Teheran: Weitere geheime Emails von Assad

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Iran hat versprochen, mit einer Milliarde Dollar dem Regime in Syrien zu helfen, internationale Sanktionen zu umgehen und den Einnahmeverlust durch das Ölembargo zu überwinden. Das geht aus Geheimdokumenten hervor, die saudische Hacker aus geknackten syrischen Email-Konten heruntergeladen und an die israelische Zeitung Haaretz weitergeleitet haben…

von Ulrich W. Sahm, Jerusalem, 13. Februar 2012

Eines der Email-Fächer gehörte Mansour Azzam, Minister für Angelegenheiten des syrischen Präsidenten. Haaretz veröffentlichte zwei von Azzam unterzeichnete arabische Dokumente.
Ein Brief von Anfang Dezember, auf dem Höhepunkt der syrischen Massaker an der Bevölkerung, beschreibt den Besuch einer iranischen Delegation in Damaskus. Die Dokumente seien in „einer doppeldeutigen Sprache“, so Haaretz“, verfasst und beschreiben den syrischen Wunsch, „von den iranischen Erfahrungen zu lernen“. Die USA, Türkei und Staaten der arabischen Liga hatten harte Sanktionen gegen Syrien verhängt, Kontakte mit der syrischen Staatsbank abgebrochen und Flüge nach Damaskus unterbunden.

To read the original document in Arabic, click here Am 8. Dezember 2011 schickte Azzam ein “Memo” an Präsident Assad und andere führende Syrer zu dem Besuch der Iraner, darunter zehn Mitglieder des Amtes von Präsident Mahmoud Ahmadinedschad und Repräsentanten der iranischen Zentralbank.

Aus dem internen Rundschreiben geht hervor, dass Iran eine Milliarde Dollar bereitgestellt habe, um Produkte wie Fleisch, Hühner und Olivenöl einzukaufen. Gleichzeitig sei Iran bereit, Dünger und Rohmaterial für die petrochemische Industrie Syriens mit günstigem Kredit zu verkaufen. Die Iraner wollten prüfen, ein Jahr lang 150.000 Barrel Öl täglich von Syrien aufzukaufen „zwecks Eigenverbrauch oder zum Weiterverkauf“, um Syrien zu helfen, das von der EU verhängte Ölembargo zu umgehen. Im Tausch dafür wolle Iran wegen der Sanktionen schwer erhältliche Ersatzteile für Syriens Ölindustrie liefern.

Weil die Türkei ihren Luftraum für syrische Flugzeuge gesperrt hat und die Syrer in den wenigsten europäischen oder arabischen Ländern landen dürfen, wurde besprochen, im Iran einen Umsteigeflughafen für syrische Maschinen einzurichten. Dort sollten die Flugzeuge auch gewartet werden. Ebenso hätte Iran den Syrern einen „Luft-Boden-Korridor“ für Warenverkehr angeboten, um die Türkei zu umgehen.

Diskutiert wurde auch die Einrichtung einer gemeinsamen Bank für den Transfer von Geldern über Russland und China. Beide Länder haben sich dem Embargo gegen Syrien nicht angeschlossen. Wörtlich heißt es in dem Schreiben: „Iran versprach, sein know-how zu Möglichkeiten von Geldüberweisungen von einem Land ins andere zu vermitteln, entsprechend der von Iran gesammelten Erfahrungen.“

Der ausgefallene Clinton-Besuch in Damaskus

Im Sommer 2009 hatte der ehemalige US-Botschafter Martin Indyk in Issrael versucht, die unter Präsident Bush „eingefrorenen“ Beziehungen zwischen den USA und Syrien „aufzutauen“. Das geht aus einem teilweise peinlichen Briefwechsel per Email zwischen Indyk und Bouthaina Shaaban, der Medienberaterin des syrischen Präsidenten Baschar Assad, hervor. Der Schriftwechsel stammt auch aus den von saudischen Hackern geknackt syrischen Email-Konten.

Im Rahmen der Bemühungen des damals frisch gewählten Präsidenten Barack Obama, die schlechten Beziehungen zur arabischen Welt zu verbessern, schlug Indyk den Besuch einer hochrangigen amerikanischen Delegation mit Ex-Präsident „William“ (Bill) Clinton an der Spitze in Damaskus vor. Der Besuch mitsamt einer „Audienz“ bei Präsident Assad sollte im November 2009 stattfinden, unmittelbar nach einer Konferenz des „Saban-Forums“ in Jerusalem.

Die Syrer waren zunächst begeistert. Doch nach mehreren Wochen und weiterem Austausch von Emails zwischen MINDYK@brookings.edu und b.shaaban@mopa.gov.sy erhielt Indyk eine Absage von Clinton wegen einer Redeverpflichtung in New York. Die Begeisterung der Syrer schwand augenblicklich. Obgleich sogar bekannte Senatoren wie John Kerry und Joe Lieberman nach Damaskus kommen wollten, funkte Shaaban nach Washington, dass die Terminkalender aller offiziellen Syrer leider voll seien und dass niemand Zeit habe, die amerikanische Delegation zu empfangen, nicht einmal Außenminister Walid Muallem. So eine Email an „Dear Martin“, mit „allerwärmsten Wünschen“ von „Deine Bouthaina”.

Weitere geheime Emails von Mitarbeitern des syrischen Präsidenten Assad wurden inzwischen von der israelischen Zeitung Haaretz veröffentlicht. Saudische Hacker der Anonymous-Gruppe hatten vor etwa zwei Wochen behauptet, 78 elektronische Postfächer hoher Beamter in Damaskus geknackt und deren Inhalte runtergeladen zu haben. Falls Assad nicht die Attacken seiner Armee auf Zivilisten beende, drohten sie mit einer Veröffentlichung der teils brisanten Emails. Es ist nicht bekannt, wie diese „Post“ zur israelischen Zeitung gelangt ist.
Vor einiger Zeiten hatten freilich die saudischen Hacker die Homepage von Haaretz geknackt, sich aber kurz darauf entschuldigt, weil diese linksgerichtete israelische Zeitung „gut“ sei. Möglicherweise haben die Hacker daraufhin der Zeitung in Tel Aviv aus Kulanz einen Teil der syrischen Emails überlassen.

© Ulrich W. Sahm, haGalil.com

5 Kommentare

  1. Also wenn man sich die regelrecht geschlachteten Kinder ansieht, die Bilder auf Youtube sind authentisch. Also wenn da kleine Kinder gefoltert werden, und ganze Familien massakriert werden auf abscheulichste art und Weise, muß man sofort eingreifen, egal wie, wann, warum, und wer. Deshalb fordere ich zum Schutz der Kinder eine sofortige Flugverbotszone und mehrere Flugzeugträger in der unmittlebaren Nähe von Syrien. Assad gehört nach Den Haag. Mit einem solchen Schlächter redet kein normaler Mensch mehr.

  2. Syrien an sich ist keine große Nummer. Die türkischen Generäle sprachen schon früher davon , im Kriegsfall mit Syrien pünktlich zum Nachmittagstee in Damaskus einmaschiert zu sein. Problematisch ist es, wenn sich im falle eines Millitäreinsatzes in Syrien ,der Iran oder sogar noch weitergedacht Russland einmischen. Schneeball Effekt..  aber ist das Assad Regieme ersteinmal gestürzt , würd der Iran an nochmehr bedeutung verlieren..
     

  3. Ob die saudischen Hacking-Spezialisten Israel resp. Ha’aretz damit wirklich eine Gefallen tun, ist IMO fraglich. Fällt Assad – auch deshalb – weiß kein Mensch, was für Leute seinen Platz einnehmen, und mit der derzeitigen Ruhe an Israels nordöstlicher Grenze könnte es vorbei sein. Dass die Assad-Regierung mit dem einzigen Staat, der noch zu ihr hält, kungelt, ist einsichtig. Je mehr sie isoliert und sanktioniert wird, desto mehr muss sie mit dem Mullah-Staat zusammenarbeiten, wird sie in seine Arme getrieben, das schafft völlig neue Kräfteverhältnisse.
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    Ãœbrigens ist die Sympathie mit den Aufständischen eine dubiose Sache. Es gibt genug Leute, die zwar nicht die eiserne Faust des jetzigen Regimes gut heißen, aber ebensowenig die andere Seite. Im Internet gibt es einiges zu ihrer – auch – enormen Brutalität und ihrem durchaus mörderischen Vorgehen gegenüber der jetzigen Verwaltungs- etc. Struktur. Beispiel:
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    http://hinter-der-fichte.blogspot.com/2012/02/massaker-von-homs-logik-gegen.html
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    Was in Syrien eigentlich abzugehen scheint, ist offensichtlich in erster Linie ein Propagandafeldzug gegen das Assad-Regime. Noch ein Beispiel:
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    http://www.infowars.com/regime-change-pr-hits-high-gear-syrias-newborn-baby-slaughter-propaganda/
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    Nachdenklich stimmend ist dieser Bericht (vom November 2011) über und von einem Teilnehmer und Organisator der ersten Aktionen gegen das Regime: er, bestimmt nicht sein Freund, sagt, dass der Charakter der zunächst überaus friedvollen Demonstrationen drastisch geändert und die Absicht der Demonstrierenden, die autoritäre Assad-Regierung zum Gespräch zu bewegen, ausgehebelt und besetzt wurde durch Leute, die ihm unbekannt sind, die von außersyrischen Kräften, z.B. EU-Staaten, unterstützt werden mit dem Ziel einer Einmischung des Auslands in inneryrische Angelegenheiten plus dem eines gewaltsamen Vorgehens, was wiederum Verhandlungen nahezu unmöglich macht:
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    http://www.indymedia.ie/article/100938?print_page=true
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    Bevor man sich auf die eine oder evtl. die andere Seite schlägt, sollte man versuchen, herauszubekommen, wer die Fäden zieht. Glücklicherweise spielt Israel dabei anscheinend keine Rolle – außer dass es über einen Sturz von Assad kaum glücklich sein dürfte, andererseits genausowenig über die Ausbildung einer starken Achse Teheran-Damaskus. Wem es dies Dilemma zu verdanken hat – start guessing!

    • Danke für die Links. Das alles deckt sich mit dem, was ich über Syrien weiß.
      Es nährt den Verdacht, dass Syriens Freie Armee tatsächlich eine Art nahöstliche Talibantruppe ist… Vorsicht, man hat in Afghanistan schon einmal aus antirussischem Affekt heraus die Falschen bewaffnet. 
      Zur westlichen Außenpolitik, die amerikanisch-atlantisch geprägt ist: Die Amis sind mental Cowboys. Die Russen mental Schachspieler. Ich hätte in den Außeninisterien lieber die Schachspieler. Rambo ist nur im Kino gut. 

  4. Ein paar Fakten zu Syrien, die man kennen sollte, gerade auch in Israel. Die syrische BaathPartei ist alevitisch.christlich-drusisch dominiet. Sie versteht sich als säkular. Assad und viele hohe Offiziere sind nusairische Aleviten, eine Sekte zwischen Schia und Christentum angesiedelt. Daher auch die gute Konnektion zum Iran…man ist geistig verwandt. Nur die Aleviten lehnen sowohl Sharia als auch die dogmatischen Sunnarechtsprinzipien ab. Es gibt keinen Hang zum Dschihad, nicht so ein ausgeprägtes Endzeitbewußtsein wie in der Schia des Iran. Politisch kann man von säkular-vernünftiger, interessengeleiteter Machtpolitik ausgehen. Immerhin berechenbar. Was jetzt in Syrien läuft, ist der Aufstand der sunnitischen, islamistisch radikalisierten Bevölkerungsmehrheit gegen die Baath. Ihr Erfolg wird zum Gemetzel an Christen Drusen Alewiten führen. Israel hätte einen neuen salafistischen Nachbarn, während das jetzige Syrien zwar kein Freund war, aber einschätzbar. In Israel gibts ja jetzt genug Russischsprachige. Man sollte mal mit Putin telefonieren und sich erklären lassen, warum die Russen nichts von der syrischen Freiheitsrevolution halten.

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