Yvette und Bibi haben geheiratet

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Das Vorspiel zu den Wahlen hat Israel kräftig erregt. Am Donnerstag Abend kündigten Yvette und Bibi überraschend ihre Hochzeit an. Die Verlobungsfeier von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu, im Volksmund auch Bibi genannt, mit Außenminister Avigdor Lieberman, mit dem Spitznamen Yvette, wurde live während der Nachrichtenzeit verkündet. Journalistenfragen zu dem plötzlichen Ja-Wort waren nicht zugelassen…

Von Ulrich W. Sahm, Jerusalem, 26. Oktober 2012

Führende Oppositionspolitiker reagierten jubilierend selbstsicher, wie es im Wahlkampf üblich ist und zugleich irritiert.

Netanjahu steht an der Spitze der Likudpartei, vergleichbar mit der CDU als konservative Partei der Mitte, während Lieberman an der Spitze der „Unser Haus Israel Partei“ eher als Rechtsaußen definiert wird. Das neue Wahlbündnis wirft viele Rätsel auf. Ist Netanjahu doch nicht sicher, die Wahlen mit großer Mehrheit zu gewinnen, wie seine linke Opponentin Scheli Jechimowitch von der sozialistischen Arbeitspartei behauptete und das Bündnis als „Kurzschlusspanik“ charakterisierte?

TV-Star Jair Lapid mit seiner neuen Partei der „Mitte“ bezeichnete sich als Alternative zu den „Linksradikalen“ der Arbeitspartei und den „Rechtsradikalen“ der Likudpartei mitsamt dem von ihm so bezeichneten „Rechtsfaschisten“ Lieberman.

Netanjahu rechtfertigte das Bündnis als „Stärkung“ zum Wohle des Staates Israel. Einheit und Kooperation seien positiver als Zwist und Zersplitterung, sagte Netanjahu, während Lieberman in seinem Statement die Erfolge der gemeinschaftlichen Koalitionsregierung mit Netanjahu lobte. Er erklärte, dass künftig eine starke Regierung auch die Kraft haben werde, historische Beschlüsse zu fassen. Er erwähnte die „Sicherheitspolitik“, womit Iran gemeint sein könnte, und eine Reform des Wahlsystems in Israel. Die Kommentatoren waren ratlos und meinten, dass alle bisherigen Umfragen zum künftigen Wahlergebnis erst einmal begraben werden müssten. Unvorhersehbar sei, ob gemäßigte, rechtsgerichtete Likudwähler durch den Zusammenschluss mit Lieberman abgeschreckt würden und sich eher eine Alternative in dem zur Zeit noch verzettelten linken Lager der „Mitte“ suchen, etwa bei der konzeptlosen Kadima-Partei, bei Jair Lapid, der immer noch keine politische Farbe bekannt hat, oder bei der traditionellen sozialistischen Arbeitpartei, die mit Jariv Oppenheimer von der „Frieden Jetzt Bewegung“ schon in den Ruf geraten ist, ins „linksextreme“ Lager abzudriften.

Die am Donnerstag verkündete „Bombe“ von Netanjahu und Lieberman hat jedenfalls die Karten zu den vorgezogenen Wahlen am 22. Januar neu gemischt, ohne dass jemand vorhersehen könnte, welche Auswirkungen dieser Schritt auf die mutmaßlich verwirrten Wähler habe, solange keine neue Umfragen vorliegen.

Interessant ist immerhin, dass sogar Jechimowitch von der linken Arbeitspartei zu keiner klaren Antwort bereit war, ob sie infolge des Bündnisses des rechten Netanjahu mit dem noch rechteren Lieberman eine Beteiligung an einer Koalitionsregierung unter Netanjahu ausschließe. Mit blumigen Worten ließ sie das offen.

Der Kampf um die Macht in Israel scheint keine ideologischen Hemmungen mehr zu kennen und dürfte noch einige Überraschungen liefern. Schon jetzt haben sich in Israel wohlbekannte Zelebritäten der einen oder anderen Partei angeschlossen, oder die Partei gewechselt. Bis die Wähler endgültig wissen, wem sie in welcher Parteienkombination die Stimme abgeben sollen, dürfte noch einige Zeit vergehen.

Das neue rechts-rechtsradikale Bündnis lässt jedenfalls fromme und linke Parteien hoffen, den klassischen Likudwählern eine neue Heimat bieten zu können. Ob deren Rechnung aufgeht, wird sich im Januar erweisen.  Genauso mag niemand abschätzen, welche Auswirkung Netanjahus angepriesener „Zusammenschluss der Kräfte“ haben werde.

(C) Ulrich W. Sahm / haGalil.com