Winning peacecamp

0
147

Nach dreijähriger Coronapause wird das Projekt peacecamp unter neuer Leitung wieder aufgenommen. Trotz der politischen Entwicklungen der letzten Jahre? Genau deswegen. 2023 stand peacecamp deshalb unter dem Motto: „now more than ever.“

Von Anna-Sophie Fritz

Es ist bereits dunkel, als der Bus über die Serpentinen des Ötschers im ruhigen Ort Lackenhof ankommt. An Board: die 28 jugendlichen Teilnehmer*innen aus vier unterschiedlichen Delegationen, sowie ihre Gruppenleitungen und zwei ehemalige Teilnehmerinnen, die dieses Jahr als Assistentinnen Teil des Teams sind. Begrüßt werden sie von der Projektleitung: der Sozialarbeiterin Lia Böhmer, der Theatermacherin AnnPhie Fritz und dem angehenden Mediziner und Musiker Lukas Hauptfeld. Neben der Planung und Vorbereitung des peacecamps leiten die drei auch dieses Jahr wieder Workshops an. Und so beginnt auch der erste Abend gleich mit einem Sprung ins kalte Wasser: Polaroids von unterschiedlichen Gruppen, deren Zuschreibungen nichts mit Herkunft oder Religion zu tun haben, werden angefertigt. Wer hier singt zB gern unter der Dusche? Wer ist nah am Wasser gebaut? Voll neuer Eindrücke geht ein langer Reisetag zu Ende und die Teilnehmer*innen fallen in die Betten der Zimmer, die sie sich teilen.

Das Aufweichen angelernter Gruppenzugehörigkeiten, der Abbau von Vorurteilen und die Auseinandersetzung mit der eigenen Identität stehen auch dieses Jahr wieder im Fokus. Eine Woche lang durchlaufen die Teilnehmer*innen ein intensives Workshop Programm.
In den Warm-Ups und Gruppenspielen sollen sich die Teilnehmer*innen aus ihrer Komfortzone heraus in ein „Gemeinsam-schaffen-wir-das“-Mindset hinein wagen. Gerade das stellt sich für eine Gruppe Jugendlicher, die pandemiebedingt einen guten Teil ihrer Pubertät zuhause vor Bildschirmen verbringen musste, als Herausforderung dar: Warum mitspielen, wenn es kein Gewinnen gibt? Warum Dinge ernst nehmen, wenn es endlich wieder Zeit ist, um Spaß zu haben? Und wieso raus aus gewohnten Bahnen – ist das nicht viel zu gefährlich?

Diese und andere Themen sollen in der täglichen Large Group den Raum bekommen, um angesprochen zu werden. Die Psychotherapeutin Cornelia Knünz und die Psychotherapeutin in Ausbildung Vanessa Kranic sind die einzigen beiden Erwachsenen während dieser täglich stattfindenden 1,5 stündigen Gruppensitzungen. Keine leichte Aufgabe – weder für sie, noch für die Jugendlichen.

Politisch wird es in der Workshopreihe Talks4Peace: Es geht um die Darstellung der eigenen Geschichte und deren Repräsentation in den Medien, um Privilegien und Eigenverantwortung. Schließlich geht es um Ideen, welche Impulse gesetzt werden können, um Veränderungen zu schaffen. Im November treffen sich alle Teilnehmer*innen dieses peacecamps, sowie alle interessierten ehemaligen und solche, die es vielleicht in Zukunft noch werden wollen, wieder – via Zoom. Dann können eigene Ideen für zukünftige Projekte vorgestellt und hoffentlich Verbündete dafür gewonnen werden. Ziel ist es, ein Netzwerk zu schaffen, das sich darin unterstützen, die Welt zu einem friedlicheren Ort umzugestalten.

A propos “gestalten”: Auch dieses Jahr ist peacecamp wieder reich an talentierten jungen Menschen, die eine Menge kreativer Ideen mitbringen. Das zeigt sich bereits am ersten Abend und gipfelt in der Abschlusspräsentation Show4Peace. Wer den Termin im Wiener Theater Dschungel verpasst hat, kann die Aufzeichnung auf unserem YouTube Kanal (siehe unten) sehen. Enden tut die Show 2023 mit der Erkenntnis, dass Gewinnen gar nicht so viel Spaß macht, wenn mensch dabei alleine ist. Und mit einem selbstgeschriebenen, humorvollen Song einer der Teilnehmerinnen aus der jüdischen Delegation, über den wichtigsten Aspekt des peacecamp.

Denn der wichtigste Workshop – das haben die Teilnehmer*innen 2023 sehr schnell verstanden- der wichtigste Workshop ist nicht das Warm Up, die Large Group, die Talks oder gar Arts, sondern die gemeinsam verbrachte Zeit dazwischen: die Gespräche abends auf dem Balkon, die gemeinsamen Pausen in der Korbschaukel, die Sessellift Fahrt auf einen der Gipfel der Umgebung. Dort findet das eigentliche peacecamp statt. Um aus dem oben erwähnten Song von Adi Adler zu zitieren:

“We are just a ball of piss, unsynchronised and stupid, but overall we want some peace….we want some peace”.