Lanzmanns Film in Hamburg: Warum Israel?

5
27

Schon um 18 Uhr hatte sich am Montagabend eine lange Schlange vor einem alten Hamburger Bunker gebildet. Viele mussten wegen Überfüllung den Rückzug antreten. Im Popclub »Uebel & Gefährlich« war jeder Platz besetzt und auch um die Theken drängten sich die Menschen. Zu sehen war der Film »Warum Israel«…

Peter Nowak / Neues Deutschland

Klaus Theweleit und Hermann L. Gremliza diskutierten mit Claude Lanzmann

Seit im Oktober vergangenen Jahres in einem Hamburger Kino eine Aufführung durch sich als propalästinensisch verstehende Linke verhindert wurde (ND berichtete), wurde der Film mehrere Male in Hamburg und auch in anderen deutschen Städten gezeigt. In dem 1973 entstandenen Film lässt der französische Filmemacher Claude Lanzmann unterschiedliche Bewohner Israels zu Wort kommen, die über die Probleme des Staates, aber auch über dessen und ihren Überlebenswillen in einer weitgehend feindlichen Umgebung sprechen.

Wer den Film gesehen hat, wird noch weniger verstehen können, warum Linke in Deutschland die Aufführung dieses Films verhindern wollten. Beim anschließenden Filmgespräch bot der Kulturtheoretiker Klaus Theweleit eine Erklärung. Für ihn ist das ein Beispiel für rechtes Denken unter linken Vorzeichen. Der Publizist und Herausgeber der Monatszeitung »konkret«, Hermann L. Gremliza, wollte mit seiner Teilnahme an dem Gespräch vor allem ein Zeichen gegen jene setzen, die den Film zu verhindern suchten. Für ihn ist das Problem dabei nicht die kleinen, sich als links verstehende Gruppen, sondern der unterschwellige Antisemitismus bei einem Großteil der Bevölkerung. Der habe mittlerweile gelernt, bestimmte Begrifflichkeiten zu vermeiden, um Ärger aus dem Weg zu geben, so Gremliza.

Gremliza hatte einen Einwand zu dem Film: Die Palästinenser fehlten in Lanzmanns Werk weitgehend, sowohl als Bewohner des Landes als auch als Israel bedrohende Organisationen. Lanzmann ließ diesen Einwand nicht gelten. Er haben keinen ausgewogenen, beiden Seiten gerecht werdenden Film machen können. Zur Erläuterung berichtete Lanzmann aus seiner Biografie. Der Gründung Israels habe er anfangs keine Aufmerksamkeit geschenkt. Später wollte er die Eindrücke, die er von einer Israelreise mitbrachte, schriftlich verarbeiten. Dazu sei es aber nicht gekommen. Mit dem Film »Warum Israel« lieferte er schließlich 1973 sein ganz persönliches Statement zu diesem Land mit all seinen Widersprüchen.

Arte zeigt heute, 20.15 Uhr, den 1. Teil von Claude Lanzmanns Doku »Shoah«, der zweite folgt am 27. Januar, dem Holocaust-Gedenktag.

5 Kommentare

  1. Hans sagte „Nachdem ich den ersten Teil gesehen habe, finde ich dass eine Gleichsetzung der israelischen Verhaltens in den Gebieten mit den Verhalten der Nazis in Polen ein so großer Schwachsinn“

    Wenn Sie das erst jetzt bemerkt haben, Hans Kohldampf, dann sind Sie wirklich zu bedauern. Aber machen Sie weiter so, Bildung soll ja manchmal helfen und mit ARTE scheinen Sie auf dem richtigen Weg.

  2. Außerdem sollen sich alle xxxx xxxxx xxxx, die behaupten dass es Holocaust nie gegeben hatte den xxxxx xxxxxxx Film Shoah von xxxxxx Lanzmann anschauen. II. Teil am nächsten Mittwoch auf ARTE um 20:15 Uhr.

    Nachdem ich den ersten Teil gesehen habe, finde ich dass eine Gleichsetzung der israelischen Verhaltens in den Gebieten mit den Verhalten der Nazis in Polen ein so großer Schwachsinn und Bösartigkeit ist, dass es nur bei den xxxxx xxxxxxxx xx Geistiggestörten Antisemiten wie xxxxxxxxx xxxxxxx xx xxxxx xxx xxxxxxxx möglich wäre. xxx xxxxxxxxx xxxxxxxx xxxxxx

  3. „Arte zeigt heute, 20.15 Uhr, …“

    ARTE zeigt …, wie wunderbar die welt doch ist. Denn natürlich sollte doch jedwede politische Zensur, unter welchem Vorwand auch immer sie daherkommen und sich artikulieren mag, abgelehnt und umgangen werden. Und natürlich sollte jeder politische Film gezeigt werden können. Und jeder einzelne Mensch auf dieser Welt sollte das uneingeschränkte Recht haben, sich jeden politischen Film anzusehen, den er zu sehen wünscht.

    Hässlich und ekelhaft wird es allerdings, wenn ausgerechnet die selbsternannten Kämpfer gegen politische Zensur sich outen als Zensoren, die selber politische Zensur betreiben. Wenn also die Inhalte der politischen Filme, die irgendwo gezeigt werden sollen, ihrer jeweiligen eigenen politischen Weltanschauung nicht entsprechen, und sie sich also aufgerufen fühlen, genau die politische Zensur einzufordern, die sie sonst doch so sehr ablehnen und verurteilen.

    Und leider ist es natürlich wieder einmal ausgerechnet Israel, das an der vordersten Front dieser doppelten Moral zu finden ist.

    Beispiel gefällig? Der israelisch-arabische Regisseur Bakri hatte in 2002 einen Dokumentarfilm gedreht über die Greueltaten der israelischen Armee während der Durchführung ihrer „Operation Defensive Shield“ gegen die palästinensischen Flüchtlinge in dem Elendslager Jenin in den von Israel besetzten Gebieten.

    Er liess also diejenigen palästinensischen Opfer zu Wort kommen, die die israelischen Verbrechen in dem Flüchtlingslager Jenin gesehen hatten und vor der Kamera bezeugen konnten. Dieser Film ist also ein klassisches Beispiel für die Dokumentation der Aussagen von Zeitzeugen.
    (So jedenfalls der Anspruch von Claude Lanzmann, „… lässt der französische Filmemacher Claude Lanzmann unterschiedliche Bewohner *** zu Wort kommen, die über *** ihren Ãœberlebenswillen in einer weitgehend feindlichen Umgebung sprechen.)

    Und was ist dann passiert? Dieser Dokumentarfilm „Jenin, Jenin“ in Israel verbotten. An den „Operation“ beteiligte IDF-Soldaten klagten vor israelischen Gerichten wegen Volksverhetzung gegen Juden etc und wollten Geld haben als Schadensersatz und als „Wiedergutmachung“ für ihren beschädigten Ruf.

    ARTE wollte den Film „Jenin, Jenin“ zeigen, wurde dann aber gezwungen, ihn kurzfristig aus dem Programm zu nehmen. Auf Nachfragen, warum denn? – Gab ARTE die Antwort: „Zahlreiche Proteste, insbesondere der jüdischen Gemeinde in Paris“ (ARTE Programmdirektor Victor Rocaries, gegenüber FAZ, 2.4.03)

    BTW, war der Pariser Claude Lanzmann zu der Zeit eigentlich Mitglied gewesen in der jüdischen Gemeinde Paris? Aber DAt wäre ja nun wohl doch zu peinlich gewesen. Für Lanzmann. Der doch sooo gegen Zensur ist.

    Ãœbrigens hatte ARTE damals hoch und heilig versprochen, den Film „Jenin,Jenin“ zu einem späteren Zeitpunkt zu senden. Das Versprechen wurde aber niemals eingehalten. Bis heute hat ARTE sich nicht getraut, den Film „Jenin, Jenin“ in seinem Programm zu senden.

  4. „Warum Israel“ ist ein absolut sehenswerter Film bzw. mittlerweile zeitgeschichtliches Dokument (der übrigens auch auf DVD erhältlich ist). Was ich persönlich auch für sehr erwähnenswert halte, ist, dass hier die Konflikte zwischen den europäischen und arabischen Juden beleuchtet werden (Stichwort HaPanterim HaShhorim).

Kommentarfunktion ist geschlossen.