Alles koscher: Rabbinisches zum Essen und Trinken

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Vieles, was auf den Tisch kommt, ist nicht ganz koscher. Das fällt nicht nur Juden auf, sondern auch anderen Genießern. Der Wein, zum Beispiel, ist oft nicht der reine Wahrheits-Trank, sondern gepanscht, gesüßt, gestreckt…

Moshe Ben Gideon, im Vorwort zu „Alles koscher – Geschichten von vergessenen Genüssen
Rabbis Regeln: Vom koscheren Essen und Trinken

Koscherer Wein hingegen, im religiösen Sinn des Wortes, ist ein korrekter, sauberer Wein, kontrolliert von einem speziell dafür ausgebildeten Rabbi nach strengen, überlieferten Regeln. Er gibt dafür sein Siegel, auf dem Fass und später auf der Flasche.
Koscherer Wein, auch koscherer Sekt, ist sehr bekömmlich, der Genuss verursacht selten Kopfschmerz – es sei denn, man nähme zuviel davon zu sich.

„Das ist nicht ganz koscher“- diese Wendung hat sich verselbständigt, sie bezieht sich auf alles, was unsauber ist, nicht korrekt, vielleicht auch ein bisschen jenseits des Gesetzes.
Für Juden ist das Gesetz, das festlegt, was koscher genannt werden darf, die Kaschruth – das älteste Lebensmittelgesetz der Welt. Seit mehr als 3000 Jahren richten sich fromme Juden nach diesen Essensvorschriften, die Moses in der Wüste Sinai empfangen hat, um das Volk Israel gesund und unbeschadet 40 Jahre durch die Wüste führen zu können. Viele dieser Regeln sind eher allgemein gehalten, andere enthalten sehr detaillierte Bestimmungen über Erlaubtes und Verbotenes. Und alles hat seinen tiefen, oft auch hygienischen oder ernährungsmedizinischen Sinn.

Im 3. Buch Moses, Kapitel 11 sind so z. B. die essbaren und die unreinen Tiere aufgeführt. Essbar sind danach nur diejenigen ‚frommen‘ Tiere, die Wiederkäuer und Spalthufer sind: Rind, Schaf und Ziege. Von den Wassertieren sind nur diejenigen koscher, die Schuppen und Flossen haben. Aale und Krustentiere sind nicht koscher. Tabu sind auch diejenigen Vögel, die Klauen haben, also Greifvögel, und Insekten, mit Ausnahme der Heuschrecken, sind ebenfalls – aus guten Gründen – auf dem biblischen Index:

  • G’tt übergab dem Menschen die Erde, die dieser beherrschen soll ‚wie ein guter König‘. Der Mensch soll sich in seinem Fleischverzehr einschränken und nicht alles essen, was kreucht und fleucht. Die meisten Tiere sind keine Vegetarier, sondern fressen rohes Fleisch und somit auch Blut. „Wer wildes Getier isst, wird wild“, sagen die Rabbiner. Und viele Tiere fressen Aas!
  • Die Wassertiere ohne Schuppen und/oder Flossen sind Aasfresser. Dieses gilt besonders li’u Aal und knislenticrc, die sich last ausschlief lieh von Totem ernähren.
  • Gleiches gilt für Raubvögel, die neben Erjagtem auch Aas fressen.
  • Alles, was auf dem Bauch kriecht, ist tabu. Neben der Gefährlichkeit der Schlangen spielt auch die biblische Überlieferung der Geschehnisse im Garten Eden eine Rolle. (Weinbergschnecken kannte Moses nicht.)

Nun sind die ‚frommen‘ Tiere, also die für den Genuss zugelassenen, nicht per se koscher, sondern nur dann für strenggläubige Juden essbar, wenn sie nach den Vorschriften der rituellen Schlachtung, des Schächtens, geschlachtet worden sind. Das Tier muss völlig ausbluten, denn der Genuss von Blut ist den Juden verboten. Gejagte Tiere, auch wenn sie Wiederkäuer und Spalthufer sind, sind nicht koscher, da auch das Tier als Geschöpf G’ttes betrachtet wird, welches sogar vor dem Menschen geschaffen wurde. Daher verdienen Tiere unsere Achtung und dürfen nicht leiden, was sich ja wohl bei der Jagd nicht vermeiden lässt. Außerdem bluten geschossene Tiere nicht aus.

„Du sollst das Zicklein nicht in der Milch der Mutter sieden“, heißt es im 2. Buch Moses, Kapitel 34,26. Dieses Gebot zum Schutz des Jungtieres, welches nicht geschlachtet werden darf, solange es vom Muttertier nicht entwöhnt ist, hat auch Folgen für die moderne koschere Küche.

Dieses Gebot verpflichtet Juden zur Trennung von milchigem und fleischigem Essen, Geschirr, Töpfen und Bestecken. Bei der Zubereitung von Lebensmitteln soll streng darauf geachtet werden, dass Fleischprodukte und Milchprodukte weder zusammen gekocht noch gegessen werden. Züricher Sahnegeschnetzeltes ist somit unmöglich in der koscheren Küche. Verzehrt man Fleischprodukte, soll man mindestens sechs Stunden warten, bevor man Milchprodukte zu sich nimmt. Denn diese sechs Stunden benötigt der Magen, um Fleischprodukte zu verdauen. Verzehrt man zuerst Milchprodukte, soll man eine Stunde warten, bevor man Fleischiges isst, weil der Magen etwa eine Stunde zur Verdauung von Milchprodukten benötigt. Ärzte haben festgestellt, dass diese Art der Kaschruth für den Magen -und damit auch für die Gesundheit – sehr bekömmlich ist, da der Magen nicht übersäuert wird. Koscheres Essen gilt deshalb auch bei der nichtjüdischen Bevölkerung etwa in den USA als sehr gesund und magenfreundlich.

Erlaubter Fisch und alle Arten von Gemüse, Früchten und Obst gilt als ‚parve‘, als neutral, können also auch mit Milch- und Fleischprodukten vermischt gegessen werden.

In Deutschland und in vielen Ländern mit einer sehr kleinen jüdischen Population ist der Kauf koscherer Produkte sehr schwierig. Abgesehen von sehr strenggläubigen Juden, die sich Lebensmittel teilweise tiefgefroren schicken lassen oder im benachbarten Ausland – Holland und Frankreich – einkaufen, ist ein großer Teil der Judenheit dazu übergegangen, ‚koscher-style‘ zu kochen, also Speisen aus Ingredienzen zu kochen, die auch im Supermarkt erhältlich sind. So wird zum Beispiel Fleisch ‚entblutet‘, indem man es stark gesalzen mindestens vier Stunden liegen lässt und anschließend auswäscht. Das Salz bindet das Blut. Oder man nimmt Ersatzprodukte: Margarine (ohne Milchanteile) statt Butter, Sojamilch, Kokosnussmilch oder Coffee-Mate, das weiße Ersatzpulver, als Milchersatz. Überhaupt sind Sojaprodukte sehr gefragt als Fleisch- (Tofu) und Milchersatz.

Die deutsche Rabbinerkonferenz gibt von Zeit zu Zeit ‚Koscherlisten‘ heraus, in denen diejenigen Artikel verzeichnet sind, die im Supermarkt für eine koschere Küche erhältlich sind (im Buch „Alles koscher‚ findet sich eine solche Liste).

Nun bezieht sich der Begriff ‚koscher‘ nicht nur auf Lebensmittel, sondern auch auf Stoffe und viele andere Produkte. Auf diesen komplizierten Sachverhalt näher einzugehen, würde den Rahmen eines Kochbuches sprengen. So zählen zu den koscheren Lebensmitteln auch Weine und diejenigen Produkte, die aus Wein erzeugt werden, wie Sekt, Champagner, Traubensaft, Cognac, ebenso wie Liköre, die auf Wein/Cognac-Basis produziert werden und natürlich Essig und Senf. Branntweinessig ist koscher, Weinessig hingegen nicht. Ist im Senf Branntweinessig enthalten, so ist er koscher. Man muss schon ein Fachmann sein, um diese Unterschiede genau erklären zu können. Unsere Rabbiner sagen es, und damit basta!

Koschere Weine sind generell naturreine Weine, die unter Aufsicht des zuständigen Rabbinats gekeltert werden. Sie unterliegen – von der Lese bis zur Abfüllung – einer strengen Kontrolle. Die Weinfässer der koscheren Weine werden nach jeder Probe versiegelt, so daß gewährleistet ist, dass sich niemand an den Fässern zu schaffen macht. Koschere Weine sind nie Mischweine, wie Riesling-Sylvaner oder Edelzwicker. Sie werden aus nur jeweils einer Rebsorte des Erzeugers abgefüllt. So ist es erklärlich, dass von den zahllosen Pansch- und Glykolskandalen der letzten Jahre koschere Weine nie betroffen waren.

Obstler, Bier und Wodka sowie alle Getränke, die nichts mit Wein zu tun haben, sind koscher, mit einer Ausnahme: An Pessach, wenn nichts Gesäuertes gegessen werden darf, also keine aus Getreide hergestellten Produkte, sind natürlich Bier, Wodka und Whisky nicht koscher, es sei denn, der Wodka wird aus Kartoffeln gebrannt.

Der moderne Jude muss heutzutage fast ein Lebensmittelchemiker sein. Viele Zusatzstoffe in vorgefertigten Speisen sind nicht unbedingt gesund. Deshalb muss beim Einkauf auch auf die Angaben der e-Nummern geachtet werden. Nicht alle e-Nummern entsprechen dem rabbinischen Gütesiegel. In der Kaschrut-Liste sind die ‚guten‘ e-Nummern verzeichnet.

Kochbücher mit ‚jüdischen‘ oder ‚jiddischen‘ Rezepten gibt es überall. Die in diesem Buch gesammelten Rezepte sind jedoch zumeist weder typisch jüdisch noch jiddisch. Es sind vielmehr Rezepte von Gerichten aus vielen nationalen Küchen, die von dort lebenden Juden in koscher ‚konvertiert‘ wurden. Kanadische, belgische, amerikanische, englische, französische, russische, polnische, usbekische, kaukasische, arabische, persische und indische Rezepte wurden von dort lebenden Juden für ihre besondere Küche umgeschrieben. Diese Rezepte habe ich seit vielen Jahren auf Reisen rund um den Globus gesammelt und zusammen mit einigen Geschichten drum herum hier veröffentlicht.

Ob Sie sich nun an die koscheren Vorgaben halten, ist Ihre Angelegenheit. Aber Sie tun Ihrem Magen und Ihrer Gesundheit sicherlich einen Gefallen, wenn Sie kein Blut essen und milchig und fleischig auseinanderhalten.
Viel Spaß wünsche ich Ihnen beim abenteuerlichen Streifzug durch eine gesunde Eßkultur, die trotz ihres biblischen Alters nichts von ihrer Aktualität verloren hat.

Moshe Ben Gideon

Alles koscher: Geschichten von vergessenen Genüssen

Kalifornische Lammbrust, Ligurische Melonensuppe, Sephardisches Safranhuhn – überall auf der Welt gibt es koschere Genüsse. Moshe Ben Gideon hat auf seinen Reisen rund um den Globus die Rezepte gesammelt – und eine Fülle von Geschichten, die er in diesem Buch erstmals erzählt, prall aus dem Leben und mit jüdischem Witz.

In der Amazon.de-Redaktion bemerkt Lilli Belek zum Buch: „Ein Kochbuch ganz ohne Fotos, das ist selten. Und so erweckt Alles koscher eher den Eindruck eines Lesebuchs. Nicht typisch jüdische Rezepte, sondern Gerichte aus vielen nationalen Küchen werden hier vorgestellt, die der Autor Moshe Ben Gideon auf seinen Reisen durch die Welt kennen gelernt hat.
Das Gemeinsame dieser kulinarischen Genüsse: Sie sind alle koscher, also einwandfrei und erlaubt im Sinne der Kaschrut. Seit mehr als 3000 Jahren richten sich fromme Juden nach diesen Essensvorschriften, die Moses in der Wüste Sinai empfing, um das Volk Israel gesund durch die Wüste führen zu können.
Die Gerichte sind weniger exotisch als man bei der Ankündigung „aus aller Welt“ vermuten könnte. Da gibt es Chili con carne aus Texas, portugiesische Fisch-Suppe und Chinarouladen spezial, Hühnercurry à la Bombay, Lammgelée und Davoser Fleischkuchen. Zu jedem der sieben Kapitel erzählt Gideon eine kleine Geschichte, die er in der jeweiligen Gegend erlebt hat, garniert mit einer Zeichnung des Karikaturisten Michael Bissmann; und am Ende steht die „offizielle Liste koscherer Lebensmittel“. Nicht ganz verständlich bleibt, wieso es im Untertitel „Geschichten von vergessenen Genüssen“ heisst. Denn es geht keineswegs um wieder entdeckte Rezepte, sondern um Speisen aus verschiedenen Ländern, „die von dort lebenden Juden in koscher ‚konvertiert‘ wurden“ – lebendige kulinarische Kultur“.

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