Feminism. und Antisemitism. (3.Teil): Feministische Politik als Wegbereiter struktureller Gewalt

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Weil Söhne nur durch Kontaktverbot mit den Vätern vor der Übernahme menschheitsgefährdender Männlichkeit gefeit werden könnten, setzten Feministen sich auch über Erkenntnisse der Strukturanthropologie von Claude Lévi-Strauss 23 hinweg. Der hatte gezeigt, dass keine Kultur ohne rituellen Übergang zur väterlichen Welt auskommt…

Von Prof. Dr. Gerhard Amendt, in der Jahresschrift “Jüdisches Echo” (Wien, Vol. 57)

Alle Kulturen kennen solche rites de passage. Die Frage ist, ob das nach dem Modell der „kalten Kulturen, die wie Uhren mechanisch“, oder nach dem Modell der „heißen Kulturen, die thermodynamisch wie Dampfmaschinen“ verlaufen, vonstatten geht. Als kalte Kulturen bezeichnet Claude Lévi-Strauss jene, die Jungen in einem traumatisierend grausamen Ritual der Mutter entreißen.

Als deren Folge wird die Geschichte mit der Mutter der emotionalen Erinnerung des Sohnes entrissen. Anschliessend leben sie in der Welt der Männer mit starren Grenzen und ritualisierten Beziehungen zu Frauen. Sie sind nicht nur im Unbewussten, sondern auch im Bewussten von Angst und Hass auf das Weibliche geprägt.

Beziehungsmodelle mit verhandelbaren Beziehungen, wie wir sie heute kennen, schließt das aus. Deshalb basieren unsere Beziehungen auf „heißen Kulturen“. Alles ist verflüssigt. Eltern gestalten in widerspruchsvoller Gemeinsamkeit den Wechsel des Sohnes zum Vater.

Hier begrüssen Frauen je nach ihrer Familienkultur, ihrem Lebenssinn und ihren narzisstischen Bedürfnissen die Hinwendung des Sohnes zum Vater. Nicht nur, weil es sie entlastet und Elternschaft wie Paarbeziehung vertieft, sondern weil sie sich darüber freuen.
So wie sie gleichzeitig betrauern mögen, dass der Sohn ihnen nicht mehr alleine „gehört“, und Väter sich freuen, dass der Sohn sich ihnen zuwendet. Aber die Frauen können die narzisstische Idee, den Sohn alleine zu erziehen, im eigenen Interesse, dem der Kinder und der Partnerschaft aufgeben.

Wie Eltern den Übergang in heißen Kulturen gestalten können, war wesentlich in den erziehungspolitischen Debatten der 60er-Jahre. Der Verdammungsfeminismus wollte von weiblichen Machtsphären jedoch nichts wissen – nur von männlicher Allmacht.

Und schon gar nicht war er gewillt, die Beziehungen von Männern und Frauen als ein komplementäres Arrangement – „engendered power“ 24 – zu sehen, in dem jedes Geschlecht über eine eigene Herrschaftssphäre verfügt, die sowohl in einverständlicher wie konfliktreicher Abhängigkeit verteidigt wird. Die „totalisierenden Gesten des Feminismus“ 25 haben diesem auch die feinsinnige Beobachtung der Psychoanalytikerin Anna Freud versperrt, wonach „ein Teil der Motivation sich mit dem Vater zu identifizieren, von der Liebe und dem Respekt der Mutter für den Vater“[stammt]. 26

Die Forderung, den Sohn bis zur Pubertät unter dem ausschließlichen Einfluss der Mutter zu halten, 27 ist deshalb ein Plädoyer für die Rückkehr zum Ritus der „kalten Kultur“, die für Stammeskulturen typisch ist. Aus Hass und Enttäuschung über Männer wurde dabei übersehen, dass die primäre Bindung, je länger deren Auflösung hinausgezögert wird, umso gewalttätiger und enttäuschender für den Sohn ausfällt. Denn er muss dann schlagartig und traumatisierend vollbringen, was in heißen Kulturen allmählich über Jahre gestreckt sich vollzieht. Aus der „Traditionsvernichtung“ 28, dem Schreckenserlebnis des kalten Übergangs, gehen Hass und Beziehungsunfähigkeit hervor.

Was Feministinnen in narzisstischer Grenzenlosigkeit erstrebten, zeugte nicht nur von fehlender Empathie. Sie haben vielmehr die Traumatisierung der Jungen im Namen einer besseren Gesellschaftsperspektive durch Frauen als Preis akzeptiert.

Sie bringen hervor, was sie eigentlich bekämpfen wollten. Sie rufen jene Quellen der Gewalt ins Leben zurück, die der Kulturfortschritt zu „heißen Kulturen“ überwunden hat. Darin eine „Chance weiblicher Selbstbefreiung“ 29 oder der Menschheitserlösung 30 zu erblicken, übersieht die Bereitschaft, Gewalt hervorzubringen. Diese Visionen von einer „vorkulturellen Sphäre authentischer Weiblichkeit“ hat Judith Butler bereits kritisiert.

Der „Rückgriff auf eine ursprüngliche oder echte Weiblichkeit erweist sich als nostalgisches engstirniges Ideal, das die gegenwärtige Forderung zurückweist, die Geschlechtsidentität als eine vielschichtige kulturelle Konstruktion darzustellen“. 31

Am unverblümtesten wurde diese Sphäre aber von Margarete Mitscherlich beansprucht, als sie erklärte: „Die Zukunft ist weiblich, oder es gibt sie nicht“ 32 Dabei verband sie das Eschatologische mit einem Rückblick auf das „Patriarchat“. Ausdrücklich verknüpfte sie die feministische Heilserwartung mit einem Rückblick auf Antisemitismus und Nationalsozialismus.

1983, zwei Jahre vor dem ersten Kongress der International Psychoanalytical Association nach dem Holocaust in Deutschland, versuchte sie alle Frauen vom Antisemitismus freizusprechen, indem sie diesen als eine Männerkrankheit beschrieb. Sie erklärte, „dass es einen „männlichen“ Antisemitismus und einen „weiblichen“ Antisemitismus gibt bzw. dass der Antisemitismus der Frauen eher über die Anpassung (Hervorhebung von G. A.) an männliche Vorurteile zustande kommt, als dass er aus der geschlechtsspezifischen Entwicklung resultierte“.
Den weiblichen Opfermythos beschwörend, meint sie: „Unterwerfung und Anpassung bringen [Frauen] dazu, die Vorurteilskrankheiten der männlichen Gesellschaft zu teilen“. 33 Mitscherlich legt damit eine exkulpatorisch gedrechselte Vorstellung von Identifikation zugrunde.
Diese ist eben nicht nur Unterwerfung, sondern die gängigste Form, an der Macht der Machthaber sich zu beteiligen, selber Teil von deren Stärke zu sein, wie der überlegenen „arischen“ Rasse oder der nationalsozialistischen Bewegung anzugehören.
Das bindet Margarete Mitscherlich, ohne dass sie es ausdrücklich gesagt hätte, an die radikalfeministische These, dass die Lebensbedingungen von Frauen unter dem Patriarchat denen von Juden in Konzentrationslagern ähneln und Frauen die Juden im Geschlechterverhältnis seien. Wenn Frauen sich mit dem Antisemitismus identifizieren, so sei das allein dem Wunsch zu überleben geschuldet.
Weil das so sei, dürfe Frauen als vergleichbaren Opfern die Identifikation mit ihren patriarchalischen Angreifern in einer „vom Männerwahn besessenen Nazi- Zeit“ 34 nicht vorgeworfen werden. Da sie aber die Mitwirkung von Frauen nicht gänzlich verleugnen kann, macht sie geltend: „dass es eben die Gesetze und die Denkart einer Männerwelt waren, die von den Nazis auf ihren perversen Höhepunkt getrieben wurden. […]
Nur, ursprünglich geht Gewalt und Paranoia von Männern aus, und Frauen haben sich dem unterworfen“. 35 Frauen seien von Verantwortung für tätliche, mörderische, mitläuferische oder andere identifikatorische Beteiligungen am Nationalsozialismus deshalb freizusprechen.

Es gibt Hinweise, dass, über die ideologische Identifizierung mit den damaligen Frauengenerationen hinaus, sogar eine Identifizierung mit den Gewalttätigkeiten des nationalsozialistischen Systems stattfindet. Am nachdrücklichsten wurde das im Jahr 2004 in einem Beitrag für die Zeitschrift „Psychologie Heute“ 36 erkennbar.
Basierend auf einer Dissertation an der Freien Universität Berlin fordert Barbara Kiesling, dass es für bedrängte Frauen, die den Ehemann oder Partner als einen bedrohlichen Feind erleben, ein Recht zum präventiven Töten geben müsse, um sich von der unerträglich erlebten seelischen Belastung zu befreien. 37 Solches plädiert dafür, im Rechtsstaat das Tötungsverbot für Frauen ausser Kraft zu setzten.

Ein Sonderrecht zum präventiven Töten von „Feinden“ wird für sie gefordert, wenn sie diese als tötungswürdig erleben. Die gleichzeitige Stilisierung von Frauen zu eschatologischen Trägern einer reinen Zukunft und individueller Tötungen lässt ideologische Analogien im Denken, Fühlen und Handeln erkennen, wie wir sie in der Neuzeit vor allem aus der Ideologie und Praxis des Nationalsozialismus kennen.

Unter den Auflösungsvarianten der 68er-Bewegung haben die Rote Armee Fraktion, einige Feminismusvarianten und kommunistische Gruppen stalinistischer wie chinesischer Provenienz die Geschichte ihrer nationalsozialistischen Eltern, als neue Befreiungsideologie drapiert, wiederauferstehen lassen. Die RAF als mordende Bürgerschickeria und Subkultur von Entgleisten konnte sich zeitweise der klammheimlichen Unterstützung der „Bewegung“ erfreuen, nicht anders als die totalitären K-Gruppen an einigen deutschen Universitäten.

Aber noch 50 Jahre nach Zerschlagung des Nationalsozialismus und der einsetzenden Historisierung des Terrors der RAF können Feministen 2004 unter tödlich schweigsamer Zustimmung der Allgemeinheit, der Parteien sowie der Leserschaft von „Psychologie Heute“ ein Sonderrecht für Frauen zum Töten nach eigenem Gutdünken fordern.

Es ist unübersehbar, dass die Geschichte des Nationalsozialismus von denen ansatzweise wiederholt wird, die in den 60er- und 70er-Jahren gegen dessen Verleugnung durch die eigenen Eltern angetreten waren. Möglicherweise haben lediglich die Befriedungen einer konsumorientierten Wohlstandsgesellschaft die Menschen davon abgehalten, diesen Ideologien der Umgestaltung abermals zu folgen. Am weitesten hat es jedoch der Feminismus gebracht.

Um die Verantwortung der Frauen für den Nationalsozialismus verleugnen zu können, hat er die Beziehungen von Männern und Frauen als Freund-Feind-Verhältnis erfolgreich festgelegt. Geblieben ist eine in die feinsten Poren der Gesellschaft eingedrungene Misandrie. 38

Wer sich dagegen wendet, kommt nicht umhin, zur Besinnung auf die verleugnete Geschichte der Frauengenerationen aufzurufen. Und weil diese Geschichtskomponente im deutschsprachigen Raum die Misandrie prägt, fällt es so schwer, eine Kultur der offenen Konfliktaustragung zwischen den Geschlechtern hervorzubringen.


Anmerkungen zu Teil 3:

  • 23 CLAUDE LÉVI-STRAUSS: Rasse und Geschichte. Frankfurt am Main1972, S. 29f., und Theodor Reik: Probleme der Religionssoziologie. In:Internationale Psychoanalytische Bibliothek, Nr. 5 (1919).
  • 24 JEAN BETHKE ELSHTAIN: Antigone’s Daughters! Reflections on FemaleIdentity and the State. In: Irene Diamond (Hg.): Families, Politics andPublic Policy, New York, London 1983, S. 304.
  • 25 JUDITH BUTLER: Das Unbehagen der Geschlechter. Frankfurt 1991.
  • 26 ANNA FREUD: Normality and Pathology in Childhood. New York 1965.
  • 27 ANITA HEILIGER und CONSTANCE ENGELFRIED: Sexuelle Gewalt: Männliche Sozialisation und potentielle Täterschaft. Frankfurt am Main, New York 1995, S. 112.
  • 28 JOCHEN STORK: Die Bedeutung des Vaterbildes in der frühkindlichen Entwicklung. In: Jochen Stork (Hg.): Fragen nach dem Vater. Freiburg 1974, S. 7.
  • 29 ANITA HEILIGER: Alleinerziehen als Befreiung. Pfaffenweiler 1991, 234ff.
  • 30 FRANK DAMMASCH: Die innere Erlebniswelt von Kindern allein erziehender Mütter. Frankfurt 2004.
  • 31 BUTLER (wie Anm. 25), S. 64f.
  • 32 MITSCHERLICH: Zukunft (wie Anm. 19), S. 63.
  • 33 MARGARETE MITSCHERLICH, Antisemitismus – eine Männerkrankheit? In: Psyche, 37.Jg., Nr.1 (1983), S.41-54.
  • 34 MARGARETE MITSCHERLICH: Über die Mühsal der Emanzipation. Frankfurt 1990, S. 76.
  • 35 MITSCHERLICH: Zukunft (wie Anm. 19), S. 28.
  • 36 BARBARA KIESLING: Ich liebe dich – ich töte dich. In: Psychologie Heute, 7/2004, S. 48.
  • 37 Vgl. Publikation der Dissertationsschrift der Freien Universität Berlin: Barbara Kiesling „…einfach weg aus meinem Leben“ – Eine qualitative Studie über Frauen, die ihren Partner getötet haben. Gießen 2002.
  • 38 NATHANSON, YOUNG (wie Anm. 20).

7 Kommentare

  1. Danke, mir gings, im Kontext zum vorliegenden Thema, hauptsächlich um diesen Satz:
     
    Was ausgewählt oder ausgelassen, betont oder vernachlässigt, gestützt oder widerlegt wird, all dies fordert die aktuellen Interessen des Historikers heraus und wie er die Gegenwart bewusst oder unbewusst wahrnimmt. Auch kann die ideologische Zugehörigkeit des Historikers, vielleicht am besten als theoretische und methodologische Loyalitäten verstanden, nicht ausgeklammert werden, wenn es um die Art seines Zugangs zur Vergangenheit geht.

     
    Nun, prinzipiell ist allerdings zu sagen, dass sich die Sicht auf das psychodynamische Instrumentarium zur Angstabwehr, also Verdrängung, Verschiebung, Überdeckung sowie vor allem Projektion und Regression seit Freud grundsätzlich nicht geändert hat, wissenschaftlich falsifiziert und anerkannt ist.
     
    Mithin ist dies Grundlage der Analyse und zwar bis heute. Natürlich auch für die Arbeit der Mitscherlichs zur Erforschung der menschlichen Destruktivität, insbesondere der intraspezifischen Aggression und damit auch des Antisemitismus.
     
    Hierbei steht nun die Anpassung, der Zwang zur Konformität im Vordergrund. Wie sich dies, insbesondere auch in unserem Kulturkreis,  patriarchalisch determiniert, auf die Indiviuation, und zwar von Jungen und Mädchen gleichermaßen auswirkt, haben sie erforscht und nachgewiesen. Die moderne Psychoanalyse hat sehr vieles davon übernommen und arbeitet bis heute mit diesen Erkenntnissen.
     
    Dass Antisemitismus aus einer Pathologie, eine seelischen Deformation hervorgent,  ist, denke ich, unbestritten. Dabei unterscheidet sich die spezifische Anamnese in Hinblick auf das jeweilige Geschlecht nur marginal. Hauptsächlich kommt es, so auch die Mitscherlichs, durch den autoritär geforderten Konformitätszwang zu Abspaltungen bestimmender Teile der Persönlichkeit, mangelnde Empathie- und Liebesfähigkeit sind darauf zurück zuführen, sowie Selbstverachtung bis hin zum Selbsthass aus dadurch bedingten Unterlegenheitsempfindungen.  Es kommt zum inneren Ungleichgewicht, zum schwachen Ich, dominaten Über-Ich, zur solcher Art deformierten Seele.
     
    Zwingend daraus erwachsende Ängste sind, um innere Stabilität erreichen, bzw. überhaupt überleben zukönnen, natürlich abzuwehren. Dazu dient nun das oben erwähnte psychodynamische Instrumentarium, es entsteht, in einem ersten Schritt projektiv, der Rassismus, insbesondere der Antisemitismus, die Reggression wird damit, und wenn auch in Latenzen, angelegt.
     
    Wenn nun die Mischterlichs feststellen, dass der innerhalb patriarchalischer Strukturen bestehende Antisemitismus, auch der der Frau, in erster Linie ein Produkt patriarchalischer Unterdrückung und Anpassungszwang sein muss, so liegen sie damit mit Sicherheit nicht falsch.
     
    Nur eines, dass damit die Frau per se exculpiert werden soll, ist mit Sicherheit ein Fehlschluss – denn dieses gilt in jedem Fall geschlechtsübergreifend.

  2. Nun, hoffentlich liest sie hier nicht mit, die Mitscherlich – peinlich – tschuldige.
     
    A propos, wohin ist denn der fisher-artikel verschwunden?

  3. Danke, Frau Dr. Kiesling, für Ihren im Grunde sehr ausgewogenen Beitrag. Im Gegensatz zu Ihnen allerdings, hat Margarete Mitscherlich nicht die Möglichkeit, hier „Missverständnisse“ zurecht zu rücken, sich zur Wehr zu setzen, denn sie lebt nicht mehr.

  4. Dr. Barbara Kiesling auf den Vorwurf von Prof. Amendt, „das präventive Töten von Männern“ gefordert zu haben.
     
     
    Plädoyer für mehr Nachsicht
     
    Als ich zu Beginn dieses Jahres  in der Online-Version des Jüdischen Echo’ den Abschnitt las, in dem mir Prof. Amendt unterstellt, das „präventive Töten von Männern“ gefordert zu haben, war meine Bestürzung groß. Wie konnte, so fragte ich mich, ein namhafter Professor so etwas behaupten?
    Schließlich kann eine Aussage von so großer Tragweite in Zeiten weltweiter Vernetzung enorme Konsequenzen nach sich ziehen. Der entsprechende Passus tauchte inzwischen tatsächlich auch schon auf verschiedenen Internetseiten auf. In der Folge erreichten mich E-Mails, in denen ich gefragt wurde, wie ich bei einer solchen Haltung überhaupt Paarberatung anbieten könne. Das heißt, die Rufschädigung hatte weitreichende Konsequenzen.
     
    Im Zustand hochgradiger Erregung las ich den gesamten Text des Essays. Während der Lektüre wuchs meine Befremdung über den scharfen Unterton, mit dem hier über die Ansichten anderer Menschen, insbesondere der Feministinnen, hergezogen wird. Ich fand den Text kaum erträglich.
     
    Da ich jedoch für Nachsicht auch für die Menschen plädiere, die uns mit ihren Worten und Taten verletzen, musste ich dieser Vorgabe nun auch selbst gerecht werden. Das ist ja das Schwerste: Selbst das umzusetzen, was man von anderen fordert.
    Es hat allerdings mehrere Monate gedauert, bis ich dazu in der Lage war, mich dem Text von Prof. Amendt – nunmehr mit halbwegs neutraler Haltung – erneut nähern zu können
    Erst zu diesem Zeitpunkt ist mir bewusst geworden, dass ich zuvor infolge der durch den Angriff entstandenen Verletzung viel zu aufgebracht gewesen bin und den Text deshalb nur vor dem Hintergrund meiner Fassungslosigkeit aufgenommen hatte.
    Es handelt sich hierbei um ein Phänomen, welches in allen (kriegerischen) Auseinandersetzungen auftritt: Aussagen des anderen werden entstellt, indem etwas in dessen Aussagen hineininterpretiert oder ein wesentlicher Aspekt ausgelassen wird, so dass  Auslegungen zustande kommen, die mit dem Gesagten und Gemeinten nichts mehr zu tun haben. Blindlings werden dem anderen unlautere Motive unterstellt.  Eine solche – menschliche – Reaktion tritt unwillkürlich auf den Plan;  niemand ist davon gefeit.
    Nachdem diese Mechanismen nun keine nennenswerte Wirkung mehr entfaltet haben, bin ich zu einer völlig anderen Einschätzung gelangt. Heute kann ich erklären:
    Ich gebe Prof. Amendt in vielen Punkten Recht. In seiner Kritik an der Polarisierung der Geschlechter stehe ich sogar auf seiner Seite.
    Ich muss lediglich dem widersprechen, was er über mich geschrieben hat.
     
    Das geschilderte Phänomen scheint auch bei ihm gleichermaßen wirksam geworden sein. Das lässt sich an den Behauptungen ablesen, die nicht den Tatsachen entsprechen. Prof. Amendt hat zweifelsfrei in meinen Text etwas hineingelesen, was SO NICHT drinsteht. Ich habe zu keinem Zeitpunkt – auch nicht implizit – das „präventive Töten von Männern“ gefordert. Abgesehen davon, dass ich eine solche Forderung für völlig absurd halte, kommt der Terminus „präventiv“ – bzw. das deutsche Wort „vorbeugend“ – überhaupt nicht in meinen Aussagen vor. Es lässt sich auch keine „Forderung“ in meinem Text finden.
     
    Darüber hinaus reiht mich Prof. Amendt in den Kreis der Feministinnen ein, und zwar in den der radikalen Feministinnen, die für häusliche Gewalt allein die Männer verantwortlich machen und die Frauen dazu auffordern, sich zu Wehr zu setzen – notfalls mit tödlicher Gewalt.
    Dieser Fehlschluss mag darauf zurückzuführen sein, dass ich meine Studie ausschließlich mit Frauen durchgeführt habe und somit offenbar von jedem Angehörigen der Männerbewegung automatisch dem „gegnerischen Lager“ zugeordnet werde.
    Die von einem Sympathisanten Prof. Amendts als „höchst problematisch“ angesehene „Außerachtlassung des geschlechtlichen Aspektes“ ist aber lediglich auf eine äußere Notwendigkeit zurückzuführen: Um promovieren zu können gab es für mich als ehemalige Fachhochschulabsolventin seinerzeit zunächst nur die Möglichkeit des Quereinstiegs über ein Frauenforschungskolloquium. Voraussetzung war hier eben ein Frauenthema.
    Die Ergebnisse meiner Studie lassen sich aber zweifelsfrei auch auf Männer übertragen. In meinen anderen Veröffentlichungen spreche ich stets von „Menschen“, das heißt, ich mache zwischen Männern und Frauen keinen Unterschied.
     
    Schon von daher deckt sich mein Weltbild nicht mit dem von Feministinnen. Ich habe auch zu keiner Zeit die Männer für unannehmbare Zustände in unserer Gesellschaft als allein verantwortlich angesehen. Nach meinen Überzeugungen gibt es den aus feministischer Sicht bestehenden „Machtanspruch der Männer“ so gar nicht.
    Als ehemalige Bewährungshelferin, die vornehmlich mit Männern gearbeitet hat, weiß ich, dass Menschen – und so eben auch Männer – oft nur dann dazu neigen, Macht ausüben zu wollen, wenn sie sich besonders ohnmächtig fühlen. In meinem Buch „Der andere ist nicht die Hölle“ weise ich ausdrücklich darauf hin, dass an allen Paarkonflikten immer BEIDE, also Mann UND Frau, gleichermaßen beteiligt sind.
     
    Da eine derartig eklatante Fehlinterpretation nicht zufällig geschieht, muss ich mich fragen, was ich dazu beigetragen haben könnte, dass es zu einer so bedeutsamen Entstellung meiner Ausführungen kommen konnte.  Schließlich müsste das oben Behauptete auch im vorliegenden Fall zutreffen: nämlich dass stets BEIDE Parteien einen Beitrag zur Entstehung eines Konfliktes geleistet haben.
    Meiner Vermutung nach liegt es daran, dass ich auf Zusammenhänge hinweise, die bisher keine allgemeine Akzeptanz haben finden können. Gemeint sind die  schwerwiegenden Folgen psychischer Traumatisierungen.
    Zahlreiche wissenschaftliche Untersuchungen haben zu dem Ergebnis geführt, dass es sich bei denjenigen, die ihren Partner getötet haben, um schwer traumatisierte Menschen handelt. Vor der Tat geraten sie in einen Zustand, den sie als „existentielle Bedrohung“ (Rasch 1964) erleben. Der renommierte Forensiker Prof. Wilfried Rasch ist schon 1964 in seiner Studie, die unter dem Titel „Tötung des Intimpartners“ veröffentlicht wurde, zu diesem Ergebnis gekommen. Er sah in den psychischen Mechanismen, die solchen Taten vorausgehen, eine maßgebliche Einschränkung der Verantwortlichkeit des Einzelnen.
    Diese Überzeugung deckt sich mit meinen Erfahrungen und den Ergebnissen meiner Studie. Außerdem wird diese Sichtweise inzwischen auch in vielen Fachbüchern vertreten.
     
    Das gesellschaftliche Bewusstsein wehrt sich bisher noch gegen eine Anerkennung dieser Erkenntnisse. Es ist sicher auch sehr schwer für viele Menschen, sich auf Erklärungen einlassen zu können, die über die Grenzen der üblichen Vorstellungen hinausgehen. Die Widerstände sind aber vermutlich in erster Linie darauf zurückzuführen, dass es viele Menschen gibt, die sich ihrer eigenen Traumatisierung nicht bewusst werden können. Doch gerade diese Menschen sprechen und handeln oft aus Motiven, die sich aus verborgenen Quellen speisen, welche ihnen nicht zugänglich sind.
     
    In dieser Hinsicht ist noch viel Aufklärungsarbeit zu leisten. Nur wenn wir die Ursachen für delinquentes Verhalten (er)kennen und anerkennen, können wirkungsvollere Therapieansätze konzipiert und vor allem gezieltere Präventionsmaßnahmen zur Anwendung gebracht werden.
    Wenn aus meinem Bemühen, hierzu einen Beitrag zu leisten, der Vorwurf hergeleitet wird, ich würde „ein Recht auf Straftaten“ fordern, so macht das schon nachdenklich.
     
    Es ist bedauerlich, dass sich manche Erkenntnisse nur schwer durchsetzen können; und es ist noch bedauerlicher, dass ich von Herrn Prof. Amendt so fundamental missverstanden worden bin. 
     
     
    Dr. Barbara Kiesling
     
    Paarberaterin und Autorin

  5. @ Viktoria: „Subjekt wie diesem Arend (wie auch immer, ist mir herzlich egal, sowas hat für mich normalerweise gar keinen Namen)“
    „paranoid faschisitschem Mysogynistenwahn“
    Sie scheinen richtig genial zu sein! Ein Lob an ihre Ausdrucksweise. Das erste Zitat zeigt, dass sie das Zweite nur benutzen um ihren Müll auch noch irgendwie moralisch zu rechtfertigen. Wovon Sie auch immer zu sprechen glauben… Ihr Jargon ist, unabhängig davon worum es hier geht, faschistoid.

  6. Sehr GUT!
    Gut dass ich Ihren  Blog ZUERST gelesen habe anstatt Sie sofort zu unterstützen.
    Wer mit Subjekten wie diesem Arend (wie auch immer, ist mir herzlich egal, sowas hat für mich normalerweise gar keinen Namen) un d seinen paranoiden faschistischem Mysogynistenwahn konform geht erhält von mir mit Sicherheit keinerlei Beistand und Unterstützung.  Natürlich unterrichte ich auch pro- jüdische und pro-israelitische Frauen in meinem Umfeld (etliche!) und warne sie vor Ihnen. Und im übrigen: Was Neo-Nazis,  Antisemiten und Araber angeht?  Was soll`s?! Da wird nur Gleiches mit Gleichem bekämpft. NUR ZU!!
     

  7. auch ihr werdet nicht vergessen dürfen

    Da stimme ich Ihnen vollkommen zu.

    auch wenn wir bereits solche Bastarde geworden sind- Vater Moslem und Mama jüdisch.

    Verstehe ich Sie richtig, dass Sie jemanden mit einem nicht-jüdischem Elternteil ernsthaft als „Bastard“ bezeichnen? Ich möchte höflich nachfragen, denn ich könnte Sie immerhin, bei allem Entsetzen, falsch verstanden haben.

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