Im Champions-League-Finale im Londoner Wembley-Stadion hat der FC Bayern am Samstag Borussia Dortmund besiegt. Das rein deutsche Finale steht symbolisch für die Vormachtstellung Deutschlands, betont der Schriftsteller Jurica Pavičić in der liberalen Tageszeitung Jutarnji List: „Innerhalb Europas ist Deutschland wirtschaftlich erfolgreich im Gegensatz zum bankrotten Süden…
Jutarnji List – Kroatien
Deutsche Macht-Metapher im Wembley-Stadion
Die Geschichte der ‚Nordlichter‘ und der ‚Südländer‘ wiederholt sich mit verblüffender Ähnlichkeit in Politik, Wirtschaft und Fußball. Liegen die südlichen Vereine darnieder, weil die Fans aufgrund der Krise dort weniger Karten kaufen? Platzte im Fußball die Blase ähnlich wie auf dem Immobilienmarkt? … Vom kulturellen Standpunkt aus war das rein deutsche Finale in Wembley eine Metapher, so wie der Fußball oft eine Metapher ist. Es war eine Demonstration der neuen europäischen Landkarte mit dem neuen Machtzentrum – unberührbar und mächtig, eine Insel des Erfolgs in einem Meer voller Ertrinkender.“ (27.05.2013)
Novi List – Kroatien
EU ist schuld an Krise in Kroatien
Gut einen Monat vor Kroatiens EU-Beitritt am 1. Juli wird die Kritik an dem neuen Mitglied in der Gemeinschaft lauter. So fragte die deutsche Boulevardzeitung Bild vor einigen Tagen, ob das Land „das nächste Milliardengrab“ wird. Dabei ist die EU selbst verantwortlich für die Wirtschaftskrise in Kroatien, schlägt die linksliberale Tageszeitung Novi List zurück:
„Kroatien hat alle Auflagen für den EU-Beitritt erfüllt. Auf diesem triumphalen Weg ist das Land in eine nahezu unlösbare Depression gestürzt. Ist es da nicht eine logische Schlussfolgerung, dass der Grund für diese Depression gerade darin liegt, dass auch die anspruchsvollsten Bedingungen der Union und ihrer einflussreichsten Mitglieder erfüllt wurden? … Kroatien schrieb brav EU-Gesetze ab und stellte alle in der EU zufrieden, die unsere besten Firmen, Banken und Grundstücke aufkauften. Damals war aus dem Westen noch kein Jammern und Klagen darüber zu vernehmen, dass Kroatien in eine langanhaltende Depression stürzt, denn schließlich erfüllte es all diese okkupatorischen EU-Forderungen.“ (28.05.2013)
De Volkskrant – Niederlande
Merkel bei Preis-Dumping auf Chinas Seite
Deutschland und China haben beim Besuch des chinesischen Premiers Li in Berlin die guten Handelsbeziehungen beider Länder betont. Bundeskanzlerin Angela Merkel verliert die Handelsinteressen der EU aus den Augen, warnt die linksliberale Tageszeitung De Volkskrant:
„Wenn EU-Kommissar De Gucht bei den Verhandlungen mit China [über die Subventionen von Solarmodulen] eine Chance haben will, muss er maximalen Druck ausüben können. Da ist es nicht hilfreich, wenn EU-Länder von vornherein rufen, dass das alles nicht so schnell gehen muss. Genau das aber war Merkels Signal. Sie schielte damit zweifellos mit einem Auge auf ungestörte deutsch-chinesische Beziehungen im Wahljahr. Dass die deutsche Wirtschaft im Vergleich zur Wirtschaft der EU so außergewöhnlich gut läuft, ist in nicht geringem Maße China zu verdanken. Und Merkel will, dass das so bleibt. … De Gucht aber will beweisen, dass die EU Grenzen setzt, wenn es ums Preis-Dumping geht. Die Mitgliedstaaten sollten hier ihr gemeinsames Interesse unterstreichen.“ (28.05.2013)
La Repubblica – Italien
Der kalte Wind der Gegenreformation in Spanien
Die konservative spanische Regierung lässt das Mausoleum des Ex-Diktators Franco, Valle de los Caídos, renovieren und hat Mitte Mai den entsprechenden Auftrag in Höhe von knapp 300.000 Euro ausgeschrieben. Spanien erlebt eine Restauration, bedauert die linksliberale Tageszeitung La Repubblica:
„Der Wind der Gegenreformation, der durch die Volkspartei von Rajoy weht, war bereits zu spüren, als der Vorschlag abgelehnt wurde, den 18. Juli zum Tag der Verurteilung der Franco-Diktatur zu ernennen. … Der Tag des Franco-Putsches und des Beginns des Bürgerkriegs sollte, so der Vorschlag der Sozialisten, zum Gedenktag werden und jede Form von politischer Gewalt und Diktatur verurteilen. Doch die Konservativen setzten sich durch. Und nun finden sich sogar in einem Land mit leeren Staatskassen die Gelder zur Restaurierung dessen, was halb Spanien als eine Schändung des Gedenkens an die Besiegten des Bürgerkriegs erachtet.“ (28.05.2013)
Protagon – Griechenland
Griechen nicht reif für Antirassismus-Gesetz
In Griechenland haben sich die Chefs der drei Regierungsparteien nicht auf ein neues Antirassismus-Gesetz geeinigt. Den entschiedensten Widerstand dagegen leistet Nea Demokratia, die Partei des konservativen Premiers Antonis Samaras. Nach Ansicht des Webportal Protagon ist die griechische Gesellschaft ohnehin nicht dazu bereit: „Egal, ob über solch eine Gesetzesnovelle abgestimmt wird oder nicht, die Gesellschaft würde es kaum mitbekommen. Sie wird zutiefst konservativ bleiben, selektiv tolerant, oft fremdenfeindlich, und sie wird nicht in der Lage sein, darüber eine Debatte zu führen. Und dennoch wäre ein solches Gesetz ein wichtiges Signal. … Eine gute Idee wäre es, vor allem an Schulen Kurse oder Konferenzen gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit einzuführen, die Toleranz und Vielfalt fördern. Nur wer wagt es, den tadellosen ‚Durchschnittsgriechen‘ und seine Kinder mit so etwas zu belasten?“ (28.05.2013)
Milliyet – Türkei
Türkisches Alkoholgesetz ist Scharia light
Das türkische Parlament hat am Freitag ein Gesetz verabschiedet, das den Konsum von Alkohol und die Werbung dafür stark einschränkt. Die Regierung will damit nach eigenen Angaben die Jugend und die Gesundheit der Bevölkerung schützen. Die liberale Tageszeitung Milliyet argumentiert, dass vielmehr religiöse Erwägungen eine Rolle spielen:
„Die Antwort auf die Frage, ob politischer Islam mit der Demokratie vereinbar ist, muss nach dieser jüngsten Entwicklung leider ’nein‘ lauten. … Wir hätten nicht einmal warten müssen, bis die [Regierungspartei] AKP das Alkoholverbot mit einer offen religiösen Begründung einführt, um ’nein‘ zu antworten. … Die Einführung des Alkoholverbots lässt sich kaum damit begründen, die Gesundheit der Bevölkerung schützen zu wollen, nicht angesichts der statistischen Daten [der durchschnittliche Alkoholkonsum ist zehnmal geringer als in vielen europäischen Ländern]. … Der ‚moderate politische Islam‘, der vollkommen seine demokratische Berufung verloren hat, wird uns so in Richtung ‚moderate Scharia‘ führen.“ (28.05.2013)