Rechtes Gipfeltreffen

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Europäische Rechtsextreme versammeln sich mit russischen Nationalideologen: FN, FPÖ, Ataka…

Von Bernard Schmid, Paris

Der Titel, den die schweizerische Zeitung gewählt hatte, fiel reißerisch aus. Die Tatsachen, über die sie berichtete, waren deswegen nicht minder schwerwiegend. Unter der Überschrift „Gipfeltreffen mit Putins fünfter Kolonne“ berichtete der ,Tagesanzeiger’ am 03.06.14 über eine Zusammenkunft in Wien, welche am Samstag, den 31. Mai 14 stattgefunden hatte. Ihr Stattfinden, im Wiener Stadtpalais des Fürsten Liechtenstein, war im Vorfeld geheim gehalten worden. Rund 100 geladene Gäste kamen.

An ihr nahm als wohl prominentester Gast der faschistoide Ideologe eines russischen Neonationalismus, Alexander Dugin – Begründer der „Nationalbolschewistischen Partei Russlands“ und der „Eurasischen Bewegung“, er steht unter starkem Einfluss der französischen „Neuen Rechten“ unter Alain de Benoist mit ihren Vorstellungen von „Geopolitik“ – teil. An seiner Seite waren u.a. Adelige aus Russland und Georgien, der schwülstig-patriotische russische Maler Ilja Glasunow, kroatische Rechtsextreme und christliche Fundamentalisten.

Von Dugin stammt u.a. der Ausspruch: „Das Dritte Rom, das Dritte Reich und die Dritte Internationale“ – also kurz gefasst: das orthodoxe Christentum, Hitler und Stalin – „müssen sich im Kampf gegen die moderne Welt zusammenschließen.“ Gegenwärtig hat er mit seinen „Eurasien“-Konzepten einen nicht geringen Einfluss auf die russischen Machthaber und Medien, er lässt sich bis hinein in manche Ansprachen von Oberdemokrat Wladimir Putin ablesen. Auch in Deutschland hat er seine Anhänger, und beispielsweise der rot-braune so genannte „Journalist“ Jürgen Elsässer verbreitet seine Tiraden über sein ,COMPACT-Magazin‘; ((Vgl. http://juergenelsaesser.wordpress.com/2013/10/08/putin-trotzt-den-usa-interview-mit-alexander-dugin/ und http://juergenelsaesser.wordpress.com/2009/11/02/elsasser-spricht-in-moskau/)) er hatte bereits in der Vergangenheit Schwerkriminelle wie die serbischen Nationalisten Radovan Karadzic und Vojslav Seselj verteidigt. Den notorischen Kriegsverbrecher Karadzic verharmloste er etwa in den 1990er Jahren auf dem Titelblatt der ,jungen Welt‘, für welcher er damals arbeitete (später wurde ihm von ihr gekündigt), mit folgender wörtlichen Darstellung: „Asterix wirft mit Hinkelsteinen gegen das Imperium.“ In einer projektiven nationalistischen Identifikation verteidigt Elsässer vorwiegend russische und serbische, oft mörderische Nationalisten.

Doch am 31.05.14 in Wien mit von der Partei waren auch der Chef der österreichischen FPÖ, Heinz-Christian Strache (ihm soll der Tagungsleiter der Zusammenkunft, der russische Oligarch Konstantin Malofeew, das Fotografieren mit seinem Handy untersagt haben) und dessen Parteifreund John Gudenus. Auch der frischgebackene Europaparlamentarier des französischen Front National/FN und „Geopolitiker“, Aymeric Chauprade, und die französische Nationalabgeordnete des FN Marion Maréchal-Le Pen, der belgische „Nationalbolschewist“ Luc Michel und der Chef der bulgarischen rechtsextremen Partei Ataka, Wolen Siderow. Gemeinsam berieten sie u.a. darüber, wie (nach der Wortwahl der Organisatoren) Europa dank des segensreichen Wirkens Russlands „vor der Homosexuellenlobby gerettet“ und vor anderen satanischen Einflüssen bewahrt werden könne. Offizielles Thema war jedoch der 200. Jahrestag der „Heiligen Allianz“, welche 1814/15 auf dem Wiener Kongress versuchte, die durch die Französische Revolution ausgelöste Entwicklung in Europa – nach dem Sieg über Napoléon I. – zurückzudrehen.

Dem französischen FN war wohl an der Spitze nicht völlig wohl bei der Sache, er ließ seine Teilnahme dementieren. Aymeric Chauprade habe lediglich „den Teilnehmern guten Tag gesagt und ein wenig mit ihnen diskutiert, das ist Alles“(sic), ließ seine Umgebung verlautbaren. Marion Maréchal-Le Pen wiederum sei „aus privaten Gründen in Wien gewesen“ und habe nur FPÖ-Chef Strache guten Tag sagen wollen. Ja ja, natürlich, natürlich…

Am 16. März d.J. war bereits Aymeric Chauprades Reise als „Abstimmungsbeobachter“ auf der an die Russische Föderation angeschlossenen Halbinsel Krim – auf Einladung einer „Eurasischen Beobachtungsstelle“ des irren Belgiers Luc Michel – durch die Partei als „Privatreise“ heruntergestuft worden. Dorthin kamen zum natürlich gaaaaaaanz demokratischen „Referendum“ zum Anschluss der Krim an Russland, am 16.03.14, auch Johann Gudenus von der FPÖ, der spanische Neonazi Enrique Ravello, ein Mitglied des belgischen Vlaams Belang… und ein paar verwirrte Linke. Am 06. Mai 2014 wiederum nahmen Marion Maréchal-Le Pen vom französischen Front National und Frank Creyelman vom (nord)belgischen Vlaams Belang – also der Partei „Flämisches Interesse“ – an einer Zusammenkunft in Belgrad teil. Auf Einladung der russischen Botschaft in Serbiens Hauptstadt fand dort ein Forum unter dem Titel ,The Balkan dialogue 2014‘ statt, welches die russische Duma organisiert hatte. Also das Parlament der Russischen Föderation, dessen Präsident Sergej Naryschkin am 12. April dieses Jahres Marine Le Pen in Moskau empfingh. Am 06. Mai 2014 in Belgrad war dann neben Marion Maréchal-Le Pen (der Nichte von Marine, Enkelin von Jean-Marie Le Pen und derzeit mit dessen Urenkel oder Urenkelin schwanger) auch der europapolitische Berater von Marine Le Pen, Ludovic de Danne, mit vor Ort.

Für das Nachfolgetreffen der Wiener Tagung vom 31.05.14 wurde als Austragungsort Moskau im Januar 2015 vereinbart. Ein Teilnehmer hatte die Krim vorgeschlagen, doch andere wandten ein, dort sei es im Januar zu feucht und zu ungemütlich. Wir wiederum schlagen vor, die ganze Bagage ein bisschen weiter östlich zu verfrachten und in Sibirien zu versammeln.