Politische Inkorrektheit auf dem Vormarsch: Holocaustleugnung im TV

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In Großbritannien ist die Aufregung groß, nachdem die Holocaustleugnung in der Mitte der Gesellschaft anzukommen scheint…

Nadav Eyal berichtet in M’arwiw über einen umstrittenen TV-Auftritt und die Holocaustleugnung im Herzen des Establishments

Es war kalt vor dem Gebäude des BBC in London. Die roten Fahnen der sozialistischen Organisationen wehten im Herbstwind, und die britischen Polizisten bildeten lange Reihen und warteten auf den Lärm, der da kommen sollte. Die Demonstranten hielten ihr Versprechen: Kurz nach fünf Uhr gelang es ihnen, das Gebäude des berühmtesten Senders der Welt zu stürmen.

Die Polizisten stürzten sich auf die Demonstranten und nahmen über 20 Personen fest. Das war der erste und einzige echte Versuch, den Auftritt von Nick Griffin im britischen Fernsehen zu stoppen. Doch der Führer der rechtsradikalen Partei Großbritanniens betrat das Gebäude ungestört durch einen Seiteneingang, und er sah sehr gelassen aus, als er den britischen Medien über sein Handy Interviews gab: „Ich möchte den Demonstranten für ihre Dummheit danken“, sagte der rassistische Politiker erfreut. „Durch ihren Protest haben sie uns unerwartete öffentliche Anerkennung verschafft“.

Dies sind gute Zeiten für den Vorsitzenden der BNP. Erst vor wenigen Monaten erzielte der britische Faschismus den beeindruckendsten Erfolg in seiner Geschichte, als es ihm gelang, Repräsentanten ins europäische Parlament zu bringen. Griffin schaffte es, das „Hakenkreuz-Image“, das seiner Partei anhaftete, loszuwerden, und sie hingegen als Alternative für „die Diktatur des politically correct“ zu präsentieren.

Der Einzug Griffins ins europäische Parlament brachte den BBC dazu, erstmals den inoffiziellen Boykott gegen Griffin und seine Partei aufzuheben, und ihn in eine seiner wichtigsten Sendungen einzuladen, „Question Time“. Griffin selbst gilt als Holocaustleugner und Verfasser eines antisemitischen Manifests, oder in seinen eigenen Worten: „Ich gelangte zu der Überzeugung, dass die ‚Vernichtungslegende’ eine Mischung aus Propaganda der Alliierten, einer sehr profitablen Lüge und einer hysterischen Hexenjagd ist.“

Ein „Freund Israels“

Als er im Verlauf der Sendung gefragt wurde, ob er Holocaustleugner ist, antwortete er: „Ich bin nicht als solcher verurteilt worden.“ Ausserdem überraschte Griffin als er sagte: „Es gibt Nazis in Großbritannien, und ich bin der Mann, den sie am meisten verabscheuen, weil ich die BNP von dem was sie war- eine antisemitische und rassistische Organisation – in die einzige politische Partei verwandelte, die während des Konflikts zwischen Israel und Gaza an der Seite Israels stand und Israels Recht befürwortete, sich gegen die Terroristen der Hamas zu verteidigen“.

Sein wahres Gesicht zeigte er dieses Jahr jedoch in einem Interview mit M’ariw. Auf die ausdrückliche Frage, ob er die historische Tatsache zugebe, dass in Auschwitz Juden getötet wurden, antwortete Griffin: „Das kann ich nicht beantworten.“

Senden oder nicht: Die Dilemmas der Vergangenheit
In haArez gibt Anshel Pfeffer dazu einen kurzen historischen Überblick.

Die Kontroversen in demokratischen Staaten bezüglich der Ausstrahlung von Interviews mit Politikern, die rassistischen oder Terror befürwortenden Parteien angehören, sind nicht neu. Der Führer der radikalen Rechten in Frankreich, Jean-Marie Le Pen, trat in den 80-er Jahren zum ersten Mal im französischen Fernsehen auf, und seither konnte er sich zunehmender Unterstützung erfreuen, nicht zuletzt dank seiner provokativen Auftritte in diversen Medien. In Großbritannien verbot die Regierung Jahrzehntelang Interviews mit Angehörigen des irischen Untergrunds, sowohl im Fernsehen als auch im Radio.

In Israel wurde 1984 ein Präzendenzfall geschaffen, nachdem Rabbiner Meir Cahane, der Führer der Kach-Bewegung, in die Knesset gewählt wurde. Die staatlichen Sendeanstalten beschlossen, die Rede Cahanas nicht zu übertragen. Der Rabbiner wandte sich daraufhin ans Oberste Gericht, und in einem Präzedenzurteil legten die Richter fest: „Das Recht auf freie Meinungsäußerung schließt nicht nur die Freiheit ein, Meinungen zu äußern, die allgemein akzeptabel sind, sondern auch die Freiheit, gefährliche, empörende und perverse Meinungen zu äußern, die von der Öffentlichkeit mit Entsetzen abgelehnt werden“, und erteilte die Anweisung, die Rede Cahanas zu übertragen.