„6:56 | Kibbutz Be’eri“

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Foto: DIG Würzburg

In der Kölner Synagoge wird eine Fotoausstellung zum Terrorangriff auf den Kibbuz Be’eri gezeigt

Von Roland Kaufhold

Der Gemeindesaal der jüdischen Gemeinde Kölns ist ohne jeden Zweifel der passendste Ort für diese ursprünglich von der Kuratorin Sabrina Zinke (Würzburg) konzipierte Foto-Ausstellung. Auf 20 eindrücklichen, aber nicht über das unvermeidlich gebotene Maß emotional dramatisierenden Fotos wird die Situation des am 7.10.2023 von den Hamas-Terroristen schwer attackierten Kibbuz Be’eri illustriert. Die Fotos wurden im November 2023 aufgenommen. Die Ausstellungsmacher hätten bewusst darauf verzichtet, „besonders verstörende Aufnahmen zu zeigen“, betonen die Ausstellungsinitiatoren um Sabrina Zinke in ihrer Projektskizze.

1200 Menschen lebten im Kibbuz Be’eri. Mindestens 131 Menschn wurden dort vorsätzlich in sadistischer Weise von den Hamas-Terroristen ermordet. Viele von ihnen hatten dem israelischen „Friedenslager“ angehört.

Bereits wenige Wochen nach dem Pogrom sind dennoch 20 BewohnerInnen wieder nach Be’eri zurückgekehrt; heute sind es schon 70. Weitere Kibbuzniks erwägen für später einmal eine Rückkehr – aber erst, wenn die Terrororganisation Hamas vernichtet ist. Yaniv Hegyi, ehemaliger Generalsekretär des Kibbuz Be’eri, hat dies in dem von Anita Haviv-Horiner (2024) herausgegebenen Sammelband in vergleichbarer Weise formuliert.

Eröffnung der Fotoausstellung in der Kölner Synagoge

Hannes Platz, rühriger Vorsitzender der DIG AG Köln und selbst promovierter Historiker, dankte der anwesenden Kuratorin Sabrina Zinke, die im Anschluss an die Eröffnung bewegend durch die Ausstellung führte, für ihre Initiative. Er lobte die kuratorische Arbeit: Der DIG AG Würzburg und Sabrina Zinke sei es zu verdanken, „dass wir ein weiteres Mal bedeutende Zeugnissen, hier Fotos, über das Massaker auf dem Nova-Festival und die gezielten Vergewaltigungen im Laufe des Pogroms“, sehen könnten. Nun könne man auch in Köln, in der Kölner Synagoge, Zeuge der unvorstellbaren Verbrechen werden. Der israelische Urheber der Fotos habe ein bedeutendes Zeugnis der Zerstörungen im Kibbutz Be’eri geschaffen. Wir seien „alle aufgerufen, unsere Zeugenschaft qua Anwesenheit in der Ausstellung und bei den Dokumentationen weiterzutragen“, so Hannes Platz. „In den Familien, an den Hochschulen, auf der Arbeit, auf Kundgebungen – überall“. Denn die Botschaft der Ausstellung sei mehr als deutlich: „Believe Israeli Women, Believe the Israeli People, Believe the Israeli Kibbutzniks and Kibbutznikits!“

V.l.: Dany Meyer, Andreas Stahl, Sabrina Zinke, Hannes Platz, Chana Bennett, Foto: DIG Köln

Die Zerstörungen in den Kibbutzim zeugten von der barbarischen Gewalt der Hamas und des Islamischen Jihads. Wer die Charta der Hamas aus dem Jahr 1948 zur Kenntnis genommen habe wisse, „dass 10/7 die gelebte Ideologie der Hamas war.“

Den Eröffnungsvortrag hielt Andreas Stahl, Mitarbeiter des Center for Antisemitism and Racism Studies der Katholischen Hochschule NRW sowie von RIAS NRW. Der Wissenschaftler, der zusammen mit KollegInnen in jüngster Zeit mehrere Publikationen der Gesellschaft für kritische Bildung herausgegeben hat – u.a. Benny Morris Standardwerk „1948“ in deutscher Übersetzung – , hielt einen Vortrag über die Rezeption des Massakers vom 7. Oktober. Er betonte, dass Hochschulen durch den Einfluss postkolonialer, postmoderner und queerer Theorien zu einem Dreh- und Angelpunkt antisemitischer und israelfeindlicher Agitation geworden seien.

Eindrucksvolle fotografische Szenen

Es sind insgesamt 20 eindrucksvolle Fotos, denen wir in der Kunstausstellung begegnen: https://656ausstellung.de/ausstellung/

Blick in die Ausstellung in Köln, Foto: R. Kaufhold

Wir sehen ein Klassenzimmer des Kibbuz mit 20 Boxen für die Schulmaterialien der Kinder. Im Hintergrund ein aufgesprengtes Fenster. Ein gelber Bagger, aus den Zeiten des friedlichen und der Zukunft zugewandten Lernens, einige Schultaschen, Namensschilder und einige selbstgemalte Kinderbilder sind zu sehen. Der Boden ist übersät mit Trümmerteilen. Erhalten geblieben ist in der Wand eine Kachel mit einem Blumentopf.

Auf einem weiteren Foto sieht man abgesprengte Teile einer Baracke. Davor parken Autos, ein herrenloser Stuhl liegt verloren auf dem Boden herum. Dennoch sieht man im Hintergrund, wie auf fast allen Fotos, eine sonnenbeleuchtete Blumen- und Bäumepracht. Sie symbolisiert eine friedliche Zeit, die es hoffentlich bald wiedergeben wird – wenn die Gefahr durch die Terrororganisation Hamas beseitigt wurde.

Auf einem Foto ein vollständig zerstörtes Auto. Es steht vor zahlreichen Bäumen, im Hintergrund sieht man mehrere Pavillons des Kibbuz Be’eri. Dann ein stark verwüstetes Haus, umrandet von Bäumen. Inmitten der Trümmer steht eine Israelfahne, Symbol einer unverwüstlichen zionistischen Hoffnung.

Auf einem weiteren Foto begegnen wir mehreren, stark zerstörten Pavillons. Es ist ein Inferno aus Füllmaterial und zerstreuten Brettern. Nur der Weg links von den Pavillons ist noch mühsam passierbar. Inmitten des Chaos liegt ein verloren wirkender Stuhl und ein Transportwägelchen, aus den Zeiten eines tiefen Glückes. Dennoch erblicken wir links und im Hintergrund prächtige Bäume, die einen Neuanfang erhoffen lassen.

Wir sehen einen Kindergarten, links ein umgekippter gelber Kinderstuhl, vorne rechts fünf orange, farbenprächtige Ablagekörbe für Lernmaterialien. Im Hintergrund ein wohl von einer Granate aufgerissenes Fenster mit einem aufgesprengten großen Lochkrater. Die Stahlträger weisen nach Innen, sie haben der Wucht der Zerstörung teils noch widerstanden. Auf dem Boden ein umgekippter Tisch, ein großes Spanntuch und abgerissene Deckenverstrebungen.

Dann auf einem weiteren Foto erhalten gebliebene Farben der Hoffnung und der Lebenszugewandtheit. Wir erahnen eine pinke Rutsche. Zahlreiche Einschusslöcher dokumentieren den sinnlosen Terror, das geplante terroristische Morden. Eine gelbe Schaukel liegt auf dem sandigen Boden, daneben umgestürzte, zerstörte Spielgeräte. Im Vordergrund unten liegt ein massiv-wuchtiger Betonbalken. Auf diesem liegt verloren eine hinterlassene Kinderbrille. Wir möchten nicht daran denken, was mit diesem unschuldigen Kind geschehen ist.

Blick in die Ausstellung, Foto: R. Kaufhold

Besuchsmöglichkeiten

Besuchsmöglichkeiten der Fotoausstellung in den Gemeinderäumen der Kölner Synagoge sind nur unter den notwendigen Sicherheitsmaßnahmen möglich.

Termine

Di., 19.11.2024 – 13:00 – 16:00 Uhr
Do., 21.11.2024 – 10:00 – 12:00 Uhr
Di., 26.11.2024 – 13:00 – 16:00 Uhr
Do., 28.11.2024 – 10:00 – 12:00 Uhr
Di., 3. 12.2024 – 13:00 – 16:00 Uhr
Do., 5.12.2024 – 10:00 – 12:00 Uhr

Einlass in die Ausstellung ist nur mit vorheriger Anmeldung mit Angaben von „Name, Vorname, Geburtsort, Geburtsdatum und Telefonnummer“ unter anmeldung@sgk.de und mit anschließender Anmeldebestätigung möglich. Besucher*innen müssen sich bei der Einlasskontrolle den Sicherheitsmitarbeitern gegenüber ausweisen.

Die Ausstellung ist im Anschluss in Bergisch Gladbach zu sehen.

Die Fotoausstellung 6:56 ist an den folgenden Terminen zugänglich – dabei ist stets der Eintritt frei:

Samstag, 30.11., 15-17 Uhr – eine Führung ist auf Wunsch möglich
Dienstag, 3.12., 16-18 Uhr – eine Führung ist auf Wunsch möglich
Samstag, 7.12.: 19-21 Uhr: Vernissage mit Geleitwort der DIG Würzburg, „Hope and Existence“ – Lieder mit Yael Anspach und Anna Sigalova
Freitag, 13.12., 19-21.30 Uhr: Szenische Collage mit Musik „Wir werden wieder tanzen! (Stimmen gegen Judenhass vor und nach dem 7. Oktober“, gefördert vom Büro der Antisemitismusbeauftragten des Landes NRW), Leitung: Sophie Brüss
Samstag, 14.12., 19-21 Uhr: Benefiz-Klavierkonzert für Nir Oz mit Dr. Roman Salyutov

Dauer und Ort: 30.11. bis 20.12. 2024: Rathaus Bensberg, Ratssaal, Wilhelm-Wagener-Platz,  51429 Bergisch Gladbach. Eintritt frei, Spenden willkommen.

Zu allen Terminen ist eine Anmeldung erforderlich: 656anmeldung@gmx.de oder über die Veranstaltungsseite Nir-Oz-Vereins: https://www.bgl-niroz.de/veranstaltungen/