Angeschlagene Pressefreiheit in Nahost

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Der „Arabische Winter“ wird eisig. So überschreibt die internationale Organisation zur Überwachung der Pressefreiheit „Reporter ohne Grenzen“ (ROG) ihre jährliche Auflistung der Pressefreiheit im Mittleren Osten…

Von Ulrich W. Sahm, Jerusalem, 29. Januar 2013

Spitzenreiter, ohne jede Beanstandung, sind Finnland, gefolgt von den Niederlanden, Norwegen und Luxemburg. Österreich steht auf Platz 12 zwischen Estland und Jamaica. Die Schweiz ist um 6 Punkte auf Platz 14 gesunken. Deutschland rangiert auf Platz 17, immerhin vor Costa Rica und Namibia. Die USA haben sich um 15 Punkte verbessert und stehen jetzt auf Platz 32.

Besonders in den arabischen Ländern wird nach den Umbrüchen und Protesten des Jahres 2011 erkennbar, ob Journalisten heute freier berichten können oder ob die neuen Machthaber die Medien genauso streng kontrollieren wie ihre Vorgänger. „In vielen arabischen Staaten müssen Pressefreiheit und der Schutz von Journalisten verbindlich in Gesetzen festgeschrieben werden“, fordert laut Pressemitteilung von ROG Astrid Frohloff, Vorstandssprecherin von Reporter ohne Grenzen in Berlin.

Sogar in Mali (Platz 99), zwischen Mongolei und Georgien gelistet, wo zur Zeit französische Truppen mit deutscher Hilfe gegen El Kaeda und Salafisten Krieg führen, herrschen für Journalisten paradiesischere Zustände, als in Israel (Platz 112), das zwischen Panama und Montenegro platziert wurde.

Früher hat ROG das Kernland Israels und die als „Palästinensergebiete“ bezeichneten besetzten Gebieten als „Israel exterritorial“ separat aufgeführt. Deshalb sank Israel um ganze 20 Punkte.

„In Israel selbst bleibt trotz echter Pressefreiheit die Militärzensur ein strukturelles Problem“, heißt es bei ROG. Tatsächlich muss jeder Journalist ein Papier unterzeichnen, in dem er sich verpflichtet, sicherheitsrelevante Nachrichten der Zensur vorzulegen. In der täglichen Arbeit hat diese Zensur im Zeitalter des Internet kaum noch Bedeutung. Es wäre zu prüfen, wie selbst „freie“ westliche Länder ohne offizielle Zensur reagieren, wenn Journalisten militärische Geheimnisse verraten, die das Leben von Soldaten oder Zivilisten akut gefährden. Bekanntlich befindet sich Israel im Kriegszustand, nicht nur mit Palästinensern, sondern auch mit zahlreichen Terror-Organisation und arabischen Staaten. Palästinensische Quellen berichten stolz, wie sich Journalisten an gewalttätigen Demonstrationen aktiv beteiligen, um dann Israel wegen ihrer Verhaftung zu verurteilen.

Die schlechten Noten erhielt Israel wegen seiner Militäraktion im November in dem bekanntlich seit 2005 vollständig geräumten Gazastreifen. Israelische Kampfflugzeuge hatten nach andauerndem Raketenbeschuss der Hamas eine Pressezentrale angegriffen, in der die Hamas Stellung bezogen hatte, um Raketen auf Israel abzuschießen (so Darstellungen von Journalisten vor Ort und des israelischen Militärsprechers).

In der ROG Pressemitteilung heißt es: „Während der Gaza-Offensive im November griffen seine Streitkräfte gezielt Journalisten und Redaktionen mit Verbindungen zur Hamas an.“ Israel wird auch vorgeworfen, Journalisten in den palästinensischen Gebieten „willkürlich“ zu verhaften. Da ROG keine weiteren Details liefert, lässt sich nicht nachprüfen, ob die Journalisten wegen ihrer Pressearbeit verfolgt oder verhaftet worden sind, oder wegen Gesetzesverstößen und Vergehen, die mit ihrer journalistischen Arbeit nichts zu tun haben. Das gilt auch für bemängelte Pressefreiheit in anderen Ländern.

Obgleich Israel für die Übergriffe in den „Palästinensergebieten“ kritisiert wird, gibt es die separate Rubrik „Palästinensische Gebiete“. Die ist immerhin um 7 Punkte auf Platz 146 aufgestiegen. Eine Annäherung der palästinensischen Autonomiebehörde in Ramallah und der islamistischen Hamas-Organisation habe laut ROG einen „positiven Einfluss“ auf die Informationsfreiheit und die Arbeitsumgebung für Journalisten gehabt.

Weit abgeschlagen werden die meisten arabischen Länder mit und ohne „Frühling“ aufgelistet. Unter den Schlusslichtern befinden sich überwiegend islamische Länder wie Jemen (171), Sudan (170), Iran (174), Somalia (175) und Syrien (176), aber auch Länder wie Laos, Kuba, Vietnam, China, Turkmenistan und Nordkorea auf dem vorletzten Platz 178 vor Eritrea.

(C) Ulrich W. Sahm / haGalil.com

2 Kommentare

  1. Die israelischen Massenmedien sind in der Regel selbstkritisch und wer einmal gesehen hat, wie israelische Journalisten Politiker während einer Pressekonferenz fragen und dies vergleicht zum Beispiel mit Österreich, der kann feststellen, dass es auch den meisten österreichischen Journalisten gut tun würde, wenn sie von ihren israelischen Kollegen und Kolleginnen lernten.

  2. „Es wäre zu prüfen, wie selbst „freie“ westliche Länder ohne offizielle Zensur reagieren, wenn Journalisten militärische Geheimnisse verraten, die das Leben von Soldaten oder Zivilisten akut gefährden. “

    DAs hatte ich auch gedacht als ich den bericht gelesen hatte.
    Es duerfte kein einziges land auf der welt geben, dass nicth
    solche gesetze hat.

    „lässt sich nicht nachprüfen, ob die Journalisten wegen ihrer Pressearbeit verfolgt oder verhaftet worden sind, oder wegen Gesetzesverstößen und Vergehen, die mit ihrer journalistischen Arbeit “
    es ist allgemein nicht besonders schwer egal fuer wen an einen
    presseausweis zu kommen…

    ich denke die israelische presse braucht sich nicht zu
    verstecken. weil sie einiges vielfaeltiger berichtet als die
    presse in so manchen anderen entwickelten laendern.

    J

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