Stilles Gedenken an den Überfall auf Kreta vor 80 Jahren

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Vor 80 Jahren, am 20. Mai 1941, begann die „Operation Merkur“:  Die Wehrmacht des nationalsozialistischen Deutschland, vor allem Fallschirmjäger und auch Gebirgsjäger aus Reichenhall überfielen die griechische Insel Kreta. Mit dieser großen Luftlandeoperation sollte nach dem Krieg gegen Griechenland auch Kreta besetzt werden…

Von Rainer Thiemann, VVN-BdA Traunstein

Der Traunsteiner Kreisverband der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der AntifaschistInnen machte mit einem kleinen spontanen Gedenken an der Reichenhaller Kreta-Brücke auf dieses besondere Datum aufmerksam. Ursprünglich war eine größere öffentliche Gedenkfeier geplant, die aber Corona-bedingt heuer nicht durchgeführt werden konnte. Im Mittelpunkt stand die Erinnerung an die vielen griechischen Frauen, Männer und Kinder der Bevölkerung Kretas, welche Opfer der deutschen Kriegsführung geworden sind.

In einer kurzen Ansprache ging die VVN-BdA auch auf Hintergründe des damaligen Geschehens ein.

Für die Nazi- und Wehrmachtsführung stand seit längerem der Überfall auf die Sowjetunion, der dann am 22. Juni begann, im Mittelpunkt aller Überlegungen. Mit einer geschlossenen Südflanke sollte dies abgesichert und überdies verhindert werden, dass die britische Luftwaffe rumänische Erdölfelder angreifen konnte. Deshalb war auch vorher der gesamte Balkan mit Krieg überzogen worden; mit der Eroberung Kretas sollte das zu Ende geführt werden, um anschließend ungestört die Sowjetunion angreifen zu können.

Griechische Truppen, die kretische Bevölkerung und britische, australische und neuseeländische Truppen leisteten erbitterten Widerstand und kämpften zur Überraschung der deutschen Militärführung mit  hohen Eigenverlusten, obwohl sie keinerlei Luftunterstützung hatten und die Vorteile der Briten auf See bei dieser Auseinandersetzung keine Rolle spielte.

Tausende von deutschen Soldaten, von denen viele der Nazipropaganda folgten und glaubten, man müsse Tausende von Kilometer entfernt von den Grenzen Deutschlands die „Heimat“ verteidigen, verloren dabei ihr Leben, unter ihnen auch bis zu 300 Reichenhaller Gebirgsjäger.

Die Schlacht um Kreta hat eine unmenschliche Besatzungspolitik eingeleitet, die bis heute oftmals verschwiegen oder verharmlost wird.

Schon die ersten vier Wochen der „Schlacht um Kreta“ hatten das klar gemacht.

Nachdem die Nazi-Wehrmacht in Dörfern, in denen besonders heftiger Widerstand durch Einheimische geleistet wurde, eigenmächtig willkürlich Teile der Bevölkerung erschossen hatte, erließ General Kurt Student am 31. Mai einen Befehl über sog. „Vergeltungsmaßnahmen“, womit alle bisherigen Untaten nachträglich gerechtfertigt und weitere Strafmassnahmen unter der Zivilbevölkerung gefordert wurden unter „Beiseiteschieben aller Formalien und unter bewusster Ausschaltung besonderer Gerichte“. Das war ein Freibrief für eine unmenschliche Tragödie:

In den ersten 30 Tagen wurden mindesten 2000 Kreter erschossen, gehängt, verbrannt und ertränkt.

Erschießung von Zivilisten in Kondomari, Foto: Bundesarchiv, Bild 101I-166-0525-30 / Weixler, Franz Peter / CC-BY-SA 3.0

Nach dem Krieg wurden 3474 hingerichtete Männer, Frauen und Kinder gezählt, nicht eingeschlossen die zivilen Opfer und die Zerstörung ganzer Dörfer durch Artilleriebeschuss.

Die deutsche Besatzung etablierte in der Folgezeit systematischen Zwangsarbeit für die gesamte Bevölkerung, Sippenhaft und Geiselnahmen, Verschleppungen, willkürliche Massenhinrichtungen, Zerstörung der Infrastruktur und schließlich die Vernichtung der jüdischen Einwohner Kretas.

Das stille Gedenken der VVN-BdA war all den griechischen Opfern Kretas gewidmet. Erinnert wurde aber auch an den sinnlosen Tod der deutschen Soldaten und der Reichenhaller Gebirgsjäger, die in diesen mörderischen Vernichtungskrieg gehetzt und dessen Werkzeug wurden. Am Geländer der Kretabrücke wurde eine kleine privisorische Tafel mit Blumen angebracht. Sie sollte als Friedensbrücke verstanden werden, die Krieg und Gewalt verurteilt und zur Völkerverständigung und weltweiter Abrüstung mahnt.

Foto: (c) Friedbert Mühldorfer, VVN-BdA Traunstein

„Was für eine Luftnummer!“
Das Unternehmen Merkur vom Mai 1941, die neu-rechte Bagatellisierung desselben, aber auch Sönke Neitzels aktuell viel beklagter (Fallschirmjäger-) Bellizismus. Kriegerische Anmerkungen eines Pazifisten zum durch eine Bundeswehr-Ausstellung in Dresden in Erinnerung gebrachten 80. „Kreta-Tag“…