Kafkas letzter Prozess

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Spannend und feinfühlig erzählt Benjamin Balint die unglaubliche Geschichte um den berühmtesten Koffer der Literaturgeschichte…

Eigentlich hätte sein bester Freund alles vernichten sollen. So wollte Franz Kafka, dass nach seinem Tod mit seinem literarischen Nachlass umgegangen werden sollte. Doch dieser Freund, Max Brod, sammelte die Manuskripte, Briefe und Kritzeleien Kafkas ein und nahm sie 1939 mit ins Exil als er die Heimat verlassen musste und nach Palästina auswanderte. Nach Brods Tod gingen diese literaturgeschichtlichen Schätze gemeinsam mit Brods eigenem Nachlass in die Hände von Esther Hoffe, Brods Sekretärin, Vertraute, Lebensgefährtin. Esther Hoffe wiederum vererbte die Schriftstücke später an ihre beiden Töchter.

Jahrzehntelang versuchten verschiedene Institutionen, allen voran das Marbacher Literaturarchiv und die Nationalbibliothek Jerusalem an den Nachlass zu gelangen. Entschieden wurde dieser filmreife Gerichtskrimi erst 2016 mit dem Urteil des Obersten Gerichtshofs in Israel vom Sommer 2016. Eva Hoffe, Esther Hoffes Tochter, musste daraufhin den Nachlass von Max Brod, und damit auch Kafkas, an die Nationalbibliothek in Jerusalem übergeben.

Benjamin Balint, geboren 1976 in den USA, der als Autor und Übersetzer aus dem Hebräischen in Jerusalem lebt, zeichnet die Geschichte kurzweilig und intelligent nach. Dabei geht es um Grundsätzliches: War Kafka vor allem ein jüdischer Autor? Ist sein Erbe daher in Israel am richtigen Platz? Darf sein Erbe ausgerechnet in Deutschland, in dessen Namen Kafkas Familie einst ausgelöscht wurde, aufbewahrt werden?

Mit großer Einfühlsamkeit, die für keine der Seiten Partei nimmt und dennoch klar und deutlich auf den Punkt kommt, zieht Balint einen roten Faden durch die Jahrzehnte, von Kafkas jüdischem Erbe, über seine zionistischen Bestrebungen, von der Freundschaft zwischen Kafka und Brod, dem Entschluss Brods, Kafkas Nachlass nicht zu verbrennen, über Brods Emigration bis zu seinem Leben in Israel. Balint erzählt von Israels schwierigem Verhältnis zur deutsch-jüdischen Literatur, das gerade dem deutschen Publikum nicht gut bekannt sein dürfte. Und nicht zuletzt erzählt er auch eine Geschichte von persönlichen Tragödien.

Ein wunderbares Buch! (al)

Benjamin Balint, Kafkas letzter Prozess. Aus dem Englischen von Anne Emmert, Berenberg Verlag 2019, 336 S., Euro 25,00, Bestellen?
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