Strafprozess gegen Dogan Akhanli

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Am 31. Juli wird in Istanbul der 2. Strafprozess gegen den Menschenrechtler und Schriftsteller Dogan Akhanli stattfinden…

Akhanli war 2011 vom Vorwurf eines bewaffneten terroristischen Raubüberfalls im Jahre 1989 freigesprochen worden. Das Kassationsgericht in Ankara hatte den Freispruch im Februar 2013 aufgehoben und zur Neuverhandlung an das Strafgericht in Istanbul überwiesen. Das Revisionsurteil fordert eine lebenslange Haftstrafe für Akhanli.

Eine 20-köpfige Delegation aus Deutschland und Vertreter des deutschen Konsulats in Istanbul werden den Prozess beobachten. Die Delegation spricht für zahlreiche Menschenrechts-, Künstlerorganisationen und politische Parteien. Sie fordern, wie namentlich Günter Wallraff, prominentes Mitglied der Delegation, einen erneuten Freispruch und kritisieren das Revisionsurteil als Versuch, einen unbequemen Kritiker der türkischen Verhältnisse mundtot zu machen.

Tatsächlich verweigern die Revisionsrichter im Februar 2013 ausdrücklich, alle Akhanli entlastenden mündlichen Zeugenaussagen aus den Jahren 2010 und 2011 auch nur zur Kenntnis zu nehmen. Für sie haben ausschließlich die Polizeiprotokolle aus den Jahren 1989 und 1992 Gewicht. Dabei kümmert es die Revisionsrichter nicht, dass diese Protokolle sich in erheblichen Teilen selbst widersprechen und dass die in ihnen enthaltenen belastenden Zeugenaussagen nachweislich durch Folter erpresst oder manipuliert wurden.

Mit dem Versuch, den Istanbuler Richtern eine lebenslange Haftstrafe vorzuschreiben, enthüllen die Richter aus Ankara ihre eigentliche Absicht. Es geht ihnen ohne den Anschein von Beweisen nur um eines, Dogan Akhanli in ein zweites Exil zu zwingen und seine Stimme in der Türkei zu unterdrücken.

Akhanli ist im In- und Ausland ein bekannter Kritiker des Genozids an den Armeniern – aber er ruft auch zum Dialog auf: über jede Gewalt, die der Staat gegen Minderheiten ausübt und die er zwischen (angeblich) verfeindete Volksgruppen sät. Diese Haltung unterstützen wir. Sie prägt auch die aktuelle Demokratiebewegung in der Türkei, die sich gegen den staatlich organisierten Hass auf Andersdenkende und Andersfühlende stellt. Und die genauso wie wir fordert, dass es ein Ende haben muss mit den willkürlichen Inhaftierungen und Gerichtsurteilen gegen Menschen, die in eine freie und gleichberechtigte Zukunft aufbrechen wollen.

Der Prozess findet am 31.7., 9.30 Uhr im Istanbuler Gerichtsgebäude statt (Çağlayan Meydanı, Şişli Merkez Mah., Abide-i Hürriyet Cad. No: 223, Şişli / İstanbul).

Wir laden zur Pressekonferenz am 30.7., 17.00 Uhr in die Räume des IHD (ÇUKURLU ÇEŞME SOKAK, BAYMAN APARTMANI, NO:10/1, TAKSİM / İSTANBUL) ein.

Es sprechen

* Günter Wallraff, Autor
* Felix von Grünberg, Mitglied des Landtags NRW
* Beriwan Aymaz, Bundestagskandidatin der Grünen.

Verantwortlich:

Initiative Gerechtigkeit-fuer-dogan-akhanli.de

Zum Hintergrund: Freiheit für Doğan Akhanlı

8 Kommentare

  1. Als Letztes: Ein gelungenes Interview Dogan Akhanlis mit dem SPIEGEL, 2010, als er in der Türkei zu Unrecht inhaftiert war:
    http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-74090740.html

    Ein Auszug hieraus:
    „Akhanli: Wenn ich nicht von einer lebenslangen Haftstrafe bedroht wäre, könnte ich über meine Situation wirklich lachen. Ich komme mir vor wie Franz Kafkas Romanfigur Josef K. – nicht nur, weil ich unschuldig verhaftet worden bin. In der Anklageschrift wird behauptet, ich wäre unter dem Decknamen „Dogan K.“ Kopf einer illegalen Organisation gewesen. Dabei ist die einzige Organisation, die ich je begründet habe, die Raphael-Lemkin-Bibliothek in Köln. Sie besteht aus einem einzigen Regal – es ist allerdings voller Bücher über den Völkermord an den Armeniern durch die türkische Armee.“
    Die Raphael-Lemkin-Bibliothek wartet übrigens immer noch darauf, dass eine größere Kölner Institution (Stadtbibliothek, NS-DOK) „ihr Asyl gewährt“…

    Beiträge hierzu:

    http://www.welt.de/print-welt/article308821/Ein-Moses-gegen-den-Voelkermord.html

    http://mkll.de/?page_id=246

    http://www.lesen-in-muelheim.de/treibgutdetail.php?ID=315

    http://www.ksta.de/koeln-uebersicht/koelner-appell-kampf-gegen-voelkermord,16341264,13297560.html 2007

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