Drei Koffer mit Originaldokumenten aus dem Nachlass des Schriftstellers Max Brod wurden am Abend des 21. Mai 2019 in der Berliner Residenz des Botschafters des Staates Israel an Vertreter der Israelischen Nationalbibliothek (National Library of Israel) übergeben. Und dies war der Epilog einer wahrlich kafkaesken Geschichte…
Im Jahr 2013 versuchten zwei Israelis, dem Deutschen Literaturarchiv Marbach drei Koffer mit Dokumenten zu verkaufen. Als klar wurde, dass es sich dabei um gestohlenes Originalmaterial von Max Brod handelte, dem literarischen Nachlassverwalter Franz Kafkas, stellten die deutschen Behörden die Koffer sicher. Es folgte ein langwieriges Gerichtsverfahren, das sowohl in Israel als auch in Deutschland geführt wurde. Im Januar 2019 urteilte schließlich das Landgericht Wiesbaden, dass die Dokumente aus Brods Privatarchiv der Israelischen Nationalbibliothek in Jerusalem übergeben werden müssen.
Bei einem feierlichen Empfang in der Residenz von Botschafter Jeremy Issacharoff übergab nun der Vizepräsident des Bundeskriminalamts, Peter Henzler, die drei Koffer mit Manuskripten, Briefen, Notizen und Fotografien an Vertreter der Israelischen Nationalbibliothek.
Unter den Dokumenten war auch eine Postkarte aus dem Jahr 1910 mit der Unterschrift von Franz Kafka. Um es mit dessen Worten zu sagen: „Wirkliche Realität ist immer unrealistisch.“
„Diese Dokumente heute von den deutschen Behörden zu erhalten, ist eindeutig ein Akt der historischen Gerechtigkeit, da die aus dem Archiv von Max Brod gestohlenen Papiere nun an die Israelische Nationalbibliothek übergeben werden. Es ist besonders bewegend, dass diese Veranstaltung heute in der Residenz des Botschafters in Berlin stattfindet, im Rahmen einer bereits geplanten Veranstaltung zur Präsentation der Israelischen Nationalbibliothek.
Max Brod war ein Schriftsteller und Publizist, der einen bedeutenden Beitrag zur israelischen Kultur leistete und unermüdlich daran arbeitete, die Schriften von Franz Kafka zu veröffentlichen. Möglicherweise wären Kafkas Werke ohne seine Bemühungen der Welt verborgen geblieben.
Die Veranstaltung an diesem Abend zeigt, dass der kulturelle Bereich weiterhin ein wichtiges und expandierendes Feld innerhalb der Beziehungen zwischen unseren beiden Völkern ist. Ich bin mir sicher, dass die Übergabe dieser Dokumente an Israel und die Nationalbibliothek ein weiterer symbolischer Akt ist, der die kulturellen Beziehungen zwischen Israel und Deutschland weiter festigen und vertiefen wird.“
Jeremy Issacharoff, Botschafter des Staates Israel
„Die Israelische Nationalbibliothek ist sehr erfreut über diese erste Gelegenheit, ihre Mission, ihre Geschichte und ihre Sammlungen auch der Öffentlichkeit in Deutschland näher zu bringen. Durch ihre Aufgabe als weltweit zentrale Bibliothek des jüdischen Volkes und durch ihre reichen Sammlungen, die in unzähligen Wechselwirkungen mit der mitteleuropäischen Kulturgeschichte stehen, besitzt unsere Bibliothek hohe Relevanz auch für die Menschen in Deutschland.
Wir freuen uns ganz besonders, dass an diesem Abend auch bedeutende Teile des Nachlasses des Schriftstellers Max Brod an die Vertreter der Nationalbibliothek übergeben werden. Durch die professionelle Arbeit der deutschen Justiz und der Bundespolizei können diese Dokumente, die vor Jahren in Israel widerrechtlich entwendet wurden, nun wieder in den schriftlichen Nachlass Max Brods zurückkehren.“
David Blumberg, Chairperson of the Board of Directors
„Max Brod sagte einst über die ersten Begegnungen mit Franz Kafka: „[…] Es wäre auch schwer gewesen, ihn zu bemerken, der so selten das Wort ergriff und dessen äußeres Wesen überhaupt eine tiefe Unauffälligkeit war […].“ Ähnlich, wie es Max Brod mit seinem Freund Kafka bei den ersten Begegnungen ging, ging es unseren Ermittlerinnen und Ermittlern, als sie zufällig auf Manuskripte, Bücher, Briefwechsel, Notizen und Fotografien von Max Brod bei einer Durchsuchung im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens gegen Kunstfälscher stießen. Die vergilbten Dokumente waren in alten Koffern zwischen allerlei Trödel gelagert, ihren Wert haben sie dennoch schnell erkannt. Mich freut es sehr, dass wir die Dokumente sichern konnten und sie nun einen würdigen Platz in der National Library of Israel bekommen.“
Botschaft des Staates Israel, 21.5.2019
Bild oben: Die Koffer mit dem Brod-Nachlass und deren Übergabe, (c) Botschaft