Vor 105 Jahren starb Theodor Herzl, die Erfüllung seiner Vision eines Judenstaates noch in ferner Zukunft. Es sollte etwas mehr als 50 Jahre dauern bis sie mit der Staatsgründung Israels verwirklicht wurde. Benjamin Seev Herzl, wie der „Prophet des Staates“ in Israel ausschließlich genannt wird, wurde zweifelsohne zu einem der wichtigsten Symbol Israels. Sein Bild wachte über der Unabhängigkeitserklärung durch David Ben-Gurion, sein Grab auf dem nach ihm benannten Hügel in Jerusalem wurde zu einem der bedeutendsten Orte der Identifikation des jungen Staates und dient auch heute noch als Kulisse bei den Feierlichkeiten des Unabhängigkeitstages. Jedes Kind kennt ihn und seinen Ausspruch „Im tirzu, ejn so agada“, „Wenn ihr wollt ist es kein Märchen“…
Von Andrea Livnat
Mittlerweile ist Herzl jedoch in Vergessenheit geraten. Dieser Tatsache will Israel mit dem 2004 verabschiedeten Herzl-Gesetz entgegenwirken. Seitdem wird der Geburtstag des Begründers des modernen politischen Zionismus, der 10. Ijar, mit Kongressen, zahlreichen pädagogischen Sonderveranstaltungen und Preisverleihungen begangen.
Die veränderte Stellung Herzls im kollektiven Gedächtnis Israels soll hier in aller Kürze exemplarisch an drei populären Liedern verdeutlicht werden.
Den Anfang macht „Herzl“ aus der Feder des bekannten Lyriker Yoram Taharlev, gesungen von einer Armee-Band. Taharlev schrieb das Lied ursprünglich 1972 für das „Ensemble Kommando Süd“ für ein Musical zum 75. Jahrestag des Ersten Zionistenkongress geschrieben. Der Offizier, der diese Aufführung angeregt hatte, Oded Chermoni, fiel am ersten Tag des Jom Kippur Krieges, woraufhin sich das Ensemble auflöste und das Musical nicht gezeigt wurde. Das Lied Herzl liegt aber in einer Aufnahme der „Lehakat Gayesot Hashiryon“ vor. Das Lied ist temporeich arrangiert und nutzt die verschiedenen Stimmen des Ensembles, um die dramatischen Höhepunkte zu unterstreichen. Es ist typisch in seinem Stil für den Beginn der 70er Jahre, als es zu einer Verbindung zwischen aktuellen Trends der Rockmusik und der Vermittlung zionistischer Werte kam.
Das nächste Lied führt zu einer der bekanntesten Persönlichkeiten der israelischen Medien- und Kulturlandschaft. Rivka Michaeli begann ihre Karriere im Alter von 12 Jahren und ist bis heute erfolgreiche Radio-Moderatorin, Schauspielerin und Star im Kinderprogramm. 1975 trat sue erstmals mit einem Soloprogramm auf, das zwei Lieder über Herzl enthielt. Die Musik zu dem im Chanson-Stil vorgetragenen „Benjamin Seew“ schrieb, wie auch das vorige Lied der Armee-Band, Yair Rosenblum, der Text stammt von Jankele (Jakov) Rotblit: „Wasch die den Staub aus den Augen, Benjamin Seew (…) und sag mir, so hast Du es gesehen? so hast Du es prophezeit? so hast Du es gewollt? (…) Ich nehme einen Hunderter-Schein und blicke auf das Bild, ich schaue Dich gut an, Chose haMedina, so ein teurer Jude mit einem Bart bis zur Brust, so ein dünner Jude, woher hast Du die Kraft ein Prophet zu sein?“
Das dritte Lied ist „Gabi und Debbi“ der israelischen Hip Hop Gruppe „haDag Nachasch“ aus dem Jahr 2003. Gabi und Debbi waren die Hauptfiguren eines gleichnamigen fünf-teiligen Englisch-Lernprogramms des Israelischen Erziehungskanals aus dem Jahr 1976. Die Serie, in der die Geschwister einen Zauberstab finden, der es ihnen ermöglichte an jeden Ort zu kommen, wurde bis Ende der 80er Jahre immer wieder ausgestrahlt und ist somit einem Großteil der heute 20 bis 40jährigen ein Begriff. Im Lied gehen die beiden mit dem Sänger auf die Reise und finden in Basel Herzl an der Brüstung lehnend in völliger Entspannung, denn er ist, wie sich herausstellt, bekifft. Der Erzähler kann sich jedoch nicht zurückhalten und ihm von der grausamen und harten Wirklichkeit in Israel erzählen: „Ich erzählte ihm von den Verkehrsunfällen, und ich erzählte ihm von den Behinderten im Streik, ich erzählte ihm von der Viertelmillion Arbeitslosen und ich erzählte ihm von den korrupten Politikern.“ Doch Herzl lächelt nur und antwortet nicht. „Ich versuchte ihm zu sagen, dass es keinen Frieden gibt, und keine Sicherheit, und dass ich es satt habe in ständiger Angst zu leben. Herzl legte eine Tablette auf meine Zunge und sagte: „Wenn Du es schluckst, wird es kein Traum sein.“
Hinter der satirisch überzogenen Geschichte, die Herzl als Drogenkonsumenten porträtiert, steht eine umfassende Kritik an Gesellschaft und Politik Israels, die die Gruppe auch in zahlreichen anderen Liedern zum Ausdruck bringt. Die sich klar links positionierenden Hip Hopper bringen damit den „Propheten des Staates“, seine Vision und die Realität des Staates Israel auch heute erneut ins Gespräch.
Beim ersten Zionistenkongress in Basel soll ein Lied gesungen worden sein,das dann bei den folgenden Zionistenkongressen gesungen wurde und weit vrbreitet gewesen sein soll. Es soll nach einer im deutschsprachigen Europa bekannten Melodie geungen worden sein. Bisher war meine Suche erfolglos. Können Sie weiterhelfen?
Ihre Renate Rosenau
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