„Sind Muslime wirklich unfähig zur Selbstkritik?“ Unter dieser Schlagzeile veröffentlichte Oliver Jeges in der Berliner Tageszeitung „Die Welt“ einen Artikel, der am 9. August vom Standard nachgedruckt wurde. ((http://derstandard.at/2000004159686/Sind-Muslime-wirklich-unfaehig-zur-Selbstkritik)) Jeges ist Sohn einer Österreicherin und eines Ägypters. Er lebt als Journalist und Autor in Berlin…
Von Karl Pfeifer
Schon die einleitenden Zeilen machten mich neugierig: „Über Israel oder ‚den Westen‘ regt man sich gerne auf. Aber wenn in Syrien und im Irak Muslime abgeschlachtet werden, ist das selten der Rede wert. Darüber schweigt auch die friedliche Mehrheit der Muslime. Denn schuld sind immer die anderen.“
Ich ahnte, dass darauf eine Antwort kommen würde, denn die politische Korrektheit verbietet jegliche Kritik an Muslimen. Diese kam dann auch am 16. August von Benjamin Opratko, Projektmitarbeiter am Institut für Politikwissenschaft der Universität Wien, der die Darstellung von Islam und Muslimen in österreichischen Medien erforscht. ((http://derstandard.at/2000004410298/Schleier-lueften-Das-ist-ein-Erpressungsversuch))
Da beide Artikel nachzulesen sind, gehe ich hier nur auf die krasse Polemik von Opratko ein, der die Hauptaussage von Jeges so verzerrt: „Seine Kernthese von der muslimischen Unfähigkeit zur Selbstkritik beruht darauf, dass Menschen, die qua Selbst- oder Fremdzuschreibung als muslimisch gelten, sich zu allen im Namen des Islam in irgendeinem Teil der Welt begangenen Taten zu verhalten haben. Wer sich nicht lautstark von Al Kaida, IS, weiblicher Genitalverstümmelung, Steinigungen und was sonst noch als islamistisch gilt, distanziert, ist dieser Logik zufolge zumindest verdächtig, im schlimmsten Fall mitschuldig an all diesen Verbrechen, denn „nur weil man nichts mit dem Islamismus zu tun haben will, heißt das nicht, dass man nichts dagegen unternehmen muss“.
Das gilt aber natürlich nicht für alle, sondern eben nur – für „die Muslime“. Um die Struktur dieser Forderung zu verdeutlichen: Wer Juden und Jüdinnen, individuell oder als Kollektiv, als „jüdische Welt“, für die kriegerische Politik der israelischen Regierung oder gar für Terrorgruppen wie die Jewish Defence League oder Aufrufe zum Genozid an der Bevölkerung im Gazastreifen, zur Verantwortung ziehen will, wird sich zu Recht der Kritik ausgesetzt sehen, Antisemitismus zu bedienen.“.
Nun wird gerade die Forderung an Juden in der Diaspora sich vom Staat Israel zu distanzieren oft gestellt und sogar im Standard wurde schon behauptet, für die von Muslimen begangenen Ausschreitungen gegen Juden in Europa seien Israel, der Zionismus und die Solidarität der jüdischen Gemeinden mit dem jüdischen und demokratischen Staat verantwortlich.
Die „Jewish Defence League“ des Rabbi Kahane ist in Israel und in der Diaspora eine Randgruppe, die Partei des Rabbi Kahane kann in Israel nicht an Parlamentswahlen teilnehmen.
Was Opratko dabei noch „übersieht“ ist die Tatsache, dass in manchen staatlichen und halbstaatlichen muslimischen Medien im Nahen Osten schon die Kinder zum Judenhass erzogen werden und dass leider viele – insbesondere junge – Muslime in Europa diese Medien konsumieren.
Benjamin Opratko fragt: „Man stelle sich doch nur einmal folgende Artikelüberschrift in einer großen Tageszeitung vor: Sind Juden wirklich unfähig zur Selbstkritik?“ Österreichische Medien, die gerne und oft Juden und jüdische Israeli publizieren, die kein gutes Haar an den jüdischen Gemeinden beziehungsweise am jüdischen Staat lassen, müssen eine derartige Behauptung nicht aufstellen. Denn in keiner anderen Gemeinschaft wird so viel Selbstkritik geübt, wie in der jüdischen.
Leicht verspätet für 120 Wünsche, aber egal:
Herzlichen Glückwunsch!
Danke für das weitergegebene Wissen!
(Lernend, und sehr viel bedeutend)
Ente
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