Wahlen in Prag: Zeman wird Tschechiens neuer Präsident

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Der linke Ex-Premier Miloš Zeman hat die Präsidentenwahl in Tschechien gewonnen. In der Stichwahl am Freitag und Samstag setzte er sich gegen den konservativen Außenminister Karel Schwarzenberg durch. Kommentatoren führen die Niederlage Schwarzenbergs auf die nationalistische Kampagne seiner Gegner zurück und versprechen sich vom künftigen Präsidenten zumindest mehr als von Amtsinhaber Václav Klaus…

Sme – Slowakei
Soziale Sicherheit und Angst vor den Deutschen

Die Gründe für den Sieg von Miloš Zeman bei den tschechischen Präsidentenwahlen lassen sich in zwei Punkten zusammenfassen, rekapituliert die liberale Tageszeitung Sme:

„Die Mehrheit der tschechischen Gesellschaft lebt bis heute in der Illusion, dass es möglich ist, die soziale Sicherheit vergangener Zeiten zu bewahren. Jene soziale Sicherheit, die auf einem ineffektiven Staat beruhte, auf einer ineffektiven Sozialpolitik und einem ineffektiven Rentensystem, auf einem Leben auf Pump. …
Der andere bedeutende Teil der Zeman-Wähler ist nationalistisch und fremdenfeindlich. Jede dritte tschechische Familie hat sich in sozialistischen Zeiten zu einem Spottpreis ein Häuschen angeschafft, zumeist im Grenzgebiet, genau dort, wo die Deutschen nach dem Krieg unfreiwillig gegangen waren. Zeman gewann bei denen, weil er sich hinstellte als der, der diese Häuschen beschützen werde. Im Gegensatz zu seinem Widersacher, der diese Häuschen angeblich den Deutschen zurückgeben wollte. Die Masse hat Zeman geglaubt, obwohl eine angeblich drohende Rückgabe völliger Unsinn ist.“ (28.01.2013) slowakisch

Lidové noviny – Tschechien
Antideutsche Ressentiments funktionieren immer

Zum Sieg des früheren linken Premiers Miloš Zeman über den konservativen Außenminister Karel Schwarzenberg hat wesentlich der amtierende Präsident Václav Klaus beigetragen, konstatiert die konservative Tageszeitung Lidové noviny. Denn der habe Schwarzenbergs Kritik an den Beneš-Dekreten populistisch ausgeschlachtet:

„Klaus kennt seine Pappenheimer und weiß, was sich in Tschechien auszahlt. Misstrauen gegenüber Ausländern, und besonders die Antipathie gegenüber Deutschen, funktionieren so sicher wie der Nerv in einem löchrigen Zahn. Das Schreckgespenst Beneš-Dekrete, die Verbindung eines nicht existierenden sudetendeutschen Problems womit auch immer, mit dem Präsidentenamt oder dem Lissabon-Vertrag, entfalteten ihre Wirkung. Freilich, nach der Schlacht ist jeder General.
Das Team von Karel Schwarzenberg hätte die Gefahr ahnen müssen. Es hätte ihm davon abraten müssen, in einer Debatte zu sagen, dass Beneš aus heutiger Sicht vor das Tribunal in Den Haag gehören würde. Vielleicht wäre die Wahl trotzdem ähnlich ausgegangen, aber dann nicht mit so einem deutlichen Vorsprung für Zeman.“ (28.01.2013) tschechisch

Die Presse – Österreich
Nationale Gespenster waren Zemans Wahlhelfer

Miloš Zemans Herausforderer Karel Schwarzenberg hat sich vor der Wahl kritisch zu den Beneš-Dekreten geäußert, was Zeman populistisch ausnutzte. Er sprach Schwarzenberg das Recht ab, Staatsoberhaupt zu werden, denn dieser rede wie ein sudetendeutscher Funktionär. Die liberal-konservative Tageszeitung Die Presse ist entsetzt über diese üble Schmutzkampagne:

„Schwarzenberg, 1948 als Bub aus Prag vertrieben, hat sich wie kaum ein anderer um das Land verdient gemacht; erst als Unterstützer der Opposition vom Exil aus, dann nach der Wende als Ratgeber Havels, später als höchst anerkannter Chefdiplomat Tschechiens.
Man mag Trost daraus ziehen, wie viele Stimmen der weltoffene und mutige 75-Jährige auf sich vereinigen konnte, obwohl er dieser Schlammflut ausgesetzt war. Niederschmetternd jedoch bleibt, wie leicht im Jahr 2013 alte nationale Gespenster aus dem Schrank geholt und erfolgreich als Wahlhelfer eingesetzt werden können.“ (27.01.2013) deutsch

Jyllands-Posten – Dänemark
Zeman immerhin besser als Klaus

Miloš Zeman ist aus europäischer Sicht nicht die beste Wahl, doch er ist immer noch besser als sein Vorgänger, tröstet sich die rechtsliberale Tageszeitung Jyllands-Posten:

„Das Volk hat gesprochen, und jetzt muss man nach vorne blicken. Das Gute am Machtwechsel ist, dass der jetzige Inhaber des Präsidentenamts, Vaclav Klaus, bald weg ist. Klaus hat die Aufmerksamkeit mit ulkigen Aussagen über die EU, das Klimaproblem und Homosexuelle auf sich gezogen. Er war gegen die Union, obwohl er als Premier Tschechien dorthin geführt hat, der Klimawandel war für ihn stets Hysterie, und er war der Meinung, dass Homosexuelle rechtlich nicht gleichgestellt werden sollten.
Seine Positionen waren in einer Demokratie legitim, doch als Präsident hat er sich mehr Feinde als Freunde gemacht, was nicht Aufgabe eines Präsidenten sein kann. Und im Ausland wurde er als so ungehobelt angesehen, dass zwischen den einzelnen Einladungen ins Ausland viel Zeit vergangen ist.“ (28.01.2013) dänisch