Palästinenser gegen Herodes-Ausstellung

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Das Jerusalemer Israel Museum hat die Eröffnung der weltweit ersten Ausstellung über das architektonische Erbe von König Herodes am 12. Februar angekündigt. Doch rund um die Aufsehen erregende Ausstellung entwickelt sich schon eine politische Kontroverse…

Von Ulrich W. Sahm, Jerusalem, 20. Januar 2013

Hamdan Taha, stellvertretender Minister für Altertümer in der Palästinensischen Autonomiebehörde, kritisierte die geplante Ausstellung, weil die Ausstellungsobjekte unter Verletzung internationaler Konventionen ohne palästinensische Zustimmung aus dem besetzten Westjordanland nach Israel gebracht worden seien. Weder die Ausgrabung auf dem Herodionberg südwestlich von Bethlehem noch die Ausstellung seien mit der palästinensischen Behörde koordiniert worden. „Die Ausgrabung ist ein weiteres Beispiel für die Verwendung von Archäologie und Geschichte für ideologische Zwecke … Das dient nicht einem umfassenden Frieden zwischen den beiden Völkern, dem palästinensischen und israelischen Volk“, sagte Taha dem arabischen TV-Sender Al Arabija. Der Herodionberg liegt im israelisch besetzten „C-Gebiet“, außerhalb der von Palästinensern seit den Osloer Verträgen verwalteten Territorien.

Museumsdirektor James Snyder erwiderte, keine Beschwerden von der Palästinensischen Autonomiebehörde empfangen zu haben. Israel sei verantwortlich für die Archäologie im Westjordanland. In Übereinstimmung mit dem Völkerrecht würden die Funde nach Ende der Ausstellung am 5. Oktober wieder an ihren Ursprungsort zurückgebracht. Bei einem Archäologenkongress in Jerusalem vor einigen Monaten war die Rede von Plänen, das riesige Mausoleum mit den Originalsteinen am Abhang des Herodions wieder zu errichten.
König Herodes war der König in Judäa vor 2000 Jahren und einer der größten Bauherren aller Zeiten. Im Israel Museum soll das mit den Originalfunden rekonstruierte monumentale Mausoleum des umstrittenen biblischen Königs gezeigt werden. Über 30 Tonnen Säulen, behauene Steine und vor Ort gefundene Reste von drei zertrümmerten Sarkophagen wurden in das Museum gebracht, wo Restaurateure seit über zwei Jahren damit beschäftigt sich, teilweise winzige Funde wie ein Puzzle wieder zusammen zu setzen. Bei der Ausstellung soll auch der rekonstruierte Thronsaal aus dem Palast des Herodes in Jericho gezeigt werden, sowie die Nachbildung der königlichen Loge im Theater, die neben dem Mausoleum freigelegt worden ist. Sie ist noch zu Lebzeiten des Herodes wieder zugeschüttet worden und deshalb bestens erhalten. Sie war mit Freskos in schillernden Farben und bunt bemaltem Stuck verziert, möglicherweise von einem römischer Künstler aus Pompeji angefertigt.

Unter den Kleinfunden werden aus Süditalien importierte Weinkrüge gezeigt, mit lateinischer Inschrift: „Herodes König von Judäa.“

Herodes wurde im Neuen Testament und in zeitgenössischen Berichten von Historikern als blutrünstiger Tyrann dargestellt, der nach der Geburt Jesu alle Erstgeborenen in Bethlehem ermorden ließ. Ebenso soll er seine Frau und Söhne ermordet haben. Moderne Forscher bezweifeln die Echtheit manche dieser Vorwürfe gegen Herodes, und ganz besonders den vermeintlichen Kindermord von Bethlehem. Sie reden von einer seit Zweitausend Jahren währenden Rufmordkampagne gegen den König. Herodes ist auch bekannt für anspruchsvolle Bauvorhaben, darunter dem größten Seehafen der römischen Welt in Caesarea, dem Neubau des im Jahr 70 von den Römern zerstörten Jerusalemer Tempels, Palästen in Jericho, auf Massada am Toten Meer und der Herodesburg auf dem künstlich aufgeschütteten Herodionberg bei Bethlehem. Die von den Juden verehrte Klagemauer in Jerusalem ist eine äußere Stützmauer der von Herodes initiierten Erweiterung des Tempelberg-Areals. Sie wurde und mit Steinen errichtet, die bis zu 150 Tonnen wiegen. Auch das Grabmal der biblischen Erzväter in Hebron, darunter des Abraham, wurde von Herodes gebaut.

Erst im Jahr 2007 entdeckte der israelische Archäologe Ehud Netzer nach 35 Jahren andauernder Suche am Abhang des Herodion die Trümmer des ursprünglich 25 Meter hohen Mausoleums, sowie drei Sarkophage. Einer davon aus rötlichem Stein war besonders aufwendig mit gemeißelten Rosetten geschmückt. Obwohl der Sarkophag keine Inschrift trägt, sind die Archäologen sicher, dass es sich um den von jüdischen Zeloten zerschlagenen Sarkophag des Königs handelt.

Der Archäologe Joe Zias, der nicht an den Ausgrabungen beteiligt war, hält die Identifizierung für korrekt: „Es ist ein monumentales Grabmal an einem Ort, den er für sich selbst gebaut hat. Das ist so authentisch wie man es sich wünschen kann.“ Der Kurator der Ausstellung, Dudi Mevorah, bleibt vorsichtig: „Bei der Archäologie gibt es nie hundert prozentige Sicherheit.“

Der Entdecker des Herodesgrabes, Netzer, ist kurz nach der Vollendung seines Lebenswerkes im Jahr 2008 beim Vermessen der Funde auf dem Herodion abgestürzt und tödlich verunglückt.

Ehud Netzer zeigt bei Pressekonferenz 2007 ein Fragment des Herodesgrabs

Ehud Netzer zeigt bei Pressekonferenz 2007 ein Fragment des Herodesgrabs

(C) Ulrich W. Sahm / haGalil.com

8 Kommentare

  1. U.W. Sahm im Ãœberschwang:
    „König Herodes war der … einer der größten Bauherren aller Zeiten.

    Heiliger Bimbam! Herodes in einer Reihe mit Albert Speer, Pharao, den Chaldäern und anderen Backsteinhelden.

    Pali-Minister:
    „Die Ausgrabung ist ein weiteres Beispiel für die Verwendung von Archäologie und Geschichte für ideologische Zwecke.“

    Sahm erat demonstrandum.

  2. Fragen eines lesenden Arbeiters

    Wer baute das siebentorige Theben?
    In den Büchern stehen die Namen von Königen.
    Haben die Könige die Felsbrocken herbeigeschleppt?
    Und das mehrmals zerstörte Babylon,
    Wer baute es so viele Male auf ? In welchen Häusern
    Des goldstrahlenden Lima wohnten die Bauleute?
    Wohin gingen an dem Abend, wo die chinesische Mauer fertig war,
    Die Maurer? Das große Rom
    Ist voll von Triumphbögen. Über wen
    Triumphierten die Cäsaren? Hatte das vielbesungene Byzanz
    Nur Paläste für seine Bewohner? Selbst in dem sagenhaften Atlantis
    Brüllten doch in der Nacht, wo das Meer es verschlang,
    Die Ersaufenden nach ihren Sklaven.
    Der junge Alexander eroberte Indien.
    Er allein?
    Cäsar schlug die Gallier.
    Hatte er nicht wenigstens einen Koch bei sich?
    Philipp von Spanien weinte, als seine Flotte
    Untergegangen war. Weinte sonst niemand?
    Friedrich der Zweite siegte im Siebenjährigen Krieg. Wer
    Siegte außer ihm?
    Jede Seite ein Sieg.
    Wer kochte den Siegesschmaus?
    Alle zehn Jahre ein großer Mann.
    Wer bezahlte die Spesen?
    So viele Berichte,
    So viele Fragen.

    (Bertolt Brecht)

  3. Mit Verbissenheit versuchen die Feinde Israels, die Historie des jüdischen Volkes zu leugnen oder wenigstens zu unterdrücken. Diese verlogene Feindseeligkeit zeigt, dass ein nebeneinander Existieren unmöglich ist.

    • Welch deduktive Meisterleistung, Hans Dieter!
      Welche Art des Lebens ist denn Ihrer gestrengen Logik nach möglich?

  4. Ja ja, die glorreichen alten Zeiten, in denen man noch hingehen und per Zufall gefundene oder evtl. auch gezielt gesuchte Altertümer, wie etwa die Qumran-Rollen, in handliche Stücke zerlegen konnte, um sie gegen gutes Geld an Touristen und bestenfalls, eventuell Archäologen zu verhökern, sind lang vorbei. Da muss man sich halt was Neues einfallen lassen, wenn israelische Stellen Beweise für frühere jüdische Präsenz ausgraben (könnten).

    Zum Beispiel buddelt man selber, wie etwa am Tempelberg, zwar nicht so, wie geschulte Archäologen das tun, aber doch sorgfältig darauf achtend, dass man dabei alles, was nach irgendwas Jüdischem aussieht, entfernt und das mit anderem angefallenen Abraum in ein ungenutztes Tal kippt. Jedoch nicht so schlau ist, diesen entfernten Abraum zuvor so zu präparieren, dass nichts Aussagekräftiges übrig bleibt, etwa durch Zermahlen… Was allerdings israelische Archäologen aufmerksam werden ließ, und zwar für gleich alles aus einigen LKW-Ladungen Abgekippte, wobei sie natürlich reichlich fündig wurden. Zu dumm aber auch. Immerhin erhob man schärfsten Protest gegen israelisches Buddeln am Fuß des gleichen Berges – er könnte ja davon umfallen oder wenigstens teilweise kollabieren. Was er aber nicht tat.

    Und jetzt gar noch eine Ausstellung? Zu Herodes? Das war ein römischer Vasall, weiß man ja, diese Römer herrschten ein Zeit über die Gegend, aber wen interessiert das schon heutzutage? Wird man zu dieser sogenannten „Ausstellung“ nicht gefragt?

    Die früher über das Gebiet Herrschenden haben sowas auch nicht gemacht, weder die alten arabischen noch dann die türkischen noch danach die britischen noch schließlich die jordanischen. Was soll das überhaupt. Wer weiß, was diese israelischen Archäolügen sich so ausdenken. Jedenfalls ist deren Absicht klar. Die wollen ihre israelische Archäologen-Ideologie präsentieren. Wenn auch niemand weiß, was das ist, außer dass dagegen protestiert werden muss. Und zwar schärfstens. Nur die Dummköpfe aus dem Westen glauben, dass man damit unter Umständen ein weltweites homerisches Gelächter entfacht haben dürfte.

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