Anti-Demokratisch: Neocons erpressen die US-Politik

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Streit über „Obamacare“ legt USA lahm – Regierung und Verwaltung in den USA sind seit Dienstag zum großen Teil lahmgelegt, weil ihre Finanzierung nicht mehr gewährleistet ist. Der rechte Flügel der Republikaner hatte den neuen Haushalt aus Protest gegen die bevorstehende Gesundheitsreform blockiert. Einige Kommentatoren kritisieren, dass eine radikale Gruppe aus ideologischen Gründen die Konjunktur in den USA und damit die Weltwirtschaft gefährdet. Andere mahnen beide Seiten zur Annäherung…

Der Standard – Österreich
Es droht der finanzielle Super-GAU

Mit seiner Starrköpfigkeit könnte der rechte Flügel der Republikaner einen weltweiten finanziellen Super-GAU auslösen, fürchtet die linksliberale Tageszeitung Der Standard:

„Die tiefe Spaltung der amerikanischen Gesellschaft und das besondere Wahlsystem ermöglichen es, dass eine extremistische rechte Minderheit eine gesamte Nation in Geiselhaft nimmt. Die gelassene Reaktion der Finanzmärkte täuscht: Die Gefahr für einen finanziellen Super-GAU ist in den kommenden Wochen größer denn je. … Erst wenn die Wähler im eigenen Wahlkreis die Folgen solch verantwortungslosen Handelns zu spüren beginnen, könnte bei den Abgeordneten ein Umdenken einsetzen. Doch dafür müsste das Schlimmste erst tatsächlich eintreten – steigende Zinsen, fallende Märkte, gefährdete Banken. Und das hätte Folgen nicht nur für die USA, sondern für die ganze Weltwirtschaft. Obama selbst kann nicht viel tun. … Es liegt an seinem Gegenspieler Boehner, die Macht der Fanatiker zu brechen und wieder Vernunft in Washington einkehren zu lassen.“ (02.10.2013) deutsch

Rzeczpospolita – Polen
Tea Party verletzt demokratische Spielregeln

Mit ihrer Haushaltsblockade wollen die radikalen Republikaner erzwingen, dass die bereits beschlossene Gesundheitsreform aufgeschoben wird. Doch damit verletzen sie die demokratischen Spielregeln, kritisiert die konservative Tageszeitung Rzeczpospolita:

„Die Republikaner hassen die Gesundheitsreform regelrecht, die Obama in die Wege geleitet hat. Das ist zwar ihr heiliges Recht; auch ein großer Teil der US-Wähler will ‚Obamacare‘ nicht. Sie dürfen die Reform kritisieren und auch versuchen, das Recht zu ändern, indem sie die Mehrheit im Senat gewinnen und ihren Kandidaten ins Weiße Haus schicken. Doch ist es ein Fakt, dass der US-Kongress diese Reform bereits abgesegnet, der Präsident sie unterschrieben und der Oberste Gerichtshof sie für legal erklärt hat. In einer Demokratie sollte dies eigentlich bedeuten, dass damit der Streit geschlichtet und beendet ist. Doch versuchen die Republikaner nun, die Reform weiter auf diese Weise zu torpedieren.“ (02.10.2013) polnisch

The Irish Times – Irland
Blockade gegen alle Vernunft

Mit ihrer absurden Opposition gegen „Obamacare“ haben die konservativen Republikaner den Stillstand der US-Verwaltung zu verschulden, analysiert die linksliberale Tageszeitung The Irish Times:

„Die Gesundheitsreform wurde nach einer brutalen legislativen Schlacht von beiden Häusern des Kongresses beschlossen und vom Obersten Gerichtshof geprüft, nachdem Obama sie mit seiner Unterschrift zum Gesetz gemacht hatte. Für ihre konservativen Kritiker ist das nicht genug. Sie haben diese bescheidene, marktorientierte Reform, die die Ausweitung von privater Krankenversicherung subventioniert, absurderweise als ‚verstaatlichte Medizin‘ bezeichnet. Es ist bedauerlich für die USA, dass der dynamischste Teil der Republikaner gleichzeitig der am wenigsten kompromissbereite ist. … Wenn sich in den kommenden Tagen am Capitol Hill [im Regierungsviertel] nicht die Vernunft durchsetzt und der Aufschwung der US-Wirtschaft zu stocken beginnt, werden die Auswirkungen weltweit zu spüren sein.“ (02.10.2013) englisch

Hospodářské noviny – Tschechien
USA ist Geisel der extremen Meinungen

Der „Shutdown“ kommt für die wirtschaftsliberale Tageszeitung Hospodářské noviny nicht überraschend, werde es doch in den USA immer schwieriger, große programmatische Kompromisse zu finden:

„Der rechte Flügel der konservativen Republikaner verweigert sich der Tatsache, dass der demokratische Präsident Obama die letzten beiden Wahlen ziemlich überzeugend gewonnen hat. Populistisch und demagogisch warnen sie vor einem US-amerikanischen Sozialismus europäischen Typs und blockieren Obamas Politik aus ideologischen Gründen. Progressive Liberale des linken Flügels der Demokraten legen die Realität aber auch aus, wie sie wollen. … Beide Parteien sind zu Geiseln der extremen Meinungen an ihren Rändern geworden. In ein paar Wochen müssen sich die Politiker darüber einigen, wie sie nicht nur den Betrieb der föderalen Regierung finanzieren wollen, sondern des ganzen Landes. Vor zwei Jahren führten sie die USA vor aller Augen an den Rand des Staatsbankrotts. Es ist Aufgabe der politischen Führung des Landes, die Serie von Krisen zu beenden. Sonst werden die USA aus einer Weltmacht zu einem Land im Niedergang.“ (02.10.2013) Hospodářské noviny

Svenska Dagbladet – Schweden
Obama ist in der Verantwortung

Im US-Haushaltsstreit nimmt die liberale Tageszeitung Svenska Dagbladet Barack Obama in die Pflicht:

„Der Präsident hat nicht gezögert, die Schuldigen zu benennen: ‚eine Gruppe Extremisten‘, die seit Jahren gegen Obamas Gesundheitsreform kämpft und deshalb jetzt den Haushalt blockiert. Dieses Bild ist auch in Schweden verbreitet. … Barack Obama ist der mächtigste Mann der Welt mit dem verantwortungsvollsten Amt. Er stellte sich außerdem mit dem Versprechen zur Wahl, die Polarisierung in der amerikanischen Politik zu beenden. Jetzt spielt er mit dem höchstmöglichen Einsatz – der Weltwirtschaft – um sein politisches Lieblingskind [die Gesundheitsreform]. Politik kann ein schmutziges Geschäft sein. Aber es ist zulässig, dass die Opposition die politischen Möglichkeiten ausreizt, um zu verhindern, dass der Gegner seine Politik durchsetzt. Es ist Obamas Verantwortung, die USA über diesen toten Punkt hinweg zu führen.“ (02.10.2013) schwedisch

Vilniaus diena – Litauen
Obama darf Israels Atomwaffen nicht ignorieren

Bei einem Treffen mit US-Präsident Barack Obama hat Israels Ministerpräsident Benjamin Netanyahu am Montag in Washington auf eine harte Linie im Atomstreit mit Iran gepocht – trotz der moderaten Töne aus Teheran. Israel ist aber auch nicht frei von Tadel, meint die Tageszeitung Vilniaus diena:

„Israel ist der einzige Staat in der Region des Nahen Ostens und einer von wenigen Staaten in der ganzen Welt, die den Atomwaffensperrvertrag nicht unterzeichnet haben – wobei sogar Iran dies gemacht hat. Expertenschätzungen zufolge soll Tel Aviv über mindestens hundert nukleare Sprengköpfe verfügen. Doch das Land hat weder jemals zugegeben noch dementiert, dass es Atomwaffen besitzt. Auch die Arsenale von israelischen Chemiewaffen sind bisher weder bestätigt noch verneint worden. … Wenn Obama sich schon entschieden hat, den Nahen Osten von Massenvernichtungswaffen zu säubern, kann er auch die Fragen hinsichtlich der Arsenale Israels nicht mehr ignorieren.“ (01.10.2013) litauisch

Sicherheit:
Europa braucht die USA
Die Brutalität der Dschihadisten ist grenzenlos. Nur wenn die westlichen Regierungen ihnen schonungslos begegnen, können sie in Schach gehalten und besiegt werden…

 

 

3 Kommentare

  1. Hi Kyniker,
    viele nette und kluge KommentatorInnen haben ja hier (was die „Nazi-Kommentare“ hier betrifft) das Weite gesucht, aus mehr als verständlichen gründen….
    Aber Du bist echt ne Leuchte, absolut! Weiter so!

    • Hallo, Uri Degania,

      herzlichen Dank!
      Muss aber leider sagen, dass ich auf Grund gesundheitlicher Probleme mich ab und zu zurückziehen muss.

      Ich werde aber, so es geht, meine Kommentare weiterhin schreiben.

      Ãœbrigens: Ihre Beiträge sind auch für mich ein Bereicherung – weiter so!!

      Liebe Grüße
      Kyniker

  2. „Tea Party verletzt demokratische Spielregeln“

    nun, wer hätte das gedacht. Wenn sich Jugendliche mit automatischen Waffen erschießen, ist es die „gottgewollte“ Ordnung, da jeder USA Bürger ein Recht auf Waffenbesitz hat. Aber wehe, die Verletzten werden auf Grund Obamas Gesundheitsreform im Krankenhaus kostenlos behandelt: das ist für die „Kommunismus“.

    Ich hoffe nur, dass Obama und die Demokraten deutlich machen werden, wer für die USA schädlich und für die Situation schuldig ist.

    Kyniker

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