Pressekonferenz: US-Präsident Obama in Deutschland

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Nachfolgend veröffentlichen wir die Eingangsstatements von Bundeskanzlerin Angela Merkel und US-Präsident Barack Obama auf ihrer gemeinsamen Pressekonferenz vom 5. Juni 2009…

Erklärung der deutschen Bundeskanzlerin und des Präsidenten der USA, der Text der Bundeskanzlerin ist ihr Originalwortlaut; der Text des Präsidenten wurde aus dem Englischen übersetzt

Bundeskanzlerin Merkel:
Guten Morgen, meine Damen und Herren! Wir freuen uns, dass der amerikanische Präsident Barack Obama heute, nachdem wir bereits auf dem NATO-Gipfel zusammengetroffen sind, die Stadt Dresden besucht und später auch noch das ehemalige Konzentrationslager Buchenwald besuchen wird. Ich glaube, dass diese Reise eine sehr symbolträchtige Reise ist und dass wir uns an den Besuch des ehemaligen Konzentrationslagers Buchenwald erinnern werden.

Es ist sehr schön, dass der amerikanische Präsident Barack Obama zuerst nach Dresden kommt. Dresden ist eine Stadt von hoher Symbolkraft, zerstört während des Zweiten Weltkrieges, dann wieder aufgebaut und insbesondere nach der deutschen Einheit auch ein Juwel für ganz Deutschland geworden. Die Menschen in den neuen Bundesländern freuen sich sehr, dass der Besuch hier stattfindet; denn das ist auch ein Stück Anerkennung für die Leistung, die in den 20 Jahren nach dem Mauerfall erbracht wurde. Also herzlich willkommen!

Wir haben die Zeit natürlich genutzt, um über die politische Agenda zu sprechen. Präsident Barack Obama hat gestern eine bedeutende Rede in Kairo gehalten, die der Ausgangspunkt für viele politische Aktivitäten sein kann, insbesondere im Hinblick auf den Friedensprozess im Mittleren und Nahen Osten. Deshalb haben wir auch darüber gesprochen, in welcher Zeitfolge mögliche Fortschritte erzielt werden können. Ich habe für die Bundesrepublik Deutschland erklärt, dass wir mit dem, was wir an Erfahrung, an Kenntnissen, an Möglichkeiten haben, in diesem Friedensprozess hilfreich sein wollen. Wir brauchen eine Zwei-Staaten-Lösung eines jüdischen Staates Israel und eines Palästinenserstaates. Alles, was Deutschland tun kann, wird es tun, um diesen Prozess konstruktiv und möglichst erfolgreich zu begleiten.

Sehr eng im Zusammenhang damit stehen die Fragen der Verhandlungen mit dem Iran, was das iranische Nuklearprogramm anbelangt. Auch in diesem Zusammenhang haben wir eine sehr enge Zusammenarbeit miteinander verabredet; Deutschland möchte mit seinen Kontakten und seinen Expertisen also auch hier wieder seinen Beitrag leisten.

Natürlich haben wir auch über die Lage auf den Weltmärkten und der Weltwirtschaft gesprochen. Wir haben uns über die verschiedenen Programme, die wir in unseren Ländern durchführen, ausgetauscht und haben vor allen Dingen auch darüber gesprochen, was jetzt noch in Bezug auf die Vorbereitung des nächsten G20-Treffens und unseres Treffens der G8-Staaten mit den O5-Staaten zu tun ist. Wichtig ist, dass wir die Beschlüsse von London jetzt umsetzen. Die Europäische Union und die Nationalstaaten in Europa sind dabei, dies zu tun. Auch die Vereinigten Staaten arbeiten an einem sehr ehrgeizigen Plan. Wir werden die Dinge vor allen Dingen auch beobachten und werden dann im Herbst auf dem G20-Treffen sehr deutlich machen, dass auch die Stärkung des multilateralen Systems ein Thema sein wird, dem wir uns widmen werden.

In diesem Jahr stehen auch noch die Verhandlungen zum Klimawandel und zur Verlängerung des Kyoto-Abkommens an. Wir begrüßen sehr, dass in den Vereinigten Staaten von Amerika jetzt sehr hart daran gearbeitet wird, die notwendigen Antworten auf den Klimawandel zu geben. Wir wissen, dass dies politisch ein sehr dickes Brett ist, das man bohren muss; wir kennen das auch aus den Diskussionen, die wir hier zu Hause haben, und verfolgen die Gesetzgebung sehr intensiv. Wir sind gemeinsam der Überzeugung, dass wir ein ambitioniertes Programm brauchen, dass wir erfolgreiche Verhandlungen in Kopenhagen führen wollen und dass wir die Zeit bis dahin gemeinsam nutzen wollen, um Lösungen zu finden.

Noch einmal herzlich willkommen! Wir freuen uns, dass Sie und Ihre Mannschaft hier sind.

Präsident Obama:
Vielen Dank Ihnen allen. Guten Morgen. Ich freue mich, in der wunderschönen Stadt Dresden zu sein, die so geschichtsträchtig ist und, wie Bundeskanzlerin Merkel sagte, große Tragödien überwunden hat und nun diese wunderschöne Stadt voll von Hoffnung ist. Ich danke daher nicht nur Bundeskanzlerin Merkel, sondern auch den Bürgern Deutschlands für ihre Gastfreundschaft.

Deutschland ist ein enger Freund und wichtiger Partner für die Vereinigten Staaten, und ich bin der Meinung, dass Freundschaft nicht nur für unsere beiden Länder unerlässlich sein wird, sondern auch für die ganze Welt, wenn wir Fortschritte bei einigen der kritischsten Fragen machen wollen, mit denen wir konfrontiert sind – ob es dabei um Fragen der nationalen Sicherheit, wirtschaftliche Fragen oder Themen wie den Klimawandel geht, die die ganze Welt betreffen.

Wie Bundeskanzlerin Merkel bereits sagte, hatten wir ein sehr produktives Gespräch. Wir arbeiten weiterhin eng zusammen, um uns der globalen Wirtschaftskrise zu stellen und Wachstum und Wohlstand für unsere Bürger wiederherzustellen. Der Abschwung kennt keine Grenzen, und es wird einige Zeit und nachhaltige Maßnahmen von uns allen erfordern, um Fortschritte zu machen.

Auf dem Gipfel der G20 haben wir erfolgreich die Parameter für die gemeinsamen Maßnahmen beschlossen. Und ich denke, dass wir auf beiden Seiten des Atlantiks Fortschritte bei der Stabilisierung der Wirtschaft gesehen haben, aber wir haben die erforderliche Arbeit noch lange nicht beendet. Ich habe der Kanzlerin gesagt, dass wir in den Vereinigten Staaten gewissenhaft daran arbeiten, die Vorschriften im Finanzsektor zu stärken um sicherzustellen, dass eine derartige Krise nicht noch einmal geschieht. Es wird sehr wichtig sein, dass sich Europa und die Vereinigen Staaten absprechen, wenn wir unsere finanziellen Regulierungssysteme weiterhin stärken. Wir haben bekräftigt, dass wir auf keine protektionistischen Maßnahmen zurückgreifen werden. Während wir alle das tun, was notwendig ist, um unsere Volkswirtschaften wieder anzukurbeln, müssen wir sicherstellen, dass unsere Grenzen offen bleiben und dass Unternehmen sich zwischen den Vereinigten Staaten und Europa frei bewegen können, wenn sie unseren jeweiligen Ländern Waren und Dienstleistungen bereitstellen.

Ich freue mich sehr, dass die schwierige Situation um Opel gelöst wurde. Wir haben ein solidarisches Verhältnis. Es ist nicht einfach, Automobilherstellern bei der Umstrukturierung zu helfen, und es trifft nicht immer auf öffentliche Zustimmung, aber wir sind überzeugt, dass es das Richtige ist. Ich habe Hoffnung, dass wir nicht nur die Stabilisierung dieser Unternehmen erleben werden, sondern dass sie aus dieser Krise auch noch stärker und wettbewerbsfähiger auf dem Weltmarkt hervorgehen werden.

Bundeskanzlerin Merkel und ich haben über eine Reihe von Herausforderungen im Bereich der Sicherheit gesprochen. Deutschland ist ein sehr starker NATO-Partner. Wie Sie alle wissen, gibt es in Afghanistan und in zunehmendem Maße auch in Pakistan große Herausforderungen, aber wir werden unser gemeinsames Engagement aufrechterhalten, um zu verhindern, dass Rückzugsräume für Terroristen entstehen, die eine Gefahr für alle unsere Bürger darstellen könnten.

Wir haben auch über Iran gesprochen – und zwar nicht isoliert, sondern in einem größeren Kontext, nämlich der Verhinderung eines atomaren Wettrüstens im Nahen Osten, das äußerst gefährlich sein könnte. Ich habe öffentlich gesagt, dass ich mich für einen ernsthaften Dialog und Verhandlungen mit Iran einsetze. Das kann nicht isoliert getan werden, es muss im Rahmen des P5 plus 1- oder des E3 plus 3 Prozesses stattfinden, und Deutschland wird in diesem Prozess ein wichtiger Partner sein.

Gegen Ende des Sommers werde ich nach Russland reisen, um zu besprechen, wie wir die amerikanischen und russischen Atomwaffenarsenale verkleinern können. Wie bereits gesagt, wir befassen uns nicht nur mit Iran, sondern mit einer weiter gefassten Bestrebung zur Stärkung der Nichtverbreitung, damit die Bedrohung durch Atomwaffen noch zu unseren Lebzeiten verringert wird.

Wie die Bundeskanzlerin angesprochen hat, haben wir auch über meine jüngste Reise in den Nahen Osten gesprochen und die Notwendigkeit, dass wir alle unsere Bemühungen verstärken, um zwei Staaten zu schaffen, einen israelischen und einen palästinensischen, die Seite an Seite in Frieden und Sicherheit existieren. Ich denke, dass wir jetzt alle gemäß dem handeln müssen, was wir als Wahrheit kennen: dass jede Seite einige schwierige Kompromisse eingehen müssen wird. Gewalt müssen wir ablehnen. Die Palästinenser müssen ernst damit machen, das Sicherheitsumfeld zu schaffen, das erforderlich ist, damit Israel sich sicher fühlt. Die Israelis müssen einige wichtige Schritte unternehmen. Ich habe einige davon in meiner Rede angesprochen.

Letzten Endes können die Vereinigten Staaten den Parteien keinen Frieden aufzwingen. Wir haben aber versucht, einige der Missverständnisse aus dem Weg zu räumen, damit wir wenigstens mit einem offenen Dialog beginnen können. Wir werden das nicht allein tun können; wir werden bei diesem Prozess starke Partner wie Deutschland benötigen. Ich weiß, dass Bundeskanzlerin Merkel sich sehr dafür einsetzt.

Also noch einmal: Ich freue mich sehr, heute hier zu sein. Es ist mir eine große Freude, heute wieder mit meiner Freundin zusammenzutreffen, die ich für ihre intelligenten Analysen und die offenen Gespräche schätze, die wir stets haben. Ich freue mich auch auf die fortgesetzte Partnerschaft zwischen unseren beiden Ländern, um eine breite Palette von Themen anzugehen, die sich uns derzeit stellt.

Vielen herzlichen Dank.

Originaltext: Remarks by President Obama and Chancellor Merkel in Press Availability
siehe: www.whitehouse.gov