Zwischenfall in Israel war journalistische Provokation

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Tanja Rosenblit, 28, machte weltweite Schlagzeilen, weil sie sich im Linienbus 451 von Aschdod nach Jerusalem mit einem ultraorthodoxen Juden angelegt und geweigert hatte, auf einer hinteren Bank im Bus Platz zu nehmen…

Von Ulrich W. Sahm, Jerusalem, 19. Dezember 2011

Die „junge Frau“, in israelischen Medien auch als „Studentin“ bezeichnet, wurde von einigen Kommentatoren als „Heldin“ bezeichnet und mit Rosa Parks verglichen. Diese afroamerikanische Bürgerrechtlerin hatte 1955 in den USA Geschichte geschrieben, als sie sich weigerte, einem weißen Fahrgast ihren Platz im Bus zu räumen.

In den Abendnachrichten des israelischen Fernsehens wurde ausführlich über den Vorfall berichtet, zumal Ministerpräsident Benjamin Netanjahu am Sonntag mit dem Thema sogar die Kabinettssitzung eröffnet hatte: „Die israelische Gesellschaft ist ein Mosaik aus Juden und Arabern, Frommen und Weltlichen…Heute hörte ich, dass Randgruppen versuchen, diese Koexistenz zu stören. Ich bin strikt gegen jenen Fall, wo eine Frau in einem Bus gezwungen wurde, sich nach hinten zu setzen…“ Rosenblit wurde kurz nach dem Vorfall in der Nachrichtensendung in der Knesset gezeigt, wo Verkehrsminister Israel Katz ihr die Hand schüttelt und sie für „Mut und die Zivilcourage“ lobt. Dutzende Fotografen und Fernsehkameras hielten die Worte des Ministers fest, zweifellos ein populistischer Lichtblick für den Likudpolitiker für die bevorstehenden parteiinternen Wahlen Ende Januar.

Dann gibt sie allen israelischen Fernsehkanälen exklusive Interviews. Unter ihrem Namen steht: „Produzentin von Jewish News 1“. Eine schnelle Recherche ergab, dass sich ihr Arbeitgeber, der Fernsehsender „Jewish News 1“, als jüdische „Alternative für CNN, Fox-News und Sky“ präsentiert. Und während Rosenblit im Interview beschreibt, wie sie sich auf den Platz hinter dem Busfahrer setzen wollte, bis ein ultraorthodoxer Jude sie aufforderte, sich in den hinteren Teil des Busses zu begeben, brachte der israelische Nachrichtensender von Rosenblit aufgenommene Fotos des Zwischenfalles. Zu sehen sind der ultraorthodoxe Jude, der sie von ihrem Platz vertreiben wollte und ein gerufener Polizist. Als Produzentin bei einem Fernseh-Nachrichtensender handelte Rosenblit professionell und geistesbewusst, indem sie die Szenen fotografisch dokumentierte. Auch das Zustandekommen eines schnellen Treffens mit dem Verkehrsminister und die nachfolgenden Interviews passen eher zu Vorgehen eines Profi. Das alles dürfte ganz im Sinne ihrer Arbeitgeber gewesen sein, denn „Jewish News 1“ betreibt eine Kampagne gegen die Ultraorthodoxen, gemessen an der Zahl der gefilmten Beiträge zu dem Thema auf deren Homepage. Im israelischen Fernsehen lobt Oberrabbiner Jonah Metzger die junge Frau, hat aber auch einen Einwand: „Ich bin gegen Provokationen!“ In dem Fernsehbericht wird noch an ein Urteil des Obersten Gerichts vom Januar erinnert, wonach Frauen nur „freiwillig“ in den hinteren Teil eines Busses verdrängt werden dürften, und das nur in Buslinien, die ultraorthodoxe Viertel bedienen. Auf der Strecke Aschdod-Jerusalem fahren jedoch ganz „normale“ Linienbusse.

Die Deutsche Presseagentur dpa kommentierte in ihrem ausführlichen Bericht zu dem Vorfall: „Die zunehmende Verdrängung von Frauen aus der Öffentlichkeit in religiösen Stadtgebieten Israels hat zuletzt Sorgen vor einer Radikalisierung der Gesellschaft geweckt.“ Dass es sich bei dieser „Heldin“ und Vorkämpferin für Frauenrechte in Israel um eine Journalistin handelt, noch dazu um die Mitarbeiterin eines Fernsehsenders, der selber eine Kampagne gegen Ultraorthodoxe durchführt, wurde von dpa nicht erwähnt.

Es ist anzunehmen, aber nicht nachweisbar, dass Tanja Rosenblit den Vorfall bewusst provoziert und deshalb dokumentiert hat.

In Israel bereiten freilich nicht nur die Ultraorthodoxen Sorge, wegen Versuchen, ihre Werte und Sitten der Mehrheit aufzuzwingen. Umgekehrt haben Provokationen von Journalisten immer wieder lebensgefährdende Vorfälle ausgelöst.

Berühmt berüchtigt ist der vermeintliche Tod des Muhammad als Dura in den Armen seines Vaters an der Netzarim Kreuzung im Gazastreifen am ersten Tag der Intifada durch Schüsse israelischer Soldaten im September 2000. Gerichtsverfahren in Paris, Untersuchungen der israelischen Armee und unabhängiger Ärzte sowie eine filmische Dokumentation von Esther Schapira vom Hessischen Rundfunk haben inzwischen nachgewiesen, dass Al Dura gar nicht von israelischen Soldaten getroffen werden konnte, und dass der 12-Jährige offenbar unverletzt lebte, als er nach den vermeintlich tödlichen Schüssen den Arm hob, um sich gegen die blendende Sonne zu schützen. Doch in der Welt wirkte der Ruf des Kameramanns von France 2: „Das Kind ist tot“.

Der Mythos des Todes von Al Dura wurde zu einem Hauptmotiv von Selbstmordattentätern, die sich während der Intifada in Israel sprengten. Osama bin Laden erwähnte Al Dura zwölf Mal in seiner Rechtfertigung der Anschläge vom 11.9.2001. Und als Rache für Al Dura haben Dschihadisten den entführten amerikanischen Reporter Daniel Pearl in Pakistan geköpft.

(C) Ulrich W. Sahm / haGalil.com

Mehr zum Thema:
http://www.ynetnews.com/articles/0,7340,L-4163399,00.html
http://jn1.tv/video/israel/?media_id=4409

14 Kommentare

  1. @Jane
     
    „Gegen diesen Mist muss ich mich aber in aller Deutlichkeit verwahren ‘Me’. Ich habe noch niemals den Massenmord an Juden im Dritten Reich nicht beim Namen genannt – ein abscheulichs, durch nichts auf der Welt zu rechtfertigendes gigantisches Verbrechen – in Zukunft differenzieren Sie bitte, bevor Sie solche Verleumdungen in die Welt setzen.“
     
     
    Es ging doch hier garnicht um den Massenmord an Juden im Dritten Reich, sondern um die Selbstmordattentate gegen Zivilisten im Zuge der 2. Intifada, die ich hier als Massenmord bezeichnet habe, soviel dazu. Wie kamen sie eigentlich darauf das es hier plötzlich um die Shoah gehen würde? Weil nur damals antisemitische Mörder unterwegs waren? Schön wärs…
    Sharons Aktion mag man verurteilen, eine Rechtfertigung für Gwalt ist das aber ganz sicher nicht. Das in Israel bzw. dem Westjordanland gegen palästinensische Demonstanten oft unverhältismäßig Brutal vorgegangen wird ist leider wahr. Dabei muss man allerdings auch in Rechnung stellen, das sich immer wieder bewaffnete Kämpfer unter die Demonstranten mischen. Ausserdem ist das mit dem Steine werfen oft auch nicht mit dem zu vergleichen, was man z.B. hier in Deutschland darunter versteht. Da werden schonmal große Felsbrocken von Dächern auf die Soldaten fallengelassen, dann hilft auch der Helm nicht mehr. Außerdem wissen die Soldaten was ihnen bevorsteht wenn der Mob einen von ihnen in die Finger bekommt: sofortiger Lynchmord. Da ist Schusswaffengebrauch dann doch nicht immer ganz so unverständlich.
    Wenn aber jemand wie kürzlich geschehen einem Demonstranten die Tränengasgrantate direkt in den Körper schießt und dafür nicht bestraft wird (sofern es Absicht war), dann ist das natürlich ein Skandal und gehört angeprangert.
    Aber kann all das Selbstmordattentate gegen Unschuldige rechtfertigen? Ich glaube nicht. Aber genau so haben Sie, Jane, argumentiert.
     
     
     

  2. „ Sharon hat ganz klar eine politische Demonstration geliefert, dass Israel nicht geteilt werden würde – das war natürlich eine Provokation für die Palästinenser„ 

    wieso die Hamas sagt das gleiche und die Hamas vertritt 1.5 Millionen Araber.
    Also wo kann das ein Provokation für wen sein wenn sogar der Iran sich gegen ein Arabischen Staat Palästina in Shomron und Judäa ausspricht.

  3. Die wirkiche Provokation zu Beginn der 2. Intifada – das waren die Schüsse der israelischen Soldaten auf unbewaffnete Demonstranten in einem Umfeld, welches Proteste erwarten ließ.
     

  4. Shalom.Wenn ich diesen Bericht lese<<muss ich an die Nazizeit denken die ich
    erleiden musste und wo einige Familienmitglieder in Auachwitz vergast wurden.
    Bei den Nazis war es genau so<<die juden mussten in Strassenbahnen oder Busse  hinten platz nemen und durften mir Arier nicht in Kontakt kommen.
    Wie kann es so was überhaupt geben,das Frauen in israel in Bussen extra sitzen
    müssen.??das ist ja eine Erniederung der Frau. Was bilden sich die Orthodoxeb Juden
    eigentlich ein?? Nur Kinder machen und selten arbeiten. Das da die Regierung mitmacht kann ich nicht verstehn.<<Karl

  5. Gegen diesen Mist muss ich mich aber in aller Deutlichkeit verwahren ‚Me‘. Ich habe noch niemals den Massenmord an Juden im Dritten Reich nicht beim Namen genannt – ein abscheulichs, durch nichts auf der Welt zu rechtfertigendes gigantisches Verbrechen – in Zukunft differenzieren Sie bitte, bevor Sie solche Verleumdungen in die Welt setzen.

    Darüberhinaus – Sharon hat ganz klar eine politische Demonstration geliefert, dass Israel nicht geteilt werden würde – das war natürlich eine Provokation für die Palästinenser. Er hat das auch so verlautbaren lassen und der Gang über den Vorplatz der Al-Aqsa-Moschee, die Juden normalerweise nicht betreten, in Begleitung von über 1000 Soldaten – wenn das nicht kalkuliert war – ja dann weiß ich auch nicht;

    mit dem Platz nehmen einer Frau in der ersten Reihe eines Busses – das kann man wohl kaum vergleichen.

    Die ganze Knesset diskutierte schon im Vorfeld, ob es nicht besser wäre, wenn er das lassen würde. Provoziert wurden aber nur unbewaffnete Proteste, bei denen auch Steine flogen – scharf geschossen haben dann die Israelis – 5 Tote und in den Folgetagen 13 tote muslimische Israelis bei Demonstrationen im Norden Israels.

  6. Journalistinnen dürfen sich also nicht vorne in den Bus setzen, weil sie sonst „provozieren“? Aha. Dann dürfen Frauen wohl auch nicht mehr unverschleiert herumlaufen, denn das könnte ja jemanden zu einer Vergewaltigung „provozieren“, oder Herr Sahm? Dieser „Artikel“ ist ja wohl das allerletzte.
    Und Sharon hat dann wohl wirklich die 2.Intifada „provoziert“, wie immer behauptet wurde, hm?
    Mit der gleichen Logik argumentiert übrigens hier auch Jane (u.a.), wenn sie mal wieder den Israelis die Schuld für die antisemitischen Massenmorde zuschieben will. Denn die bloße Anwesehnheit der Juden ist für Antisemiten (und Antizionisten) schon eine Provokation.

  7. Was für einen merkwürdigen „Skandal“ hat Ulrich Sahm denn hier ausgemacht. Eine Reporterin will die Diskriminierung von Frauen in einem Teil der israelischen Buslinien dokumentieren! Dies ist ja wohl legitim und gehört sogar zu ihren aufgaben.

  8. Der Mythos des Todes von Al Dura wurde zu einem Hauptmotiv von Selbstmordattentätern, die sich während der Intifada in Israel sprengten.
    Die unzähligen militärischen Operationen, die die IDF seit Herbst 2000 in den besetzten Gebieten durchführten, die auch den Weltsicherheitsrat seinerzeit auf den Plan riefen und der Zusammenbruch der Hoffnung auf einen palsätinensischen Staat haben zu zahlreichen Selbstmordattentaten geführt – nicht der Tod eines Jungen, durch wessen Kugeln auch immer, gut möglich durch die IDF – das erleben die Palästinenser doch dauernd.

    Darüberhinaus – ja und – wenn die Frau den Vorfall provozierte? Recht hat sie – das ist doch die Aufgabe von Journalisten auf Missstände aufmerksam zu machen.

  9. Und so ganz nebenbei wird auch die rechte Gewalt samt der orthodoxen Ãœbergriffe verharmlost und in’s Reich linker Journaille verschoben. So wie Sahm ja auch die Sozialproteste israelischer Bürger ins Lächerliche zog, genauso wie er sich regelmäßig über die missliche Lage der Bevölkerung unter Besatzung und Abriegelung lustig macht.
    Sahm sind immerhin die Proteste der Israelis gerade so nichtig, wie die Klagen der Palästinenser. Ein Regierungspropagandist eben, auch gegen Israels Bevölkerung. Immerhin.
    Man muss es nur wissen, dann kann man den informativen Kern schon rausfiltern. Sahm ist eben einer der nur in der Überzeugung der Überzeugten überzeugen kann.

  10. Was war jetzt das für ne olle Kamelle. Unbedingt nochmal Al Dura durch den Kakao ziehen. Propaganda mit dem Holzhammer. Hat Israel das nötig? Sollen so Hunderte die tatsächlich umkamen verwischt werden?
    Was wäre das für ein Geschrei, wenn Jane dazu eine Statistik anbrächte?

  11. Nicht auszudenken, was Tanja Rosenblit als Journalistin da heraufbeschwor: sich als Frau hinter den Busfahrer zu setzen! Das hätte ja ganze (Selbst-)Mordserien durch ultraorthodoxe Jugendliche in Gang setzen können. Und die weltweit operierende Haredim-Terrororganisation zu neuen Wellen der Gewalt motivieren. — Sorry, Ulrich – an welchen Haaren hast Du Dir diesen Unsinn: die Parallele zum Al-Durah-Fake – herbeigezogen? Vielleicht sollten wir Frauen uns gleich in Burkas hüllen, damit die weltweit operierenden Kinderporno-Ringe aufhören, kleine Mädchen zu entführen? Oder schweigen, wenn Männer sprechen, um den unter ihnen endemisch auftretenden Larynxkarzinom (Kehlkopfkrebs) einzudämmen?? Tz!

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