Nurinst vor dem AUS?

0
54
Dreharbeiten vor der Skyline von Manhattan. Kameramann Winny Schuhmann, Interviewpartner Hans Rosenfeld. Hans ist in Franken geboren und Ende der 1930er Jahre emigriert. Er ist einer der Wenigen, die noch Lachoudisch sprechen können. Foto: © jgt-archiv

Das Nürnberger Institut für NS-Forschung und jüdische Geschichte des 20. Jahrhunderts wird volljährig. Doch nach 18 Jahren wissenschaftlicher Forschung ist der Fortbestand in Gefahr…

Von Andrea Livnat

Im Frühjahr 2001 gegründet, hat das nurinst, wie es kurz heißt, dutzende Publikationen und TV-Dokumentationen zu den Themen Nationalsozialismus, Zwangsarbeit und Schoah, aber vor allem zu Überlebenden der Schoah, Displaced Persons und Emigranten veröffentlicht. Die Publikationen des Instituts sind in Gedenkstätten, Bibliotheken, Universitäten in Deutschland, sowie in internationalen Einrichtungen wie der Library of Congress, dem National Archives of Australia, der British Library, Yad Vashem, Leo Baeck Institut, Sydney Jewish Museum, University of Toronto und dem United States Holocaust Memorial Museum zu finden.

Das Institut ist regelmäßig zu internationalen Konferenzen eingeladen. Nicht nur in deutschen Einrichtungen, auch in London, Melbourne, Sydney, Tel Aviv, Wien, Ramat Gan, Salzburg, Słubice und anderen Orten wird die Fachexpertise des nurinst geschätzt.

Eine Erfolgsgeschichte, möchte man meinen. Das Institut, das in den letzten Jahren keine ausreichende Finanzierung erhielt, wurde durch den unermüdlichen Einsatz von Jim G. Tobias am Leben erhalten. War die Grundförderung in den ersten Jahren noch durch eine Stiftung in Nordrhein-Westfalen gesichert, musste sich das Institut nach dem Tod der Stifterin mit Projektförderungen über Wasser halten. So konnten zum Beispiel die letzten Jahrbücher durch Förderungen von Stiftungen in Baden-Württemberg und Hamburg realisiert werden.

Auch wenn die Arbeit des Instituts nicht regional beschränkt ist, liegt auf Bayern und im Besonderen auf Nürnberg immer wieder ein Schwerpunkt der Forschung. Umso erstaunlicher ist es, dass es gerade aus der Stadt überhaupt keine Unterstützung für das Nürnberger Institut gibt. Wegen des Namens wird nurinst oft als städtische Einrichtung gesehen und entsprechend als guter Botschafter der Stadt betrachtet. Dennoch wurde die Bitte um eine jährliche Grundförderung von 25.000 Euro von der Kommune abgelehnt. Geld scheint aber nicht das Problem zu sein, immerhin beharrt die Stadt auf der Sanierung der ehemaligen Hitler-Tribüne, einer NS-Ruine, die gerade erst für Negativ-Schlagzeilen gesorgt hatte.

Das nurinst ist Ansprechpartner für Schüler und Studenten, berät Journalisten, Historiker und Heimatforscher bei ihrer Arbeit, stellt im Internet kostenlos Dokumentarfilme online, wie etwa das Zeitzeugenprojekt „Nürnberger Videoarchiv der Erinnerung“ inkl. Anleitungen für Lehrer, betreibt ein Online-Lexikon zu DP-Camps sowie das Talmud-Thora Projekt über die Renaissance der Orthodoxie in Deutschland nach der Schoah. Alles das wird von der Stadt nicht gefördert: Übrigens: die Sanierung der Hitler-Tribüne wird mindestens 85 Millionen Euro kosten.

Die Mitarbeiter des nurinst haben bereits vor Jahren ihr Büro aufgegeben und arbeiten aus Kostengründen von zuhause. Das Archiv des Instituts befindet sich mietfrei in der geräumigen Altbau-Wohnung von Institutsleiter Jim G. Tobias. Doch auch damit ist bald Schluss. Nachdem der Wohnungseigentümer verstarb und das Haus an einen Immobilien-Spekulanten verkauft wurde, traf nun die Kündigung der Räumlichkeiten ein. Archiv und Bibliothek werden wohl zukünftig als Depositum beim Jüdischen Museum Franken untergebracht, die Verhandlungen laufen. Wie es mit nurinst weitergeht, steht in den Sternen!

http://www.nurinst.org/
http://www.after-the-shoah.org/
http://www.talmud-thora.de/
http://www.nuernberger-videoarchiv.de/

Gemeinsame Projekt von haGalil mit dem nurinst:
Jüdische Ärzte aus Deutschland und ihr Anteil am Aufbau des israelischen Gesundheitswesens
70 Jahre Israel – Die Shoa-Überlebenden und die Entstehung des jüdischen Staates
80 Jahre Pogromnacht – Zeitzeugenberichte aus Nürnberg

Bild oben: Dreharbeiten vor der Skyline von Manhattan. Kameramann Winny Schuhmann, Interviewpartner Hans Rosenfeld (1926-2015). Hans ist in Franken geboren und Ende der 1930er Jahre emigriert. Foto: © jgt-archiv