Die Erinnerung wachhalten

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Ulrich Bauche bei der Verleihung der Lappenberg-Medaille im Staatsarchiv Hamburg, 2019, Foto: Jürgen Ellermeyer

Am 19. April dieses Jahres wäre der Volkskundler und Historiker Ulrich Bauche (1928–2020) 95 Jahre alt geworden. Fast drei Jahrzehnte wirkte er am Museum für Hamburgische Geschichte. An sein über das Museum hinausweisendes, erinnerungspolitisches Engagement erinnert eine von Wilfried Weinke herausgegebene Neuerscheinung, die am Mittwoch, dem 19. April 2023 um 19 Uhr im Museum für Hamburgische Geschichte vorgestellt wird.

Unter den Autorinnen und Autoren sind zahlreiche Freunde, Mitstreiterinnen und frühere Kollegen von Ulrich Bauche wie Jürgen Bönig, Rolf Bornholdt, Ludwig Eiber, Detlef Garbe, Arno Herzig, Gisela Jaacks, Franklin Kopitzsch, Albrecht Lehmann, Wiebke Müller, Armin Peter, Ursula Wamser und Wilfried Weinke. Sie erläutern und dokumentieren in ihren Beiträgen, auf welch vielfältige Weise sich Bauches Anstöße und Anregungen in der Erinnerungskultur der Hansestadt niedergeschlagen haben und auch zur Einrichtung und Gestaltung Hamburger Gedenkstätten beitrugen. Ermöglicht wurde die Finanzierung dieses Erinnerungsbandes durch die Freunde des Museums der Arbeit, den Freundeskreis KZ-Gedenkstätte Neuengamme, den Verein für Hamburgische Geschichte und die Heinrich-Kaufmann-Stiftung / Hamburger Genossenschaftsmuseum.

Buchvorstellung am Mittwoch, 19. April 2023, 19 Uhr
im Museum für Hamburgische Geschichte,
Holstenwall 24, 20355 Hamburg

Den Abend moderiert Wilfried Weinke. Die Autorinnen und Autoren sind anwesend. Besucher werden das Buch durch ausgewählte Textpassagen kennenlernen.

Wilfried Weinke (Hrsg.): Die Erinnerung wachhalten. Ulrich Bauche und sein Wirken in Hamburg, VSA Verlag 2023, 192 S., Euro 19,80, Bestellen?

LESEPROBE

Vorwort

Als Ulrich Bauche am 23. Dezember 2020 im Alter von 92 Jahren starb, trauerten nicht nur seine drei Söhne und ihre Familien.

Auch zahlreiche Freunde, Kollegen und Weggefährten beklagten den Tod eines geschätzten und geachteten Menschen. In einer Traueranzeige im »Hamburger Abendblatt« betonten sie: »Die Stadt Hamburg verliert mit Ulrich Bauche einen bedeutenden Volkskundler, Kulturhistoriker und Museumswissenschaftler. Sie verliert eine zu Verständigung und Frieden stiftender Toleranz selbstverpflichtete Persönlichkeit.« An gleicher Stelle würdigten der Vorstand der »Stiftung Historische Museen Hamburg «, die Direktorinnen der einzelnen Museen sowie die »Stiftung Hamburger Gedenkstätten und Lernorte zur Erinnerung an die Opfer der NS-Verbrechen« Ulrich Bauche »als einen bedeutenden Wissenschaftler und einen engagierten Demokraten« sowie als »Wegweiser und Vorbild in der Hamburger Museumslandschaft«. An diesen Freund, Mentor und Experten möchte dieses Buch erinnern.

Für dieses Unterfangen konnten Beiträgerinnen und Beiträger gewonnen werden, die sich den unterschiedlichen Arbeits- und Interessengebieten Ulrich Bauches widmen. Gisela Jaacks würdigt seine vielseitige Tätigkeit als Kustos im Museum für Hamburgische Geschichte und die dort von ihm verantworteten Ausstellungen zur Sozial- und Wirtschaftsgeschichte Hamburgs. Die am 14. Dezember 1999 gehaltene Laudatio von Albrecht Lehmann, die dieser anlässlich der Verleihung des akademischen Titels eines Professors an Ulrich Bauche gehalten hat, verweist nicht nur auf den innovativen wie interdisziplinären Ansatz der Dissertation des Geehrten, sondern auch auf die »stimulierende und weiterführende Qualität« seiner Forschungen zur Arbeiterkultur sowie zur jüdischen Geschichte Hamburgs. Für Franklin Kopitzsch war Ulrich Bauche »ein Museumsmann, Volkskundler und Historiker von Rang«, dessen facettenreiches Lebenswerk er in einem detaillierten Überblick zu skizzieren versteht. Ludwig Eiber und Detlef Garbe, die ehemaligen Leiter der KZ-Gedenkstätte Neuengamme, zeigen auf, wie maßgeblich Ulrich Bauche an der Einrichtung des Dokumentenhauses Neuengamme, der Gedenkstätten Fuhlsbüttel und Poppenbüttel beteiligt war. Ulrich Bauches Engagement für die Demokratisierung der Hamburger Museumslandschaft stellt Rolf Bornholdt heraus, Jürgen Bönig beschäftigt sich mit der (Entstehungs-)Geschichte des Museums der Arbeit sowie Ulrich Bauches Anregungen und Impulsen.

Armin Peter weist auf die zahlreichen Beiträge Ulrich Bauches zum Hamburger Genossenschaftswesen und ihren Protagonisten hin. Die Arbeiterbewegung und die Geschichte der Juden in Hamburg waren die Themenfelder, die Arno Herzig mit Ulrich Bauche verbanden. Für Wiebke Müller war er der entscheidende Impulsgeber für ihre Hinwendung zur Provenienzforschung, insbesondere im Museum für Hamburgische Geschichte. Ursula Wamser und Wilfried Weinke zeigen auf, wie aus einer befristeten Arbeitsbeschaffungsmaßnahme eine auf gemeinsamen historisch-politischen Interessen basierende lebenslange Freundschaft entstand.

Rückblickend darf es als Glücksfall angesehen werden, dass die Freunde des Museums der Arbeit und der Verein für Hamburgische Geschichte anlässlich des 90. Geburtstages von Ulrich Bauche zu einem Empfang ins Museum der Arbeit eingeladen hatten. Dort konnte Rainer Nicolaysen, der Vorsitzende des Vereins für Hamburgische Geschichte, dem Jubilar verkünden, dass er mit der Lappenberg-Medaille ausgezeichnet werden würde. Die feierliche Verleihung fand am 10. April 2019 im Hamburger Staatsarchiv statt. Nur wenige Monate später, am 21. August 2019, stellten Jürgen Bönig, Rolf Bornholdt und Wolfgang Wiedey im Museum für Hamburgische Geschichte, der langjährigen Wirkungsstätte Ulrich Bauches, das Buch Ulrich Bauche. Genau hinsehen. Beiträge zur Gesellschaftsgeschichte Hamburgs einer interessierten Öffentlichkeit vor. Sehr zur Freude Ulrich Bauches, der den Herausgebern für die Veröffentlichung seiner an unterschiedlichsten Orten publizierten Arbeiten dankte.

In der Traueranzeige für Ulrich Bauche schrieb seine Familie: »Dein Leben und Wirken für mehr Menschlichkeit und gegen das Vergessen ist zu Ende gegangen. Es wird in Erinnerung bleiben.« Dieser Erwartung fühlen sich die Autorinnen und Autoren dieses Buches verpflichtet.

Wilfried Weinke

Bild oben: Ulrich Bauche bei der Verleihung der Lappenberg-Medaille im Staatsarchiv Hamburg, 2019, Foto: Jürgen Ellermeyer