Israel und die Islamisten

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In Frankreich dürfen Frauen keine Burka tragen. In der Schweiz ist der Bau von Minaretten verboten. In Deutschland wird diskutiert, ob Islamophobie mit dem Antisemitismus vergleichbar sei…

Von Ulrich W. Sahm, Jerusalem, 30. November 2011

Schon zu Beginn der „Arabellion“ wurde in deutschen Medien behauptet, Israel sei gegen eine Demokratiebewegung in den arabischen Ländern, weil es die Konkurrenz als „einzige Demokratie in Nahost“ scheue. Ebenso wurde Israel nachgesagt, das Gespenst des Islamismus zu fürchten. Gleichwohl ist Islamismus in Israel kein Thema. Von Randerscheinungen abgesehen gibt es keinen „Dialog“ zwischen Judentum und „dem Islam“, kein Bemühen um ein „theologisches Gespräch“, wie es Vatikan und deutsche Kirchen anstreben.

In Jaffo beschweren sich mal jüdische Einwohner über den unerträglichen Lärm der muslimischen Gebetsrufe. In Jerusalem dient das ohrenbetäubende Gebrüll übersteuerter Lautsprecher als zuverlässiger Wecker um fünf Uhr in der Frühe. Das „Allah Uakbar“ erklingt zeitversetzt aus allen Richtungen und entbehrt jeglicher Harmonie. Doch kaum jemand würde es wagen, gegen den Krach gerichtlich vorzugehen. Nicht einmal die Franziskanermönche wagen Protest, obgleich ihr „Ave Maria“ bei der Freitagsprozession durch die Via Dolorosa trotz ihrer  batteriebetriebenen Megafone hoffnungslos übertönt wird.

Die Palästinenser galten einst als aufgeklärt und säkular. Entsprechend trugen ihre Frauen Jeans und toupiertes Haar, altmodisch aber eben doch westlich. Diese Zeiten sind vorbei.

In Jerusalem und Bethlehem tragen Schaufensterpuppen knöchellange Gewänder. Käuferinnen in schwarzen Tüchern äugen durch Sehschlitze auf bunte Büstenhalter in den Auslagen. Palästinensische Schülerinnen tragen fast ausnahmslos Kopftuch. Dennoch wird über diese sichtbare „Islamisierung“ im jüdischen Staat kaum thematisiert.

In Jerusalem mangelt es ohnehin nicht an „religiöser Verkleidung“. Fromme jüdische Frauen tragen unförmige Perücken und altmodische Sackkleider. Bis zur Hochzeit dürfen orthodoxe Jüdinnen ihre Zöpfe offen tragen. Dafür müssen züchtige Wollstrümpfe auch mitten im heißen Sommer alles nackte Fleisch bedecken.

Die Talare der Popen, die Kaftane der Rabbiner und die Galabijes der islamischen Rechtsgelehrten mitsamt ulkiger Kopfbedeckungen gehören in der Heiligen Stadt unverzichtbar zum Straßenbild.

Die religiöse Ideologie sowohl der radikalen Hamas wie der islamischen Bewegung in Israel spielt lediglich eine Nebenrolle. Solange sich die Moslembruderschaft, aus der 1987 die Hamas hervorgegangen ist, auf Armenküchen, Sozialarbeit, Moscheenbau und Gebete beschränkte, kooperierten die Besatzer mit jenen frommen Palästinensern. Das führte zu dem Mythos, Israel habe die Hamas gegründet, etwa als Gegenpol zur PLO Jassir Arafats. Erst als die Hamas sich dem Terror zuwandte, ging Israel gegen sie mit aller Härte vor. Die hinter den Selbstmordattentätern stehende islamistische Ideologie der Hamas oder die politischen Motive der eher weltlichen Fatah waren aus Sicht der Israelis nebensächlich. Ob Attentäter Juden umbringen, weil das der Koran fordert, oder Busse voller Zivilisten sprengen, weil diese „Zionisten“ und „Besatzer“ sind, macht für Israelis keinen relevanten Unterschied.

Die jüdische Geschichte lehrt, dass es nie an Argumenten fehlte, Juden umzubringen. Mal galten sie als „Gottesmörder“ und hatten Brunnen vergiftet. Mit der Aufklärung wurden sie zur „minderwertigen Rasse“ und sollten als „Ungeziefer“ ausgerottet werden. Genauso wandelten sich die Argumente in der feindseligen arabischen Welt: Mal war es die Errichtung eines jüdischen Staates auf „arabischem Territorium“, dann der Imperialismus. Heute werden Besatzung und „illegale Siedlungen“ angeführt, um den Kampf gegen das „zionistische Regime“ zu rechtfertigen.

So hält man es in Israel für überflüssig, sich mit den wechselnden Motiven der Feinde des jüdischen Volkes oder heute des Staates Israel ernsthaft auseinander zu setzen.

Hätten Juden Pogrome abwenden können, wenn sie den Christen erklärt hätten, dass sie nicht „Gottesmörder“ waren, weil allein die römischen Besatzer Kreuzigungen vollziehen konnten? Hätten sie den Holocaust durch einen „Dialog“ mit Hitler verhindern können oder durch den Nachweis, dass die Rassentheorie wissenschaftlicher Humbug ist?

Entsprechend kommentieren Israelis den Wahlsieg der einst verbotenen Moslembruderschaft in Ägypten. Obgleich israelische Korrespondenten in Kairo um ihr Leben rennen mussten, als sie in eine Demonstration nahe der Al-Azhar-Universität in Kairo gerieten, wo gegen Juden und Israel gehetzt wurde, glauben israelische „Experten“ fest an einen „Pragmatismus“ der künftigen Machthaber. Ohne Friedensvertrag mit Israel gibt es keine amerikanische Finanzhilfe. Ohne Alkohol und Bikini werden keine Touristen aus Europa kommen. Ohne Aufbau der Wirtschaft werden 80 Millionen Ägypter weder Bildung noch Arbeit haben.

Selbst bei der islamistischen Hamas ist Israel zum Gespräch bereit, sowie die vom Nahostquartett gestellten Bedingungen erfüllt sind: Anerkennung Israels, Absage an Terror und Akzeptanz bestehender Abkommen.

Wenn Islamisten die Scharia einführen, oder Polygamie und andere westlichen Werten widersprechende Bräuche praktizieren wollen, interessiert Israel das nicht. Die Israelis wollen lediglich in Sicherheit in ihrem eigenen Staat leben, Tunesien und Marokko weiterhin besuchen können, in Qatar eine inoffizielle Botschaft unterhalten und den strategisch wichtigen Frieden mit Ägypten erhalten, gleichgültig wer in Kairo das Sagen hat.

(C) Ulrich W. Sahm / haGalil.com

 

 

7 Kommentare

  1. Das ist einfach nicht wahr. Es gibt Kommunikation zwischen jüdischer Religion und der islamischen. Es gibt zwischen dem Islam und der jüdischen Religion keine Feindschaft, wenn man die Religion nicht in Machtspielchen hineinzieht. 

    Im Gegenteil, der Islam schätzt die Juden sehr. Und sie sind sehr froh, dass es auch noch andere Juden gibt, die nicht mit Geschossen auf sie zielen oder sie als Terroristen sehen, sondern als Menschen, die leiden.

    Gerade Juden sind diejenigen, die eine Wirkung haben die verirrten Naturen aus dem Terror zu ziehen.

    Die Moslems haben ein sehr ausgeprägtes Gerechtigkeitsempfinden. Sie wissen genau woran sie bei einem sind.

    Die Einstellung macht die Musik! 

  2. Ganz unabhängig von der Einschätzung des Siedlungsbaus durch Ulrich Sahm lässt sich aus den Anführungsteichen im Text nicht schließen, dass er sie für legal hält. Die Anführungszeichen erfüllen hier nur einen, ihren ursprünglichen Zweck: sie kennzeichnen ein Zitat.

    • Ich weiß nicht, wie alt Werner ist, aber es ist, unwahrscheinlich, dass er ein ehemaliger Judenmörder ist oder gar ein heute noch tätiger Judenmörder. Was soll also das dumme Gerede einem Argument gegenüber, die Siedlungen seien illegal?
      Wobei das nat. zugegeben weder Werners noch mein Problem ist, ich jedenfalls bin ja kein Siedler und kein Westbankeinwohner.

  3. Und was lernen wir daraus? Dass sich Herr Sahm offenbar die einsame israelische Auslegung des Völkerrechts zueigen gemacht hat und die Siedlungen nicht für illegal hält. Anders lässt sich die Verwendung der Anführungszeichen wohl nicht interpretieren.

    Herr Sahm, die israelischen Siedlungen im Westjordanland (in Ihrem Sprachgebrauch vermutlich „Judäa und Samaria“) sind nicht „illegal“, sie sind illegal. Das sieht die Staatengemeinschaft einhellig so, mit Ausnahme von Israel.  

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