Holocaustgedenken 2025 aus Perspektive eines Linksnietzscheaners und Trump-Gegners

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Präsident Trump bei seiner Amtseinführung, Foto: The Trump White House

Wer mich kennt, meine durch das Thema Syphilis inspirierte Leidenschaft für die Geschichte der Päpste beispielsweise, wird sich nicht wundern, dass mir, von Nietzsches Antichristentum ausgehend, als auch von meinem mir seit 2015 allmählich zu einer zweiten Haut gewordenen Anti-Trumpismus, Trumps gecken- wie gockelhaftes Gehabe an seinem (zweiten) Inaugurationstag irgendwie an Papst Innocenz VIII. (1432-1492) erinnert.

Von Christian Niemeyer

Dessen Amtszeit, auch seiner unehelichen acht Söhne sowie acht Töchter wegen, als das ‚Goldene Zeitalter der Bastarde‘ gilt (vgl. Deschner 2004: 291). Sie verstehen? Richtig: Auch dieser Papst beschwor ein „goldenes Zeitalter“! Und „Bastarde“? Nun, man kann nicht alles haben – aber wie, wenn sich Elon Musk am Ende als Trump-Bastard erweist, gezeugt in Südafrika bei einem „Ab-Stecher“ Trumps? Kurz: Innozenz VIII. und Trump II. stehen sich vielleicht näher als man denkt. Zumal dieser Papst nach Urteilen der Nachgeborenen „Terrorismus“ brachte in eine Zeit, in der es „einen wirklichen, aber schwachen Geist der Auflehnung gab.“ (Lecky 1873, Bd. I: 40) Mehr als dies: Innozenz VIII. war ganz gefangen in der (auch sexuellen) Dekadenz des im Nepotismus und in der Käuflichkeit sich ergehenden Renaissance-Papsttums – und erklärte in seiner ‚Hexenbulle‘ Summis desiderantes affectibus vom 5. Dezember 1484 Hexenverbrennungen für gottgefällig. Hatte er hier noch von Personen beiderlei Geschlechts gesprochen, richtete sich Kramers Hexenhammer von 1489 fast nur gegen die Frau, im Nachgang zu einer umfassenden misogynen Literatur. Deschner:

Die Frau erscheint darin als Tod für Körper und Seele, als Drache und Teufelsschlinge, Lockvogel und Giftspritze, als Hure schlechthin. […] Schließlich trieb diese fortgesetzte Verteufelung zur Verbrennung der Frau als Hexe. (Deschner 1974: 211)

Deschners Aufreger war, zur Seite der Darstellung hin, der Jesuit Ludwig Hertling. In seiner oben bereits erwähnten Geschichte der Katholischen Kirche resümierte er, Innocenz VIII. gehöre seiner „Charakterschwäche und des Ärgernisses, das sie gab“, nicht aber wegen seiner ‚Hexenbulle‘ „in die Reihe der Päpste, die den Stuhl Petri entehrt haben.“ (Hertling 31960: 262) Deschner übersetzte (und skandalisierte dadurch): „Nicht das durch Jahrhunderte fortgesetzte Enteignen, Foltern, Verbrennen […] Unschuldiger ist schändlich, schändlich ist die sexuelle ‚Sünde‘, der Zölibatsverstoß.“ (Deschner 2004: 312) Okay, sehr viel weiter reichen die Parallelen nicht; auch hat das Aufmerken auf den Inaugurationstag 20. Januar das eigentliche Thema, das Holocaust-Gedenken am 27. Januar, etwas in den Hintergrund gedrängt. So dass es ratsam ist, die beiden entscheidenden Päpste dieser Epoche in Augenschein zu nehmen.

Papst Pius XI. (1857-1939), eigentl. Achille Ratti, aus Desio (Lombardei). Papst von 1922 bis 1939. Mit 25 Jahren Professor am Priesterseminar in Mailand. 1914 Präfekt der Vatikanischen Bibliothek. 1918 Gesandter in Polen, erlebte dort die Invasion der Roten Armee u. entwickelte von daher einen lebenslangen Abscheu vor dem Kommunismus resp. Bolschewismus, den er, dem Antisemitismus folgend, als jüdisch-bolschewistisch brandmarkte. (vgl. Goldhagen 2002: 108 ff.) Ratti war 1921 Kardinal und Erzbischof von Mailand, 1922 Nachfolger des verstorbenen Papstes Benedikt XV. (vgl. Kerzer 2016: 605 f.) Die Judenverfolgung in Deutschland allen Bitten um Stellungnahme zum Trotz – beginnend vom Schreiben der Nonne Edith Stein vom 12. April 1933 (vgl. Godman 2004: 60 f.; Wolf 2008: 208 ff.) – weitgehend ignorierend, erkennbar im Nachgang zum diesbezüglichen Nichthandeln seines Kardinalstaatssekretärs Pacelli (vgl. Wolf 2008: 216 f.), ließ Pius XI. eine den Rassismus und das ihm innewohnende (NS-) Verbot der Mischehe verurteilende Enzyklika von 1936 unveröffentlicht. (vgl. Godman 2004: Rückumschlag) Die im Wesentlichen von Pacelli stammende Enzyklika Mit brennender Sorge (1937) sprach die Judenverfolgung in Deutschland nicht an, die Enzyklika Divini redemptoris (1937) verurteilte den Kommunismus sehr viel deutlicher als den Nationalsozialismus oder den Faschismus. Im September 1936 rechtfertigte Pius XI. Francos Militärputsch, mit Mussolini schloss er einen unheilvollen Pakt. (vgl. Kertzer 2016) Zu den Nürnberger Gesetzen und den Novemberpogromen 1938 ist keine Reaktion erfolgt. Bereits gedruckt vorliegende Exemplar einer Papstrede, in der die deutsche Judenverfolgung kritisiert u. die ital. Rassengesetze vom Juli 1938 als Bruch des Italienkonkordats kritisiert wurde, ließ Pacelli nach dem Tod des Papstes (am 10. Februar 1939, nur einen Tag vor der geplanten Rede) einstampfen. (vgl. Wolf 2008: 235 ff.)

Durchaus vergleichbar nimmt sich die Sachlage aus im Fall von Papst Pius XII. (1876-1958), eigentl. Eugenio Pacelli, aus Rom. Papst von 1939 bis 1958. Apostolischer Nuntius in München 1917, danach in Berlin, 1929 Kardinal in Rom, 1930 Kardinalstaatssekretär, 1939 Nachfolger von Papst Pius XI. (vgl. Kerzer 2016: 604) Seiner Münchener Zeit (Räterepublik) wird die – ihn mit seinem Vorgänger als auch mit der Alten Rechten verbindende – Sorge vor einer jüdisch-bolschewistischen Weltverschwörung zugerechnet. (vgl. Wolf 2008: 93; Kertzer 2016: 165 ff.) Zurückhaltend war seine Reaktion auf den Einmarsch Mussolinis in Albanien am 7. April 1939, freundlich seine Glückwünsche zu Hitlers 50. Geburtstag zwei Wochen später (vgl. Kertzer 2016: 390). Auch das katholische Polen fand im Vorfeld des deutschen Überfalls vom 1. September 1939 wenig Unterstützung. Immerhin registrierte Alfred Rosenberg unter dem Datum des 8. Mai 1940 mit Sorge die Skepsis des Papstes gegenüber Mussolinis Schulterschluss mit Hitler sowie seine Wut ob der faschistischen Drohung, den Osservatore Romano, „das Zentrum aller Feinde [Deutschland]‘s u.[nd] der Gegner Mussolinis“ (zit. n. Seraphim 1956: 137), zu verbieten. Zurückhaltend war die Reaktion des Papstes auf die Euthanasie. Dass der Papst, wie der Karl-Brandt-Biograph Ulf Schmidt schrieb, am 2. Dezember 1940 „unmissverständlich den Mord an behinderten Patienten […] [verurteilte]“ (Schmidt 2009: 228), lässt sich so nicht halten. Selbst die Aktion T4, also die nach der zuständigen Dienststelle (Tiergartenstrasse 4) im Entwurf noch „als unmenschliches und frevelhaftes Verbrechen“ verurteilt, galt nach des Papstes Streichung dieses von ihm als polemisch verworfenen Passus nur noch als Verbrechen vom Typ „nicht erlaubte“ Morde. (vgl. Ahmann 2001: 204) Auch Auschwitz bzw. dessen Vorzeichen wurden nur unzureichend beachtet. Erst in seiner Weihnachtsansprache 1942, als eine der allerersten Mahnerinnen (vom April 1933), Edith Stein, längst eben dort getötet worden war, redete der Papst verklausuliert, also ohne das Wort ‚Jude‘ in den Mund zu nehmen, von seiner Sorge ob Hunderttausender von Menschen, „die ohne eigene Schuld, zum Teil nur wegen ihrer Nationalität und Rasse dem schnellen oder langsamen Tod“ (zit. n. Wolf 2008: 206) ausgeliefert seien. Bei den im September 1943 einsetzenden Judendeportation aus Rom unter Herbert Kappler (s.u.) reagierte der Papst zögernd, gewährte beispielsweise Kredit zwecks Aufbringung der von Kappler zunächst geforderten 50 Kilo Gold (vgl. Sachslehner 2019: 152 f.), sah aber von lautstarkem Protest ab, so dass Tausende deportiert wurden und das schließlich doch noch gewährte allgemeine Kirchenasyl für diese jedenfalls zu spät kam. Alois Hudal (s.u.) konnte sich deshalb das von ihm als bekennenden Antisemiten zweifelhafte Verdienst anrechnen, den entscheidende Brief mit der Bitte um Einstellung der Judenrazzia verfasst zu haben. (ebd.: 159) Nach 1945 geriet dieser Vorgang durch Rolf Hochhuths Schauspiel Der Stellvertreter (1963) wieder ins Zentrum der Debatte, auch als Effekt eines Besuchs des Jungdichters bei Hudal im Herbst 1959. Denn Letzterer nutzte die Chance, gegenüber dem damals 28-jährigen unbekannten Verlagslektor mit Pacelli gleichsam post mortem abzurechnen. Zu diesem Zweck spielte er, der beim Vatikan als der „braune Bischof“ auf Distanz gehaltene Papst-Rivale, die Rolle dessen, der nun, gegenüber Hochhuth, „ein Panorama der römischen Judenverfolgung vom Herbst 1943“ entwarf, die sein eigenes Verdienst „in ein günstigeres Licht [stellte].“ (Sachslehner 2019: 255)

Alois Hudal (1883-1963), aus Graz. Bischof, lernte in seiner Eigenschaft als Rektor des Priesterkollegs „Anima“ Eugenio Pacelli kennen, der ihn 1933, als Papst Pius XII., zum Bischof weihte. Ähnlich wie dieser den Holocaust weitgehend ignorierende Papst agierend, war H. aus fanatischem Anti-Antichristentum und Anti-Bolschewismus heraus Anhänger einer Allianz von Katholizismus und Nationalsozialismus (Die Grundlagen des Nationalsozialismus [1936]; vgl. H. 22018: 107). Nach 1945 entwickelte sich H. trotz der Skrupellosigkeit etwa eines Hermann Göring gegen Katholiken – er ließ, beispielsweise, zwei Priester, Josef Zilliken und Johannes Schulz aus nichtigem Grund ins KZ bringen (vgl. Eberle/Uhl 2015: 122 f.) – zu einem begeisterten Nazifluchthelfer, entwickelte die „Rattenlinie“ mit Zielländern wie Argentinien, Brasilien, Spanien, Ägypten und Syrien. Auf dieser entkamen, teilweise unterstützt u.a. von Pius XII. sowie seinem engen Mitarbeiter Giovanni Montini, des späteren Papstes Paul VI. – 2014 von Papst Franziskus heiliggesprochen – sowie im engen Austausch mit der „Stillen Hilfe“ der Prinzessin von Isenburg, zumal von Simon Wiesenthal gejagte NS-Täter wie Adolf Eichmann, Franz Stangl, Klaus Barbie sowie Josef Mengele, des Weiteren Erich Priebke, Walther Rauff und Erich Müller (vgl. Sachslehner 2019), nebst vielen anderen, denen H. half. H.s Ideologie zur Rechtfertigung von derlei Tun wird von neu-rechten Ideologen um Erik Lehnert noch 2017 der Sache nach gerechtfertigt, im Nachgang zur enthemmten H.-Apologie eines in Österreich gerichtsnotorisch bekannten Neonazis wie Fred Duswald, die er 2012 für den rechtsradikalen Verlag ARES verfasste. Dass Duswald Überlebende des KZ Mauthausen und damit auch den H.-Widersacher Simon Wiesenthal verspottete, komplettiert diesen Maßstabsverlust.

Kappler, Herbert (1907-1978), aus Stuttgart. Ingenieur, Kriminalkommissar, 1931 Kommandeur der Sicherheitspolizei und des SD in Rom 1943, als solcher plante er nach dem Rücktritt und der Verhaftung Mussolinis die Deportation sämtlicher Juden aus Rom, nahm 50 Kilo Gold für die Zusage, dies nicht zu tun, um vier Wochen später, in der Nacht vom 15. zum 16. Oktober 1943, 1.007 von 1.259 festgenommenen Juden und Jüdinnen gleichwohl nach Auschwitz zu transportieren. Verantwortlich für das als Vergeltung anzusehende Massaker (per Genickschuss) an 335 Geiseln in den Ardeatinischen Höhlen – eines von 152 mit 9.180 Opfern – in Rom vom 24.31.1944. (Thema im ital. Spielfilm Das Massaker [1973] m. Richard Burton in der Rolle K.s) Im Mai 1945 wurde K. von US-Truppen in Meran festgenommen, 1948 wurde in Rom wg. Erpressung des Goldes zu 15 Jahren und wg. der Erschießung von fünf Geiseln mehr als von Hitler gefordert zu lebenslänglich verurteilt, beschimpft von Angehörigen der Opfer. K. verbüßte seine Haft in einer Festung, einer der wenigen Besucher ist Alois Hudal, inniger Kontakt besteht zu Prinzessin Isenburg, beide sind unermüdlich in der Mobilisierung von Gnadengesuche zahlreicher westdeutscher Politiker, im August 1970 von zahlreichen Bischöfen, darunter Martin Niemöller, spektakuläre Flucht aus Krankenhaus im August 1977, wohlmöglich unter Beteiligung der ODESSA Otto Skorzenys, wie spätere Aussagen der die Flucht organisierenden Gattin Anneliese Kappler-Wenger deutlich machen. Die Unterstützung der Gesuche um Freilassung K.s durch die Bundesregierung kontrastierte deutlich der zeitgleich zu beobachtenden Härte in der Verfolgung der RAF sowie möglicher Sympathisanten („Deutscher Herbst“), so dass im Ausland das Bild vom ‚häßlichen Deutschen‘ aufkam. (vgl. https: //www.spiegel.de/politik/ein-mer-als-bedrueckendes-schauspiel-a-eO3da9e-0002-0001-000; Klee 1991: 145 ff.; 2003: 299; Bohr 2018: 36 ff.) Dem arbeitet offenbar auch der im November 2020 zur NPD gewechselte Ex-AfD-Abgeordnete Kay Nerstheimer mit seiner K.-Unterstützung zu.

Priebke, Erich (1913-2013), aus Hennigsdorf. SS-Hauptsturmführer, wie Karl Haß beteiligt am Massaker an 335 Geiseln in den Ardeatinischen Höhlen in Rom vom 24.3.1944, 1946 Flucht aus alliierter Haft, 1948, nach „Entnazifizierung durch Taufe“ (Steinacher 2008: 166), dank Alois Hudal mit Pass des Roten Kreuzes als „Otto Pape“ (aus Lettland) nach Argentinien, 1996 in Rom freigesprochen, 1998 Militärgericht Rom lebenslänglich, umgewandelt in Hausarrest. P. empörte sich 2000 über eine „Inszenierung“ gegen ihn durch die Wiesenthal-Zentren und blieb uneinsichtig, geriet zum Idol von NPD sowie von Holocaustleugnern. (vgl. Klee 2003: 472 f.)

Duswald, Manfred Werner „Fred“ (*1934), aus Neumarkt am Hausruck/A. Burschenschaftler (Danubia München), 1974 Schatzmeister der Nationaldemokratischen Partei (NDP), Vorstandsmitglied des „Verein Dichterstein“ in Offenhausen/A., beide wg. NS-Wiederbetätigung verboten, bezeichnete im FPÖ-Organ Die Aula die befreiten Häftlinge des KZ Mauthausen – damit indirekt auch Simon Wiesenthal – als „Landplage“ und „Massenmörder“, beschimpfte Mitglieder des Mauthausen-Komitee Österreich als „KZ-Laien“, die Schulkinder belögen. (vgl. Gärtner 2020) 2019 Verleihung des dereinst auch an Erich Priebke verliehenen Huttenpreises der 1960 von ehemaligen SS-Offizieren und NSDAP-Funktionären gegründeten GfP, mit André Poggenburg sowie Dirk Bavendamm als Rednern. (vgl. Maegerle 2019) Letzterer hatte 2010 in der Preußischen Allgemeinen Zeitung die Siegerjustiz-These verfochten, für die D. 2012 in der Neuen Ordnung ad Alois Hudal warb sowie, verschlüsselt, auch Erik Lehnert 2017 im Staatspolitischen Handbuch.

Dregger, Alfred (1920-2002), aus Münster. NSDAP 1940, 1962-1972 Mdl-CDU Hessen, 1972-1998 MdB, erklärte 1997 in einem auch von Alfred de Zayas sowie Gerd Schulze-Rhonhof bedienten Reader den Schwur des Vorsitzenden des Heimkehrerverbandes, „daß wir nicht gemordet, nicht geschändet und geplündert haben“ (Dregger 1997: 212), für glaubwürdig und auch für ihn unterschreibbar, nannte den alliierten Bombenkrieg „völkerrechtswidrig“ (ebd.: 214) sowie die Wehrmachtsausstellung „nichtswürdig“ und „verlogen“ (ebd.: 213) und schloss sich der Auffassung eines ausländischen Staatsgastes an, man könne einem Volk nicht trauen. „das rund um die Uhr eine intellektuelle Selbstverachtung vorführt.“ (ebd.: 214) So ähnlich klingt es heute aus der AfD, was den Schluss erlaubt, dass D., der sich für die in Breda internierten Kriegsverbrecher Franz Fischer sowie Ferdinand aus der Fünften einsetzte, tatsächlich von einigen Einfluss war auf Alexander Gauland während dessen Zeit in Hessen.

Strauß, Franz-Josef (1915-1988), aus München. CSU-Vorsitzender 1961 bis zu seinem Tod. Bundesminister (1953-1962; 1966-1969), bayerischer Ministerpräsident (1978-1988), wird kritisiert wg. der Spiegel-Affäre 1961, die seinen Hang zur Einschränkung der Pressefreiheit verdeutlicht habe, im gleichen Jahr Teil der Kampagne gegen Willy Brandt wg. dessen Zeit im Exil. (vgl. Bohr 2018: 161) Kanzlerkandidat der Union 1980, unterlag bei der Wahl am 5. Oktober 1980 gegen Helmut Schmidt, nachdem St. das Oktoberfestattentat des Rechtsextremisten Gundolf Köhler vom 26. September 1980 der RAF zugewiesen hatte, auch, um seine eigene, offenbar von Gerhard Frey angeregte Verharmlosung der Wehrsportgruppe Hoffmann (WSG) des Karl-Heinz Hoffmann – der Köhler zugehörte – nicht angreifbar zu machen. (vgl. Koch 2016: 89; Chaussy 32020) Ein Nachruf auf St. stammte von der rechtsradikalen Kriegsverbrecher-Lobby „Stillen Hilfe“; die Verbindung knüpfte hier der rechtsradikale NS-Kriegsverbrecher-Anwalt Rudolf Aschenauer, der St., als dessen Redenschreiber kurzfristig auch Armin Mohler agierte, 1966 für ein Gnadengesuch zu Gunsten Herbert Kapplers zu gewinnen suchte (vgl. Bohr 2018: 153) und ihm 1980 bei der Organisation seiner Chile-Reise half.

Trump, Donald (*1946). Deutschstämmiger Republikaner, 45. Präsident der USA (2017-2021), 47. Präsident der USA (ab 2025), setzte neue Maßstäbe in Sachen Rechtspopulismus sowie Machiavellismus, den er in Richtung Trumpismus weiterentwickelte. Merkmale, lesbar als Effekt von Wohlstandsverwahrlosung (vg. M. Trump 2020): Konsequenter und systematischer Einsatz von Fake News, Hire-and-fire-Prinzip in der Mitarbeiterführung, Verzicht auf Win-win-Konstellationen in der Politik, Vertrauen auf einsam getroffene Bauchentscheidungen, Orientierung der Mittelauswahl an den jeweils verfolgten Zwecken, Dominanz ich-bezogener Perspektiven vom Typ „America first!“, Ablehnung wissenschaftlicher Expertise, sofern sie kurzfristig zu sichernden Gewinnen entgegensteht (etwa Klimawandel), Ablehnung menschenrechtsorientier Politikvorstellungen, Hintanstellung moralischer Erwägungen, sofern sie nur Kosteneffekte haben, aber keinen messbaren Gewinn abwerfen, Umwertung Kants und auch Nietzsches zugunsten von Überlegungen, Menschen unter allen Umständen als Mittel nehmen zu dürfen für eigene Zwecke. Die geradezu fanatische Verehrung T.s bei AfD-Politikern, etwa bei Michael Klonovsky, auch bei Fällen vergleichbarer Wohlstandsverwahrlosung (etwa Elon Musk) ist insoweit überaus aufschlussreich, zumal wenn ihr, wie gleichfalls an diesem Fallbeispiel zu beobachten, ein Joe-Biden-Bashing zur Seite seht mitsamt einer gleichfalls rätselhaften Putin-Verehrung und mithin: der Respekt für eine radikalere und weit humorlosere Variante von Trumpismus.

Herrn Herbert Kickl aus Österreich, Schmutzwitzerfinder für Jörg Haider (1950-2008), wird das Vorhergehende fraglos zur Neuheit gereichen, des Gleichen Herrn Gauland aus Berlin und seiner Elevin Alice Weidel. Die Hitler im Einvernehmen mit ihrem Vorredner (und Idol) Karlheinz Weißmann, viele Jahre Studienrat in Northeim und als solcher Unsinn der von Weidel aufgesogenen und an Elon Musk weitergegebenen Art produzierend, etwa in Sachen des (National-) Sozialismus in seinem Buch Der Nationale Sozialismus (1998), propagiert hatte. Dass derlei noch zu toppen war, zeigte sich am 22. Januar 2025; als sie den sich ausgerechnet in Aschaffenburg, also in jenem Ort, für den die CSU-Abgeordnete Lindholz (CSU) mit ihren Hardcore-Parolen zu bürgen schien, den Messeranschlag eines von den bayerischen Behörden rechtswidrig nicht in Abschiebehaft genommen Schizophrenen aus Afghanistan als „Brandmauertoten“ zu kategorisieren sich nicht unterstand. Und die CSU-Größe Lindholz, dies vor allem als Lokalpolitikerin, schwer belastete. Ebenso wie den neben ihr stehenden Parteifreund aus dem Sauerland. Denn bedenken wir doch: Verantwortlich für den Tod des Zweijährigen und seines Beschützers in Aschaffenburg sind damit auch jene, die Merz und der CDU/CSU über Monate schwer zusetzten mit Bedenken der Art, eine CDU/CSU/AfD-Koalition gehe gar nicht. Im Gegenteil, so versichert uns nun die SA-nahe Höcke-Protagonistin aus der Schweiz – so man weitere Unruhen ob dieser Frage und weitere „Brandmauertoten“ vermeiden wollen. Sagt die Führerin einer Partei, in welcher bis heute noch nicht einmal der Begriff „Mauertote“ fehlerfrei über die Lippen ihrer Mitglieder geht.

Autor: Prof. Dr. Christian Niemeyer (Berlin)