Dass Israel als LGBT-Oase im Nahen Osten gilt, hat sich mittlerweile herumgesprochen. Doch was heißt das wirklich, im Alltag von queeren Menschen, jenseits der Megapartys der jährlichen Pride Parade? Erstmals widmet sich ein bei Hentrich & Hentrich erschienener Band auf Deutsch dem Thema…
Herausgeberin Nora Pester betont in ihrem Vorwort, dass das Buch nur ein Spotlight sein kann, „die Komplexität und die Vielzahl der (..) beteiligten Institutionen und Personen, aber auch die Geschwindigkeit der Rechtssprechung (…) erlauben keine abschließende Betrachtung“. Die sieben Beiträge zeichnen jedoch eine genaue Momentaufnahme, sowohl von der rechtlichen Situation der israelischen LGBT-Gemeinde, wie auch ihrer Selbstwahrnehmung, die im Kontext des Spannungsfelds zwischen säkularer Zivilgesellschaft und dem Selbstverständnis eines jüdischen Staates gesehen werden muss. Die Bilder von Ilan Nahum, die den Band durchziehen, zeigen vor allem intime Momente der Pride Paraden von Tel Aviv und Jerusalem 2017.
Besonderes Augenmerk legen die Beiträge einerseits auf in Israel gelebten alternativen Eltern- und Familienmodelle, die in Deutschland bisher weitgehend unbekannt sind, andererseits auf den Vorwurf des „pinkwashing“. Besonders erfreulich ist, dass der Band auch die innerisraelische Debatte kritisch aufgreift und mit der Feministin und LGBT-Aktivistin Noa Golani eine sehr deutliche Stimme zu Wort kommen lässt.
Ein schöner und wichtiger Band, der die Sichtweise auf Israel um einen wichtigen gesellschaftlichen Aspekt ergänzt. Unbedingt lesenswert!
Nora Pester (Hg.), Queer in Israel. Mit Fotografien von Ilan Nachum, Hentrich & Hentrich 2018, 168 S., 84 Abb., 24,90 €, Bestellen?