Der große israelische Soziologe Shmuel Noah Eisenstadt ist tot. Er verstarb gestern 87jährig in Jerusalem. Seit den 40er Jahren des vergangenen Jahrhunderts forschte er an der Hebräischen Universität, wo er später bis zu seiner Emeritierung im Jahr 1983 auch lehrte…
Eisenstadt, ein Schüler des Philosophen Martin Buber, gilt als Begründer des Fachs Soziologie innerhalb des israelischen Hochschulwesens. Seine frühen Forschungen konzentrierten sich auf die israelische Gesellschaft der 50er und 60er Jahre. So untersuchte er die Moshavim (ländliche Arbeiterkollektivsiedlungen), die Integration der Neueinwanderer, die Solidarität innerhalb der israelischen Gesellschaft.
Später schrieb er viel über das allgemeine Thema der Modernisierung, wobei er von multiplen Modernen ausging. Im Laufe seines von zahlreichen Preisen und Gastprofessuren gekrönten wissenschaftliche Lebens veröffentlichte er Dutzende von Monographien und Hunderte von Aufsätzen.
Eisenstadt beschäftigte sich auch mit der jüdischen Geschichte unter soziologischen Gesichtspunkten. In seinem Werk wandte er sich dagegen, das Judentum allein religiös oder national zu definieren. Man könne die jüdische Geschichte nur verstehen, wenn man das Judentum – wie den Islam oder das Christentum – als Zivilisation begreife.
Shmuel Eisenstadt hinterlässt seine Frau, drei Kinder und mehrere Enkel. Er wird am Sonntag in Jerusalem beerdigt.
Haaretz, 03.09.10