76 Jahre nach seiner Hinrichtung erfährt der Retter von Baldersheim die ihm zustehende Ehrung…
Von Israel Schwierz
Am Mittwoch, den 7. April 2021 fand auf dem Marktplatz der Stadt Aub eine ganz außergewöhnliche Gedenkfeier statt. Geehrt wurde der vor 76 Jahren am gleichen Tag am gleichen Ort grausam hingerichtete Retter von Baldersheim Alfred Eck.
An der Gedenkfeier nahm – trotz COVID – eine erstaunlich große Anzahl von Gästen teil, unter ihnen auch Angehörige des Opfers. Sein Neffe meinte, er hätte es sich gewünscht, dass die inzwischen verstorbenen Verwandten auch hätten an der Feier teilnehmen können. Denn als sie noch lebten galt Alfred Eck s.A. in seinem Heimatort und darüber hinaus bei sehr vielen Ewiggestrigen und Neonazis nicht als Retter seines Heimatortes Baldersheim, sondern schlicht und einfach als Fahnenflüchtiger und Verräter. Diese Tatsache fiel 1985 ganz besonders unangenehm auf, als ein damaliger Schulamtsdirektor es zu verhindern wusste, dass die Grundschule in Aub den Namen des Retters von Baldersheim erhielt. Selbst heute noch sind viele Menschen in Aub der Meinung, dass die Schule den Namen nicht erhalten sollte. Der frühere, heute schon sehr betagte Schulamtsdirektor – ein SPD-Mitglied – hat seine damalige Überzeugung auch nicht geändert.
An diesem Mittwochabend jedoch wurde Alfred Eck zum ersten Mal nach seiner Hinrichtung am 7. Mai 1945 öffentlich Respekt erwiesen. Der Landrat von Würzburg, Thomas Ebert, verneigte sich vor dem Bild und würdigte damit einen 34 Jahre alten Mann, der sich „zum Schutz seiner Heimat für den Frieden aufgeopfert hat“.
Danach hob der Bürgermeister von Aub, Roman Menth, die Vorbildfunktion von Alfred Eck hervor: “Man kann es nicht oft genug betonen: Durch seinen Einsatz wurde Baldersheim gerettet und sinnloses Blutvergießen vermieden.“ Denn die Nachbarorte von Baldersheim – Aub, Burgerroth, Giebelstadt, Woklshausen, Euerhausen und viele andere Dörfer waren damals durch die US-Truppen schwer zerstört worden. Diese Tatsache hebt auch der Historiker Georg Menig hervor, der zusammen mit dem von Sonderschulrektor i.R. Frank Stössel gegründeten Arbeitskreis Geschichte eine Wanderausstellung zu Alfred Eck auf die Beine gestellt hatte. Diese Dörfer hatten keinen Alfred Eck, der mutig auf die US-Truppen zuging, ihnen den Weg durch die Minensperren zeigte und auf seine Kameraden einredete, wegen der aussichtslosen Situation die Waffen niederzulegen. Dafür hat er mit seinem Leben bezahlt, gleichzeitig aber viele Leben gerettet.
Die evangelische Pfarrerin Elke Gerschütz, die zusammen mit ihrem katholischen Kollegen Gregor Sauer eine Andacht hielt meinte: “Dazu gehörte sehr viel Zivilcourage.“ Beide Geistlichen standen tief bewegt vor der bronzenen Gedenktafel, die von nun an auf dem Auber Marktplatz an Alfred Eck „ein Opfer von NS-Terror und Willkür“ erinnern wird.
Sonderschulrektor i.R. Frank Stössel, Moderator der Geschichtswerkstatt, deren Mitglieder Zeitzeugen befragten, historische Quellen sichteten und bewerteten, um dadurch Vorurteile und Gerüchte auszuräumen, stand mit „tief bewegten Gefühlen“ mit einem Bund gelber Rosen am damaligen Hinrichtungsort. Er sei beschämt – so wendete er sich direkt an Alfred Eck s.A. – „weil man an der Aufrichtigkeit Deines Tuns Zweifel hegte.“ Er sei erfreut, „weil jetzt Deine Ehre hergestellt wird.“ Dann blickte er hinüber zu den Angehörigen und bat um Vergebung, weil viele Alfred Eck s.A. diese Ehre bis heute versagt hätten. „Wir empfehlen Dich der Jugend als Vorbild!“
Hans-Rainer Eck, ein Neffe des Opfers, war durch Frank Stössels Worte äußerst beeindruckt: „Er hat es auf den Punkt gebracht.“ Danach wurde die Gedenktafel mit dem folgenden Text feierlich enthüllt:
ZUM GEDENKEN AN ALFRED ECK. OPFER VON NS-TERROR UND WILLKÜR. HIER STARB ALFRED ECK. GEBOREN 12 . AUGUST 1910. HINGERICHTET AM GALGEN 7. APRIL 1945. ER BEWAHRTE SEIN HEIMATDORF BALDERSHEIM VOR DER ZERSTÖRUNG. DARAUFHIN WURDE ER VERHAFTET, MISSHANDELT UND VON EINEM UNRECHTMÄSSIGEN STANDGERICHT DER WEHRMACHT ZUM TODE VERURTEILT. IN DANKBARER ERINNERUNG STADT AUB
Es ist zu hoffen, dass auch in Aub und in Baldersheim die Anzahl der Ewiggestrigen und der Neonazis immer mehr abnimmt. Das würde Alfred Eck mit größter Sicherheit sehr gefallen. Natürlich wäre die Politik des Dorfes dazu in der Lage, endlich die Grundschule nach dem NS-Opfer zu benennen. Natürlich könnte auch die große Politik etwas tun. Wie wäre es, in Unterfranken oder gar in Bayern eine Bundeswehr-Kaserne nach diesem Helden zu benennen?
Fotos: Frank Stoessel