Das neue Buch von Peter R. Neumann, „Die Rückkehr des Terrors. Wie uns der Dschihadismus herausfordert“, geht auf die Relevanz des gegenwärtigen dschihadistischen Terrorismus ein. Der Autor behandelt in seiner gut strukturierten und verständlichen Darstellung auch das besondere Gefahrenpotential für das jüdische Leben.
Von Armin Pfahl-Traughber
Droht eine Renaissance des dschihadistischen Terrorismus? Eine bejahende Antwort auf diese Frage formuliert in seiner neuen Monographie Peter R. Neumann aus. Dabei geht es nicht um bloßen Alarmismus bei diesem Buchautor, der als renommierter Professor für Sicherheitsstudien am King’s College London lehrt. Weit über Fachgrenzen hinaus wurde Neumann durch mediale Präsenz bekannt. Dabei ist er nicht nur ein Experte für das Fernsehen, sondern auch in der Forschung mit breiter Resonanz. Dies merkt man seinem neuen Buch „Die Rückkehr des Terrors. Wie uns der Dschihadismus herausfordert“ an. Gleichwohl wirkt die Formulierung des Titels schief. Denn von einer Abwesenheit des Terrorismus konnte schwerlich gesprochen werden, gab es in den letzten Jahren immer wieder einschlägige Taten. Gemeint wäre auch „Terrorismus“ und nicht „Terror“, gibt es dabei doch einen Unterschied, welchen offenbar um der Griffigkeit bei der Titelwahl der Verlag ignorierte. Aber all diese Details sprechen nicht gegen die Monographie.
Deren Kernaussage formuliert Neumann bereits auf der ersten Textseite aus: „Die These … ist, dass Europa am Anfang einer neuen terroristischen Welle steht, die den Kontinent noch jahrelang beschäftigen wird“ (S. 7). Der Autor knüpft damit an eine von David C. Rapoport für die Terrorismusforschung präsentierte Wellentheorie an, wonach einschlägige Akteure immer einen bestimmten Entwicklungsprozess durchmachen würden. Mitunter besteht bei manchen Forschern die Gefahr, die jeweiligen Ereignisse ein wenig in diese Modell hineinzuzwingen. Der Autor entgeht einem derartigen Dogmatismus, spricht er doch von der Existenz von „Miniwellen“ (S. 16). Bevor er aber auf die gegenwärtige Entwicklung eingeht, wird von Neumann die Vorgeschichte thematisiert. Dabei erinnert der Autor noch einmal an die ideologische Prägung, aber auch an die strategische Neuorientierung gegen den Westen. Dies geschieht in gut verständlicher Form und mit klarer Gliederungsstruktur, was auch dem Buch in den anderen Kapiteln eigen ist.
Die dortigen Darstellungen und Erörterungen sind dabei auf drei Gruppen bezogen, welche die selbsternannte „Achse des Widerstandes“ bilden würden: „die ambitionierten und zum Teil hochprofessionellen Terroristen des Islamischen Staates Khorasan (ISPK), die sehr jungen, hauptsächlich im Internet radikalisierten ‚TikTok-Dschihadisten‘ und den staatlich gesponserten Terrorismus der iranischen Revolutionsgraden sowie ihrer Partner“ (S. 8). Der Autor unterstellt dabei keinen homogenen Block, müsste doch von einer jeweiligen Autonomie auch mit diversen Differenzen ausgegangen werden. Gleichwohl bestehe für eben diese Akteure ein neuer „Kristallisationspunkt“, nämlich die Ereignisse vom 7. Oktober 2023. Für Neumann beziehen sich darauf gegenwärtig die genannten Terroristen mehr oder minder stark. Dabei blickt der Autor über dieses engere Feld hinaus, thematisiert er doch ebenso die israelfeindlichen Handlungen in der westlichen Linken, die etwa mit unhaltbaren „Genozid“-Behauptungen einschlägige Stimmungen öffentlich verschärften.
Auch die Bedrohung des jüdischen Lebens ist dabei für Neumann ein wichtiges Thema. Berechtigt verweist er auf den Anstieg antisemitischer Taten, der seinerzeit noch vor den ersten Gegenreaktionen der israelischen Regierung einsetzte. Darüber hinaus wird das Ineinandergreifen unterschiedlicher Prozesse thematisiert, etwa das des Dschihadismus und des Rechtsterrorismus. Hier hätte das für beide Akteure gegenseitige Interesse noch stärker hervorgehoben werden können, denn dazu gibt es einschlägige Bekundungen in Strategiepapieren. Das Buch endet mit einer präventiven Diskussion möglicher Gegenargumente und Grundsätzen für eine Strategie gegen diesen Terrorismus. Man mag die Allgemeinheit der letztgenannten Aussagen kritisieren, aber eine ausführliche Darstellung würde nicht zum Kernthema passen. Bilanzierend hat man es mit einer überaus gelungenen Darstellung und Einordnung zu tun. Der Autor macht mit dem Buch außerdem deutlich, dass man wichtige Botschaften in diesem Feld gut strukturiert und verständlich vermitteln kann.
Peter R. Neumann, Die Rückkehr des Terrors. Wie uns der Dschihadismus herausfordert, Berlin 2024 (Rowohlt Berlin), 176 S., Euro 22,00, Bestellen?