Die angebliche Absicht einer Antisemitismusbekämpfung dient der Trump-Regierung dazu, umfassende Eingriffe in die Unabhängigkeit der Universitäten zu legitimieren. Bisherige Fördergelder soll es nur noch bei entsprechender Unterordnung geben. Columbia gab nach, Harvard wehrt sich. Antisemitismusbekämpfung dient als Deckmantel zur Einschränkung der Wissenschaftsfreiheit. Nicht nur von Antisemitismusforschern darf man eine klare Positionierung erwarten.
Von Armin Pfahl-Traughber
Angebliche Antisemitismusbekämpfung ist gelegentlich auch ein diskursives Instrument, um politische Absichten im eigenen Machtinteresse umzusetzen. Dagegen sollten sich bewusste Gegner der Judenfeindschaft verwahren, bringt dies doch ihr Anliegen möglicherweise in Misskredit. Ein aktuelles Beispiel für einschlägige Handlungen kann man gerade in den USA ausmachen. Dort wurde eine „Taskforce zum Kampf gegen Antisemitismus“ gegründet, was aus mehreren Gründen grundsätzlich ein löbliches Unterfangen ist. Bekanntlich kam es nach dem Hamas-Massaker am 7. Oktober 2023 zu seitenverkehrten Reaktionen, erfolgten doch antisemitische Aktivitäten etwa auch an US-amerikanischen Universitäten. Dabei gab es gelegentlich ein Ineinandergreifen von israelfeindlichen und judenfeindlichen Protesten. Bloße Beschwichtigungen und inhaltliche Fehldeutungen prägten mitunter die anschließenden Reaktionen von Universitätsleitungen, was dann wiederum kritische Reaktionen mit den folgenden Rücktritten bis in höchste Spitzen hinein auslöste.
Insofern ist die Aufstellung einer Taskforce zum Thema mehr als nur verständlich. Indessen sollte eine solche Arbeitsgruppe über die nötig Expertise mit entwickeltem Unterscheidungsvermögen verfügen. Blickt man auf deren bekannt gewordene Akteure, die von der Trump-Regierung eingesetzt wurden, so entsteht nicht unbedingt ein solcher Eindruck. Bedeutsam für die Auswahl scheint weniger die Fachkompetenz und mehr die politische Orientierung gewesen zu sein. Dieser Eindruck wird durch aktuelle Handlungen bestärkt, die sich auf deren Erklärung gegenüber bekannten Universitäten beziehen. Demnach sollten Fördergelder etwa an Harvard in Milliardenhöhe eingefroren oder gestrichen werden. Aktivitäten gegen Antisemitismus auf dem Campus, so lautet eine Begründung, seien nicht mit Entschiedenheit und Konsequenzen in die Praxis umgesetzt worden. Diese Auffassung hat durchaus einen wahren Kern, dient aber hier erkennbar noch anderen Motiven – eben gegen die Unabhängigkeit der Wissenschaft gerichtet.
Dies belegen einerseits Bekundungen von Trump, andererseits Forderungen der genannten Taskforce. Als Beleg für diese Einschätzung sei zunächst auf Positionen des Präsidenten verwiesen, welche er bereits im Amt oder noch im Wahlkampf von sich gegeben hatte. Demnach sollten die „linksradikal dominierten“ und „woken“ Hochschulen besser kontrolliert werden, gebe es doch „marxistische Attacken auf unser amerikanisches Erbe“, durch eine „kommunistische Indoktrination“. Irgendwelche Belege konnte Trump nicht vorbringen. Selbst bei Anspielungen auf die mitunter überreagierenden „Woken“ lag er falsch, haben diese doch erklärtermaßen gar nichts mit Kommunismus und Marxismus zu tun. Derart platte Behauptungen trug die Taskforce nicht vor, sie präsentierte aber Forderungen in einem ähnlichen Sinne. So müssten etwa Diversitätsprogramme beendet und „amerikafeindliche“ Studierende gemeldet werden. Eine „externe“ Gruppe sollte Hochschullehrer auf „Meinungsvielfalt prüfen“, gleiches gelte für Studierende.
Bundesgelder würde es demnach nur bei Erfüllung derartiger Forderungen geben, einschlägige Kataloge gingen auch an andere renommierte Universitäten. Bereits der angedrohte Entzug der Gelder führte dort zum Nachgeben, was etwa das Beispiel der Columbia University zeigt. Demgegenüber positionierte sich Alan Garber für Harvard anders, formulierte er als deren Präsident doch folgendes Statement: „Keine Regierung – unabhängig davon, welche Partei an der Macht ist – sollte vorgeben, was private Universitäten lehren, wen sie aufnehmen und einstellen und welchen Studien- und Forschungsbereichen sie nachgehen.“ Garber, der selbst jüdischen Glaubens ist, verwies auf einschlägige Maßnahmen, die gegen die Diskriminierung von Juden an seiner Universität umgesetzt wurden. Er verwahrte sich gegen Eingriffe in die Meinungs- und Wissenschaftsfreiheit. Darüber hinaus gilt: Antisemitismusbekämpfung darf kein Deckmantel für derartige Einschränkungen sein. Nicht nur Antisemitismusforscher sollten hier eine klare Positionierung vornehmen.