„Wo ist unsere Freiheit?“

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Naama Levy auf der Kundgebung, Foto: Paulina Patimer

Das Pessach Fest, das Fest der Freiheit, steht bevor. Doch während wir kommenden Samstag um den Festtisch sitzen und der Befreiung von der Sklaverei und dem Auszug aus Ägypten gedenken sollen, sind noch immer 59 Geiseln in Gaza gefangen. 24 von ihnen sind noch am Leben. Über die Bedingungen ihrer Gefangenschaft berichteten gestern bei der Kundgebung am Platz der Entführten drei ehemalige Geiseln.

Omer Wenkert, der nach 505 Tagen in Hamas-Gefangenschaft freikam, sagte: „Ich bin vor etwa anderthalb Monaten wieder ins Leben zurückgekehrt. Aber ich bin nicht wirklich hier, nur die Hälfte von mir steht hier. Ein Teil von mir ist noch immer in einem Tunnel gefangen. Wie meine Mitheimkehrer durchlaufe auch ich derzeit eine körperliche und emotionale Rehabilitation. Ich weiß, dass meine wahre Rehabilitation erst dann eintreten wird, wenn meine geliebten Brüder Guy und Evyatar in einen Hubschrauber steigen, den Raum betreten, in dem ihre Angehörigen warten, und wieder zu Hause in Israel sein werden.“ In der Gefangenschaft wurde er unter extremen Bedingungen in einem engen Tunnel festgehalten: „505 Tage lang wurde ich ausgehungert, gedemütigt und geschlagen. Davon war ich 197 Tage allein und verlor fast den Verstand.“ Er versprach den noch verbliebenen Geiseln, dass auch sie zurückkommen, dass er nicht aufgeben werde. An die israelische Regierung gewandt bat Omer um eine Einladung ins Kabinett, damit die Entscheidungsträgern ihm dort in die Augen sehen. „Schaut nicht weg. Schaut uns an. Seht die Tränen in unseren Augen.“

Omer Wenkert, Foto: Paulina Patimer

„Während wir hier sind, erleben sie dort die Hölle! Anderthalb Jahre Folter und körperliche, geistige, psychische – und sogar sexuelle – Gewalt! Sie drohten, uns die Hände abzuhacken, wenn sie herausfänden, dass wir sie belogen oder etwas Verbotenes taten. Sie verboten uns zu weinen, uns zu umarmen und einander in Krisenmomenten zuzuhören“, so Liri Albag in ihrer Rede.

Liri mit ihren Eltern, Foto: Paulina Patimer

Liri sprach auch davon, wie es sich in den Tunneln anfühlte als der erste Deal, das Geisel-Abkommen platzte: „Ich erinnere mich an den Moment, als alles, was uns am Leben hielt, zerbrach. Wir waren sicher, dass wir nach Hause gehen würden. Wir waren sicher, dieser Albtraum wäre vorbei. Die Türen öffneten sich nicht. Und der Albtraum ging weiter. Von einem Moment auf den anderen verlor ich das Vertrauen in die Außenwelt. Das Vertrauen, dass sich jemand wirklich an uns erinnert. Das Vertrauen, dass wir jemals da rauskommen würden.“

Gadi Moses, Foto: Paulina Patimer

Auch Gadi Moses sprach vom bevorstehenden Pessachfest: „In etwa einer Woche feiern wir Pessach – das Fest der Freiheit. Dieses Jahr hat meine Freiheit eine viel tiefere Bedeutung. Nach 482 Tagen in Gefangenschaft des Islamischen Dschihad bin ich wieder frei, inmitten meiner Familie und meines Volkes. Die Kriegstrommeln hallen wieder in meinen Ohren wider. Ich war dort und habe diese Geräusche auch von der anderen Seite der Grenze gehört. Es ist schrecklich und beängstigend! Es schnürt mir die Kehle zu und lähmt die Seele. Unsere gefangenen Brüder verlieren alle Hoffnung, wenn von allen Seiten Granaten einschlagen.“

Gadi forderte ein Ende des Krieges: „Als Volk sind wir ihnen sowohl moralisch als auch in unseren Werten verpflichtet. Sie sind unsere Brüder, die als freie Bürger in einem demokratischen Staat ermordet und entführt wurden, oder Soldaten, die zur Verteidigung des Landes auszogen. Wir dürfen sie in dieser Notlage nicht im Stich lassen. Es besteht die große Gefahr, dass weitere Geiseln sterben und einige von unsere toten Geiseln verschwinden. Stoppt den Krieg und bringt sie alle sofort zurück!“

Die Mutter von Tamir Nimrodi, Herut („Freiheit“ auf Hebräisch), sagte: „Ironischerweise heiße ich Herut. Ich wurde zu einer Jahreszeit geboren, in der wir eine Reihe von Ereignissen der jüdischen Geschichte feiern, die uns als Volk geprägt haben. Als das jüdische Volk aus der Dunkelheit ins Licht trat. Pessach, Holocaust-Gedenktag, Unabhängigkeitstag. Meine Eltern dachten in ihrer Unschuld: Was könnte passender sein als ‚Herut‘? Wo ist unsere Freiheit? Wo ist meine Freiheit? Wo ist die Freiheit meines Tamir? Wo ist die Freiheit von 58 weiteren Geiseln und ihren Familien? Wo ist die Freiheit unseres Volkes? Wir sind heute Abend hier, kur vor einem weiteren Sederabend ohne unsere Kinder. Ein weiterer Feiertag ohne Freude. Nur Schmerz, Sehnsucht und tiefe Sorge um unsere Lieben.“

Bar und Maxim

Gestern veröffentlichte Hamas erneut ein Video, in dem zwei Geiseln zu sehen sind, Bar Kupershtein und Maxim Herkin. Die Familien haben die Veröffentlichung des Videos nicht autorisiert. Bar und Maxim wurden vom Nova Festival entführt. 

–> „Wenn Du ein Warum hast, dann findest Du das Wie“
Es gibt im Moment keine Aussicht auf ein weiteres Abkommen, das die verbliebenen 59 Geiseln aus Gaza nach Hause bringen wird. Die Geschichten und Schicksale der zurückgekehrten Geiseln lassen keinen Zweifel an der Dringlichkeit eines solchen Abkommens.