„Einer der großartigsten Tage der Zivilisation“?

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Mit Spannung erwartet traten US-Präsident Trump und Israel Premier Netanyahu nach langen Beratungen gestern Abend vor die Presse. Trumps Rede überschlug sich natürlich in Superlativen. Aber wer würde einen „ewigen Frieden“ im Nahen Osten nicht gutheißen?

Von Andrea Livnat

Als Netanyahu sprach, hatte man das Gefühl, er hat einen anderen Plan vorliegen. Und das ist wahrscheinlich der Clou an der Sache. Trumps Plan hat sehr viele Schlupflöcher und breiten Interpretationsspielraum, vor allem auch was die zeitlichen Rahmenbedingungen angeht. Und damit ist er das Beste, was Israel passieren kann. Natürlich musste Netanyahu dem zustimmen. Vor seinem Abflug nach Hause versicherte er erneut, dass die IDF auch nach der Freilassung der Geiseln in den meisten Teilen des Gazastreifens verbleiben werde und das Abkommen einen palästinensischen Staat nicht einschließe.

Ob seine Regierung das ebenfalls so sieht, wird sich zeigen. Die rechtsradikalen Minister in seinem Kabinett, Smootrich und Ben Gvir, schweigen ungewöhnlich laut seit gestern. Oppositionspolitiker haben ihr Versprechen, Netanyahu ein „Sicherheitsnetz“ zu bieten, um das Abkommen umzusetzen.

Während Oppositionspolitiker und auch Israels Präsident Herzog die Zustimmung zu Trumps Plan guthießen, erregte eine andere Geste Unmut. Trump nötigte Netanyahu während des Treffens im Weißen Haus ein Telefonat nach Katar ab. Netanyahu entschuldigte sich bei Katars Regierungschef für die Angriffe auf die Hamas Führung und versicherte, dass Israel nicht vorhabe, die Souveränität Katars in Zukunft erneut zu verletzen. 

Yair Golan, Vorsitzender der Demokraten, kommentierte auf X: „Unglaublich. Nicht bei den Familien der Entführten, die im Stich gelassen wurden. Nicht bei den Familien, deren Angehörige ermordet wurden. Nicht bei den Kibbuzim, die niedergebrannt wurden. Nicht bei den Eltern der gefallenen Kämpfer – oder bei den Hunderttausenden Reservisten, die an die Ultraorthodoxen verkauft wurden. Er entschuldigte sich bei keinem von ihnen. Aber er entschuldigte sich beim Premierminister von Katar.“

Trump sprach in seiner Rede viel über die israelischen Geiseln und drückte erneut sein Erstaunen darüber aus, wie wichtig es für die Familien ist, auch die verstorbenen Geiseln zurück zu erhalten. Sollte der Plan abgenommen werden, dann wäre Hamas verpflichtet, alle 48 Geiseln innerhalb von drei Tagen freizulassen. Kann das gelingen? Kurz vor dem zweiten Jahrestag des Massakers am 7. Oktober wäre das für Netanyahu ein wichtiger Akt, denn ob seine Regierung noch lange besteht, ist fraglich. Trump spekuliert unterdessen weiter auf den Friedensnobelpreis, der in einer Woche bekannt gegeben wird.

Sowohl das Forum der Familien der Entführten wie auch das Tikva Forum begrüßten den Plan gestern. Die Erklärungen würden „im Einklang mit unseren Grundsätzen und Verpflichtungen“ stehen, so die beiden Vertretungen der Geisel-Familien, „die sofortige Freilassung aller Entführten, die Rückgabe der Lebenden an ihre Familien und die Übergabe der Gefallenen an Israel zur Bestattung.“

Trump zeigte sich gestern optimistisch, dass auch Hamas zustimmen wird. Eine Antwort steht noch aus. Der Islamische Jihad ließ verlauten, dass der Plan „ein amerikanisch-israelisches Abkommen und Ausdruck der uneingeschränkten Position Israels“ sei. Daher betrachte man die „Erklärung als ein Rezept für eine Explosion in der Region.“

Stimmt Hamas dem Plan nicht zu, dann gibt es zwar die Möglichkeit, eine Technokraten-Regierung in den von Israel kontrollierten Teilen des Gazastreifens einzusetzen. Die in Gaza verbliebenen Geiseln werden dann aber nicht zurückkehren.