationale Medien und verbindet persönliche Eindrücke mit politischer Analyse.