Wolfram Kastner gibt nicht auf. Der Künstler hatte mit einer Aktion auf einen Skandal aufmerksam gemacht. Auf der Fraueninsel im Chiemsee wird mit einem Grabkreuz einem NS-Kriegsverbrecher erinnert. Kastner hatte das Grab Alfred Jodls mit blutroter Farbe markiert. Daraufhin wurde er zur Zahlung von Schadensersatz verklagt und zog vor das Bundesverfassungsgericht. Auch dort kassierte er eine Niederlage.
Nun gab er in einer Pressemeldung Folgendes bekannt:
„Strafanzeige gegen drei Richter am Bundesverfassungsgericht wegen Rechtsbeugung §339 StGB
Nach gründlicher Beratung mit meinem Anwalt Jürgen Arnold habe ich gegen drei Richter des 1. Senats des Bundesverfassungsgerichts (Andreas Paulus, Andreas Christ und Ines Härtel) eine Strafanzeige wegen Rechtsbeugung bei der zuständigen Staatsanwaltschaft Karlsruhe eingereicht.
Wer einem Richter Rechtsbeugung vorwirft muss sich dies genauestens überlegen und wer Richter unseres höchsten Verfassungsorgans der Justiz, dem Bundesverfassungsgericht, anzeigt, muss sich dies noch genauer überlegen. Das habe ich getan und mich dabei gründlich beraten lassen.
Die angezeigten Richter haben in formeller wie materieller Weise sich so weit von Recht und Ordnung entfernt, dass man ihnen „elementare Rechtsverstöße und offensichtliche Willkürakte“ vorwerfen muss (so die Definition des Bundesgerichtshofes für eine Rechtsbeugung). Die Anzeige ist daher auch zur Wahrung des guten Rufes des 1. Senates des Bundesverfassungsgerichtes geboten, dem die angezeigten Richter in ihrer 2. Kammer angehören.
Es kann nicht hingenommen, wenn Richter, wie die angezeigten drei, in einer 9seitigen Begründung zu ihrer Ablehnung, eine Entscheidung über eine Verfassungsbeschwerde zu treffen,
- den Streitgegenstand (Scheingrab, Kenotaph, Ehrenkreuz für den Hauptkriegsverbrecher Jodl) systematisch falsch benennen und damit von erkennbar falschen Voraussetzungen ausgehen,
- die Befassung mit einer deshalb notwendigen und in anderen Fällen als zulässig erklärten Gegenvorstellung willkürlich ablehnen und
- die in Artikel 5 des Grundgesetzes garantierte Freiheit der Kunst willkürlich einschränken und damit auch gegen Art. 1 GG verstoßen
Willkürlich haben sich die drei angezeigten Richter u.a. von der Rechtsprechung des 1. Senates zur Kunstfreiheit, entfernt. Kunst müsse „interpretationsoffen“ sein und dürfe keine „abgeschlossene Aussage“ enthalten Die objektive Ungeheuerlichkeit, die in der öffentlichen Verehrung eines Massenmörders auf einem Friedhof, ist den drei Richtern nicht bewusst geworden oder sie sehen diesen Mörder in anderem Licht. So reduzieren sie die Provokation durch das Nazidenkmal auf meine höchst individuelle Sicht, für sie ist die Schande eines Naziehrenmales 75 Jahre nach der Befreiung vom Unrechtsregime nur ein „subjektiv als unerträglich empfundener“ Missstand. Dabei ist die Einschätzung eines Massenmörders eben nicht „interpretationsoffen“. Aufgabe wäre es für die drei Verfassungsrichter gewesen, entsprechend der in Jahrzehnten gewachsenen Rechtsprechung, zwei Grundrechte, das auf Eigentum und das der Kunstfreiheit sorgfältig gegeneinander abzuwägen. Für die angezeigten drei Richter ist die „Sachsubstanz“ eines Ehrenmales für einen Massenmörder und seine „Nutzbarkeit“ schützenswerter als seine künstlerische Umgestaltung zu einem Mahnmal eines Nazimörders. Durch die blutrote Umgestaltung eines Schandmals wurde auf einen objektiv bestehenden Missstand hingewiesen.
Gerade weil das Bundesverfassungsgericht hohe Anerkennung verdient, halte ich meine Anzeige für geboten, da hier die drei Richter eine vorkonstitionelle Entscheidung getroffen haben, d.h. eine Entscheidung, als ob es keine freiheitliche Verfassung gäbe. Eine solche Gesinnung aber hat im höchsten Verfassungsorgan der Justiz nichts zu suchen.
Wolfram Kastner + Jürgen Arnold
München, 14.01.2022