Bescheidene Häuschen für Kriegsheimkehrer und ihre Familien

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In Köln wird am 25.8. an den vergessenen jüdischen Architekten Manfred Faber erinnert

Von Roland Kaufhold

Der 1879 in Karlsruhe geborene und seit 1914 in Köln lebende jüdische Architekt Manfred Faber war über Jahrzehnte in Köln vollständig vergessen: Manfred Faber wurde im Mai 1944 in Auschwitz vergast. Nichts erinnerte mehr an sein Wirken als Architekt, obwohl Faber doch zahlreiche, auch heute noch auffindbare Spuren im Stadtgesicht Kölns hinterlassen hat. In den 1920er und 1930er Jahren war er einer der führenden jüdischen Architekten Kölns. Seine Bauten stehen für Lebensqualität für Normalverdienende sowie für architektonische Schönheit.

Orte seines Wirkens in Köln sind vor allem die linksrheinische, in Riehl beheimatete Naumannsiedlung sowie die rechtsrheinische, in Köln-Holweide liegende Märchensiedlung.

Erste Versuche der Erinnerung

Der in der Köln-Riehler Naumannsiedlung lebende Fotograf Rob Herff begann ab 2017, Spuren zu Fabers Wirken ausfindig zu machen. Dies erwies sich als äußerst schwierig. Selbst ein Foto Fabers war lange nicht auffindbar. Einer in Grevenbroich arbeitenden Archivarin gelang es nach mühsamer Recherche, ein Foto ausfindig zu machen, auf dem höchstwahrscheinlich Manfred Faber zu sehen ist.

Mit diesem Impuls begannen zaghafte Versuche einer Erinnerung an Kölns großen jüdischen Architekten – auch wenn das dem in Auschwitz Ermordeten auch nicht mehr hilft: Im Oktober 2021 wurde von der GAG in der Naumannsiedlung eine Gedenkplatte für Manfred Faber eingeweiht.

Foto: R. Kaufhold

Nachfolgend wurde von der Nippeser Bezirksbürgermeisterin Dr. Diana Siebert im November 2021 im Nippeser Bezirksrathaus eine von Rob Herff erstellte Fotoausstellung zur Naumannsiedlung gezeigt. 

Im Mai 2022 folgte dann die Einweihung einer Manfred Faber Stele in der rechtsrheinisch gelegenen Kölner Märchensiedlung

Für Riehl betonte Siebert in ihrer Ansprache, dass Manfred Faber in Köln bisher „viel zu wenig gewürdigt worden“ sei. Das wolle sie ändern. Sie könne sich vorstellen, dass sich nun auch der Name Faberplatz im Volksmund einbürgern könne. Es folgte ein Künstlerwettbewerb zur Gestaltung einer Faber-Skulptur auf dem Naumannplatz. Der Platz wurde autofrei gemacht.

Diesen Wettbewerb gewann der Künstler und Steinmetz David Semper mit seinem Entwurf „Wartende Säule“. Dieses Manfred Faber Kunstwerk wird am 25.8. in Köln-Riehl eingeweiht. Auch ein in Israel lebender Verwandter Manfred Fabers wird aus diesem Anlass nach Köln kommen.

Im Spätsommer 2022 wurde bekannt, dass nun auch in Grevenbroich geplant ist, an Manfred Faber in Form eines Denkmals zu erinnern. Faber hatte 1916/17 – da wohnte er bereits zwei Jahre in Köln – das Erftwerk in Grevenbroich und die dazu gehörende „Kolonie“ geplant. Einen Impuls hierzu gab der ortsansässige Geschichtsverein und dessen Vorsitzender Ulrich Herlitz. Als Ort eines solchen Faber-Denkmals in Grevenbroich schlug Herlitz die örtliche Wöhlerstraße vor, „wo noch gut 14 von Faber geplante Häuser stehen.“

Platz im Bau mit Fundament für das Kunstwerk, Foto: Bezirksamt Nippes

Literatur:
Herff, R. (O. J.): Spurensuche Manfred Faber: https://naumann-nachbarn-riehl.de/spurensuche-manfred-faber/ 
Kaufhold, R. (2021) Gesicht zurück geben. Herbst des Gedenkens an den jüdischen Architekten Manfred (Manuel) Faber in der Naumannsiedlung in Köln-Riehl, haGalil 10/2021: https://www.hagalil.com/2021/10/manfred-faber/ 
Kaufhold, R. (2022): Denkmaleinweihung für Manfred Faber in der Kölner Märchensiedlung, in: haGalil, 17.5.2022:
https://www.hagalil.com/2022/05/maerchensiedlung/
Kaufhold, Herff & Seifer-Rüttgen (2022): „Jedes Haus soll durch Anpflanzungen ein freundliches Aussehen erhalten.“ In Köln wird das Wirken des jüdischen Architekten Manfred Faber wiederentdeckt, haGalil, 5/2022: https://www.hagalil.com/2022/05/manfred-faber-2/ 

Infos zu Fabers Märchensiedlung: http://maerchensiedlung-koeln.de/

Ein Interview mit der Köln-Nippeser Bezirksbürgermeisterin Diana Siebert über das Riehler Manfred Faber Kunstwerk

Roland Kaufhold: Wie sind Sie auf Faber aufmerksam geworden?*

Diana Siebert: Auf zweierlei Weise. Einmal habe ich mir die fertig renovierte GAG-Siedlung im Riehler Naumannviertel angeschaut. Ich war darüber begeistert, wie originalnah die Siedlung aus den 1920er Jahren saniert worden ist. Ich interessierte mich für den Architekten: Manfred Faber, viel zu unbekannt, ermordet in Auschwitz. Nachdem ich 2020 zur Bezirksbürgermeisterin gewählt worden bin, sprach mich Rob Herff von der Nachbarschaftsinitiative an, ob wir nicht ein Denkmal errichten sollten. Ab da ließ mich Manfred Faber nicht mehr los. Nicht nur im Wort-und-Text-Erinnerungsdiskurs, sondern auch im öffentlichen Raum sollte Faber gewürdigt werden. Deshalb brachte ich in die Bezirksvertretung Köln-Nippes den Vorschlag für an Faber erinnernde Kunst im öffentlichen Raum ein. Der Beschluss war einstimmig.

RK: Sie sind selbst Historikerin. Welche Bedeutung kommt dem Erinnern an Manfred Faber aus Ihrer Sicht für Kölner zu?

DS: Erstens gibt es immer noch bei Vielen den Reflex, dass bei Juden ausschließlich an die Shoah und dann an die Nazis gedacht wird. Ihnen von haGalil brauche ich ja nicht zu erzählen, dass die Erinnerung an die Shoah äußerst wichtig ist, aber oft dasjenige verdeckt, was durch diesen Völkermord auch in Deutschland und Österreich verloren gegangen ist. Ähnlich wie die Wiederaufnahme der Tradition in einem jüdischen Karnevals-Verein oder der Lern- und Gedenkort Jawne (ein jüdisches Gymnasium der Zwischenkriegszeit) erinnern wir also auch an das lebendige, facettenreiche jüdische Leben.

Zweitens holen wir einen Architekten ins Rampenlicht, über den wir wenig wissen und auch wenig wissen können. Es gibt ja nicht einmal ein eindeutig ihm zuordnenbares Foto (vgl. Kaufhold et.al. 2022)

Manfred Faber scheint arbeitsam, bescheiden und wenig religiös gewesen zu sein. Er hat 1918 in einem Flugschrift genannten Text[i] bescheidene Häuschen für Kriegsheimkehrer und ihre Familien entworfen. Die später wirklich gebauten Siedlungen sind zwar vom Neuen Bauen geprägt, vermeiden aber die allzu rechteckig-kubische Nüchternheit.  Faber hat es mehr als verdient, dass wir ihn durch ein Kunstwerk im öffentlichen Raum bekannt(er) machen. Ich freue mich, dazu beitragen zu können.

[i] Diese mit „Billige Kleinwohnungen“ überschriebene Flugschrift Manfred Fabers, deren Realisierung sich vor allem in der Köln-Holweider Märchensiedlung nachvollziehen lässt, habe ich (RK) 2022 auf haGalil veröffentlicht, anlässlich der am 22.5.2022, zu Fabers 143. Todestages, eingeweihten Gedenktafel.