Zerstörte Wissenschaft und kulturelles Erbe

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Rudi und Miriam Weissenstein vor der "Zalmania", 1979, Foto: Rudi Weissenstein / CC BY-SA 4.0

In dem zwölf Tage dauernden Krieg zwischen Israel und dem Iran feuerte der Iran insgesamt 525 ballistische Raketen auf Israel. Zwischen 50 und 60 von ihnen konnten die Raketenabwehrsysteme durchbrechen. Mit tragischen Folgen. 28 Menschen starben über 3000 wurden zum Teil schwer verletzt. 15.000 Israelis haben kein Zuhause mehr, der Wiederaufbau der zerstörten Häuser wird dauern. Ganze Straßen sind Tel Aviv, Bat Jam, Ramat Aviv und Beersheva zerstört.

Von Andrea Livnat

Neben dem Soroka Krankenhaus wurden in Beersheva auch Gebäude der Ben Gurion Universität beschädigt. Dabei wurden sechs Forschungslabore komplett zerstört und damit „jahrelange Arbeit an verschiedenen Forschungsprojekten im Bereich Medizin und Biologie zunichte gemacht“, wie die Universität bekannt gab.

Auch das Weizman Institut in Rechovot wurde getroffen, hier beläuft sich der Sachschaden ersten Schätzungen nach auf ca. 500 Millionen Dollar. Schwerwiegender aber ist die Zerstörung der wissenschaftlichen Forschung, wie zum Beispiel im Bereich der Krebsbekämpfung. Dr. Tslil Ast erklärte gegenüber Ynet den Verlust: „Die wertvollste Ressource des Weizmann-Instituts sind neben dem Eigentum Proben, die jahrzehntelang in Laboren für die wissenschaftliche Forschung gelagert wurden – und nun sind sie alle verschwunden, ohne jegliche Sicherung. Es handelt sich um Proben, die von Menschen gespendet wurden, Proben, die wir von Krankenhäusern zur Erforschung von Krankheitsverläufen erhalten haben. Die Forschungsinfrastruktur wurde beschädigt; über Jahre hinweg gebaute Geräte wurden zerstört.“

Auch in Tel Aviv gab es Einschläge iranischer Raketen. Betroffen war auch ein legendäres Fotostudio, die Zalmania. Zum Glück gab es auch hier keine Verletzten, aber im Studio, das auch das Archiv seines Gründers Rudi Weissenstein beherbergt, wurden Fenster, Regale und Lager zerstört.

Rudi Weissenstein, 1910 in Iglau in Mähren geboren, kam 1936 nach Palästina, wo er Miriam Arnstein traf, die ebenfalls aus der Tschechoslowakei stammte. Sie heirateten und eröffneten gemeinsam 1940 das Pri-Or-Photo-Haus. Miriam leitete den Laden nach Rudis Tod weiter und war, bis sie im Sommer 2011 mit 98 Jahren verstarb, unermüdlich jeden Tag dort anzutreffen. Enkel Ben Peter übernahm das Geschäft. 

Weissensteins Archiv enthält über eine Million Negative, die zwischen den 1930er und 70er Jahren entstanden. Sein berühmtestes Bild: David Ben Gurion bei der Ausrufung des Staates Israel, zu der er als einziger Fotograf eingeladen war. Seine Fotos zeigen aber vor allem den Alltag und das soziale und kulturelle Leben in Tel Aviv, welches so nicht mehr existiert. Mit Nostalgie erkennt man die Strandpromenade, bevor sie von Hochhäusern gesäumt wurde, das Treiben am Gordon Pool, den Dizengoff-Platz, die erste zentrale Bushaltestelle, wesentlich gemütlicher als heute. Im Laden kann man durch Postkarten, Drucke und Fotobücher blättern und einen Teil des Original-Archivs bestaunen.

Über zehn Jahre war das Photo-Haus in einer Seitenstraße untergekommen. Der vergebliche Kampf von Miriam Weissenstein gegen den Abriss des Hauses in der Allenby Straße wird in dem großartigen Dokumentarfilm „Life in Stills“ erzählt. Doch mittlerweile ist die Zalmania wieder zurück in der Allenby und im alten neu renovierten Studio untergekommen. Jetzt heißt es wieder renovieren. Aber aufgeben ist natürlich keine Option für die Zalmania. „Wir fangen langsam und vorsichtig wieder an zu arbeiten. Ohne Fenster und Türen, mit viel Staub und Unsicherheit, aber auch viel Hoffnung“, heißt es auf Facebook.

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