Alternativen: Das ist nicht die Linke

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In Europa fanden in der letzten Zeit zwei interessante Wahlen statt, die den populären Spruch vom „Verschwinden der Linken“ in ein anderes Licht rücken. In Deutschland musste die SPD unter Vorsitz von Aussenminister Frank-Walter Steinmeier eine schmerzliche Niederlage einstecken, die zur Stärkung der FDP führte wie auch dazu, dass Angela Merkel eine Rechts-Mitte Regierung gründen kann…

In M’ariw empfiehlt Ofir Pines-Paz den israelischen Sozialdemokraten sich bei ihren griechischen Genossen ein Beispiel zu nehmen

In ihrer letzten Amtszeit stand Merkel gemeinsam mit der SPD einer großen Koalition vor, und es hat den Anschein, als waren die Wähler der deutschen Arbeiterpartei dieser Kombination überdrüssig geworden. Die SPD spielte in dieser Regierung die zweite Geige und verlor daraufhin zwei Drittel ihrer Stimmen, sowohl an die Linke (das sind in Deutschland die Partei „Die Linke“ und „Die Grünen“) als auch an die Rechte.

In Griechenland schaffte die große sozialistische Partei hingegen nach fünf Jahren rechter Regierung die Wende und kehrte an die Regierung zurück. Nachdem sie 11 Jahre, bis 2004, an der Regierung war, verstand es die Partei, als Opposition zu fungieren, schärfte ihre Botschaften und präsentierte dann eine klare Alternative zur Regierung.

Viele Kommentatoren wundern sich, warum die FDP so viele Stimmen erhalten hat, obwohl ihr wirtschaftliches Konzept gerade zusammengebrochen ist. Hat das deutsche Volk etwa nicht begriffen, dass gerade dieses Konzept zur Wirtschaftskrise beigetragen hat? Sind die Deutschen plötzlich so viel weniger intelligent als die Griechen?

Die Wahrheit ist sehr viel einfacher: Es stellt sich heraus, dass Menschen in aller Welt auf klaren, definierten Wegen wählen möchten. Wenn eine Partei scheitert, dann möchten sie eine Alternative wählen. Wenn jemand Erfolg hat, dann möchten sie den wählen, der für diesen Erfolg verantwortlich ist. Während es der sozialistischen Partei in Griechenland gelungen ist, dem Volk eine Alternative anzubieten, konnte die SPD die Früchte des Erfolgs der ersten Merkel-Regierung nicht für sich nutzen und verlor Stimmen an diejenigen, die eine klare und erkenntliche Haltung bezogen. Es hat sich wieder einmal gezeigt, dass man aus der Opposition an die Regierung zurückkehrt, und dass diejenigen, die die Beschlüsse des Regierungschefs ausführen oder als seine Stellvertreter fungieren keine Anerkennung erhalten. Übrigens, der deutschen Partei muss zugute gehalten werden, dass ihre Führung sofort die persönliche Verantwortung für die Niederlage übernommen hat.

Die Geschichte ist bekannt. Sie überrascht niemanden. Auch den Leser Ehud Barak und die anderen Awodah-Minister überrascht sie nicht. Der wesentliche Unterschied ist der Glaube an die Fähigkeit, an die Regierung zurückzukehren. Während der ersten Netanjahu-Regierung gelang es Barak, aus der Opposition heraus eine Alternative zu schaffen, und so eroberte er 1999 die Regierung. Heute glauben Barak und seine Partner nicht an die Awodah und ihre Fähigkeit, die Wahlen zu gewinnen und an die Regierung zurückzukehren. Wenn Barak daran glauben würde, würde er vielleicht die Geduld des griechischen Genossen Papandreou demonstrieren, der nicht vor einem „Exil“ in der Opposition zurückschreckte.

Zu meinem großen Bedauern zählt die Avoda stattdessen in der Netanjahu-Regierung die Tage bis zu ihrem Ende, und es wird ihr nicht vergönnt sein, wie Papandreou zu feiern. Die Partei wird kleine Erfolge verzeichnen und große Verzichte eingehen, wird an Stühlen festhalten und auf ihre Werte verzichten, und dabei natürlich unzählige Geschichten erzählen, die den Wähler jedoch nicht mehr interessieren.

2 Kommentare

  1. Nachdem das hier ein Forum ist, in dem man mal ruhig und in halbwegs gescheiter Umgebung ne Meinung verbreiten darf, versuch ichs mal:

    Es geht mir ziemlich auf den Keks, wie sehr das linke Spektrum in Deutschland (zu dem ich mich zähle) die gewandelte SED/PDS/“Linke“ in den vergangenen 20 Jahren verharmlost hat. Es ärgert mich, dass diese Partei ausgerechnet von Linken als links wahrgenommen wird, als schwebte man in einem geschichtsfreien Raum.
    Stattdessen werden Sachthemen diskutiert, in denen sich diese Partei positioniert hat. Als sei sie politik- und koalitionsfähig, nur weil man vielleicht in einzelnen Punkten mit den Standpunkten der „Linken“ übereinstimmt. Inhaltliche Ãœbereinstimmung hab ich auch mit Leuten, die behaupten, Wasser sei nass und Schnee sei weiß. Das reicht aber nicht, um gemeinsam Politik zu betreiben. Schon gar nicht, wenn ich mich als historisch denkenden Menschen verstehe. Dann komme ich nämlich nicht umhin, anzuerkennen, dass es eine geschichtliche, geistige und personelle Kontinuität gibt: Von den Leuten, die vor 20 Jahre frei denkende und sprechende Bürger haben zusammenschlagen lassen bis hin zu einer Partei, die heute die Frechheit hat zu behaupten, sie wäre jung.
    Die Häutungen, die die SED/PDS/“Linke“ durchlaufen hat, waren Show. In ihrer Substanz ist sie geblieben, was sie immer war: antieuropäisch, antiamerikanisch, in Teilen antisemitisch und immer antiaufklärerisch. Aber niemals links.

  2. Was ich jetzt bei dem Artikel nicht verstehe ist, was die SPD seit Brandt, und auch bei ihm nur eingeschränkt, überhaupt noch mit Links zu tun hat…
    Sozialdemokratie ist nicht Sozialismus.
    Zudem: War (und wird wohl auch bleiben) Angela Merkel die beste sozialdemokratische Kanzlerin sei Willi Brandt…
    denn Helmut Schmidt war und ist nur ein fauler Sozialdemokrat, wie auch ein Clement, denen Loyalität ein Fremdwort sind.
    Ich kann mich sehr gut erninnern, wie junge Genossen von den Kanalarbeitern aus der SPD gedrängt wurden, das war die andere Seite von „Mehr Demokratie wagen“!

    Warum sollte jemand SPD wählen, wenn die CDU genauso schlechte sozoaldemokratische Politik macht? Warum sollte jemand SPD wählen, wenn die FDP die „besseren“ Wirtschaftsneoliberalen sind?
    Warum SPD, wenn es doch die Linke gibt.
    Und die Grünen sind seit Fischer ganz abwegig.
    Wer hat das Rentensystem zerstört?
    Wer hat das Gesundheitssystem zerstört?

    Daß Helmut III. (Gerhard Schröder) sich von Piech  in die Loge des Wieneropernball laden ließ, war für mich ein Menetekel.

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