Nachruf auf Arik Einstein: Made in Israel

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Arik Einstein war Israels Antwort auf Frank Sinatra. Am Dienstag verstarb der Sänger unerwartet im Alter von 74 Jahren…

Arik Einstein

Christa Roth

Ausgerechnet Staatschef Benjamin Netanjahu fand die richtigen Worte. „Die Lieder, die er schrieb und sang, sind der Soundtrack des Staates Israel.“ Besser lässt sich nicht beschreiben, welche Bedeutung Arik Einstein für Israels Kultur hatte. „Wir alle wuchsen mit seinen Liedern auf“, sagte Netanjahu. Einstein, das war nicht einfach nur ein begabter und sehr erfolgreicher Sänger. Einstein war die Stimme Israels. Seine Lieder bewegten mehrere Generationen und machten ihn zu einer Ikone der Musikgeschichte.

Am Rabin-Platz in Tel Aviv versammelten sich am Mittwochvormittag Tausende, um Einstein die letzte Ehre zu erweisen, während sein Sarg vor der Menge aufgebahrt war. (iba.org.il)

Einsteins Werk hat das Leben vieler Israelis musikalisch begleitet. Seine Musik ist die Musik, die man im Auto gehört hat, am Strand, in den Armeestützpunkten oder Ferienlagern. Seine Lieder spendeten Trost in den Tagen nach einem Terroranschlag oder in den grauen Stunden nach dem Mord an Premierminister Yitzak Rabin 1995. Einstein, sagen viele, hat überhaupt erst definiert, was es heißt, Israeli zu sein.

Seine Karriere begann der in Tel Aviv geborene Einstein in der Gesangsgruppe der israelischen Armee. 1960 wurde er durch Hits wie „Ich und Du“ (Ani WeAta) berühmt. „Ich und du werden die Welt verändern“, sang er und erklärte: „Das natürliche Bedürfnis jeder heranwachsenden Generation  ist doch, die Welt ein bisschen besser zu machen. In meinen Augen gelingt das nicht mit Fahnen und Revolutionen, sondern mit dir und mir. Solange wir zusammen sind, ist alles besser.“ Nach zahlreichen Zwischenspielen in mehreren Bands, gründete er  1966 mit Shmulik Kraus und Josie Katz das Trio „Die hohen Fenster“ (Hahalonot HaGvohim) und legte mit dem gleichnamigen Album auch den Grundstein der israelischen Rock- und Popmusik.

Anfang der 80er Jahre entschied sich Einstein, nicht mehr live aufzutreten. „Ich bin im Alter von 18 Jahren aufgetreten bis ich 42 war… und ich war nicht gerade eine Rampensau“, erklärte Einstein damals seinen Rückzug. „Mit den Jahren ist meine Verlegenheit gewachsen. Dabei wünschte ich, ich könnte einfach ein Mikro in die Hand nehmen und wie Sinatra zu singen anfangen.“

Im Studio blühte Einstein dagegen auf. Noch 2007 nahm er – mittlerweile 68-jährig – sein 45. Album auf. Doch Einstein war nicht nur Sänger und Songwriter, sondern auch Schauspieler – und spätestens seit dem Film „Voyeure“ (Metzizim) 1972 Kult.

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Seinen Beruf nannte Einstein ein Minenfeld – mit dem Erfolg käme eine Form von Berühmtheit und Bewunderung, mit der er nichts anfange könne. „Es ist schön, gemocht zu werden. Aber das reicht dann auch.“ Wie sehr Einstein gemocht wurde, zeigt sich daran, dass seine Fans noch drei Jahrzehnte nach dem Ende seiner Bühnenkarriere eine Kampagne starteten, um ihn wieder zu einem Live-Auftritt zu bewegen. Unter dem Namen „Arik, vielleicht trittst du wieder auf?“ veröffentlichten im Netz über 50 Fans Videobotschaften an Einstein. Doch es half nichts. „Ich bin gern daheim“, sang Einstein. Übel nahm ihm das keiner. Im Gegenteil. 2010 war Einstein der am meist gespielte Künstler im israelischen Radio. Als Gilad Shalit ein Jahr später frei kam, wünschte er sich von Einstein „Wie gut, dass du wieder da bist“.

An diesem Dienstag ist Einstein im Alter von 74 Jahren unerwartet verstorben. Er sei im Haus in Tel Aviv zusammengebrochen, berichtete die Zeitung „Haaretz“. Im Krankenhaus konnte nur noch sein Tod festgestellt worden. Gestorben ist Einstein infolge einer geplatzten Hauptschlagader am Herzen, sagten die Ärzte.

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Allein in seiner Heimatstadt Tel Aviv versammelten sich am Mittwochvormittag Tausende auf dem Rabin-Platz, um Einstein die letzte Ehre zu erweisen, während sein Sarg vor der Menge aufgebahrt war. Zu seiner Beerdigung wenige Stunden später kamen Einsteins Familie sowie Hunderte Freunde zusammen.
Einer davon, der Rabbiner Uri Zohar, ein ehemaliger Schauspieler und Vater von Einsteins Schwiegersohn, sagte unter Tränen:
Autorin„Du hast immer nur das Gute gewollt, das Schlechte auch nur zu verstehen, hast du nicht ertragen. Arik, du warst ein Einzelkind, aber dein ganzes Leben über hast du Brüder und Schwestern um dich geschart. Das israelische Volk liebt dich.“

Die Autorin Christa Maria Roth: Im Tschernobyl-Jahr geboren. Im Jahr der Wiedervereinigung nach Deutschland gekommen. Im Ländle aufgewachsen. Die Provinz hinter mir gelassen, um in Berlin Politik zu studieren, mich in Israel zu verlieben und in Hamburg endgültig dem Journalismus zu erliegen…