Die Schoah-Überlebende Eva Erben feiert ihren 95. Geburtstag. Ihre Erinnerungen hat Eva Erben in der Autobiografie „Mich hat man vergessen“ festgehalten, die nun in einer erweiterten Neuausgabe mit einem aktuellen Interview erschienen ist.
Eva Erben wurde am 24. Oktober 1930 in Děčín geboren und wuchs in Prag auf. Nach dem Einmarsch der Deutschen war Eva der Schulbesuch untersagt, sie lernte mit anderen jüdischen Kinder zusammen in privatem Rahmen. Die steigende Ausgrenzung erlebte sie mit Kinderaugen, spürte aber deutlich, dass sich das Leben zum Schlechteren wendete.
Im Dezember 1941 wurde die Familie nach Theresienstadt deportiert. Eva Erben berichtet in kindgerechter Sprache, das Buch ist ab 12 Jahren empfohlen, vom Alltag in Theresienstadt, von Zwangsarbeit und den Lichtblicken des kulturellen Lebens im Ghetto. Im Oktober 1944 wurden Eva und ihre Mutter nach Auschwitz deportiert. Bei Ankunft rat ihr eine Bekannte, sich als älter auszugeben, was Eva vor der Selektion retten sollte.
Eva Erben überlebte Auschwitz, die schwere Zwangsarbeit und auch den Todesmarsch, auf den sie gezwungen wurde. Ihre Mutter starb in ihren Armen während des Todesmarschs. Evas Vater, der bereits vor ihr nach Auschwitz deportiert worden war, starb im KZ-Außenlager Kaufering. Eva gelang die Flucht vom Todesmarsch, sie schlug sich alleine bis zur tschechischen Grenze durch. „Ich muss wie ein wandelndes Skelett ausgesehen haben. Meine Hand- und Fußgelenke glichen Streichhölzern.“
Als Eva auf der Flucht zusammenbrach, wurde sie von einem Bauern gefunden, der sie mit nach Hause nahm. Bei der Familie erlebte sie das Kriegsende. Das Ehepaar Kryštof und Ludmila Jahn wurde später von Yad Vashem 1983 als Gerechte unter den Völkern geehrt. Eva musste die Familie verlassen, nachdem sie von einer Tante aufgesucht worden war, die sie mitnahm. Sie zog es vor, mit Unterstützung der jüdischen Gemeinde nach Prag zurückzukehren und dort in einem Waisenhaus zu leben. Dort hatten alle eine gemeinsame Vergangenheit: „Alle waren wir die Letzten unserer Familien, alle hatten wir Entsetzliches erlebt, und gerade deshalb war jeder von uns bemüht, wieder zum normalen Leben zurückzukehren.“ Eva begann eine Ausbildung zur Krankenschwester und schloss sich einer zionistischen Jugendgruppe an: „Ich interessierte mich für das Leben derer, die nach Palästina gegangen waren, dem Land der Väter, um dort einen Staat nur für Juden mit aufbauen zu helfen.“ In Prag traf sie Peter wieder, den sie aus Theresienstadt kannte, und die beiden wurden ein Paar. „Bald beschlossen wir, zusammen nach Israel auszuwandern, um dort ein neues Leben – unser Leben – zu beginnen.“
Eva Erben, die sich mit ihrem Mann Peter in Aschkelon niederließ, gehört zu den unermüdlichen Zeitzeuginnen, die vor Schülerinen und Schülern über die NS-Zeit und ihr Leben berichten, auch noch in hohem Alter. Sie sieht es als ihre Pflicht, auch den Ermordeten eine Stimme zu geben. „Wenn man etwas in der Welt erreichen will, dann muss man an die Kinder gehen“, schreibt sie. „Sie tragen das Menschliche in sich, es wächst mit ihnen. Vielleicht spüren sie noch das, was alle Menschen und alle Religionen vereint: Es ist die Menschlichkeit. Tue keinem anderen das an, was du selbst nicht haben möchtest.“
Gut, dass ihre Erinnerungen neu aufgelegt wurden. Und gut, dass sie neben dem Nachwort von 1995 von Mirjam Pressler durch ein aktuelles Interview ergänzt wurden. Das Gespräch führte die Kinder- und Drehbuchautorin Anna Maria Praßler mit Eva Erben im Februar 2025. Nach dem Überfall der Hamas am 7. Oktober war Eva für einige Zeit nach Prag zurückgekehrt. Es ärgere sie schrecklich, „wenn all die Politiker kommen und in Auschwitz Kränze niederlegen und Tränen vergießen. Das ist leichter, als zu Israel zu stehen. In Israel leben die jungen Leute mit der gleichen Lebenslust wie in Deutschland, wie überall, egal wo,“ sagte sie auf die Frage, wie sie nicht bitter geworden sei.
Ihre Lebensphilosophie bleibt für alle Generationen große Inspiration: „Sage immer, immer,
immer Ja zum Leben. Auch in der größten Verzweiflung. Das Leben ist schön, in jeder Hinsicht.“
Wir wünschen Eva Erben von Herzen masal tov, ad 120!
Eva Erben, Mich hat man vergessen. Erinnerungen eines jüdischen Mädchens, Aktualisierte Neuausgabe, Gulliver 2025, 144 S., ab 12 Jahren, Euro 9,00, Bestellen?



